Briefe von und an Wiebeke (XXXXXI) Noch mal durchgerüttelt

Blohm & Voss
Fotograf unbekannt

PDFVierundzwanzig Briefe an und von Wiebeke

(Zeichen 23.582)

Vierundundzwanzig Elektronische Briefe an und von Wiebeke

1) Hallo Jens, nein, ich meinte nicht, dass du das Foto nicht haettest online stellen sollen, nur stell bitte diesen Namen nicht rein. Ob MICS tatsaechlich dieser Michael Schaaf ist, ist ja halb geraten. Und mir waere es unangenehm, wenn das Foto aufgrund einer fuenfminuetigen Internetrecherche jemandem zugeschrieben wird, der es nicht gemacht hat. Oder jemandem, der tot ist, waehrend der tatsaechliche Fotograf noch lebt. Apropos tot, hast du denn anlaesslich des Todes deines Helden Belmondo eine Gedenkminute eingelegt? L.G. Wiebeke

2) Hallo Wiebeke, nein. Einen Gedenkabend. Bei Arte waren sie ganz schnell und haben erst einen ganz alten Belmondo Film gezeigt (2 Std.), den ich noch nicht kannte und dann einen Belmondo Film, den ich zwar kannte, aber nie im Kino gesehen hatte und der sehr komisch war. Der ist von Philippe de Broca. Im Original: „Les tribulations d’un Chinois en Chine“, der deutsche Verleihtitel war: „Die tollen Abenteuer des Monsieur L.“. Der Titel hatte mich 1965 wohl nicht angesprochen. Und auf meinem Fernseher kann sich die Leistung auch nicht richtig entfalten, aber es gibt eine Ahnung davon, das das moeglicherweise ein sehr guter Kinofilm gewesen war. Eben hatte ich das Foto von der Werft wieder runtergenommen und gleich schwupps mach ich es gleich wieder rauf, weil Svea gesagt hat, bereits beim ersten Mal der Veroeffentlichung ist das Copyright schon verletzt. Uebrigens hat sich der Herr aus Neuseeland, obwohl mit einem wunderbaren Brief bedacht, geschickt mit der herkoemmlichen Post, niemals bei mir gemeldet und schwupps waren die Fotos mit der cc Lizenz im Beipack vom Civic Kino der Fotografin Julia Kuttner aus Takapua auch schon hochgeladen. L. G. Jens

3) Hallo Jens, ich fuehle mich geehrt. Auch wenn ausser dir und mir natuerlich niemand weiss, dass ich das bin. Du konntest auf dem Foto nicht lesen, dass das „Gr. Marienstraße.“ heisst? Das kann ja sogar ich lesen und ich bin dreimal an den Augen operiert. Und sag mal, wieso hast du den Eintrag fuer Raupert im Hamburger Adressbuch gefunden; die Grosse Marienstraße war doch in Altona? Und die letzte Frage: Was heisst denn LGB? Ich kenne das nur als Abkuerzung fuer „Lesbian, gay, bisexual“ und wuerde mich doch sehr wundern, wenn das in diesem Zusammenhang gemeint waere. L. G. Wiebeke

4) Hallo Wiebeke, ja, so soll es sein. Lesen? Das Wort heisst „ahnen“ und das auch nur, weil in der Bildunterschrift ja nur ein kurzes Wort auftaucht. Johannesstraße hat acht Buchstaben und Marienstraße nur sechs. (Das Wort Straße ist ja bei beiden gleich lang). Die Adressbuecher bei Agora sind alle unter Hamburg geordnet. (Da steht dann immer heutiges Gebiet, ohne den Hinweis, wem das zu verdanken ist), aber Du hast natuerlich recht: Ich habs im Altonaer Adressbuch gefunden. Aber das Du die LGB nicht kennst! Wenn Du als Junge diese Erde betreten haettest, dann waere das nicht passiert. Jeder Junge der damals in meinem Alter war, kannte die LGB.. Das war die Alternative zu den eingebildeten Schnöseln. Die hatten [weil ihre Eltern so reich waren und sie selbst zu Angebern erzogen werden sollten], immer die Nase oben und hatten den Mercedes der Modelleisenbahn: „Maerklin“. Die war eigentlich scheisse, weil sie mit Wechselstrom fuhr und keine durchgehende Stromschiene hatte und deswegen dauernd stehenblieb, was den Angebern natuerlich egal war. Also »LGB« ist die Abkuerzung fuer »Lehmann Garten Bahn«. Inzwischen ist Maerklin zweimal pleite gegangen und fuenf mal verkauft worden. Lehmann Garten Bahn ist nur einmal pleite gegangen und jetzt an Maerklin verkauft worden. Uebrigens faehrt die heutige Maerklin auch mit Gleichstrom, das ham sie jetzt endlich verstanden. Das mit dem Hamburger Adressbuch muß ich natuerlich gleich aendern. L. G. Jens

5) Hallo Jens, er ist durch den Elbtunnel geradelt, und das Stempeln war garantiert einer der Gruende dafuer, dass er da wegwollte; das Einzige, was er von diesem Job je erzaehlt hat, war, dass er jeden Morgen zur Arbeit pedalt ist, als ob’s um den Tour de France-Sieg ginge, denn im Gegensatz zu mir ist er ein notorisch unpuenktlicher Mensch. Bei der Oper musste man auch frueh aufstehen – Schichtarbeit – aber jedenfalls nicht stempeln, und ausserdem war man da nach 15 Jahren unkuendbar, weil’s ein halbstaatlicher Betrieb war, also quasi verbeamtet. Aber bis dahin war’s ein weiter Weg; angefangen hat er als sogenannter »Deckenzwerg«, das waren die, die auf den Knien auf der Buehne rumgerutscht sind und die Teppiche festgekloppt haben. So dass ich, als ich in der 1. Klasse in der Grundschule gefragt wurde, was denn mein Vater von Beruf ist, erhobenen Hauptes sagte, „Deckenzwerg“ und die allgemeine Heiterkeit gar nicht verstehen konnte. L. G. Wiebeke

Elbtunnel Hamburg
Foto Jörg Lodemann

6) Hallo Wiebeke, ich bin eben noch mal vorbeigefahren und habe den aktuellen Stand von Blohm & Voss fotografiert. Es ist nicht wahr, dass beide Schwimmdocks verkauft sind. Eins haben sie noch. Vom anderen Ufer fotografiert sieht das natuerlich nicht so aus, wie auf Deinem Foto. Aber die Kraehne sind noch dieselben. Oder waren es die gleichen? L. G. Jens

7) Hallo Jens, grade nach da, das ist in der Tat lustig. Ich meine die Ehemals-Ökosan-Rechnung, nicht den fuenfseitigen Schrieb von der IFB, von dem ich mir bisher erst die ersten zwei Seiten angetan habe; man will sich ja nicht vollends die Laune verderben. Worauf fuehrst du zurueck, dass die das mit derartigen Enthusiasmus und Einsatz durchzusetzen versuchen? Man sollte meinen (ich jedenfalls), drei Fuenftel der Empfaenger*innen knicken eh ein und zahlen die Kohle auf Raten zurueck, einem Fuenftel koennen sie nix, und das verbleibende renitente Fuenftel ist die Muehe nicht wert, jedenfalls nicht, was die Summen angeht, um die es da geht. Man hat fast den Eindruck, den IFB-Federfuchsern geht selber der Arsch auf Grundeis, aber wer atmet ihnen da von hinten auf die Ohren? Und vor allem warum? Angesichts dessen, dass das alles ja sowieso (fast) unter Ausschluss der indifferenten Oeffentlichkeit stattfindet und eine gerichtliche Niederlage von dir und deinesgleichen deshalb ja nicht mal abschreckende Wirkung hat. Ich bitte um Interpretation. L. G. . Wiebeke

