Zeit vergeht nicht – das Cinemoritz

PDF Planet der Affen

Zeit vergeht nicht: 17 Jahre später:

Das Cinemoritz zum Abgewöhnen Protokoll eines Besuches ,                                                                                                                am    Montag, der 11. August 2014. 12.20 Uhr.milpferd_einauge

Planet der Affen – Revolution

Es sind Schulferien in Hamburg. Montag, der 11. August 2014. 12.20 Uhr. Ich verabrede mich mit einem Mitarbeiter des Abaton Kinos, für einen gemeinsamen Besuch “Planet der Affen-Revolution” im Cinemaxx 1 am Dammtorbahnhof in Hamburg. Der Film ist in 3 D. Der Filmbeginn soll 13.20 Uhr sein.

Ich war lange nicht mehr in diesem Cinemaxx, stelle ich beim Betreten des Foyers fest. Das Cinemaxx am Dammtor in Hamburg hat sich sehr verändert.

Um 12.20 Uhr ist nur eine Kasse offen. Dafür gibt es jede Menge Karten Automaten, an denen man Eintrittskaufen kaufen kann. Keiner kauft dort. An der Kasse: vor mir zehn Personen, die den Vorverkauf nutzen. Keiner verschwindet im Foyer. Alle verlassen das Haus wieder, wenn sie ihre Karten haben.

Vor dem Besitzerwechsel wurde den Mitarbeitern anderer Hamburger Kinos bei freien Kapazitäten freier Eintritt gewährt.

Das ist vorbei. Das kommt von ganz oben, sagt die Dame an der Kasse. Die Preise werden schließlich nicht an der Kasse gemacht, das kennen wir von Brecht und seinem Küchengedicht.

Die Eintrittspreise sind gestiegen. Das merken wir erst beim Bezahlen. Es gibt, so denke ich, immer noch diese Verordnung mit dem voluminösen Namen: “Preisauszeichnungsverordnung”, die den Kinounternehmer verpflichtet, seine Preise für den Eintritt ins Kino an sichtbarer Stelle im Foyer des Kinos bekannt zu machen.

Ist das nun Nachlässigkeit oder eine bewusste Handlung, dass diese Preisauszeichnung nicht zu finden ist?

In einem anderen Kino des gleichen Konzerns (Cinemaxx Harburg) habe ich vor einiger Zeit die gleiche Beobachtung gemacht. Und da Harburg seit 1937 zu Hamburg gehört stellt sich die Frage: Was macht in Hamburg eigentlich das Ordnungsamt?

Gibt es das Amt überhaupt noch? Oder ist es eingespart worden? Vielleicht, damit der Bürgermeister unser Geld für sein beklopptes BBP (Bus Beschleunigungs Programm) braucht? Oder die Elbruinen? Oder gibt es gar irgendwelche Sondervereinbarungen, die nur für multinationale Konzerne gelten und für die anderen nicht? Der Eindruck verstärkt sich.

Der Eintrittspreis ist auf der Karte aufgedruckt. Montag Mittag um 13.20 Uhr.

beträgt der Eintritt ermäßigt: 10,00 € zuzüglich 3 D Zuschlag 1 €.

Eintritt nicht ermäßigt ist 11,00 € zuzüglich 1,00 € 3 D Zuschlag. 23,00 € für zwei Personen.

Wer, frage ich mich, hätte 1997 nach der Eröffnung des Cinemaxx am Dammtor, (damals noch als Filmfestspielhaus bezeichnet), gedacht, dass man am Montag Mittag im Jahr 2014 mal 44,98 DM für zwei Eintrittskarten bezahlen müsste?

Mir fällt die Geschichte meines Vaters, die mit den Brötchen, die mal 10 Pfennig gekostet haben, wieder ein. Geschichte wiederholt sich nicht, wird behauptet.

Die Dame an der Kasse besteht auf einer Plazierung. Weisung von oben.

Wo es doch viel einfacher wäre, dass die 50 Zuschauer (wir sind immerhin im Saal eins, der laut Angabe aus alten Zeiten, 1001 Sitzplätze haben soll), sich die Plätze im Kino selber suchen. Später erfahre ich den Grund, warum so viele Zuschauer dieses System der Plazierung bevorzugen. Selbst wenn das Kino am Nachmittag fast leer ist.

Nach den angeblich vorhandenen Gesetzen des Marktes hätte der Eintrittspreis sinken müssen. Schon der Herstellungspreis einer Digitalkopie (rund 80,00 € für eine Festplatte, gegenüber 800,00 für eine Serienkopie im 35mm Format) müsste eine solche Preissenkung auslösen.

Die Transportkosten sind (durch Gewichtsverlust) erheblich gesunken. Früher hat man für den Transport (ein Weg) einer 20 kg schweren 35 mm Kopie rund 20,00 € bezahlt. Der Transport der Festplatten kostet dagegen fast nichts.

Das Cinemaxx Hannover hatte zu Lebzeiten (zur Zeit ist es geschlossen, wie die HN mitteilt) mindestens 25 Vorführer, die am Ende durch eine Fernbedienung ersetzt wurden. Der Fernbediener saß in Hamburg, so ging das Gerücht. Kosten für weiteres Personal fallen nicht mehr an.

Demnächst werden sie die ganz Schoose weiter automatisieren, so wie bei der Metro in Paris, oder wie bei Bäderland in Hamburg, die Schwimmbäder.

Im Foyer ist nur noch ein Geld Automat (zum Einzahlen) und hinten einen Kartenleser. Der liest den Magnetstreifen, ob man nicht zu lange im Kino gewesen ist und deshalb erst herausgelassen wird, wenn man dem Geldautomaten noch mal seine EC Karte überlässt.

