Briefe an Eugen (LVXV) Staudte im Russischen Sektor

Admirals Palast Berlin
Foto Jens Meyer

PDF Briefe an Eugen (LVXV) Staudte im Russischen Sektor

Hallo Eugen, in dem Film „Rotation“ von Wolfgang Staudte, der 1949 in die Kinos kam, wird die Sprengung am Gleisdreieck am 2. Mai 1945 gezeigt. Die S-Bahn fährt an dieser Stelle unter dem Landwehrkanal durch. Die Sprengung, so ist die Vermutung, wurde von Fachleuten durchgeführt. Der S-Bahn Tunnel wurde zu dieser Zeit als Luftschutzbunker genutzt. Durch die Sprengung gelangte das Wasser aus dem Landwehrkanal in den Tunnel und es sind haufenweise Menschen ertrunken. In der Aufarbeitung dieser Geschichte, die bei Staudte noch sonnenklar war, ist es zu zahlreichen Spekulationen gekommen. So kurz vor der Kapitulation einen Tunnel sprengen? Vielleicht, und so kommt eine weitere Spekulation in die Geschichte, ist es so gewesen: Dort hatte die SS eine Sprengfalle vorbereitet, die durch die Bomben eines amerikanischen Luftangriffs in Gang kam. Wär doch möglich? Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja, Dein Einwand, das es keine Zeitzeugen mehr gibt, die das bestätigen könnten, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber was haben uns die Zeitzeugen denn bisher genutzt? Die ham ja die schlimmen Sachen auch alle für sich behalten. Als ich jedenfalls 1970 mit dieser S-Bahn von Lankwitz nach Gesundbrunnen gefahren bin (Jeden Morgen um 6.30 Uhr, um zum Bauplatz der Gleisbaufirma Max von Knoblauch GmbH in der Swinemünderstraße neben Grundstück Nummer 46 zu kommen) waren es insgesamt 12 Stationen (Lankwitz und Gesundbrunnen eingeschlossen) von denen allerdings nicht alle „bedient“ wurden. Da hielt die S-Bahn nicht an, sodaß man weder ein- noch aussteigen konnte. Nur an der Friedrichstraße hielt die S-Bahn an. Dort gab es zollfrei Zigaretten und Schnapps zu kaufen. Man durfte sich aber beim Aussteigen und Verlassen des S-Bahngeländes nicht erwischen lassen. Meine Lieblingsmarke war damals Pall Mall, und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, wie lange die von Lankwitz nach Gesundbrunnen gebraucht hat? Hab ich vergessen. Jetzt braucht sie beim Halt an allen zwölf Haltestellen 32 Minuten und um Deinen Wissensdurst zu löschen: Die Ringbahn der S-Bahn braucht, egal ob sie links oder rechtsrum gefahren ist, 60 Minuten. Wie das 1970 war? Die konnte man damals ja gar nicht nutzen, weil sie oben rum gefahren ist und an der Mauer angehalten wurde. Und noch was. Die Westberliner, nicht alle natürlich, aber viele, fanden das doof dass die Westdeutschen (also wir) die S-Bahn benutzt haben, weil sie ja vom Osten war. Und übrigens auch ganz billig, und nun kommst wieder Du. J.

