Briefe an Eugen (LVXV) Staudte im Russischen Sektor

Admirals Palast Berlin
Foto Jens Meyer

PDF Briefe an Eugen (LVXV) Staudte im Russischen Sektor

Hallo Eugen, in dem Film „Rotation“ von Wolfgang Staudte, der 1949 in die Kinos kam, wird die Sprengung am Gleisdreieck am 2. Mai 1945 gezeigt. Die S-Bahn fährt an dieser Stelle unter dem Landwehrkanal durch. Die Sprengung, so ist die Vermutung, wurde von Fachleuten durchgeführt. Der S-Bahn Tunnel wurde zu dieser Zeit als Luftschutzbunker genutzt. Durch die Sprengung gelangte das Wasser aus dem Landwehrkanal in den Tunnel und es sind haufenweise Menschen ertrunken. In der Aufarbeitung dieser Geschichte, die bei Staudte noch sonnenklar war, ist es zu zahlreichen Spekulationen gekommen. So kurz vor der Kapitulation einen Tunnel sprengen? Vielleicht, und so kommt eine weitere Spekulation in die Geschichte, ist es so gewesen: Dort hatte die SS eine Sprengfalle vorbereitet, die durch die Bomben eines amerikanischen Luftangriffs in Gang kam. Wär doch möglich? Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja, Dein Einwand, das es keine Zeitzeugen mehr gibt, die das bestätigen könnten, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber was haben uns die Zeitzeugen denn bisher genutzt? Die ham ja die schlimmen Sachen auch alle für sich behalten. Als ich jedenfalls 1970 mit dieser S-Bahn von Lankwitz nach Gesundbrunnen gefahren bin (Jeden Morgen um 6.30 Uhr, um zum Bauplatz der Gleisbaufirma Max von Knoblauch GmbH in der Swinemünderstraße neben Grundstück Nummer 46 zu kommen) waren es insgesamt 12 Stationen (Lankwitz und Gesundbrunnen eingeschlossen) von denen allerdings nicht alle „bedient“ wurden. Da hielt die S-Bahn nicht an, sodaß man weder ein- noch aussteigen konnte. Nur an der Friedrichstraße hielt die S-Bahn an. Dort gab es zollfrei Zigaretten und Schnapps zu kaufen. Man durfte sich aber beim Aussteigen und Verlassen des S-Bahngeländes nicht erwischen lassen. Meine Lieblingsmarke war damals Pall Mall, und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, wie lange die von Lankwitz nach Gesundbrunnen gebraucht hat? Hab ich vergessen. Jetzt braucht sie beim Halt an allen zwölf Haltestellen 32 Minuten und um Deinen Wissensdurst zu löschen: Die Ringbahn der S-Bahn braucht, egal ob sie links oder rechtsrum gefahren ist, 60 Minuten. Wie das 1970 war? Die konnte man damals ja gar nicht nutzen, weil sie oben rum gefahren ist und an der Mauer angehalten wurde. Und noch was. Die Westberliner, nicht alle natürlich, aber viele, fanden das doof dass die Westdeutschen (also wir) die S-Bahn benutzt haben, weil sie ja vom Osten war. Und übrigens auch ganz billig, und nun kommst wieder Du. J.

Hallo Eugen, was ich da gemacht habe, bei der adligen Firma von Knoblauch? Ja eben Gleisbau und die Dehnungsfugen an der Stadt-Autobahn repariert. Wieviele Leute da gearbeitet haben? Na die „Gewerblichen“ waren zwölf und dann gab es noch welche im Büro. Was mir noch einfällt: In der Swinemünder Straße neben dem Grundstück Nummer 46 gab es 6 große Schuppen, in denen die Werkzeuge untergebracht waren. Was man so braucht im Gleisbau. Große Schlüssel für die Schwellenschrauben, Spitzhacken, Schaufeln, Spaten und die kleinen Maschinen zum Bohren, Schleifen und zur Stromerzeugung. Ein Kriegsversehrter, so nannten sie den, war angestellt um darauf aufzupassen, daß nix geklaut wurde. (Es gab auch noch einen Schäferhund, der ihm dabei half, beim Aufpassen). Du wirst es nicht glauben in welchen Mengen die Werkzeuge vorhanden waren. Ich hab nicht gezählt, aber ungelogen, das waren mindestens 200 Schaufeln und Spitzhacken. Das erweckte sofort meine Neugier und Max, der Kriegsversehrte, der schon seit Kriegsende dort beschäftigt war hat es mir dann in einer ruhigen Minute, die es auch gab, erzählt. Es gab ja nach dem Krieg viele Förderprogramme zur Trümmerbeseitung in Berlin. Du kennst doch noch die 2 Pfennig Briefmarke „Notopfer Berlin“? Also die Schaufeln wurden an Männer ausgegeben, die auf den Baustellen morgens erscheinen sollten. Dann kam einer vom Senat, hat die Personen gezählt und dafür gabs dann Geld. Wieviel das war, wußte Max natürlich nicht. Als der vom Senat wieder weg war, durften die „Schauspieler“ wieder nach Hause, die „Baustelle“ verlassen . Ungefähr 20 Westmark gabs dafür, hatte mir Max erzählt. Viel Geld zu der Zeit. Das war nach der Einführung der DM. Der adlige Unternehmer hat natürlich das meiste Geld eingestrichen und nur einen kleinen Teil an die „Schauspieler“ weitergegeben. Ich glaub, die Korruption ist eine Berliner Erfindung. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja natürlich gabs und gibs Korruption auch anderswo. Da gab es nach dem Krieg am Gesundbrunnen noch ein großes Kino, das habe ich erst viel später erfahren. Eins mit mehr als 1.500 Plätzen. Das hieß nach dem Krieg „Corso Kino“. Da fand 1951 unter anderem die erste Berlinale statt. Das war nach dem Krieg der Französische Sektor, der an den Russischen Sektor grenzte. Und die hatten ja die Ostmark, die viel weniger Wert war. Kurs war, glaub ich mich zu erinnern 1:7. Und die Zuschauer aus dem Osten, also dem russischen Sektor, konnten dann in Ostmark bezahlen. Und der Kinobesitzer bekam die Differenz in Westmark erstattet. Mehr Geld konnte man als Kinobesitzer nicht machen. Nach dem 13. August 61 war damit dann Schluß. Aber bis dahin war das ein gutes Geschäft. Die Geschichte dieses Kinos habe ich dann erst viel später erfahren, aber das ist eine andere Geschichte, nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, nein die hieß natürlich nicht Ostmark. Die hieß Mark der DDR. Würde mich nicht wundern, wenn die aus Westberlin in Ostberlin das Brot für Ostmark gekauft haben. L.G. Jens