8) Hallo Wiebeke, falls Du also jemals einen autobiografischen Text [von einem Buch will ich gar nicht schreiben] in Angriff nehmen willst, dann solltest Du den Titel: „Mein Vater, der Deckenzwerg“ nehmen. Du koenntest es natuerlich auch mit dem Schwimmer probieren, allerdings ist „Mein Vater, der Elbdurchschwimmer“ kein Erfolgstitel, das muesste dann schon: „Mein Vater, der Atlantikdurchschwimmer“ sein. Eine Spur, die aber ins Abseits fuehrt und da willst Du ja bestimmt nicht hin. Und das alles koennte man auch „Die Tochter des Deckenzwergs“ nennen, auf Deine Schwester bezogen koennte ein Buch von ihr dann heissen: „Die Tochter des Deckenzwerges, die es einmal besser haben wollte oder sollte“ was natuerlich ziemlich lang ist. Aber lang, so scheint es mir, ist heute modern. Ich habe, da war ich aber schon in der vierten Klasse, sagen muessen, mein Vater sei Prokurist. Das, so wurde mir eingeschaerft, sei in ziemlich wichtiger Mann, das, wie sich spaeter herausstellte auch nicht richtig war, denn er war der Prokurist einer ganz kleinen Maschinenfabrik und Prokurist war er nur geworden, weil sein Chef Wilhelm Busch [der hiess wirklich so] sich mehr mit seinen Urlaubsbreisen [Geschaeftsreisen nannte er das] beschaeftigte, als im Betrieb sich mit dem Unterschreiben von Briefen zu beschaeftigen. Wilhelm Busch haette sicher „Die Partei“ [Urlaub muss sich wieder lohnen!] gewaehlt, waehrend mein Vater, als ehemaliges NSDAP Mitglied lieber Erich Mende [ebenfalls ehemaliges NSDAP Mitglied steht zu vermuten, ich habe es nicht ueberprueft, nee passt nicht, war noch zu jung, war erst 17 Jahre alt] gewaehlt hat. Und am Sonntag haben meine Eltern zusammen im Bett die »Welt am Sonntag« gelesen. Gerade ist der Tuermer mit seiner Trompete fertig geworden und es scheint mir an der Zeit, Dich nicht laenger zu quaelen. Das war der Text zum Dienstag fuer die Tochter des Deckenzwergs und nicht der Text für die Schwester, ebenfalls Tochter des Deckenzwergs, die es einmal besser haben sollte, schoene Gruesse auch vom Erbeerschorsch. L. G. Jens

Urlaub muß sich wieder lohnen

9) Hallo Wiebeke, grad habe ich Dein Foto von Blohm & Voss wieder hochgeladen und auf die Seite gestellt. Dabei ist mir aufgefallen: Man sieht den Schatten der Haende der Fotografierenden, deswegen kommt jetzt das Lied, das meine Freundin immer zitiert, wenn sie sich ueber eine Saengerin aus der DDR lustig machen will. Dann singt sie die Zeile: „Sind so kleine Haende, winzige Finger dran“ den Rest habe ich vergessen, bzw. verdraengt. Ich fand das Lied immer ganz schoen. So unterschiedlich koennen Geschmaecker sein. L. G. Jens

10) Hallo Wiebeke, ich guck ja im Moment viel Fernsehen. Am Sonntag gab es bei Arte noch mal »Fahr zur Hoelle Liebling«, den ich sehr gerne mag. Im Abspann des Filmes taucht der Name Jim Thompson auf. Das war mir frueher nie aufgefallen. Jim Thompson spielt den alten Ehegatten von Velma [Charlotte Rampling]. Es handelt sich tatsaechlich um den Autor dieser wunderbaren Buecher, den ich versucht habe, Dir schmackhaft zu machen. Und das zweite Erlebnis will ich auch nicht verschweigen. Es gibt ja diese Amis, die ueber die Weltwunder Filme machen und die dann berichten, was sie Neues gefunden haben. Darunter eben dieser Film ueber die Bauplaene der Cheops Pyramide die hundert Kilometer entfernt gefunden wurden. Auf Papyrus geschrieben. Ham sie entziffert. Ungefaehr fuenftausend Jahre altes Speichermedium. Gleichzeitig ist meine externe Festplatte, das Speichermedium der Gegenwart, von einem Brett, zwanzig Zentimeter ueber dem Fußboden liegend, heruntergefallen und ist tot. Kann nicht wiederbelebt werden. Da hatten es die alten Aegypter doch viel besser. L. G. Jens

11) Hallo Wiebeke, eben im Briefkasten: ein Brief von EWS. Ich bin jetzt mit 1.968 Kwh pro Jahr in der Stromverbrauchsgruppe A, sehr gut, schreiben sie mir aus dem Schönau-Schwarzwald. Im Vorjahr waren es 1.979 Kwh. Aber der wichtigere Brief kommt vom Bezirksamt Hamburg Mitte. Und da habe ich, was ich von der Stasi gelernt habe, den Umschlag so aufgemacht, dass mann ihn auch wieder verschliessen kann, ohne das die Betreffende oder der Betreffende es merkt. Die Nachricht ist folgende: Sie haben Briefwahl beantragt (Lob) und dabei folgende, von der Meldeanschrift abweichende Versandanschrift angegeben.„Bitte prüfen Sie die gespeicherten Angaben auf deren Richtigkeit und wenden sich bei Fehlern an die im Briefkopf angegebene Wahldienststelle. Ist der Versand an die oben genannte Adresse richtig, müssen Sie nichts weiter tun.“ Die oben angebene Adresse ist per E Mail und freundliche Gruesse schicken sie auch. Da ist mir natuerlich sofort das Zitat von Horst Urich Sass in den Kopf gekommen, als er am Flughafen Hamburg, zweimal Hamburg gelesen hatte und gemeint hatte: „Was muessen diese Idioten zweimal Hamburg schreiben!“ L. G. Jens

12) Hallo Wiebeke, die wichtigste Antwort zuerst (Die gilt natuerlich nur fuer die Jahrzehnte von 1949 – 1987): Meine Eltern, aber die sind beide schon lange tot. (1979 + 1987). Und die haben die FDP gewaehlt, weil dort die meisten von den Mitgliedern waren, deren Mitglieder sie vorher waren. Ich will nicht ungerecht sein. Meine Mutter hatte es nur bis zum Deutschen Frauenwerk geschafft. Wer nun die FDP in Hamburg waehlt, weiss man aus der letzten Hamburger Buergerschaftswahl. Die Einwohner von Blankenese. Ueberall sind sie an der Huerde der Prozente gescheitert, nur nicht die Kandidatin aus Blankenese. Ob der Adel angekauft oder geliehen ist ― wie bei der Kekstochter in Bruessel, habe ich nicht ueberprueft. Gestern Abend jedenfalls hat es hier von Kindern (Fryday fuer Future) nur so gewimmelt, aber die Parteien schaetzen sich gluecklich, die Kinder duerfen ja noch nicht waehlen. Die Brieftraegerin muß ich in Schutz nehmen. Mir fallen bestimmt noch Argumente ein. Nur im Moment nicht richtig. Hast Du gesehen, wie Armin aus Aachen, die beiden Kinder angelogen hat? L. G. Jens

13) Hallo Jens, apropos Wahl, meine Briefwahlunterlagen sind am gleichen Tag bei mir angekommen wie der Brief, in dem nachgefragt wurde, ob es mit der Adresse auch seine Richtigkeit hat, wie bei dir. Und wenn ich nun gesagt haette, halt, nein, da ist ein Fehler drin? Diese Unterlagen waeren doch nie und nimmer ein zweites Mal rausgeschickt worden. Und weil wir hier in Sachsen-Anhalt sind, hat die Brieftraegerin diesen Brief, der nur persoenlich und gegen Vorlage des Ausweises usw. usf. ausgehaendigt werden darf, einfach in den (unabgeschlossenen) Briefkasten gestopft. Um deine Festplatte tut es mit Leid; ich hoffe, da ist nichts Unersetzliches verlorengegangen. Und mit dem Papyrus hast du natuerlich recht. Wobei aber dazu gesagt werden sollte, dass auch dieser Papyrus schon laengst vergammelt waere, wenn er irgendwo rumgelegen haette. Wahrscheinlich wurde er an einem luftdichten, staubtrockenen, abgeschlossenen Ort gefunden (z.B. einer Pyramide).

Wenn du deine Festplatten in einer Pyramide deponieren wurdest, waeren sie vielleicht nach 3000 Jahren noch so gut wie neu. Und zu guter Letzt: Wenn das ein echtes Wahlplakat waere, waere das glatt ein Grund, die FDP zu waehlen. Andere Gruende gibt’s ja nicht. Wer waehlt diese Partei, frage ich mich seit Jahrzehnten? L. G. Wiebeke

14) Hallo Jens, hei. Was ist mit dir? Ungewoehnlich langes Schweigen. Ich fuer meinen Teil bin seit 10 Tagen in Prag. Vor ein paar Tagen war ich in Mariánské Lázně / Marienbad, weil da die Ausstellung stattfindet, an deren Vorbereitung ich beteiligt bin, und ich musste natuerlich sofort an den Film denken, den ich nie verstanden habe und auch strunzlangweilig finde. Das ehemalige Kurhotel, in dem die Ausstellung stattfindet, sowie ueberhaupt die Stadt selber sind aber durchaus einen Film wert. Leicht runtergekommener oesterreichischer k.- u.-k.-Bombast mit Art Deco-Touch; sieht alles aus wie in dem Film von Wes Anderson, Grand Hotel Budapest, den du wahrscheinlich nie gesehen hast (muss man auch nicht). Wes Anderson hat, glaube ich, alles nachbauen lassen, aber er haette auch einfach im Hotel Hvězda in Marienbad filmen koennen. Goldene Fahrstuehle mit goldenen Zahnradgetrieben in offenen Fahrstuhlschaechten. Habe ich noch nicht fotografiert, das kommt aber noch. Sag doch mal piep. L. G. Wiebeke