Hallo Eugen, was ich da gemacht habe, bei der adligen Firma von Knoblauch? Ja eben Gleisbau und die Dehnungsfugen an der Stadt-Autobahn repariert. Wieviele Leute da gearbeitet haben? Na die „Gewerblichen“ waren zwölf und dann gab es noch welche im Büro. Was mir noch einfällt: In der Swinemünder Straße neben dem Grundstück Nummer 46 gab es 6 große Schuppen, in denen die Werkzeuge untergebracht waren. Was man so braucht im Gleisbau. Große Schlüssel für die Schwellenschrauben, Spitzhacken, Schaufeln, Spaten und die kleinen Maschinen zum Bohren, Schleifen und zur Stromerzeugung. Ein Kriegsversehrter, so nannten sie den, war angestellt um darauf aufzupassen, daß nix geklaut wurde. (Es gab auch noch einen Schäferhund, der ihm dabei half, beim Aufpassen). Du wirst es nicht glauben in welchen Mengen die Werkzeuge vorhanden waren. Ich hab nicht gezählt, aber ungelogen, das waren mindestens 200 Schaufeln und Spitzhacken. Das erweckte sofort meine Neugier und Max, der Kriegsversehrte, der schon seit Kriegsende dort beschäftigt war hat es mir dann in einer ruhigen Minute, die es auch gab, erzählt. Es gab ja nach dem Krieg viele Förderprogramme zur Trümmerbeseitung in Berlin. Du kennst doch noch die 2 Pfennig Briefmarke „Notopfer Berlin“? Also die Schaufeln wurden an Männer ausgegeben, die auf den Baustellen morgens erscheinen sollten. Dann kam einer vom Senat, hat die Personen gezählt und dafür gabs dann Geld. Wieviel das war, wußte Max natürlich nicht. Als der vom Senat wieder weg war, durften die „Schauspieler“ wieder nach Hause, die „Baustelle“ verlassen . Ungefähr 20 Westmark gabs dafür, hatte mir Max erzählt. Viel Geld zu der Zeit. Das war nach der Einführung der DM. Der adlige Unternehmer hat natürlich das meiste Geld eingestrichen und nur einen kleinen Teil an die „Schauspieler“ weitergegeben. Ich glaub, die Korruption ist eine Berliner Erfindung. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja natürlich gabs und gibs Korruption auch anderswo. Da gab es nach dem Krieg am Gesundbrunnen noch ein großes Kino, das habe ich erst viel später erfahren. Eins mit mehr als 1.500 Plätzen. Das hieß nach dem Krieg „Corso Kino“. Da fand 1951 unter anderem die erste Berlinale statt. Das war nach dem Krieg der Französische Sektor, der an den Russischen Sektor grenzte. Und die hatten ja die Ostmark, die viel weniger Wert war. Kurs war, glaub ich mich zu erinnern 1:7. Und die Zuschauer aus dem Osten, also dem russischen Sektor, konnten dann in Ostmark bezahlen. Und der Kinobesitzer bekam die Differenz in Westmark erstattet. Mehr Geld konnte man als Kinobesitzer nicht machen. Nach dem 13. August 61 war damit dann Schluß. Aber bis dahin war das ein gutes Geschäft. Die Geschichte dieses Kinos habe ich dann erst viel später erfahren, aber das ist eine andere Geschichte, nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, nein die hieß natürlich nicht Ostmark. Die hieß Mark der DDR. Würde mich nicht wundern, wenn die aus Westberlin in Ostberlin das Brot für Ostmark gekauft haben. L.G. Jens

Oscar Martay US- Offizier (Film Offizier der amerikanischen Militärregierung)

Hallo Eugen, Dich interessiert die andere Geschichte? Ja die ist wirklich ein bißchen lang. Also die erste Berlinale 1951 wurde von einem Nazi organisiert. Und zwar einem, der sich gut getarnt hatte. Er kannte dieses Kino, das 1932 Lichtburg hieß, gut. Denn die Firma, in der er ab 1941 gearbeitet hatte, hatte dieses Kino einem Juden weggenommen. Einem, dem die Flucht gelungen war und der aus diesem Grunde überlebt hatte. Der dann nach dem Krieg nach Berlin zurückgekommen ist. Und nun kommst wieder Du,. J.

Hallo Eugen, wie das passieren konnte? Der Mann hat eben Glück gehabt. J.

Lichtburg_Berlin_Grundriss_und_Schnitt

Hallo Eugen, wie das Glück aussah? Ja, die Umstände eben. Für manche Menschen war das überhaupt kein Glück. Für ihn aber schon. In Würzburg hatte er vor dem Krieg studiert und eine Doktorarbeit geschrieben. Irgend was mit Film. Vorraussetzung für den Job bei der Reichsfilmkammer in Berlin. Als der Krieg dann verloren war und einem Offizier der US-Army die Berlinale einfiel (Oscar Martay), war er nur die zweite Wahl. Vor ihm einer, dessen Ruf als Obernazi schon bis nach Hollywood gelangt war (Oswald Cammann-„Nazi Movie Moguls Powerful in Germany“, in „The American Jewish World“, 19. Januar 1951, S. 6). Diese amerikanische Zeitung kannte diesen Obernazi, den sie da zum Direktor der Berlinale machen wollten. Also wurde Kandidat Nr. Eins aussortiert. Kandidat Nr. Zwei hatte das Glück, das ein Bomberkommando aus 280 Flugzeugen Würzburg kurz vor Kriegsende in Schutt und Asche gelegt hatte. Sein Glück war, auch das Archiv der Dissertationen war verbrannt. Seine Dissertation auch. Nicht mal an den Titel dieser Arbeit konnte er sich nach Kriegsende erinnern. Damit war viel Beweismaterial für seine Nazivergangenheit beseitigt. Dann kam ihm auch noch Stalin mit seiner Blockade zu Hilfe. Westberlin sollte ausgehungert und eingemeindet werden und wurde von den Amis deshalb über eine Luftbrücke versorgt. Da hatten die Verantwortlichen von Westberlin anderes zu tun, als sich um die Vergangenheit ihres Berlinale Direktors zu kümmern. Immerhin kannte dieser ein Kino am Gesundbrunnen, das für die erste Berlinale geradezu geschaffen war. Größe: 1.500 Sitzplätze. Standort: Französischer Sektor an der Grenze zum Russischen Sektor, waren dabei ausschlaggebend. Und nun kommst wieder Du, J.