Oscar Martay US- Offizier (Film Offizier der amerikanischen Militärregierung)

Hallo Eugen, Dich interessiert die andere Geschichte? Ja die ist wirklich ein bißchen lang. Also die erste Berlinale 1951 wurde von einem Nazi organisiert. Und zwar einem, der sich gut getarnt hatte. Er kannte dieses Kino, das 1932 Lichtburg hieß, gut. Denn die Firma, in der er ab 1941 gearbeitet hatte, hatte dieses Kino einem Juden weggenommen. Einem, dem die Flucht gelungen war und der aus diesem Grunde überlebt hatte. Der dann nach dem Krieg nach Berlin zurückgekommen ist. Und nun kommst wieder Du,. J.

Hallo Eugen, wie das passieren konnte? Der Mann hat eben Glück gehabt. J.

Lichtburg_Berlin_Grundriss_und_Schnitt

Hallo Eugen, wie das Glück aussah? Ja, die Umstände eben. Für manche Menschen war das überhaupt kein Glück. Für ihn aber schon. In Würzburg hatte er vor dem Krieg studiert und eine Doktorarbeit geschrieben. Irgend was mit Film. Vorraussetzung für den Job bei der Reichsfilmkammer in Berlin. Als der Krieg dann verloren war und einem Offizier der US-Army die Berlinale einfiel (Oscar Martay), war er nur die zweite Wahl. Vor ihm einer, dessen Ruf als Obernazi schon bis nach Hollywood gelangt war (Oswald Cammann-„Nazi Movie Moguls Powerful in Germany“, in „The American Jewish World“, 19. Januar 1951, S. 6). Diese amerikanische Zeitung kannte diesen Obernazi, den sie da zum Direktor der Berlinale machen wollten. Also wurde Kandidat Nr. Eins aussortiert. Kandidat Nr. Zwei hatte das Glück, das ein Bomberkommando aus 280 Flugzeugen Würzburg kurz vor Kriegsende in Schutt und Asche gelegt hatte. Sein Glück war, auch das Archiv der Dissertationen war verbrannt. Seine Dissertation auch. Nicht mal an den Titel dieser Arbeit konnte er sich nach Kriegsende erinnern. Damit war viel Beweismaterial für seine Nazivergangenheit beseitigt. Dann kam ihm auch noch Stalin mit seiner Blockade zu Hilfe. Westberlin sollte ausgehungert und eingemeindet werden und wurde von den Amis deshalb über eine Luftbrücke versorgt. Da hatten die Verantwortlichen von Westberlin anderes zu tun, als sich um die Vergangenheit ihres Berlinale Direktors zu kümmern. Immerhin kannte dieser ein Kino am Gesundbrunnen, das für die erste Berlinale geradezu geschaffen war. Größe: 1.500 Sitzplätze. Standort: Französischer Sektor an der Grenze zum Russischen Sektor, waren dabei ausschlaggebend. Und nun kommst wieder Du, J.

Lichtburg Berlin Gesundbrunen Nachtfoto

Hallo Eugen, was mit dem Besitzer des Kinos passiert ist? Der kam nach Deutschland zurück und hat seine Ansprüche vor Gericht geltend gemacht. Aber, als er starb, war der Restituionsprozeß vor einem deutschen Gericht noch nicht entschieden. Und nun kommst wieder Du, J.

Lichtburg Kino Berlin Gesundbrunnen 1932

Cahiers
Foto aus dem Film LES FANTOMES DE STALINE aus Cahiers du Cinema, Seite 17, Januar 1990
1951 Berlinale
Weisse Bär aus Berlin
Foto Jens Meyer