15) Hallo Wiebeke, so ging es mir auch. Aber ich glaube, da gabs auch nichts zu verstehen. Aber: schwarzweiss Fotografie und CinemaScope [und noch das Streichholzspiel 1/3/5/7 und wer das letzte Streichholz zieht, hat verloren, oder war es umgekehrt?] und ausserdem sehen die Frauen doch sehr attraktiv aus, und deswegen haben wir Jungs, die sich fuer was besseres hielten, diesen Film gerne angesehen und natuerlich auch den von Wes Anderson, wo ich mich immer gefragt habe, was diese verschiedenen Formate eigentlich sollen? Meine Doppelanfrage [bezueglich Wohnraum in Berlin] hat mich doch mal wieder in meinen Vorurteilen bestaetigt. Junge Frauen wollen alle, auch wenn kein Platz ist. Doch sobald sie die 40 ueberschritten haben, schon ist es vorbei. Bei Berlin faellt mir noch das Desaster mit den Wahlzetteln ein. Das hat aber die Titanic schon im März 1990 vorhergesagt, wie Du in der Anlage sehen kannst. L. G. Jens

Punka im Oelkerscafe
Punka

16) Hallo Wiebeke, ich hab mal wieder was abgeschrieben, weil diese Fotokopien so schlecht zu lesen sind und natuerlich auch, damit die Kinder sie auch finden, falls sie denn auf die Idee kommen sollten, zu suchen. Ein Text, den Fritz Teufel [der mit der Wahrheitsfindung] mal geschrieben hat und in einem Buch erschienen ist, in dem auch andere Knackis, u. a. einer, der sich vom Anarchisten zum Realsozialisten und Schriftsteller verwandelt hat, dessen Krimis ich aber nie gelesen habe [bzw. immer nur den Anfang] [Robert Jarowoy]. Beide inzwischen in Freiheit und verstorben, jetzt habe ich doch glatt den Faden verloren und muss mal schnell zur Blutabnahme in die Praxis, wo ich schon seit 1983 bin (damals habe ich mir immer die gelben Zettel bei ihm abgeholt und war heilfroh, dass ich nicht wirklich krank war) und die zahlreiche Personalwechsel hinter sich hat [Karl Heinz Roth u.a.] und hier nun der Link auf das »Maerchen von Ali und Fatima«. L. G. Jens

17) Hallo Jens, diese Email musste ich zweimal lesen, bis sich mir erschlossen hat, wovon du eigentlich redest. Erst dachte ich, huch, ich habe ein Buch geschrieben? Das ist mir neu. Aber irgendwann fiel der Groschen dann doch. Freut mich, dass was Lesenswertes dabei ist. Aber was diesen Film betrifft: Das ist doch sehr unwahrscheinlich, dass der noch nicht auf die Muellhalde gewandert ist, oder? In welchem Format wurden solche Fernsehbeitraege denn eigentlich gefilmt? Nicht lachen, ich weiss es wirklich nicht. Die beiden Schreiben von deinem Anwalt lese ich morgen, sonst kriege ich schlechte Laune, und das will man ja nicht zum Feierabend. Ich meinerseits habe seit meiner „das kann doch nicht wirklich von Ihnen sein; ich wittere Betrug“-Email von vor zwei Monaten nichts mehr von der IFB gehoert. Aber die naechste Frechheit wird kommen; da koennen wir von ausgehen. Wie ist denn der Stand der Dinge bei D.; weisst du das? Zu deiner letzten Email: Robert Jarowoy kannte ich fluechtig, weil wir gemeinsame Bekannte hatten; schien mir ein netter Kerl zu sein, aber als Schriftsteller wenig beeindruckend. Fand ich jedenfalls. Im Gegensatz zu seinem Kampfgefaehrten Peter-Paul Zahl, mit dem ich ihn manchmal verwechsle, obwohl der eine ganz dick war und der andere ganz duenn. Gaehn. Wie dir wahrscheinlich aufgefallen ist, bin ich etwas braesig im Kopf. Ich habe den halben Tag Bilderrahmen lasiert, und jetzt ist mir schummrig vom Terpentin. Aber ich wollte nicht auch noch beim Malen und Lackieren eine Maske aufsetzen, wo man doch eh schon staendig mit so einem Kaffeefilter auf der Nase rumlaeuft. Also demnaechst mehr. Sag mal, wieso gehst du denn zum Blutabnehmen, wenn man mal fragen darf? L. G. Wiebeke

18) Hallo Wiebeke, dann fange ich mal von hinten an. Blut abnehmen, weil mein Hals irgendwie geschwollen ist und der Nachfolger von Karl Heinz Roth nach einem Blick in meinen Rachen auch nicht wußte, warum mein Hals geschwollen ist. Mit der Muellhalde, das traue ich weder dem WDR noch dem NDR noch Radio Bremen zu. Da sitzen die Gralshueter der Fernsehgeschichte, die schmeissen so was nicht weg. Den Film von Ulrike Meinhof ― Bambule ― haben sie ja auch nicht weggeschmissen und dann doch noch in irgend einem Nachtprogramm mal gezeigt. Im Studio haben sie mit großen Ampex Kameras gearbeitet, die mit zwei Zoll breiten Magnetbändern gearbeitet haben. Aber wenn sie in der Fabrik in Berlin-Kreuzberg bei DTW [nicht fuer dich aber fuer die Nachwelt: eigentlich De Te We, die Abkuerzung fuer Deutsche Telefon Werke, in Berlin 36, Wrangelstraße 100, die haben das Telefon W 48 gebaut] gedreht haben, dann sicher auf 16 mm Film, vorwiegend mit der Arri BL, aber auch mit der Aaton und der Eclair [aus Frankreich], die beide im Einsatz waren. Eine schoene Kamera. Die Eclair. Die 120 m Kassetten waren klasse. Da mußte man nicht die ganze Zeit im Dunkelsack rumfummeln, wenn man den Film in die Kassette eingelegt hat. Meist auf Umkehroriginal gedreht, manchmal aber auch mit Negativ Film. Die beiden Schreiben des Anwalts dienen eher der Erbauung und der Aufmunterung. Merkwuerdiger Weise hat bisher in Hamburg kein Sturm der Entruestung stattgefunden. Im Gegenteil. Wie ein Film von Bergmann: »Das Schweigen«. Der bescheuerte Innensenator [der aus Hamburg, nicht der aus Berlin von dem Wolfgang Neuss mal gedichtet hat: „Der Innensenator muß immer ne schnelle Fehlbesetzung sein“ oder so] laesst an der Flora immer die Beamten die Schrift uebermalen. Zugelernt haben sie nix. Und dann hat er auch noch zur Corona Rueckzahlung oeffentlich gesagt, dass die Leute, die dieses bekommen haben, ja auch in Raten zurueckzahlen koennen. L.G. Jens

19) Hallo Wiebeke, wird erledigt, ich freue mich ueber jede Begegnung mit Dir! Vorbeikommen immer! Gestern ist mir doch was Komisches passiert. Wieder ein Baustein zur Theorie des Aelterwerdens. Ich habe mit grosser Neugier das Buch, das Du mir geschenkt hast [das von den Scherben] bis zur letzten Seite gelesen. Manchmal hatte ich dabei den Eindruck, dass es sich um Wiederholungen handelt. Ich habe das meinem Gedaechtnis angelastet, da sind ja eine Menge Kenntnisse ueber Ralph und Gert Moebius angehaeuft. Irgendwie kam mir gestern die Idee, doch mal in meinem Buecherregal zu stoebern. Und siehe da, dort ist die Ausgabe von 2005 mit einem anderen Umschlag, den selben Texten und zehn Seiten dicker und sonst identisch, nicht mal die Schrift wurde veraendert. Das die Ausgabe etwas anders ist, kommt daher, das einige Bilder hinzugefuegt wurden. Wer haette das gedacht? Ich jedenfalls nicht. Den einen Text, den ich doof fand in der Neuausgabe, fand ich auch schon in der letzten Ausgabe doof, aber diesmal habe ich drei Seiten mehr gelesen, bevor ich abgebrochen habe. Jetzt kommt noch der Satz ueber Mae West, deren Auftritte in den verschiedenen Filmen ich immer sehr gemocht habe. Da hat jemand ueber sie geschrieben . . . „Sie verliert ihren gut Ruf den sie nie vermisst“. L. G. Jens

20) Hallo Wiebeke, der Brief ist im Kasten. Der Briefkasten, den ich sonst immer benutze, ist seit die gegenueber liegende Kirche in einen Laden umgebaut wird und sie deswegen den Briefkasten beseitigt haben, also der Briefkasten am Michel ist nicht mehr . . . wo war ich stehengeblieben? Ach ja, also der Briefkasten [grosse Version] auf dem Großneumarkt [versteckt hinter Hamburgs schoenster Litfaßsaeule], der hat mein Vertrauen nicht erringen koennen, weil er so voll war, dass man die obersten Sendungen gut haette entnehmen koennen. Also ich habe den genommen, der hundert Meter weiter im Alten Steinweg vor der Wirtschaftsbehoerde steht. Der soll ebenfalls um 16.30 Uhr geleert werden. Ich werde das jetzt nicht ueberwachen. Viel Spass beim Lesen, manchmal macht ja auch die Beamtensprache Freude in ihrem Unbeholfensein. L.G. Jens

Special URSS
Cahiers du Cinema

Ps: Da faellt mir noch das Weihnachtsgedicht fuer die Beamtenkinder ein: „Der Gabentisch ist oed und leer, Die Kinder gucken bloed umher, Da laesst der Vater einen krachen, So kann man auch mit kleinen Sachen Beamtenkindern Freude machen“. [G. Klaut bei Dorle K.]