Lichtburg Berlin Gesundbrunen Nachtfoto

Hallo Eugen, was mit dem Besitzer des Kinos passiert ist? Der kam nach Deutschland zurück und hat seine Ansprüche vor Gericht geltend gemacht. Aber, als er starb, war der Restituionsprozeß vor einem deutschen Gericht noch nicht entschieden. Und nun kommst wieder Du, J.

Lichtburg Kino Berlin Gesundbrunnen 1932

Cahiers
Foto aus dem Film LES FANTOMES DE STALINE aus Cahiers du Cinema, Seite 17, Januar 1990
1951 Berlinale
Weisse Bär aus Berlin
Foto Jens Meyer

Hallo Eugen, wie es mit dem Berlinale Direktor weiterging? Am Anfang gab es noch Fragen und Hinweise, aber der Mann hat das Rampenlicht nicht so sehr gesucht. Und nach 25 Jahren im Amt hatte er sich eine gute Pension erarbeitet. Bis jemand nach seinem Tod auf die Schnappsidee kam, nach seiner Person einen Berlinale Preis aus der Taufe zu heben. Keinen goldenen, aber einen silbernen Bären. Sein Nachfolger als Berlinale Direktor war ein Redakteur der Zeit (Die Zeit-Wolf Donner), der sich mit den Schuhkartons des Herrn Riech, der die Ufa Kinos gekauft und entsprechend umgebaut hatte, angelegt hatte. Und so kam es dann wohl, daß viele Jahre später, eine von der Zeit angestellte Filmjournalistin sich doch mal mit diesen alten Geschichten von damals beschäftigt hatte. Ein „Hobby Filmhistoriker“ hatte sie drauf gebracht. Da sind sie dann alle aus allen Wolken gefallen. Das ist noch gar nicht so lange her. Wir von der Medienberatung hatten ihnen vorgeschlagen, sie sollten doch einfach die Farbe des Bäres ändern. Ham se nich jemacht. Und braune Bären sind ja in der Natur viel häufiger anzutreffen, als diese angemalten silberen Bären. Und nun kommst wieder Du, J.

Special URSS

Hallo Eugen, ob es einen Nachfolger Preis gibt? Habe so was nicht bemerkt. Es gab ein Bohei, aber jetzt ist es auch schon wieder vergessen, und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja ich kenne den Namen dieses Hobby Historikers, aber der möchte nicht, dass sein Name wieder irgendwo auftaucht. Der Zusammenhang stört ihn zu Recht. Aber Eugen, es gibt ja das Netz. Und wie ich Dich kenne, wird Dir eine Suche nicht schwer fallen. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja das ist richtig. Wenn die, die da aus den Wolken gefallen sind schon 1972 auf die Hinweise von Wolfgang Becker und Jürgen Spiker reagiert und vielleicht einmal ihre Dissertationen gelesen hätten. Ich will das mit der Fahrradkette nicht wiederholen. Und, den Namen gefunden? Na, jedenfalls kommst jetzt wieder Du, J.

Hallo Eugen, Du bist aber auch neugierig. Woher ich die beiden Fotos von Wolfgang und Fritz Staudte habe? Die stammen aus dem „Almanach der Filmschaffenden von 1943“. Das habe ich mal in einem Antiquariat gefunden. Hat mich damals 120 Mark gekostet. Und ich hatte lange überlegt, ob ich das Geld ausgeben und das Buch wirklich haben wollte. Auf der ersten Seite ein Bild des Herausgebers und ein Vorwort von ihm. (Die Bilder wurden von den Darstellern selbst zur Verfügung gestellt, steht auf Seite 2). Auf jeder Seite zwei Fotos. Auf Seite 272 die beiden Staudtes. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja dick ist das Buch auch. Es hat 543 Seiten und einige fehlen auch schon. Herausgegeben vom Reichsfilmintendanten in Max Hesses Verlag Berlin. Druck : Großdruckerei Erich Thieme, Berlin-Niederschöneweide, Haselwerder Straße 27-31. Und jetzt bist wieder Du dran, J.

Hallo Eugen, danke der Nachfrage. Ja ein Buch über die Aufarbeitung der Tätigkeit des ehemaligen Berlinale Direktors gibt es auch. Zwielicht genannt. Hier ist der Umschlag. Kann man kaufen. Aber da steht auch nur drin, was Du jetzt schon alles weisst. Und nun kommst wieder Du, J.