Hallo Eugen, wie es mit dem Berlinale Direktor weiterging? Am Anfang gab es noch Fragen und Hinweise, aber der Mann hat das Rampenlicht nicht so sehr gesucht. Und nach 25 Jahren im Amt hatte er sich eine gute Pension erarbeitet. Bis jemand nach seinem Tod auf die Schnappsidee kam, nach seiner Person einen Berlinale Preis aus der Taufe zu heben. Keinen goldenen, aber einen silbernen Bären. Sein Nachfolger als Berlinale Direktor war ein Redakteur der Zeit (Die Zeit-Wolf Donner), der sich mit den Schuhkartons des Herrn Riech, der die Ufa Kinos gekauft und entsprechend umgebaut hatte, angelegt hatte. Und so kam es dann wohl, daß viele Jahre später, eine von der Zeit angestellte Filmjournalistin sich doch mal mit diesen alten Geschichten von damals beschäftigt hatte. Ein „Hobby Filmhistoriker“ hatte sie drauf gebracht. Da sind sie dann alle aus allen Wolken gefallen. Das ist noch gar nicht so lange her. Wir von der Medienberatung hatten ihnen vorgeschlagen, sie sollten doch einfach die Farbe des Bäres ändern. Ham se nich jemacht. Und braune Bären sind ja in der Natur viel häufiger anzutreffen, als diese angemalten silberen Bären. Und nun kommst wieder Du, J.

Special URSS

Hallo Eugen, ob es einen Nachfolger Preis gibt? Habe so was nicht bemerkt. Es gab ein Bohei, aber jetzt ist es auch schon wieder vergessen, und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja ich kenne den Namen dieses Hobby Historikers, aber der möchte nicht, dass sein Name wieder irgendwo auftaucht. Der Zusammenhang stört ihn zu Recht. Aber Eugen, es gibt ja das Netz. Und wie ich Dich kenne, wird Dir eine Suche nicht schwer fallen. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja das ist richtig. Wenn die, die da aus den Wolken gefallen sind schon 1972 auf die Hinweise von Wolfgang Becker und Jürgen Spiker reagiert und vielleicht einmal ihre Dissertationen gelesen hätten. Ich will das mit der Fahrradkette nicht wiederholen. Und, den Namen gefunden? Na, jedenfalls kommst jetzt wieder Du, J.

Hallo Eugen, Du bist aber auch neugierig. Woher ich die beiden Fotos von Wolfgang und Fritz Staudte habe? Die stammen aus dem „Almanach der Filmschaffenden von 1943“. Das habe ich mal in einem Antiquariat gefunden. Hat mich damals 120 Mark gekostet. Und ich hatte lange überlegt, ob ich das Geld ausgeben und das Buch wirklich haben wollte. Auf der ersten Seite ein Bild des Herausgebers und ein Vorwort von ihm. (Die Bilder wurden von den Darstellern selbst zur Verfügung gestellt, steht auf Seite 2). Auf jeder Seite zwei Fotos. Auf Seite 272 die beiden Staudtes. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja dick ist das Buch auch. Es hat 543 Seiten und einige fehlen auch schon. Herausgegeben vom Reichsfilmintendanten in Max Hesses Verlag Berlin. Druck : Großdruckerei Erich Thieme, Berlin-Niederschöneweide, Haselwerder Straße 27-31. Und jetzt bist wieder Du dran, J.

Hallo Eugen, danke der Nachfrage. Ja ein Buch über die Aufarbeitung der Tätigkeit des ehemaligen Berlinale Direktors gibt es auch. Zwielicht genannt. Hier ist der Umschlag. Kann man kaufen. Aber da steht auch nur drin, was Du jetzt schon alles weisst. Und nun kommst wieder Du, J.

Dr._Alfred_Bauer
Berlin
Foto Jens Meyer (Man beachte bitte auch, wer diese Tafel finanziert hat)

Brief der Berliner Gaswerke
Brief der Berliner Gaswerke vom 3. September 1944
Zeichnung Helga Bachmann

Nazis waren eben Verbrecher – Maria Lüben

PDF Nazis waren eben Verbrecher Maria Lüben

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Fotos Jens Meyer
Zeichnung Helga Bachmann

Brief an Eugen (Sonntagskind Karl L.)

PDF Brief an Eugen (Zeichen 1.938)

Potsdamer Platz Berlin (nach dem 13. August 1961 fotografiert)

Berlin Juli 1961
Foto Jens Meyer (Vor dem 13. August 1961 fotografiert) (durch ein Münz-Fernglas an der Siegessäule)
Zeichnung Helga Bachmann
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Fotos Jens Meyer
Walter Ulbricht
Grabstein

Apropos Henschel Konzern

PDF Apropos Henschel Konzern

Schauburg Zeitung
Hugo Streit, Sophie Streit geb. Henschel (Foto Louis Segall)
Urich Sass Familie
Von links nach rechts: Hans Jürgen, Horst, Hermann, Vera, Hedwig, Urich-Sass, Kinobesitzer Familie in Hamburg- Foto Louis Segall.

ISBN 978-65-00-88485-2

Foto Louis Segall
Schauburg Kino Reeperbahn 1 mit Oskalyd Orgel rechts und links der Leinwand
Zuschauerraum mit Balkon
Foto Louis Segall
Foto Louis Segall
Schaubnurg Luftaufnahme
Schauburg am Millerntor, Reeperbahn 1. Das Foto ist nach dem 27. März 1929 entstanden. Das kann man an der Reklame für den Film „Möblierte Zimmer“ mit Hans Albers erkennen, der am 27. März 1929 in Hamburg gestartet wurde.
Foto Erich Andres. Schauburg am Millerntor am 4. Mai 19542
Foto Erich Andres. Schauburg am Millerntor am 4. Mai 1942 nach einem Bombenangriff der RAF.
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Zeichnung Helga Bachmann

Apropos Kaiserkrone Kiel

Apropos Kaiserkrone Kiel

PDF Apropos Kaiserkrone( Zeichen 2.270)

(Zeichen 2.270) Die Landeshauptstadt Kiel schreibt: Ein Stolperstein für Josef Ehrlich Kiel, Breiter Weg 4-6, ehemals Breiter Weg 5.