Mit dem Krachen ist ein bestimmter Laut gemeint, den der Vater [Beamter = Sesselfurzer] mithilfe einer seiner Koerperoeffungen zu Stande bringt.

Aber das kannst Du ja nicht wissen, weil Du kein Beamtenkind gewesen bist. Um den Rassismus rauszukriegen kann man auch was anderes einsetzen. Reimt sich auch mit: Arbeiterkindern -, Angestelltenkindern und Tischlerkindern usw.

21) Hallo Jens, das finde ich super. Zum einen, dass ich dir was geschenkt habe, das du schon hast, ohne dass du’s gemerkt hast, und zum zweiten, weil es einen Jahrmarkt der Moeglichkeiten fuer weitere Geschenke eroeffnet: Zu deinem 90. schleiche ich mich in deine Wohnung, stehle ein Buch, von dem ich weiss, dass es dir gefallen hat, mache einen neuen Umschlag und Geschenkpapier drum, und voilà. [Fremwoerterbuch = sieh da!]. Das erinnert mich ein bisschen an die Leute ― du kennst bestimmt auch welche ― die sich nie erinnern koennen, dass sie einen Film schon mal gesehen haben. 70 Minuten sitzt man mit ihnen vor der Glotze, Dramen spielen sich ab, Ehen gehen in die Brueche, Autos fliegen in die Luft, und in der 71. Minute sagen sie ganz langsam: „Ich glaub, den kenn ich schon.“ L. G. Wiebeke

22) Hallo Wiebeke, das klingt ja ganz traumatisiert. Man spuert die Gedanken, die Dir dabei durch den Kopf gegangen sind. Da faellt mir sofort die Geschichte von dem Kind (weiblich) ein, das nach ihrem Berufswunsch befragt wird und es, wie aus der Pistole geschossen antwortet: Lehrerin! Auf die Frage warum, kommt die Antwort: Dann kann ich Kinder zwiebeln! Was natuerlich uebersetzt heisst: Kinder quaelen. Ich hab das nur hier hingeschrieben, weil ich natuerlich annehme, dass Du noch nie Kinder gequaelt und noch nie den Wunsch gehabt hast, dieses zu tun, was ich von mir aber nicht behaupten kann. Uebrigens zu dem Scherben Buch mit dem neuen Umschlag und Deiner Receycling Idee der Wiederaufarbeitungs-Verwertung ist mir aufgefallen, das es sein koennte, das das Buch doch nicht so gut ist, wie ich erst angenommen hatte. Und zwar aus folgendem Grund: Buecher, die ich vor 15 Jahren gelesen und fuer gut befunden habe, wuerden mir, trotz fortgeschrittenen Alters, sofort in Erinnerung kommen, Alzheimer her oder hin. Da dies bei selbigen Buch nicht der Fall ist, laesst mich auf die Idee kommen, dass es damals bei mir keinen bleibenden Eindruck erzeugt und hinterlassen hat. Bei der »Insel des zweiten Gesichtes« [fuer die Nachgeborenen von Herrn Thelen] ist das ganz anders. Alle Saetze, die Du der Lehrerin [oder dem Lehrer] in den Mund gelegt hast, sind sehr glaubwuerdig. Nur Dein letzter Satz sorgt fuer Irritationen. Als ich noch Lehrer in der Schule selbst erlebt hatte, haben sie niemals die Seitenzahl, die ausreichend sein sollte, angegeben, sondern immer nur die Zeit, die zur Verfuegung stand. Heute morgen habe ich [extra nur fuer Dich] Deutschlands [oder vielleicht Hamburgs] schoenste Litfasssaeule und den Briefkasten, in den ich immer die Briefe werfe, die ich an Dich schicke, fotografiert. L. G. Jens

23) Hallo Jens, das ist doch gar nicht maennerfeindlich, hoechstens eltern- oder trinkerfeindlich. Ich versteh das so, dass Mama hingefallen ist, weil sie auch schon stramm ist. Das waer doch mal ein Gedicht zum Interpretieren im Deutsch-Leistungskurs: „Wie kontrastiert der Autor das Verhalten der beiden Eltern? Laesst seine Schilderung Rueckschluesse auf seine eigene Haltung zu den Ereignissen zu? Welche Reaktion will er damit beim Leser hervorrufen? Und handelt es sich hier Ihrer Meinung nach um eine individualistische Zustandsbeschreibung oder um einen gesellschaftskritischen Kommentar? Mindestens 4 Seiten, bitte.“ L. G. Wiebeke

24) Hallo Jens, danke! Ich fuehle mich geehrt, dass ich persoenlich die Adressatin dieses Aufsatzes bin. Und das ist schon die 11. Epistel? Da habe ich einige der ersten 10 moeglicherweise verpasst. Das wird nachgeholt. Eine Ergaenzung zum Thema „Mobiltelefone in Drehbuechern“: Ich habe letztens ein Interview mit einer Krimiautorin gelesen, in dem sie Folgendes sagt – ich uebersetze aus dem Stegreif: „Mehr und mehr Krimis spielen in der Vergangenheit wegen dieser verdammten Mobiltelefone. Ein immer groesserer Teil der Ermittlungen gruendet sich auf Technologie. Aber die zwischenmenschliche Ebene, die uns an Krimis fasziniert, bleibt auf der Strecke. Man muss nicht mehr fuenf Leute verhoeren, um herauszufinden, wo Joe in der Nacht vom 15. auf den 16. war. Man verfolgt einfach sein Handy. Vor zehn oder zwanzig Jahren, wenn A seine Ex-Freundin gesagt hat, er war nicht bei ihr, und Joe sagt, er war bei ihr, wer hat dann gelogen? Will sie ihn in Schwierigkeiten bringen? Aber jetzt heisst es: „Wir haben Joes Handy. Bei ihr war er nicht.“ Das gilt fuer Fernsehkrimis sicher nicht im gleichen Masse wie fuer Kriminalromane, weil nicht-zeitgenoessische Drehorte das Budget in die Hoehe treiben. Aber ich fand es einen interessanten Gedanken. Ebenfalls interessant ist die Bildsprache, die sich in Krimis und Thrillern um den Einsatz moderner Technologien herum entwickelt hat. Von den Boesen oder einem Geistesblitz getrieben hechtet der Held zum naechstgelegenen Computer, um irgendwas rauszufinden, was die Handlung vorantreibt ― vorzugsweise naechtens in einem dunklen Buerohochhaus ― und wildes Rumgetippe auf einer Laptoptastatur macht natuerlich sowohl optisch als auch akustisch wesentlich weniger her als eine ordentliche Verfolgungsjagd.

Also muss Schweiss auf der Stirn her, blaeuliches Licht, ominoeses Gepiepe, blinkende Grafiken und Passwoerter in 36-Punkt, damit auch die Zuschauer zuhause sie gut lesen koennen. Okay, genug Kulturkritik fuer heute. Bis demnaechst.

L. G. Wiebeke

Hab ich grad in einer alten Cahiers du Cinema gefunden (von 1990). Passt irgendwie in unsere Zeit, fand ich.
Zeichnung Helga Bachmann
CIVIC THEATRE, AUCKLAND NZ
Foto von Julia Kuttner, Civic Kino, Auckland, New Zealand. Februar 1996

Briefe an Wiebeke (VIII) Das Rätsel des Kreiselkompass.