Dr._Alfred_Bauer
Berlin
Foto Jens Meyer (Man beachte bitte auch, wer diese Tafel finanziert hat)

Brief der Berliner Gaswerke
Brief der Berliner Gaswerke vom 3. September 1944
Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (VIII) Das Besatzungsregime

PDF Briefe an Eugen Das Besatzungsregime von Roeber und Jacoby

Römische Zahlen
Roeber und Jacoby

Hallo Eugen, ich erinnere mich, daß ich Dir mal von der dicken Schwarte von Roeber und Jacoby erzaehlt hatte. Gestern habe ich im Philturm diese Schwarte noch mal in der Hand gehabt und einige Seiten daraus fotografiert. Das ist ja schon einfacher, als es vor Jahren war, wo man dann immer suchen mußte, wo man eine Kopie davon machen konnte. Das mochten die Bibliothekarinnen immer gar nicht, wenn man die Buecher auf dem Kopierer platt drueckte, damit man das spaeter auch lesen konnte. Jetzt fotografiert man das und weil die Datei so groß ist, das man sie nicht verschicken kann, faehrt man heim und schreibt das Bild mit einem zweiten Klapprechner von dem ersten Klapprechner ab. Natuerlich ohne sich dabei zu fragen, ob das nun wirklich praktischer als frueher ist. Hier kommt nun die Abschrift des Fotos:

Abschrift “2. Abschnitt: Das Besatzungsregime I. Vorbemerkung 1. Grundlagen. Nach dem Zusammenbruch gab es zunächst keine Filmtätigkeit im gesamten Gebiet des ehemaligen Deutschen Reiches mehr. In der Proklamation des alliierten Kontrollrates Nr. 2 vom 20. September 1945 war auch der Film unter alliierte Kontrolle gestellt. (1). Diese Proklamation war die allgemeine Grundlage auch für die Beschlagnahme der Vermögenswerte des reichsmittelbaren Filmvermögens. (2) Durch das Kontrollratsgesetz Nr. 2 (3) erfolgte im Rahmen der Auflösung sonstiger nationalsozialistischer Organisationen auch die Auflösung der Reichskulturkammer und damit der Reichsfilmkammer. (4) Die Besatzungsmächte erließen für ihren räumlichen Zuständigkeitsbereich (5) auf dem Gebiet des Films Gesetze und Verordnungen (6), die zum Teil unveröffentlicht blieben. (7) Solche Maßnahmen stimmten in der Amerikanischen Zone und der Britischen Zone weitgehend überein; die Französische Zone folgte mit entsprechenden Maßnahmen. Mit der Proklamation Nr. 1 des Oberbefehlshabers der Westalliierten Streitkräfte in Europa (Dwight D- Eisenhower) wurden alle deutschen Amtsstellen ihrer Befugnisse enthoben. (8) Auf Grund des Gesetzes Nr. 52 wurde das mittelbare und unmittelbare Filmvermögen der öffentlichen Hand beschlagnahmt (Property Control). (9)“ (Die Suchmaschine übersetzt: Eigenschaftskontrolle).

Eine erstaunliche Wortwahl von Roeber und Jacoby, wie ich finde. Besonders das Wort Besatzungsregime und das Wort Zusammenbruch. Das Wort Militärregierung und das Wort Kapitulation wollten sie offensichtlich nicht verwenden. Und wer ihre Geschichte kennt, den wird das nicht verwundern.

Nachtrag: Anmerkungen aus dem Handbuch der filmwirtschaftlichen Medienbereiche 1973, Verlag Dokumentation von Dr. Georg Roeber und Gerhard Jacoby

Anmerkung 11) Siehe Turatus, Die Entwicklung der deutschen Filmwirtschaft nach 1945, Seite 2 Anmerkung 167) Im Juli 1945 waren in Bayern die ersten Filmtheater wieder spielbereit (so in Tölz). München folgte im August 1945 mit acht lizensierten Filmtheatern. Anmerkung 168) Die ursprüngliche Bezeichnung war „Amerikanischer Filmverleih“. Der amerikanische Leiter war Sgt. Klinger. (früher Wien); ihm stand Hans Kubaschewski (früherer Bezirksvertreter der Deutschen Filmvertriebsgesellschaft in Berlin) als Deutscher zur Seite. Kubaschewski wurde später Deutschland-Chef des Warner Brothers-Verleihs und war anschließend Geschäftsführer der reprivatisierten Bavaria-Filmkunst. Anmerkung 169) Vergleiche Turatus, aaO. Seite 4. Anmerkung 170) Siehe Anm. 153. Anmerkung 171) Nachteilig vor allem für den Wiederverkauf einer deutschen Spielfilmproduktion. Anmerkung 172) Lizenträger war Dr. Berger, Zahnarzt in Burgkunstadt (Ofr.) Anmerkung 173) Später Bundeswirtschaftsminister und nachfolgend Bundeskanzler. Anmerkung 174) In dieser Richtung bewegten sich auch die Absichten britischer Besatzugsstellen die zur Gründung der Atlas-Film GmbH in Hamburg führten, jedoch mit dem Erfolg, daß die Atlas-Film den Militärfilmverleih ablöste und – auch nur vorübgehend – wurde. Anmerkung 175) Ehefrau von Hans Kubaschewski, ehemalige Chefdisponentin des Siegel-Monopol-Filmverleihs in Dresden, bei Einmarsch der amerikanischen Besatzungstruppen Filmtheaterbesitzerin in Oberstdorf. Siehe auch Anm. 168. Anmerkung 176) Mitgeschäftsführer war Erich Motzkus, später bei der National Film, Hamburg und zuletzt in Berlin auf verschiedenen Filmgebieten tätig. Hallo Eugen, noch Fragen? J.