Josef Ehrlich, geb. am 10.10.1875 in Grodek, Polen, war Sohn von Nachum Meyer Ehrlich und Minna Ehrlich, geb. Weissberg. Er hatte drei Schwestern: Helene, verh. Hurtig, Lina, verh. Friedmann, und Else, verh. Jonas. Letztere überlebte das KZ Theresienstadt. Seit 1898 lebte Josef Ehrlich in Kiel, 1914 trat er in die israelitische Gemeinde ein. Nach dem 1. Weltkrieg, an dem er aktiv teilnahm, heiratete er Anna Struck, die nach der Heirat zum Judentum übertrat. Die sogenannte Mischehe blieb kinderlos und endete am 25.5.1939, als Anna verstarb. 1923 wurde Josef Ehrlich Direktor der „Kaiserkrone“, die sowohl ein Theater als auch ein erfolgreiches Kino und Restaurant sowie der Treffpunkt des „Jüdischen Kegelclubs“ war.

Josef Ehrlich war nicht nur ein anerkanntes Mitglied des „Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten“, sondern galt in ganz Kiel als eine wohlhabende und angesehene Person, auch bei Nichtjuden. Im Zuge der nationalsozialistischen Maßnahmen zur Entrechtung und Ausgrenzung der Juden aus dem Wirtschaftsleben wurde am 31.12.1935 Ehrlichs Besitztum „arisiert“, das heißt, Ehrlich wurde enteignet und sein Besitz an den Parteigenossen Scepanik [August G. Scepanik] gegeben, seinen ehemaligen Oberkellner.

Nach dem Novemberpogrom vom 9.11.1938 kam Ehrlich für einen Tag in sog. Schutzhaft und anschließend ins Gerichtsgefängnis, aus dem er von einem Offizier der Gestapo heraus geholt wurde. Er bekam zwar 1938 im Zuge der sog. Polenaktion, bei der alle aus Polen stammenden Juden in ihr Herkunftsland geschoben werden sollten, den Ausweisungsbefehl, brauchte diesem aber nicht nachzukommen, vermutlich geschützt durch Verbindungen zur Gestapo.

1941, als dieser Schutz offensichtlich versagte, musste er seine Eigentumswohnung im Breiten Weg verlassen und wurde gezwungen, in eine deutlich kleinere Wohnung zu ziehen, in die Flämische Straße 22a, in ein Haus, das die Stadt zum sog. Judenhaus erklärt hatte. Am 4.12.1941 wurde Ehrlich zusammen mit 40 anderen Kieler Juden, unter ihnen auch seine Schwester Lina, im Rathausbunker festgehalten und zwei Tage später mit fast 1.000 weiteren Juden von Hamburg aus nach Riga deportiert.

Am 5.1.1942 kam er dort im Lager Jungfernhof ums Leben – ob durch die katastrophalen Lebensbedingungen oder durch wilde Erschießungen, ist ungeklärt.

Briefe an Eugen (LII) Höre ich richtig: Vertrauen zum Rechtsstaat!?

Heinrich Hannover 2016
Heinrich Hannover (31. Oktober 1925 – 14. Januar 2023) fotografiert 2016 von Georg Maria Vormschlag
Römische Zahlen

Hallo Eugen, Du weißt ja auch wie ich, wenn man etwas sucht, zum Beipiel im Netz und nicht findet, dann muß man es abschreiben und selber ins Netz stellen. Hier ist also der abgeschriebene Text von Heinrich Hannover, der natuerlich die ueblichen Abschreibefehler enthalten kann, die beim Abschreiben so gemacht werden. Es sind immerhin 18 Seiten geworden. Und ich finde: es sind 18 spannende Seiten geworden, J.

PDF 2 Abschrift Heinrich Hannover Vertrauen

Zeichnung Helga Bachmann
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Briefe an Eugen (VII) Die Gewaltfrage

Briefe an Eugen, (VII) Die Gewaltfrage

Römische Zahlen

(Zeichen 2.268 )

PDF Briefe an Eugen (VII) Die Gewaltfrage

Hallo Eugen,

heute wieder nur ein Text, den ich grade wiedergefunden habe. Er stammt aus dem Film »Projekt Arthur« (1978) von der Medienwerkstatt Freiburg. Ausgedacht und gesprochen hat ihn Karl Heinz Roth.

Die Gewaltfrage

Notwendige Vorbemerkung. Karl Heinz Roth:

„Ich glaube, es gibt ein doppeltes Trauma bei den sozialrevolutionären und kommunistischen Arbeitern.

Das erste Trauma liegt meiner Meinung nach darin begründet, daß sie die Frage nicht beantworten können, wieso eine Arbeiterklasse oder die Fraktion einer Arbeiterklasse die immerhin über 300 000 Mitglieder 1932 hatte, so bruchlos und so kompromisslos zerstört werden konnte ohne das dabei die letzte Form des Arbeiterwiderstands in dieser Situation, nämlich der bewaffnete Kampf, organisiert wurde.

Das ist eines der ganz großen Tabus in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Und ich stehe dazu, daß dieses Tabu aufgebrochen werden muß.

Um nicht missverstanden zu werden. Es gab einen ganz breiten Widerstand der Arbeiterbewegung, auch der sozialistischen Arbeiterbewegung 33 /34 .