In der Herrentoilette gibt es auch Überraschungen. Die Schamwände zwischen den “Urinalen”, wie die Klempner das nennen, gewöhnlich auch Pinkelbecken genannt, sind verschwunden.

Für das Cinemaxx gilt wieder die Aktualität des Witzes, in dem John Wayne immer mit nassen Hosen aus der Toilette kam. Der Nachbar am Pinkelbecken dreht sich zu John Wayne und fragt ihn: “Sind sie nicht John Wayne?”

Statt Papierhandtüchern gibt es jetzt elektrischen Handtrockner der Firma, die so tolle Staubsauger herstellt. Die sind wirklich gut. Die Staubsauger. Und man ist endlich diese mühevolle Suche im Katalog bei Budnikowsky nach den richtigen Papiertüten los.

Wäre ich bei Edeka in Lohn und Brot, die bekanntlich Lebensmittel lieben, würde ich formulieren: Ich liebe diesen Staubsauger, was ich natürlich nicht tue. Ich liebe, so wie Heinemann das formuliert hat, meine Freundin und nicht das Vaterland oder die Staubsauger Firma.

Aber die Handtrockner von Dyson sind schlicht eine Fehlkonstruktion und zudem viel zu laut.

Größtes Ärgernis ist jedoch der Werbeblock am Nachmittag. Vor allem seine Länge. 50 in Worten-fünfzig- Minuten. Ich wollte schon einen Brief an Herrn Gysi schreiben (Christian, nicht der andere) und (Ist der überhaupt noch da?). Fünfzig Minuten? Warum nicht gleich eine Stunde? Auf zehn Minuten kommt es doch nun wirklich nicht mehr an. Nicht so zimperlich, Herr Gysi! Falls er diesen Job überhaupt noch macht und nicht selber schon entsorgt ist.

Und das bisschen Geld könnten sie auch noch mitnehmen und irgendeinem Hedge Fonds überlassen, damit irgendwo, wieder irgendwas stillgelegt werden kann und sich ihre Geldmenge in kurzer Zeit noch mal verdoppelt oder gar verdreifacht? Nana, Herr Meyer, sage ich mir selbst, sie wollen doch dem Fortschritt nicht etwa im Wege stehen?

Jedenfalls verstehe ich jetzt, warum so viele Zuschauer es lieben, plaziert zu werden, auch bei fast leeren Kinos. Im Halbdunkel schleichen sich diese Zuschauer dann, nach dem Ende der Werbung in den Saal. Ist das überhaupt zulässig?

Sie kommen einfach nach der Werbung. Und wenn da schon jemand sitzt: Eine Katastrophe.

Sie schädigen durch ihr Zuspätkommen natürlich die Werbekunden. (Der Schaden, der ensteht, ist noch gar nicht beziffert, wie sonst immer in den Nachrichten). Die Schädiger, die sich da im Halbdunkel in den Saal schleichen. Schießlich zahlt der Werbekunde ja für die Zuschauer, die die Eintrittskarten kaufen.

Man sollte es einfach so machen, wie es bei den Festivals gemacht wird: Nach Beginn der Vorstellung wird man nicht mehr in den Saal eingelassen. Und der Beginn ist natürlich dann, wenn die Reklame beginnt und nicht später.

Doch zurück ins Cinemaxx: Während also die Belästigung durch die Werbung ihren Lauf nimmt und die Lautstärke für Schwerhörige richtig eingestellt ist, stellt sich heraus, die Reihe N ist doch nicht so gut.

Man hat zwar eine etwas größere Beinfreiheit, allerdings mit einem Absatz, weil die Füße an der Treppen Kante immer so ein wenig überhängen. Außerdem blenden die Türbeleuchtungen der Notausgänge links und rechts in die Augen.

Ich wechsele nach weiter vorne, in der Hoffnung, dann den Nachbarn nicht mehr zu hören, der mit lauten Kaugeräuschen den vor ihm stehenden Eimer leert. Fehlte nur noch, das er anfängt mit seiner Mama zu telefonieren.

Ach ja, der Film? Naja, das übliche. Kriegsfilm eben. Das können die Amis immer noch am besten. Wo sie doch überall in der Welt (mit unserer devoten Unterstützung) üben.

Das Ende lasse ich mir später erzählen, weil ich um 15.50 Uhr Kino verlassen muss. Ich muss ja noch arbeiten. In einem Kino, wo das alles etwas anders ist.

Einen Schwur gibt es am Ende doch noch. Das Cinemaxx werde ich in Zukunft nur noch für Pressevorführungen besuchen. Wenn sie mich, im Falle, dass dieser Bericht tatsächlich irgendwo veröffentlicht wird, was ich eigentlich nicht glaube, dann überhaupt noch reinlassen.

Keiner verdirbt es sich gerne mit den Großen in der Kinobranche. Aber ich hoffe doch, das sich viele Zuschauer das Cinemaxx vom Cinemaxx abgewöhnen lassen.

Oder es kommt zu Verbesserungen. Dann gibt es vielleicht doch Änderungen dieser Art von Abzocke. Das mit dem Geld verstehen die da Oben immer noch am Besten.

Vor siebzehn Jahren, genau am 9. Januar 1997 hatte ich schon einmal ein Besucherprotokoll über das Cinemaxx am Dammtor geschrieben, der in Auszügen auch im Filmecho eine Würdigung fand. Der Originaltext unter dem Titel “Cinemoritz und das Kopfgeld” befindet sich ebenfalls auf dieser Internet Seite zur Einsicht.

 Jens Meyer

milpferd_einaugeleicht korrigiert am 23. August 2014

By-nc-sa_colorFoto (unten) Jens MeyerWerbungSusannenstrasseWerbung in der Susannenstrasse in Hamburg

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