Zeichnung Helga Bachmann

Hallo Eugen, beim nochmaligen Lesen faellt mir auch der Begriff von Roeber und Jacoby: “ . . . und war anschließend Geschäftsführer der reprivatisierten Bavaria-Filmkunst. “ ins Auge. Soll vermutlich heissen ein Privatbetrieb wieder ein Privatbetrieb. Das Gegenteil ist der Fall, wie man den Nachforschungen von Roeber und Jacoby entnehmen kann. Und nun kommst wieder Du!, J.

Briefe an Wiebeke (XXXXIII) Vermutungen über Herrn K.

Römische Zahlen

PDF Abschrift Leserbriefe Daum + Fischer

PDF (Zeichen 7.647) Briefe an Wiebeke Vermutungen über Herrn K.

Hallo Wiebeke,

Du hast natuerlich Recht. Wenn wir uns schon so lange mit der Millionaerin aus Luebars, bei Berlin, beschaeftigen, dann sollten wir uns auch mit ihrem ersten Ehegatten K. beschaeftigen. Und das geht natuerlich weit ueber das hinaus, was er selbst fuer die Oeffentlichkeit ueber sich preisgegeben hatte.

Schon bei Ilse K. und ihrem Biografen war mir aufgefallen, wie schnell Biografen gerne auf die Bewertungen der sog. »Entnazifizierung« zurueckgegriffen hatten. Dieses: „Unbelastet“ aus den Unterlagen wird gerne dazu benutzt, die Sache nicht weiter zu betrachten. Natuerlich wußten alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen, das dieses Wort „unbelastet“ in Zusammenhang mit der Zeit von 1933 – 1945 keinerlei Bedeutung hatte. Das wußten auch alle. Vor Jahren, als die gefaelschte Version von »Casablanca« ruchbar wurde, hatte ich in meiner Naivitaet angenommen, dies sei mit der Entfernung saemtlicher Nazis aus dem Film auch ein Akt der Entnazifizierung gewesen, was natuerlich falsch ist.

Nein, als K. den Major Strasser aus dem Film »Casablanca« entfernen ließ, war dies natuerlich ein voellig unpolitischer Akt gewesen. Das war, wie spaeter behauptet wurde, nur aus geschaeftlichem Interesse der Firma gewesen, bei der er nach dem verlorenen Krieg untergeschluepft gewesen war: Warner Broth. Deutschland. Am schlimmsten, so folgere ich daraus, sind immer noch die Leute, die von sich behaupten, sie seien unpolitisch, was natuerlich ueberhaupt nicht stimmt. Im Gegenteil. Durch ihre Nichteinmischung ermoeglichen sie, was sonst nicht moeglich waere. »Unbelastet« waren sie keineswegs.

Sehr schnell haben das auch die Militaerregierungen verstanden, das es in Deutschland keine »Unbelasteten« gab. Die waren bestenfalls gefluechtet, hatten vielleicht in den Gefaengnissen ueberlebt. Aber die meisten tatsaechlich »Unbelasteten« waren vertrieben und auf verschiedenste Art und Weise ermordet worden.

Britische Besatzungszone
Britische Besatzungszone Hamburg. Unter der Aufsicht der Militärbehörde werden die Fragebögen ausgefüllt.

Der Fragebogen der amerikanischen / britischen Militaerregierung mit seinen 131 Fragen, wurde massenhaft gefaelscht. Gegenseitig hatten sich Taeter und Zuschauer »Persilscheine« ausgestellt, wie tapfer und erfolglos er oder sie in seinem oder ihrem Widerstand gegen die Nazis jeder und jede gekaempft hatte.

Von den sieben Hauptaetern (Hitler, Goebbels, Goering u. a.) hatten sich mehrere schon das Leben genommen. Joseph Goebbels hatte erst seine fuenf Kinder, dann seine Frau und anschließend sich selbst vergiftet. Komisch eigentlich, wo Gift in der Kriminalgeschichte doch eher ein Gelaende weiblicher Personen ist. Ihr Fuehrer dagegen, so berichteten sie, sei im Kampf gefallen: Alle anderen waren Opfer eines »terroristischen Bombenkrieges« geworden. Jetzt gab es ein »Besatzungsregime«, wie einer der Taeter (Dr. Georg Roeber) aus jener Zeit von damals 1973 in einem Buch, das der »Innenminister« herausgab, schrieb. Und diese Taeter wollten die Militaerregierungen und die neuen Machthaber nach dem Kriege zur Verantwortung ziehen? Welch ein Ansinnen!