Das Problem besteht darin, daß sie sich für verteilte Flugblätter haben aufhängen lassen. Und nicht dafür, daß sie sich bewaffnet haben. Das ist ein ernstes Problem. Das ist keine — das ist nicht dahergeholt. Das Problem existiert real.

Und ich glaube, diese mangelnde Erfahrung von kompromissloser Kampfbereitschaft ist das Problem der Schwellenangst von revolutionärer Gewalt. Das ist ein Problem der deutschen Arbeiterbewegung.

Zumindest seit den dreißiger Jahren. Und dieses Problem hat dazu geführt, daß im Sommer 45 als die Möglichkeit bestand, die Kontinuität zu durchbrechen, die Chance nicht genutzt wurde.

Und es ist völlig klar, innerhalb weniger Monate ist der alte Repressionsapparat nicht etwa restauriert worden, sondern der hat einfach weitergemacht. Und das ist also das Problem.

Die mangelnde Härte gegenüber dem Klassenfeind, der hoch organisiert war, der ein außerordentlich hochentwickeltes System der Präventiven Konterrevolution in der Nazidiktatur entwickelt hat, ist nur anzugehen durch die entschiedenste Form des Kampfes und das ist in diesem Fall die Liquidierung von Spitzeln, das ist in diesem Fall, der bewaffnete Angriff auf Denunziationssyteme, das ist in diesem Fall der Angriff auf das Spitzelsystem in den Betrieben.

Das ist nicht passiert. Stattdessen wurden Flugblätter verteilt. Es wurden massenhaft Tausende, Zigtausende von revolutionär gesinnten Arbeitern umgebracht. Hunderttausend Kommunisten wurden von den Nazis liquidiert. Und wieviel Nazis haben die Kommunisten liquidiert? Vor 45?

Hallo Eugen, dein Einwand ist nicht ohne. 80 Millionen Einwohner, 6 Milionen Arbeitslose und nur 300 Tausend revolutinaere Arbeiter? Das ist natuerlich ganz schoen, aber doch sehr wenig. Muß den Film noch mal gucken, ob K. H. R. wirklich 300 Tausend sagt. Danke fuer den Hinweis, J. Hallo Eugen, ja die Zahl wird genannt. Aber er spricht ja auch nur von den sozialrevolutionaeren und kommunistischen Arbeitern. Die koennen – bewaffnet – natuerlich viel erreichen. Ham se aba nich gemacht, schade eigentlich, J.

Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (XXXIV) DDR / BRD

Römische Zahlen

Hallo Eugen, ich habe nachgedacht, was nicht oft vorkommt. Aber manchmal eben doch. Herausgekommen ist: Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) war das Beste was den westdeutschen Arbeitern der Bundesrepublik Deutschland (BRD) passieren konnte. Die Abschaffung der DDR war ein Desaster. (VEB Duden aus Leibzwick von 1984: Desaster= schweres Mißgeschick; Zusammenbruch, Seite 119), das ist genug Erkenntnis für einen Tag. LG., J.

Postkarte DDR
DDR – ein in der Welt – geachteter Staat

Hallo Eugen, beim Stöbern ist mir grade ins Auge gesprungen: „Glücklicher Weise weiß die Polizei, wem der Staat gehört, und so geht sie, wenn Amazon in dritter Parkreihe die Innenstadt sperrt, Radfahrer jagen.“ Ich fand, das mußte mal abgeschrieben werden.. Du ahnst nicht, wo. Und deswegen verrate ich Dir das gleich. Natürlich aus dem Club der toten Dichter. Es kommt aus dem Text von A wie Adorno bis Z wie Zalando. Auf Seite 9 der Konkret aus dem November Heft von 2019 und ist von Hermann L. Gremliza. Es war eben doch nicht alles schlecht, was der so geschrieben hat. Aber sicher kein Grund, mit der Herausgabe seiner gesammelten Werke zu drohen, Lg. J.

Angenagelt, Schwerin
Gesehen in Schwerin 1989. Foto Jens Meyer

l

Zeichnung Helga Bachmann
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Henschel Film- und Theaterkonzern in Hamburg OHG / KG

HorstUrichSassUSA1990Horst Urich Sass (Sohn des Kinobesitzers Hermann Urich Sass) in dem Garten  seines Hauses in den USA. Beverly Hills, 719 N. Alpine Drive. Foto 1990. (geb. 1. Februar 1914 in Hamburg). Gestorben am 19. April 2000 in Beverly Hills.

CarlHeinzStreitCarl Heinz Streit, (geb. am 26. August 1911 in Hamburg, gest. am 24. April 2002 in Belo Horizonte/Brasilien). Das Foto wurde 1990 in der Wohnung seines Bruders (Rolf Arno Streit) in Belo Horizonte gemacht.

1936 ist er, zusammen mit seinem Bruder Carl Heinz aus Hamburg geflohen. Carl Heinz und Rolf Arno Streit sind die Söhne des Hamburger Kinobesitzers Hugo Streit, dem 1938 die Flucht aus Hamburg, aus Deutschland gelungen ist.

Seine Firma  Henschel Film- und Theaterkonzern war damals schon „arisiert“ (enteignet) und  von den beiden „Nutzniessern“ Paul Romahn und Gustav Schümann übernommen worden.