Blohm & Voss ca. 1982 (oder früher). Fotograf unbekannt. Mit dem Telefon abfotografiert. Gerne wollen wir herausfinden, wer dieses Foto gemacht hat.

pdfDas Raetsel des Kreiselkompass

Romische Zahlen am BUG

Hallo J. dieses Foto haengt in meinem Gaestezimmer auf dem Land an der Wand, und weil ich jeden Abend vom Bett aus drauf gucke, bin ich neugierig geworden, von wo aus das fotografiert ist. Und was ist das fuer ein Fenster? (In Wirklichkeit ist es rechtwinklig, aber im Gegensatz zu dem urspruenglichen Fotografen konnte ich die Kamera nicht ruhig halten, weil ich auf einer wackligen Matratze stand). Die Bewohner-Strich-Innen kann ich nicht fragen, weil sie nicht da sind, und vielleicht wissen sie es auch gar nicht. Und da dachte ich, ich frag doch mal einen Seemann, Wiebeke

Hallo Wiebeke, da stelle ich mal ein paar Vermutungen an und schicke das Foto auch noch mal weiter an Dieter, meinen Schiffbauerfreund. Meine ersten Vermutungen sind: Hamburg. Werft (entweder Blohm & Voss, Deutsche Werft, vielleicht auch HDW). Das Foto ist von der Bruecke eines Schiffes gemacht, durch eine Schiffsluke. Im Vordergrund ist vermutlich ein Kreiselkompass zu sehen. Wahrscheinlich doch Blohm & Voss, weil die Krähne haben eine grosse Aehnlichkeit, wenn Dieter sich gemeldet hat, melde ich mich wieder, J.

Hallo Dieter, meine Freundin Wiebeke hat mir ein Foto geschickt. Sie hat ein Bild fotografiert, dass in dem Zimmer haengt, wo sie einhuetet. Die Wohnungsbesitzer sind verreist. Und sie moechte gerne wissen, wo das aufgenommen ist. Ich hab schon mal ein wenig spekuliert: Hamburg, Blohm & Voss, Deutsche Werft, HDW, von der Bruecke eines Schiffes, im Vordergrund ein Kreiselkompass, was meinst Du? J.

Hallo J., ich wuerde sagen, das sind die Elbedocks von Blohm & Voss als noch vier Docks in der Elbe lagen. Gruss Dieter

VEB bei Blohm & Voss Hamburg 3. Juli 2017

Hallo Wiebeke, nachdem mein Freund Dieter befunden hat, habe ich mir Deine Fotos auch noch mal angesehen und damit steht jetzt fest, wo die Fotografin (oder auch der Fotograf) gestanden hat. Auf der Bruecke eines Tankers, der bei Blohm & Voss an der Pier lag. Blickrichtung elbaufwärts: Im Hintergrund Hamburg. Die beiden Schwimmdocks von Blohm & Voss, die in der Elbe lagen, wurden abtransportiert und vermutlich verkauft.

Zu dieser Zeit arbeiteten bei Blohm und Voss Jens M. und Dieter L. zusammen mit 4998 anderen Kollegen (Frauen gab es nur im Buero) auf dieser Werft. (Jetzt gibt es da nur noch 500). Das Schiff im Dock sieht aus wie ein Schiff von der Hamburg Sued Reederei, aehnlich dem Museumsschiff der Hamburg Sued an den Landungsbruecken (Cap San Diego), vielleicht ist sie das sogar. Die Bruecke hat grosse Aehnlichkeit.

Das Foto ist so um 1982 entstanden oder auch frueher. Der Gegenstand im Vordergrund (Kreiselkompass) weist auf das Baujahr des Tankers hin, von dem das Foto aus fotografiert wurde. Mehr Raetselloesungen kann ich heute morgen nicht anbieten. Und wer sang das Lied: Seemann lass das Träumen, denk nicht an zuhaus, Seemann Wind und Wellen tragen dich hinaus? J.

Hallo J., das ist ja mal eine erschoepfende Auskunft. Dank an dich und den mir unbekannten Dieter. Das Lied vom Seemann ist von Freddy Quinn, das weiss sogar ich, obwohl ich noch gar nicht so alt bin und auch gar keine Verbindung zur Seefahrt habe. Ausser dass mein Vater auch mal kurz bei Blohm & Voss gearbeitet hat, das muss so 1962/63 gewesen sein; weiss nicht, was man als Zimmermann auf einer Werft macht, und er ist dann ja auch schnell ans Theater gegangen, wo es bestimmt waermer und gemuetlicher war, Wiebeke

Hallo Wiebeke, aber das ist doch ganz klar. Die Hauptarbeit des Zimmermanns ist die Decksbeplankung, die ja aus Tropenholz besteht (wegen Salzwasser! Und nicht wegen Schoenheit!). Ich weiss gar nicht, ob man auf den neuen Schiffen ueberhaupt auf dem Deck laufen kann. Und dann gibt es ja noch die vielen Tueren, die auch meist aus Holz sind, schon damit sie nicht so eine Krach machen, wenn man sie zuschlägt. Ausserdem haben die Zimmerleute frueher auch die Schablonenen (aus Holz gefertigt) mit denen die Schiffbauer (Dieter kann das erzählen) die Platten ausgebrannt haben, die sie eingebaut haben. (Spanten u. a.).

Aber wahrscheinlich war deinem Papa das alles zu anstrengend. Bei Blohm ging es immer morgens um 7.00 Uhr los (nix mit Gleitzeit!) und wenn er nicht durch den Elbtunnel (mit dem Fahrrad, so wie ich) gefahren ist, sondern mit dem Auto ueber die Elbbruecken (Mehrzahl, weil da sind zwei Elben), dann musste er morgens um 5 Uhr aufstehen, das war beim Theater sicher nicht so, und vor allem bekam man keinen roten Druck auf die Stempelkarte, wenn man eine Minute zu spaet gestempelt hatte, das gab dann einen Abzug von 15 Minuten. (Im Theater gabs sicher keine Stempelkarten und keine Uhren in die man sie hineinstecken mußte, wenn man keinen Freund hatte, der fuer einen mitgestempelt hat) (und warum sollte einer, der aus der Ostzone kam, in Hamburg einen Freund haben ?).

Außerdem wurde auf der Werft nach Akkord gearbeitet und im Theater sicher nicht, also, Dein Vater war ein kluger Mann, wenn Du das heute auch nicht mehr so merkst und schwimmen konnte er auch gut, sonst waere er nicht durch die Elbe (eine Elbe!) gekommen und die Rede von Angela Merkel zum Kommunismus* hatte er damals schon antizipiert. Da staunst Du aber, was ich fuer tolle Worte ich kann, eh, ich kenne. * Das war die tolle Schlagzeile auf Seite eins der Taz, die habe ich dann gleich gekauft. Da stand: „Oma erzaehlt vom Kommunismus“ mit einem Bild von ihr. J.

Hallo J., er ist durch den Elbtunnel geradelt, und das Stempeln war garantiert einer der Gruende dafuer, dass er da weg wollte; das Einzige, was er von diesem Job je erzaehlt hat, war, dass er jeden Morgen zur Arbeit pedalt ist, als ob’s um den Tour de France-Sieg ginge, denn im Gegensatz zu mir ist er ein notorisch unpuenktlicher Mensch. Bei der Oper musste man auch frueh aufstehen – Schichtarbeit – aber jedenfalls nicht stempeln, und ausserdem war man da nach 15 Jahren unkuendbar, weil’s ein halbstaatlicher Betrieb war, also quasi verbeamtet.

Aber bis dahin war’s ein weiter Weg; angefangen hat er als sogenannter Deckenzwerg, das waren die, die auf den Knien auf der Buehne rumgerutscht sind und die Teppiche fest gekloppt haben. So dass ich, als ich in der 1. Klasse in der Grundschule gefragt wurde, was denn mein Vater von Beruf ist, erhobenen Hauptes sagte, „Deckenzwerg“ und die allgemeine Heiterkeit gar nicht verstehen konnte. W.

Hallo Wiebeke, falls Du also jemals einen autobiografischen Text (von einem Buch will ich gar nicht schreiben) in Angriff nehmen willst, dann solltest Du den Titel: „Mein Vater, der Deckenzwerg“ nehmen. Du koenntest es natuerlich auch mit dem Schwimmer probieren, allerdings ist „Mein Vater, der Elbdurchschwimmer“ kein Erfolgstitel, das muesste dann schon: „Mein Vater, der Atlantikschwimmer“ sein. Eine Spur, die aber ins Abseits fuehrt und da willst Du ja bestimmt nicht hin. Und das alles koennte man auch „Die Tochter des Deckenzwergs“ nennen, auf Deine Schwester bezogen koennte ein Buch von ihr dann heissen: „Die Tochter des Deckenzwerges, die es einmal besser haben wollte oder sollte“ was natuerlich ziemlich lang ist.