Da kommt dann auch die Rede ihres Propagandaministers J. G., die er am 28. März 1933 im Kaiserhof gehalten hatte, wieder ins Spiel. Vergleiche hinken, wie wir alle wissen, aber mir faellt dabei sofort der Bremsweg eines Oeltankers von sagen wir mal dreihundert Meter Laenge ein. Eine internationale Vorschrift sagt, dass der Bremsweg eines Schiffes hoechstens 20 Schiffslaengen ausmachen darf. Ein 300 m langes Schiff hat also einen Bremsweg von 6 Kilometern. (6000 Meter hoert sich viel länger an)

Filmgeschichtler der deutschen Filmgeschichte haben vielfach behauptet, das die Kuendigungen aus rassistischen Gruenden, die der UFA Vorstand am 29. März 1933 beschlossen hatte, auf Anweisung von Joseph Goebbels erfolgt seien. Zum Beweis wird seine Rede im Hotel Kaiserhof vom Vortage, dem 28. März 1933, herangezogen. Liest man diese Rede bei Dr. Gerd Albrecht nach, so stellt sich heraus: Das ist komplett an den Haaren herbeigezogen! Der Mann war erst ein paar Wochen im Amt und seine Macht war keineswegs stabilisiert. Im Gegenteil.

Er lobte in der Rede sogar die Filme von Sergej Eisenstein, denen man nacheifern solle, was, wenn man die spaeteren Produkte der deutschen Filmproduktion aus jener Zeit heute bewertet, keineswegs der Fall gewesen ist.

Nein, der UFA Vorstand hatte bei der Entlassung der juedischen Mitarbeiter keineswegs auf Anweisungen des Propagandaministers gehandelt. Zum Beweis dient mir der Tankervergleich: Der Bremsweg des UFA Tankers, der wie ausgerechnet, mindestens 6000 Meter beträgt.

Auch der „vorauseilende Gehorsam“, von dem Dr. Klaus Kreimeier in seinem Buch die »UFA Story« auf Seite 250 schreibt, kann es nicht gewesen sein. Viel eher ist glaublich, was Dr. Klaus Kreimeier auf Seite 247 dem Papier anvertraut: „Jedenfalls überrascht die guillotineartige Perfektion, mit der schon am darauffolgenden Tag die Direktion der Universum-Film AG als Vollstreckungsmaschine in Aktion trat und die antisemitische »Säuberung« des Unternehmens in die Tat umsetzte. Die schwarzen Listen müssen vorbereitet gewesen sein.“

Aus heutiger Sicht kann man sogar davon ausgehen, daß die Entlassung dieser Mitarbeiter, diese »antisemitische Säuberung« des Unternehmens dem Vorstand der UFA im Gegenteil wie gerufen kam. Eine günstige Gelegenheit endlich das zu vollziehen, was schon lange geplant gewesen war.

Und falls die Sache schief gehen sollte, der Minister war ja erst vor kurzem ins Amt gekommen, und sich die Dinge anders entwickeln sollten, dann konnte man sich auf jeden Fall darauf berufen, das man gezwungen worden sei. Eine Technik, die nach Kriegsende von den selben Taetern wieder massenhaft angewendet wurde. Aber soweit sind wir nocht nicht.

Zurück zu Herrn K.. Schauen wir doch mal genau hin. 1925 arbeitet er bei der Parufamet, eine Verbindung von Paramount und MGM und UFA. 1928 ist er Volontär bei der Berliner Filmgesellschaft: Deutsche First National (DEFINA). 1928 wird er bei der Firma Starfilm in der Friedrichstraße Hilfsdisponent. Ein Jahr später, 1929, steigt er auf und wird dort Disponent.

K. hat eine schnelle Aufassungsgabe: »Als sich im Fruehjahr 1933 in der Filmbranche das Geruecht verbreitete, dass den amerikanischen Firmen die Konzession entzogen wuerde, riet mir mein damaliger Chef, F. L. D. Strengholt (Frits L. D. Strengholt) nach mehrmaligen Besprechungen, eine mir von der UFA angebotene, sehr guenstige Stellung, anzunehmen. Ich schied daraufhin im besten Einvernehmen von der Metro-Goldwyn-Mayer aus.« (zitiert nach Michael Kamp, Glanz und Gloria Seite 46, DIF-Frankfurt, Lebenslauf K.).

K. ist wirklich sehr geschickt. Nein. Er hat diesen Karrieresprung gar nicht gewollt. Der wurde ihm aufgedraengt! Von seinem damaligen Chef, der ihm diesen Ratschlag gegeben hatte. Und auch gleich mehrfach. Er wurde also praktisch gezwungen, sich auf einen der frei gewordenen Arbeitsplaetze bei der UFA zu bewerben! Zur Erinnerung: Dort waren, wegen der »antisemitischen Saeuberung« viele Fuehrungsposten »frei geworden.« Wo Frits Strengholm nach dem Krieg weilte, wer weiß das schon?