„Bezahlt haben sie nichts dafür. Dafür hat schon die NSDAP gesorgt, dass den Juden kein Geld zugeflossen ist“. (Rolf Arno Streit 1990 Belo Horizonte.)  RolfArnoStreit1990Rolf Arno Streit, (geb. am 9. August 1912 in Hamburg, gestorben am 15. Februar 1993 in Belo Horizonte/Brasilien). Geflohen aus Deutschland 1936.

Der Henschel Konzern war eine OHG, die von Hugo Streit und Hermann Urich Sass gegründet worden war. Die OHG betrieb in Hamburg die Schauburg Kinos.

Nach dem Selbstmord von Hermann Urich Sass, am 27. Januar 1933, wurde die Gesellschaft in eine KG umgewandelt, in die die Erben Urich Sass, (seine Ehefrau Hedwig Urich Sass und seine Kinder, Horst, Hans Jürgen und Vera Urich Sass) eintraten.Nilpferd7By-nc-sa_color

Schauburg1936Schauburg Kino, Mönckebergstrasse 8 in Hamburg beim Hauptbahnhof. Die Aufnahme von dem Eingang des Kinos entstand am 31. Januar 1936 (Deutschland Start des Filmes Anna Karenina). Repro: Reinhold Sögtrop.

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Nachtrag: David Urich Sass und Annita Urich Sass

Peter Offenborn hat es herausgefunden (nach der Kultussteuerkartei der Jüdischen Gemeinde Hamburg ). Der Vater von Hermann Urich Sass war David Urich Sass, geb. am 05. Mai 1861 in Lemberg (Galizien), das damals zu Österreich gehörte. Gestorben am 24. Januar 1922 in Hamburg (Beerdigt auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg Ohlsdorf).

Bevor Hermann Urich Sass bei der Kino Firma >J.Henschel< arbeitete, war er Angestellter der Firma Max Blancke & Co . Film- Import/Export, Eimsbütteler Chaussee 112, später Dammthorstrasse 27, deren Inhaber er später wurde). Die Familie wohnte zuletzt in der Schlüterstrasse 1. Später – nach der Emigration der Kinder – wohnte Hedwig in der Grindelallee 23 b. Neumark. Die Mutter von Hermann Urich Sass, war Annita Urich Sass, geb. Italiener, geb. am 17. Juli 1863 in Hamburg. Annita Urich Sass wurde am 17. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert u1nd am 18.12. 1942 dort ermordet.               

Nachtrag 2020: Lange war nicht klar, wann dass unten abgebildete Foto der Belegschaft der Schauburg Hauptbahnhof entstanden ist. Der Aufmarsch der Belegschaft am 1. Mai in der Mönckebergstrasse 8, vor dem Schauburg Kino. Das abgebildete Plakat auf dem Foto des des Filmes „Du kannst nicht treu sein“ Regie: Franz Seitz (Senior),  mit der Schauspielerin Lucie Englisch und dem Schauspieler Hermann Speelmans, wurde am 08. Februar 1936 von der Zensur freigegeben und hatte seine Uraufführung am 11. Februar 1936. (Quelle: Filmportal.de).

Das Foto muß also am 1. Mai 1936 entstanden sein. Da waren die ursprünglichen Eigentümer des Schauburg Kinos schon enteignet. „Arisiert“, wie die deutschen Nazis diesen Vorgang der Enteignung genannt haben.  Die neuen „Besitzer“ der Schauburg Kinos, SA Mann Gustav Schümann links und SA Mann Paul Romahn rechts. 1936

Rothenbaumchaussee 149
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Rothenbaumchaussee 149

Foto links oben (Farbe): Aufgenommen am 6. April 2020Foto rechts (mit Cadillac): Aufgenommen (1935) Fotograf Rolf Arno Streit. Foto unten: Rothenbaumchaussee 149 in Hamburg, Auf dem Balkon: Rolf Arno Streit (9. August 1911- 15. Februar 1993) . Fotograf (sein Bruder) Carl Heinz Streit (26. August 1911 – 24. April 2002)

Aus dem Hamburger Adressuch ergibt sich der Grundstücksverlauf von 1924-1959 für das Grundstück in der Rothenbaumchaussee (ab 1939 in der abweichenden Schreibweise Rotenbaumchaussee):

Nachtrag 2024:

1924-1925 gehoert das Haus einem Quast, W. 1926 einem Oppenheim O.. (Otto)

Laut Telefonbuch und Adressbuch von 1928 ist Otto Oppenheim Getreidemakler in Firma Otto Oppnheim & Co. Inhaber der Firma sind Otto Oppenheim und Carl Glaser. Firmensitz ist laut Telefonbuch in der Kaiser Wilhem Straße 40. 1927 – 1939 gehört das Haus Oppenheim, Frau O., die 1939 mit der Adressangabe: Oppenheim, Frau O. Kopenhagen auftaucht. 1941 gibt es dann einen neuen Besitzer mit Namen Meincke (Dr. med dent Zahnarzt). Für die Jahre 1932 und 1933 sind als Mieter eingetragen: Streit, H. in Fa. Henschel- Film & Theaterkonzern. Ab 1935 gibt es einen Eintrag im Adressbuch, die Besitzerin Frau Oppenheim sei über die Adresse H. A. Klahn, Lupinenkamp 12 ereichbar. H. A. Klahn (Heinrich August Klahn) ist von Beruf Hausmakler. Für das Jahr 1940 habe ich kein Adressbuch im Netz gefunden. Im Adressbuch von 1941 gibt es den Eintrag, der neue Besitzer (E) ist ein Meinecke, W., Dr. med. dent. Zahnarzt. Das Haus daneben (Nr. 151) gehoert 1941 dem Frauenarzt, Dr. med ‚Barfurth. W.