Aber lang, so scheint es mir, ist heute modern. Ich habe, da war ich aber schon in der vierten Klasse, sagen muessen, mein Vater sei Prokurist. Das, so wurde mir eingeschaerft, sei ein ziemlich wichtiger Mann, das, wie sich spaeter herausstellte, auch nicht richtig war, denn er war der Prokurist einer ganz kleinen Maschinenfabrik und Prokurist war er nur geworden, weil sein Chef Wilhelm Busch (der hiess wirklich so) sich mehr mit seinen Urlaubsbreisen (Geschaeftsreisen nannte er das) beschaeftigte, als im Betrieb sich mit dem Unterschreiben von Briefen zu beschaeftigen.

Wilhelm Busch haette sicher „Die Partei“ (Urlaub muss sich wieder lohnen! Siehe unten!) gewaehlt, waehrend mein Vater, als ehemaliges NSDAP Mitglied lieber Erich Mende (FDP, ebenfalls ehemaliges NSDAP Mitglied steht zu vermuten, ich habe es nicht ueberprueft) gewaehlt hat. Und am Sonntag haben meine Eltern zusammen im Bett die Welt am Sonntag gelesen und Kaffee getrunken. Gerade ist der Tuermer mit seiner Trompete fertig geworden und es scheint mir an der Zeit, Dich nicht laenger zu quaelen. Das war der Text zum Dienstag fuer die Tochter des Deckenzwergs und nicht der Text für die Schwester, ebenfalls Tochter des Deckenzwergs, die es einmal besser haben sollte oder wollte,

schoene Gruesse vom Erdbeerschorsch, J.

Blohm & Voss August 1957 (Foto: G. Klaut)
Blohm und Voss. Ein Schwimmdock gibt es noch September 2021 (Foto Jens Meyer)
Foto Jens Meyer

MS HANNOVERLAND & BLOHM & VOSS

Fotos Blohm & Voss und Hannoverland Mai 1983. Helmut Lippa

Die in der Nacht sich umgedreht . . .

pdfDieüberNachtsichumgedreht

Die über Nacht sich umgedreht. In der Taz hatte ich gelesen: “Die über Nacht sich umgedreht, zu jedem Staate sich bekennen, das sind die Praktiker der Welt – man könnte sie auch Schurken nennen.“ Dort wurde dieses Gedicht dem Herrn von Goethe zugeordnet, was aber nach der Meinung meiner Freundin Sabine, die sich viel mit Literatur beschäftigt, nicht sein kann. Der Geheime Legationsrat Johann Wolfgang von Goethe hätte so was niemals geschrieben war ihre Meinung. Der Dichter Beamte! Heute nun konnte ich Sabine berichten, welche Ergebnisse meine zweimonatige Suche nach diesem Text gehabt haben. Aber Eugen! Natürlich habe ich Dich dabei nicht vergessen! Eugen! Ich weiß, wie wichtig Dir die Antworten auf solche letzte Fragen sind. Auch in Corona Zeiten. So viel Zeit muß sein. Es darf nicht weitere zwölf Jahre bei www.Taz.de liegen, ohne dass jemand Notiz davon nimmt. Durch das Liegenbleiben oder Liegenlassen, das wissen wir beide, wird nichts besser.

Der Leserbriefschreiber aus Pulsnitz hat es den letzten Fragen der taz angedient. Schon am 9. Februar 2008!! Dort hat es nun zwölf Jahre herumgelegen. Die Behauptung, das Gedicht oder der Aphorismus sei von unserem Beamtendichter Johann Wolfgang von Goethe. Geboren am 28. August 1749. Nur nebenbei: Erst ab 1782 verwendet er das von! von Goethe!

Nur noch mal zur Klarheit und damit es keine Mißverständnisse gibt: Wer diesen Text in eine Suchmaschine eingibt: Wer in der Nacht sich umgedreht, den Mantel nach dem Winde . . . landet bei der Suchmaschine Google automatisch auf der Taz Seite mit der Beantwortung der letzten Fragen. Eine Vermutung, der Text stamme nicht von Goethe, sondern von Heinrich Heine führte mich dazu, ein wunderbares Büchlein zu kaufen (Sehr zu empfehlen) „Heine Sämtliche Gedichte“. Dünndruck. (Sämtliche Gedichte in zeitlicher Folge. Herausgegeben von Klaus Briegleb. Insel Taschenbuch 1963). Die 917 Seiten habe ich alle gelesen, aber das gesuchte Gedicht dort nicht gefunden.

Weitere Befragungen (z. B. im Buchladen in der Osterstrasse – 40 Jahre Buchladen Osterstrasse!!) führten mich zu Frage, ob vielleicht Goethe Kenner unter meinen Freundinnen und Freunden seien. Was merkwürdiger Weise nicht der Fall war. Die Buchhändlerin in der Osterstrasse hat mir dann geraten, mich in die HÖB (Hamburger Öffentliche Bücherhalle) am Hauptbahnhof zu setzen und die Gesamtausgaben von von Goethe zu studieren (was ich nicht gemacht habe). Aber dann habe ich im Antiquariat Pabel gefragt, ob sie vielleicht wissen, wem dieser Text zuzuordnen ist. Und heute morgen hat mir die Buchhändlerin mitgeteilt, was sie da herausgefunden hat. Eigentlich eine typisch deutsche Suche. Sie hat herausgefunden, wer diese Zeilen wirklich gedichtet hat und wem diese Zeilen noch so alles zugeschrieben werden. Ich würde sagen: Eine deutsche Suche hat jetzt ein Ende gefunden. Leider: Kein Heine. Kein Wilhelm Busch. Kein Goethe!

Welche Hilfsmittel ihr geholfen haben, weiß ich nicht. Vermutlich werden auch bei ihr Suchmaschinen mit im Spiel sein. Und jetzt habe ich auch kaum noch Zweifel an den Ergebnissen, wer dieses Gedicht, dass Heine, Goethe und Wilhelm Busch (Max und Moritz) zugeschrieben wird, in Wahrheit geschrieben hat. Also noch mal: Es ist nicht von Heine, nicht von von Goethe oder von Wilhelm Busch. NEIN!

Der Verfasser heißt: Bogislav Freiherr von Selchow. In seinem Gedichtbuch, das 1921 erschienen sein soll, soll es abgedruckt sein. Bogislav Freiherr von Selchow lebte vom 4. Juli 1877 – bis zum 6. Februar 1943 in Deutschland und wurde in Berlin beerdigt.

Von Beruf war Boguslaw, wie er auch genannt wird, Fregattenkapitän. Eugen, du kennst meine Biografie wie kein anderer. Ja, auch ich habe eine Seefahrtszeit hinter mir. Und richtig, auch an der Herstellung einer Fregatte war ich zeitweise beteiligt. Habe sie mitgebaut. Und deswegen war mir der Fregattenkapitän einige Momente lang irgendwie nah. Aber dann doch nicht mehr. Nachdem ich die Bewertung der Uni Marburg (die ihn einst verehrte) im Internet gelesen hatte:

Bogislav Freiherr von Selchow (04.07.1877-06.02.1943), Fregattenkapitän a. D. . Von Selchow kämpfte nach seinem Ausscheiden aus der Marine als Kommandant des Studentenkorps Marburg, einem bewaffneten Zeitfreiwilligenverband der Reichswehr, und als Anführer der paramilitärischen „Organisation Escherich“ in Westdeutschland gegen die Weimarer Republik. In seinen antisemitischen, völkisch-nationalistischen und republikfeindlichen Schriften trat er für den NS-Staat ein. Die Beteiligung an der Ermordung politischer Gegner konnte ihm nicht nachgewiesen werden. In dem bereits 1920 als Justizskandal wahrgenommenen Prozess gegen Mitglieder des Marburger Studentenkorps verteidigte von Selchow jedoch die Erschießung von 15 unbewaffneten Arbeitern nahe Mechterstädt und den anschließenden Freispruch durch das Kriegsgericht in Marburg. Die Ehrensenatorwürde wurde ihm am 09. 07. 1939 im Rahmen des vom Nationalsozialistischen Studentenbund veranstalteten Marburger Studententags „für seinen Kampf für die nationalen Ideale“ verliehen. Die Ehrung ist aus heutiger Sicht untragbar. Der Senat der Philipps-Universität Marburg missbilligt und distanziert sich von der Verleihung der Ehrensenatorenwürde. Er verurteilt das menschenverachtende Wirken von Selchows in der Weimarer Republik auf das schärfste.

Immerhin auf der Internet Seite der betreffenden Uni Marburg gefunden. Das hätten wir doch nicht gedacht oder? Und dieses Wissen verdanken wir der Buchhändlerin vom Antiquariat Pabel. Wieder etwas, was wir eigentlich gar nicht wissen wollten.