Nebenbei: Die Geruechte von der schnellen Konzessionsentziehung fuer die amerikanischen Filmgesellschaften waren eben nur Geruechte. 1935 hatte die Firma MGM, mit ihrem Geschaeftsfuehrer Frits L. D. Strengholt, Filialen in Berlin, Duesseldorf, Frankfurt und Muenchen. (The film daily year book of motion pictures-1935).

»1936 hatte Hans Wilhelm Kubaschewski die Filialleitung fuer die Verleihbezirke: Berlin Stadt, Ostdeutschland, Schlesien, Sudentenland und Mitteldeutschland.« (Michael Kamp, Glanz und Gloria, Seite 46, Anmerkung 22 in Kapitel 2)

Aus anderer Quelle, der Lichbildbühne LBB vom 27. Juli 1938, Beilage zur Nr. 174 (31. Jahrgang), kann man hinzufügen, das die Filiale Berlin, deren Vorgesetzter Kubaschewski war, 27 Mitarbeiter hatte. Stellvertreter war Heinz Steckel, der es später immerhin bis ins Familiengrab der Kubaschewskis geschafft hatte. Zum Vergleich: Die Hamburger Filiale der UFA hatte nur 10 Mitarbeiter. Und nun kommst Du, J.

Hans Wilhelm Kubaschewski

Hallo Wiebeke, was ich uebrigens vergessen hatte zu erwaehnen: Der »Karriereknick« von K. 1943 bei der UFA, so will ich das mal nennen, war sehr zu seinem Vorteil geraten. Der Obernazi, der sein neuer Vorgesetzter wurde, hatte seinen weiteren Aufstieg bei der UFA gestoppt und in seiner Boshaftigkeit auch noch dafuer gesorgt, das seine UK Stellung aufgehoben wurde und K. zur Wehrmacht mußte. [Fritz Kaelber, seit 1942 Generaldirektor der UFA*]. Nicht so schlimm, weil er durch glueckliche Umstaende nicht an die Front, sondern in eine Schreibstube der Wehrmacht gelangte. Das hat ihm auch spaeter sehr geholfen, seine Rolle bei der UFA herabzustufen. Dieses Glueck verbindet ihn biografisch mit Dr. Alfred Bauer (dem spaeteren Direktor der Berlinale), der in dieser Hinsicht sogar zweimal Glueck hatte. Einmal vernichteten die Bomberpiloten seine Doktorarbeit in Würzburg und dann wurde auch noch seine UK Stellung bei der Reichsfilmkammer aufgehoben und so mußte der arme Mannn kurz vor Kriegsende auch noch zur Wehrmacht. Und ist aber natuerlich auch in der Schreibstube und nicht an der Front gelandet. Weil, Kameraden helfen sich, und nun kommst wieder Du, J.

*Ach ja , da kommt noch was zur Person des genannten Fritz Kaelber. Juergen Spiker schreibt dazu (in seinem Buch Film und Kapital auf Seite 294: „KAELBER, Fritz (geb. 14. 3. 1893) (28) Seit 1919 als Verleihexperte in der Filmwirtschaft taetig. Vorstandsmitglied der Tobis-Rota, stieg, als diese mit dem Verleih Terra vereinigt wurde, zum geschaeftsfuehrenden Direktor der Terra auf. 1942 als leitender Direktor der Deutschen Filmvertriebs GmbH zugleich Vorstand der Ufa AG. Im Herbst 1943 Nachfolger Klitzschs als Generaldirektor der Ufa AG mit Mandat im Ufi-Vorstand. Seit 1.3.1933 in der NSDAP. Er hatte, wie in seinen Personalakten ausdruecklich vermerkt ist, schon vorher die Partei aktiv, inbesondere illegal in der „Ostmark“, unterstuezt.“ Und nun kommst wieder Du!

1951 Berlinale
Alfred Bauer 1951
Ilse Kramp
Ilse und Hans Kubaschewski, (der Mann mit den Blumen ist Adrian Hoven)
Zeichnung Helga Bachmann

Apropos Zeuge: Richard Adam

Abschrift IMG_4989.jpg Anlage H (Seite 48 der Akte Hirschel . /. Esslen Waterloo Theater)

Sonderrundschreiben No. 1

Betrifft: Organisation

Der Präsident der Reichsfilmkammer, Herr Staatsminister Professor Dr. Oswald Lehnich hat mir (mit?) Wirkung vom 6. Jan. d. J. für den gesamten Geschäftsbereich der Reichsfilmkammer einschließlich aller Fachverbände und Untergliederungen einen neuen Geschäftsverteilungsplan erlassen. Dieser seht (sieht?) die Aufgliederung der Verwaltung der Kammer nach den Grundsätzen der öffentlichen Verwaltung vor. Die neue Organisation stellt die straffe Konzentration der gesamten Arbeit der Kammer sicher; durch die Bildung der Fachausschüsse ist Gewähr dafür gegeben, dass die verantwortliche Mitarbeit des Berufsstandes für die Arbeit der Kammer erhalten bleibt und weiter ausgebaut wird.