Aus dem Adressbuch von 1959 ergibt sich: Grundstücksbesitzer (149) ist weiter Meinecke, W. Dr. med dent. Zahnarzt. Und das Haus (151) gehört weiterhin dem Barfurth. W. (+) J.

Casablanca Bausteine zur Fälschung (II)

PDF Abschrift Leserbriefe Daum + Fischer

PDF-Casablanca-ohne-Nazis-Die-Fälschung

PDF HeinzUngureitCasablanca

Casablanca ohne Nazis (Die Fälschung von 1952)

Auftraggeber für die Casablanca Fälschung, die 1952 in den deutschen Verleih kam, ist die Firma Warner Brothers. Ihr deutscher “Generaldirektor“, wie er sich nennen liess, war Hans Wilhelm Kubaschewski (1907 – 1961). Er war seit 1938 mit Ilse Kubaschewski. geb. Kramp verheiratet. Über seine Motive, diese deutsche Fassung von Casablanca herzustellen zu lassen und zu verbreiten, können wir heute nur spekulieren. Es hat ihn zu Lebzeiten keiner gefragt. Jedenfalls hat Hans Wilhelm Kubaschewski bis Kriegsende, der an hoher Position bei Goebbels UFA beschäftigt war, seine Geschäftspost mit Heil Hitler unterzeichnet. Dazu ein Zitat: Zu den Vertrauten der amerikanischen Militärbehörden gehörte Hans W. (Wilhelm) Kubaschewski, der schon vor dem Kriege mit Filmverleihern der USA verbunden war. Dann hatte er den Posten des Berliner Filialleiters der faschistischen Deutschen Film-Vertriebs-GmbH bekleidet, die zur UFA gehörte. Zusammen mit einem gewissen Walter Klinger aus Hollywood verlieh Kubaschewski nach 1945 die ersten Filme, vor allem Reprisen aus der Produktion vergangener Jahre. Der erzielte Gewinn ging in die Millionen. Kubaschewski war klug genug, sich nicht selber einen Filmverleih aufzubauen. Das tat seine Frau. Er mit den guten Verbindungen zu den Amerikanern, knüpfte die Beziehungen und gab die richtigen Tips. Später wurde er der Verantwortliche des Warner-Brothers-Verleih und dann, von 1959 bis zu seinem Tode, Direktor der Bavaria in München. Ilse Kubaschewskis Gloria-Verleih entwickelte sich zu einer der größten Verleihfirmen in Westdeutschland. Die Spezialität dieser Firma waren viele Jahre hindurch minderwertige Heimatfilme“. (Seite 264 in Horst Knietzsch, Film-gestern und heute, Urania Verlag Berlin (Ost), 3. Auflage vom 31.08. 1967)

Das hätte (wenn die Sache richtig gelaufen wäre), alles schon in dem Buch von Peter Pleyer, Deutscher Nachkriegsfilm 1946-1948 (erschienen in Münster 1965) stehen können. Tat es aber nicht. Die Mauer zwischen Ost und West hat offensichtlich auch bei den westdeutschen Filmhistorikern zu einem Brett vor dem Kopf geführt und so wurde Horst Knietzsch, Film – Gestern und heute, Berlin (DDR) 1967, (S. 264) nur von Dr. Klaus Kreimeier, Kino und Filmindustrie in der BRD, Scriptor Verlag, Kronberg Ts, 1973 zitiert und das auch nur einmal und auch nur, ohne den Autor zu nennen. In dem Ufa Buch von Klaus Kreimeier (erschienen im Carl Hanser Verlag) fehlt das entsprechende Zitat. In der westdeutschen Filmliteratur finden sich ebenfalls Hinweise auf Hans Kubaschewski und seine zweite Karriere in der BRD.

Allerdings nur in einer Fußnote (sehr klein gedruckt) in dem Buch von Georg Roeber und Gerhard Jacobi, Handbuch der filmwirtschaftlichen Medienbereiche“, Verlag Dokumentation, Pullach bei München 1973. (Gedruckt mit Unterstützung des Bundesministerums des Innern) und zwar auf: Seite 11, Fußnote 168: “Die ursprüngliche Bezeichnung war „Amerikanischer Filmverleih“. Der amerikanische Leiter war Sgt. Klinger (früher Wien); ihm stand Hans Kubaschewski Bezirksvertreter der Deutschen Filmvertriebsgesellschaft in Berlin) als Deutscher zur Seite. Kubaschewski wurde später Deutschland-Chef des Warner Brothers-Filmverleih und war anschließend Geschäftsführer der reprivatisierten Bavaria Filmkunst.“Seite 111: Fußnoten “Im 2. Abschnitt: “Das Besatzungsregime” (1973!!)b) Verleih: Um den im Lizensierungsverfahren fallweise wieder geöffneten Filmtheatern Filme zuzuführen (167), wurde bei Information Control Division auf dem Bavaria-Gelände eine eigene Verleihorganisation unter der Bezeichnung ”Allgemeiner Filmverleih” (AFI) (168) gegründet. Über die nach Abzug der Vertriebsausgaben verbliebenen Auswertungserlöse verfügte OMGUS Berlin (Anmerkung 170).“Die Auszahlung der Produzentenanteile an die Hersteller solcher Filme blieb einem späterern Zeitpunkt überlassen.“ (Anmerkung 171). Warum die Autoren Dr. Georg Roeber und Gerhard Jacobi diese wichtige Information in den Fußnoten verstecken und die Militärregierung 1973 als „Besatzungsregime“ bezeichnen, hat viel mit ihrer eigenen Biografie zu tun.