PDF Reichstag

Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, Ich kenn‘ auch die Herren Verfasser; Ich weiß, sie tranken heimlich Wein. Und predigten öffentlich Wasser. (Aus: Heinrich Heine. Deutschland. Ein Wintermärchen)

Heinrich Heine, Sämtliche Gedichte in zeitlicher Folge, herausgegeben von Klaus Briegleb als Insel Taschenbuch, Dünndruckausgabe, Seite 441. Überschrift: Gegen Tendenzdichter. 3 (1837 – 1844)

 Du singst wie einst Tyrtäus sang,
 Von Heldenmut beseelet,
 Doch hast du schlecht dein Publikum  
 Und deine Zeit gewählet. 
 
 Beifällig horchen sie dir zwar,
 Und loben schier begeistert:
 Wie edel dein Gedankenflug,
 Wie du die Form bemeistert. 
 
 Sie pflegen auch beim Glase Wein
 Ein Vivat dir zu bringen,
 Und manchen Schlachtgesang von dir
 Lautbrüllend nachzusingen. 
 
 Der Knecht singt gern ein Freiheitslied
 Des Abends in der Schenke:
 Das fördert die Verdauungskraft  
 Und würzet die Getränke. 

Nachtrag:

Originalton aus der Taz vom 9. Februar 2008, Letzte Fragen:
“Wer der Zeit hinterherhinkt, wie Erich Honecker: „Der antifaschistische Schutzwall wird noch in hundert Jahren Bestand haben“, oder ihr vorauseilt, wie Giordano Bruno: „Die Erde steht nicht starr im Mittelpunkt der Welt“, hat es schwer in der jeweiligen Zeit. Nur die sich dem Zeitgeist anpassen, wie zum Beispiel Günter Schabowski und Wolf Biermann, kommen ganz gut zurecht. Hier erinnere ich an den Aphorismus von Johann Wolfgang von Goethe: „Die in der Nacht sich umgedreht, den Mantel nach dem Winde hängen und sich zu jedem Staat bekennen, das sind die Praktiker der Welt – man könnte sie auch Schurken nennen!“ von Erhard Jakob, Pulsnitz.


Bleiben ein paar Fragen. Stimmt die Herkunft der Zitate, die von Erhard Jakob aus Pulsnitz den Autoren Giordano Bruno und Erich Honecker zugeordnet werden? Ich habe es nicht überprüft. Wobei der Wechsel vom Freiherr zum Geheimen Legationsrat teilweise der Tatsache geschuldet ist, das die Militärregierung (wie wir das im Westen genannt haben) die Bücher des Fregattenkapitäns Bogislav Freiherr von Selchow auf die Liste der auszusortierenden Literatur gesetzt hatten. Und das hat nicht nur in der SBZ, sondern auch in der BZ (Britische Zone) in Hamburg gut funktioniert. Keine Bücher des Fregattenkapitäns im Katalog der HÖB. Vielleicht unter dem Ladentisch? Wer weiß.


Der Katalog der HÖB (Hamburger Öffentliche Bücherhallen) enthält keine Literatur (auch keine Gedichte) von Bogislav Freiherr von Selchow, aber jede Menge Literatur des Geheimen Legationsrates Johann Wolfgang von Goethe (von Goethe ab 1782). Für die Zukunft merken wir uns: Abschreiben ja. Aber noch mal selber nachsehen. So viel Zeit muß sein.
Howaldtswerke (HDW) am 18. September 1964. Stapellauf des Schiffes Maratha Progress, Heimathafen Bombay. Foto von Jens Meyer

Sonnabend, d. 18.09.1964 Stapellauf bei HDW. Maratha Progress. Foto Jens Meyer

Die Übersetzung der Suchmaschine: „Those who turn around in the night, hanging their cloaks to the wind, these are the practical people of the world, one could also call them scoundrels.“

Aus gegebenem Anlass aus Hamburg

https://kenfm.de/tagesdosis-20-9-2019-der-blinde-fleck-podcast/Tagesdosis

20.9.2019 – Der blinde Fleck (Podcast)

Ein Kommentar von Dagmar Henn.

Wenn heute die große Volksgemeinschaft der Klimafreunde auf die Straße geht, dann gibt es ein Thema, mit dem sie sich gewiss nicht befasst: die Containerschifffahrt. Eigenartig, oder? Schließlich sind Containerschiffe so ziemlich die größten Dreckschleudern und CO2-Emittenten, die man sich denken kann.

Allein die fünfzehn größten Schiffe der Welt stoßen pro Jahr so viele Schadstoffe aus wie 750 Millionen Autos,“ (1) berichtete das Schweizer Fernsehen unter dem charmanten Titel ‚Das schmutzigste Gewerbe der Welt‘ und berief sich auf eine Studie des Naturschutzbundes (2). Und diese fünfzehn größten Schiffe sind mit hoher Wahrscheinlichkeit in deutschem Besitz.

Nur selten ist von diesen Schiffen zu hören. Eine der wenigen Erwähnungen der Schiffe in deutschem Besitz findet sich auf der Seite des Verteidigungsministeriums (3): „Deutsche Reedereien besitzen die viertgrößte Handels- und die größte Containerschiffsflotte der Welt.“ Wenn man es noch genauer sagen will: über die Hälfte der größten Containerschiffe haben deutsche Besitzer.

Das erklärt natürlich einiges. Unter anderem, warum ausgerechnet die Grünen so erbitterte Gegner der chinesischen One Road- One Belt- Initiative sind, die den Warentransport per Containerschiff weitgehend durch einen Transport per Bahn ersetzen will, der den Schadstoffausstoß verringern würde. Immerhin müssen die Schiffe, die auf dreißig Jahre Einsatz berechnet sind, erst einmal genügend Rendite einfahren, Umwelt hin oder her. Sonst müsste die HSH-Nordbank, deren Geschäft vor allem in der Finanzierung solcher Schiffe lag und die für die Erweiterung der deutschen Containerflotte zeitweilig zum größten Schiffsfinanzierer der Welt aufstieg, ein drittes Mal mit staatlichen Geldern gerettet werden (4).

Nirgends ist der Einfluss der norddeutschen Pfeffersäcke direkter zu sehen als bei Fridays for Future. Schließlich steht die Familie Reemtsma an der Spitze der ‚Bewegung‘. In den USA nennt man solche ‚Bewegungen‘ Astroturfing; weil natürlich entstandene Bewegungen Graswurzel-Bewegungen genannt werden, und Astroturf der größte US-amerikanische Hersteller für Kunstrasen ist.

Die Reemstmas dürften, wie die meisten ihrer Hamburger Klassengenossen (5), die Ottos (Otto Versand), die Jahrs (vorm. Gruner + Jahr Verlag) oder die Claussens (vorm. Beiersdorf Konsumgüterkonzern), das eine oder andere Milliönchen in diesen Schiffen stecken haben. Warum sollte also die eigene Brut den Blick auf diese Renditequelle lenken, nur weil sie gar so dreckig ist?

Übrigens ist auch die transatlantische Treue für die Pfeffersäcke und ihre politischen Ableger kein Selbstzweck; wer die größte Containerflotte betreibt, hat gern ein wenig militärischen Schutz in brenzligen Gegenden, und es ist immer noch günstiger, den bundesdeutschen Steuerzahler die Dienste der US-Navy entgelten zu lassen, als für andere Varianten womöglich selbst Steuern zahlen zu müssen.

Denn selbstverständlich kann man davon ausgehen, dass nicht nur die Flaggen, unter denen diese Schiffe fahren, nicht deutsch sind (weil man damit keine deutschen Tarife zahlen muss), sondern auch die Firmen, die die Schiffe betreiben, in irgendeinem Steuerparadies angesiedelt sind; deutsch ist da nur das Geld, das in die Schiffe geflossen ist, und die Eigentümer, die gelegentlich die Schecks einstreichen.

Es wäre übrigens, so der Bund Naturschutz, gar nicht so teuer, zumindest Ruß und Schwefel aus den Abgasen der Schiffe zu entfernen. 500 000 Euro kostet so eine Anlage, für ein Schiff, das hundert Millionen Euro kostet. Ein Schnäppchen, geradezu. Aber schon klar, Rendite ist wichtiger.

Dabei wäre das die wirkungsvollste CO2-Steuer, und sie würde weder die Pendler noch die Armen belasten: eine Strafsteuer für die Eigner der Containerschiffe, sofern diese nicht nachweisen können, dass ihre Schiffe auf die aktuell mögliche umweltfreundlichste Art betrieben werden. Wie oben bereits zitiert, fünfzehn Schiffe entsprechen 750 Millionen Autos. Hier mal zu den Daumenschrauben zu greifen und die Gelegenheit zu nutzen, weil die Eigner ja Landsleute und damit dem deutschen Recht unterworfen sind, wäre wirkungsvoll und nützlich. Und es müssten nur jene verzichten, denen es im Alltag ohnehin nicht auffallen dürfte.