Biografie: Sergeant Walter Klinger geb. 12. Mai 1912 in Wien, geflüchtet in die USA, Vater: Adolf Klinger, Mutter: Julias Bellak Klinger 1929 bei Warner Broth später bei Metro Goldwyn Mayer Wien/Berlin. Später in Wien (?) in der Werbeabteilung von Warner. Am 22. September 1935 Heirat mit Hertha Bley Wien. (Im März 1938 marschiert die Deutsche Reichswehr in Österreich ein , sie nennen es Anschluss). Ehepaar Klinger flieht im Juni 1938 in die USA. 1941 Einbürgerung. Kam 1945 als Sergeant der US Army zurück nach Deutschland. Filmoffizier. Zusammenarbeit mit Hans Wilhelm Kubaschewski, den er vor 1933 in Deutschland kennengelernt hatte. Gründung des “Amerikanischer Filmverleih“ (später Allgemeiner Filmverleih genannt: Gestorben am 15. März 2003 Camarillo/California. Die beigefügte PDF Biografie hat er selbst geschrieben und ins Internet gestellt. Seine Zeit in Deutschland nach dem Krieg beschreibt er nur unvollständig.

(Zeichen 2.733)

Abschrift aus der „Die Neue Zeitung“ 7. Januar 1953 (Nr. 5. auf Seite 5) „Briefe an die ‚Redaktion“ Die Synchronisation war minderwertig Ihre Kritik des Filmes »Casablanca« ( Ingrid Bergman, Bogart) bedeutete eine schlechte Note für die Künstler, die diesen Film schufen. Dies ist ― von ihnen sicher ungewollt ― eine Ungerechtigkeit, weil nämlich der Originalfilm von dem in Deutschland gezeigten Streifen erheblich abweicht und fast in jeder Hinsicht gut ist. Bezüglich der deutschen Fassung gehe ich mit ihrer Kritik in weitem Ausmaß einig, man müßte jedoch nicht den Film sondern die Synchronisation „verreißen“. Ganz offensichtlich haben die Synchronisatoren Angst gehabt, die ursprüngliche Fassung zu bringen. Da nämlich dieser Film eine ausgesprochen propagandistische Tendenz aufweist und wahrscheinlich noch vor dem Kriegsende gedreht wurde, kann man über seine Eignung für den deutschen Markt sehr geteilter Meinung sein. Gerade die Szenen, welche dem Film den berühmten roten Faden geben, sind herausgeschnitten, was übriggeblieben ist, ist tatsächlich nicht einmal ein Torso, sonder eine Verballhornung und ein Mißbrauch großen Namen und angesehener Künstler.Sicherlich ist der Film heute in seiner ursprünglichen Form überaltert, wahrscheinlich sogar deplaciert. Er bot aber seinerzeit ein gutes Beispiel unaufdringlicher Propaganda gegen einen Feind der Menschheit ― den Terror. Man müßte also eigentlich den Kritikern neben der synchronisierten die Originalfassung zeigen. Dr. Helmut Daum Freiburg

»Die Neue Zeitung« vom 24./25. Januar 1953, Seite 5 Briefe an die Redaktion Conrad Veidt wurde herausgeschnitten Zu dem Leserbrief „Die Synchronisation war minderwertig“ (Nr. 5) möchte ich darauf hinweisen, daß es ohne weiteres möglich gewesen wäre, den Bergman-Bogart-Film in seiner ursprünglichen Form auch in Deutschland zu bringen.. Die deutsche Fassung weist sehr starke Striche auf. So ist beispielsweise die Rolle des Conrad Veidt, der einen deutschen Offizier spielt, völlig herausgeschnitten und dem Film auf diese Weise vollkommen das dramaturgische Salz genommen worden. Ich habe, als ich die deutsche Fassung sah, an die Verleihfirma geschrieben und gefragt, warum dies geschehen sei. Ich erhielt von ihr folgende Antwort: “ . . . Der Film »Casablanca« wurde im Jahre 1942 gedreht, und da er in seiner Originalfassung nicht mehr zeitgemäß und nicht zur Vorführung in Deutschland geeignet war, haben wie bei der Synchronisation des Filmes verschiedene Schnitte vorgenommen, bevor der Film der Freiwilligen Selbstkontrolle vorgelegt wurde. Da »Casablanca« zu einem der eindrucksvollsten Bergman-Filme gehört, wollten wie diesen Film dem deutschen Publikum nicht vorenthalten und haben uns deshalb zu dieser deutschen Neufassung entschlossen.“ Die Haltung der Verleihfirma in Ehren ― aber unter diesem Umständen sollte sie lieber auf die Vorführung des Filmes verzichten. Ich glaube, es ist kein guter Dienst am deutschen Filmpublikum, wenn man es in dieser Weise unterschätzt.“ Dr. Kurt Joachim Fischer, Heidelberg. Die beiden Briefe aus »Die Neue Zeitung« verdanken wir dem Altarchiv des Deutschen Bundestages aus Bonn. Herbert Fleischhauer hat sie gefunden.

PDF Schriften der Reichsfilmkammer

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