Was den Pfeffersäcken und ihren Compagnons am Herzen liegt, ist allerdings etwas gänzlich Anderes. Goldman Sachs und weitere Finanzriesen haben gestern erst eine Erklärung ‚für Klimaschutz‘ abgegeben (6). Was sie dabei treibt, lässt sich erkennen, wenn man ihre ‚Forderungen‘ genau liest (für hiesige Regierungen sind das schlicht Befehle, schließlich steht die Allianz auch mit auf der Liste). Ganz unschuldig ist da auf der einen Seite von einer Besteuerung von CO2 die Rede, wie es die Jugendabteilung gerade auf der Straße gefordert hat, und dann von Förderung für private Investitionen in CO2-arme Energieerzeugung.

Um zu erläutern, wozu das dient, muss man an die Privatisierung der Autobahnen erinnern. Das eigentliche Ziel dieses Raubs öffentlichen Eigentums war die Rendite-Garantie von 5% jährlich, die aus Steuermitteln erfolgt. Also nicht nur, dass die normalen Erwerbstätigen dieses Landes gemeinschaftliches Eigentum verloren haben, sie sollen auch noch aus ihren Steuern den großen Kapitalanlegern eine garantierte Rendite von 5% jährlich finanzieren, die ansonsten nur noch unter hohem Risiko zu haben ist, weil die Zinsen global nach wie vor niedrig sind…

Es gibt zu viel anlagebedürftiges Kapital, und zu wenige Anlagemöglichkeiten. Leider muss man hinzufügen, dass die Hinnahme von ‚Lohnzurückhaltung‘ und serienweisen Kürzungen im Sozialbereich auch noch dazu beigetragen haben, die Menge dieses heimat- wie nutzlosen Kapitals zu erhöhen; die deutsche Exportwalze, die auf der Verarmung der deutschen Bevölkerung beruhte und unsere europäischen Nachbarn deindustrialisiert, schadet noch einmal, wenn die Gewinne zurückfließen und nach einer neuen profitablen Heimat suchen. Weil in der Produktion nichts mehr zu holen ist, fließen sie in Krankenhäuser, Privatschulen, Autobahnen und, demnächst in diesem Theater, in CO2-arme Energieerzeugung.

Denn es ist letztlich ganz egal, ob diese Energieerzeugung für die Bedürfnisse der Bevölkerung funktioniert, ob sie wirklich CO2-arm ist oder ob sie überhaupt eine positive Energiebilanz hat, die Bilanz, um die es wirklich geht, ist die der Investoren, die schon dafür sorgen werden, dass sie eine garantierte Rendite erhalten. Darauf ist die Bundesregierung schließlich inzwischen dressiert, siehe Autobahnprivatisierung. Reinholen kann man das ja über die Besteuerung (und noch höhere Energiepreise). Womit ein weiterer Grund für das Schweigen zum Thema Containerschiffe erkennbar wird.

Aus sauberer Containerschifffahrt lässt sich keine zusätzliche Rendite zaubern. Im Gegenteil, das würde die Rendite für die Eigner senken. Und man schießt sich nicht gern ins eigene Knie.

Nicht wahr, Frau Neuhaus und Frau Reemtsma?

Alles richtig Frau Henn, was Sie nicht berücksichtigen: Vermutlich fahren alle diese Schiffe mit dem sog. Masut (Mazut) Treibstoff! Der war schon damals, als ich noch zur See gefahren bin (1968), besonders billig und besonders schädlich. Hier ein Angebot aus dem Internet von heute (30.09.2019):

MAZUT M100 FOB Referenz Preis: 290,00 USD ($) – 300,00 USD ($) / Metrische Tonne | 50000 Metrische Tonne/Metrische Tonnen (Min. Order).

Das ist so was wie Teer. Das wird (so war es 1968) erst bei 350 Grad flüssig. Viel waere gewonnen, wenn diese Schiffe normales Gasöl tanken (Diesel) würden. (Der ehemalige Schiffsingenieursassistent von der OPDR)

Der Deutschlandfunk teilt mit: (Montag, 30.09.2019)

Schmutziger Treibstoff  Aber: Schweröl ist einer der schmutzigsten Treibstoffe überhaupt. Vor allem aufgrund seiner Schwefelemissionen. Ein Kreuzfahrtschiff zum Beispiel, so der Naturschutzbund Deutschland NABU, stößt an einem einzigen Tag so viele Schadstoffe aus wie eine Million PKW.

Deshalb werden die Umweltvorschriften für Schiffe auf See 2020 verschärft: Dann dürfen weltweit nur noch Treibstoffe eingesetzt werden, die höchstens 0,5 Prozent Schwefel enthalten. Viele Schiffsschornsteine wurden deshalb bereits mit speziellen Filtern ausgerüstet. Eine Alternative für Schweröl wäre LNG – Liquid Natural Gas, verflüssigtes Erdgas. Oder Marinediesel. Der ist zwar weniger umweltschädlich als Schweröl, aber immer noch hundertmal dreckiger als Straßendiesel.

Doch Marinediesel ist sehr viel teurer als Schweröl. Und bei LNG ist die Umrüstung teuer und die Verfügbarkeit ungewiss, erklärt Niels Groenewold, als er per SMS erfährt, dass die Vorstenbosch endlich eingelaufen ist. Mit dem Auto geht es Richtung Hafen. Es stürmt. Und es hat angefangen zu schneien.“

Deutschlandfunk 30.09.2019 

3. Oktober 2019

Neuere Informationen besagen, daß den Reedern das Verfeuern von Schweröl und Mazut in der deutschen Bucht und auf Elbe und Weser verboten ist. Es konnte mir allerdings Niemand darüber Informationen geben, ob, wie und vom wem das Verbot kontrolliert wird.

(Der Assi von der OPDR)

Clara Esslen Heinz B. Heisig und die Volkshochschule 16. Oktober 1938

Das Ende einer Legende. Heinz B. Heisig – Ein Widerstandskämpfer

25 Filmbeispiele zeigen: Wer gut mit den Nazis kooperiert (Clara Esslen, Heinz B. Heisig, VHS) braucht kein Mitglied zu werden. „Clara Esslen Heinz B. Heisig und die Volkshochschule 16. Oktober 1938“ weiterlesen

Alte Postkarte: Patria (Vaterland) im Dock gekentert

 

Schiff-Jens-MitKontrastFoto  Willi Beutler. Das Foto entstand  am 9. Juli 1938, nach 8.10 Uhr. Die Patria (Vaterland) wurde bei der Deutschen Werft Finkenwerder für die HAPAG gebaut. Stapellauf war am 15. Januar 1938. Die Probefahrt fand am 12. Juli 1938 (Norwegen) statt. Am 17. Juli 1938 war die Jungfernfahrt.

Aus dem Bericht des Seeamtes: „Dockarbeiter Wilhelm Gries ertrunken. Am 9. Juli 1938, gegen 8.10 Uhr, ist das Dock III der Deutschen Werft in Hamburg beim Eindocken des Elektroschiffes “Patria” nach der Stromseite bis auf etwa 36 Gr. übergekränkt. Hierbei fiel das Schiff gegen die Deckwand, die leichte Beschädigungen erlitt. Das Schiff blieb unbeschädigt bis auf leichte Einbeulungen, durch welche die Seefähigkeit nicht beeinträchtigt worden ist. Durch Kanten des auf dem Grunde wurde ein weiteres Krängen verhindert. Mit Hilfe der herangeholten Pumpendampfer der Feuerwehr gelang es die an der Landseite zu fluten und dadurch das Gleichgewicht wiederherzustellen. Beim Verlassen des Schiffes übers Dock haben mehrere Mitglieder der Besatzung Verletzungen erlitten. Ferner ist der Dockarbeiter Wilhelm Gries ertrunken. Der Unfall ist durch den Einbruch mehrerer Kimmpallen in die Tankdecks verursacht worden. Das derzeit in der Dockwanne befindliche Wasser ist durch Einbruchstellen in die Tanks der Stromseite gedrungen, und hat auf diese Weise die Schlagseite hervorgerufen. Das Einbrechen der Kimmpallen ist vermutlich auf leichtes Überkrängen infolge einer Bö zurückzuführen, der das fast bis zur Grenze seiner Tragfähigkeit ausgenutzte Dock nicht gewachsen war.” (Seeamt Hamburg 18.7.1938)

PDF Bericht des Seeamtes

MS Wilhelm Gustloffschlepper2WilhelmGustlof

MS Wilhelm Gustloff

MS Wilhelm Gustloff. Foto Werner Hensel. Die weitere Geschichte dieses Schiffes ist bei Wikipedia beschrieben.milpferd_einauge1By-nc-sa_color