Es sind folgende vier Hauptabteilungen gebildet worden: Hauptabteilung I Allgemeine Verwaltung “ II Politik und Kultur “ III Künstlerische und soziale Betreuung und des Filmschaffens “ IV Filmwirtschaft und -technik.“ Ausserdem ist noch folgendes auszuführen: Die Reichsfilmkammer, Hauptabteilung IV, Abt. 3 Fachgruppe Filmtheater ist zuständig für sämtliche Angelegenheiten, welche die Filmtheater und die Angehörigen des Berufsstandes der Filmtheaterbesitzer berühren. Die genannte Fachgruppe ist die an die Stelle des Reichsverbandes Deutscher Filmtheater e. V. tretende öffentliche Dienststelle. Bei der Reichsfilmkammer werden Fachausschüsse gebildet für:

a) Filmproduktion b) Ein- und Ausfuhr c) Atelierbesitz d) Filmverleih e)== Filmtheater f) Filmtechnik g) Kultur- und Werbefilmhersteller (IMG_4990.jpg) Die Berufung und Abberufung der Ausschussmitglieder des Fachausschusses für Filmtheater erfolgt durch den Präsidenten der Reichsfilmkammer. Der Fachausschus für Filmtheater hat eine Vorsitzenden. Der Vorsitzende des Reichsverbandes Deutscher Filmtheater e. V. ist zum Vorsitzenden dieses Fachausschusses für Filmtheater berufen. Ebenso werden bei den Landesleitungen der Reichsfilmkammer, also den bisherigen Landesverbünden des Reichsverbandes Deutscher Filmtheater e. V. Bezirksausschüsse gebildet, welche bestehen aus: a) den Gaubeauftragten der Kammer aus dem Landesleitungsbezirk b) Vertretern aus der Fachgruppe Filmtheater c) Vertretern aus der Fachgruppe Verleih d) in München ferner im Bedarfsfall aus Vertretern der Reichsfachschaft Film und der Fachgruppe Filmproduktion. Der Vorsitzende und die Mitglieder des Ausschusses werden vom Präsidenten der Reichsfilmkammer bestellt und abberufen. Die Durchführung des Aufbaus der Kammer erfolgt zunächst nur in organisatorischer, nicht auch in haushaltsrechtlicher Hinsicht.

Alle Beiträge der Filmtheaterbesitzer in ihrer Eigenschaft als Zugehörige zum Berufsstande der Filmtheaterbesitzer sind also nach wie vor in der bisherigen Weise weiter zu entrichten, und zwar wie folgt:

Reichsverband Deutsche Filmtheater e.V. Bezirksleitung Norddeutschland Postscheck-Konto: “Richard Adam, Verbandsbeitragskonto Hbg. 83111.

Die Mitglieder werden darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei der vorstehenden Regelung lediglich um eine organisatorische Zusammenfassung handelt. In allen, wie auch immer gearteten Angelegenheiten, auch soweit solche organisatorische Fragen betreffen, haben sich die Filmbesitzer in erster Linie an die Landesleitung zu wenden.

H E I L H I T L E R Reichsfilmkammer Landesleitung Norddeutschland gez.: Adam.

Clara Esslen Heinz B. Heisig und die Volkshochschule 16. Oktober 1938

Das Ende einer Legende. Heinz B. Heisig – Ein Widerstandskämpfer

25 Filmbeispiele zeigen: Wer gut mit den Nazis kooperiert (Clara Esslen, Heinz B. Heisig, VHS) braucht kein Mitglied zu werden. „Clara Esslen Heinz B. Heisig und die Volkshochschule 16. Oktober 1938“ weiterlesen

Casablanca Bausteine zur Fälschung (II)

PDF Abschrift Leserbriefe Daum + Fischer

PDF-Casablanca-ohne-Nazis-Die-Fälschung

PDF HeinzUngureitCasablanca

Casablanca ohne Nazis (Die Fälschung von 1952)

Auftraggeber für die Casablanca Fälschung, die 1952 in den deutschen Verleih kam, ist die Firma Warner Brothers. Ihr deutscher “Generaldirektor“, wie er sich nennen liess, war Hans Wilhelm Kubaschewski (1907 – 1961). Er war seit 1938 mit Ilse Kubaschewski. geb. Kramp verheiratet. Über seine Motive, diese deutsche Fassung von Casablanca herzustellen zu lassen und zu verbreiten, können wir heute nur spekulieren. Es hat ihn zu Lebzeiten keiner gefragt. Jedenfalls hat Hans Wilhelm Kubaschewski bis Kriegsende, der an hoher Position bei Goebbels UFA beschäftigt war, seine Geschäftspost mit Heil Hitler unterzeichnet. Dazu ein Zitat: Zu den Vertrauten der amerikanischen Militärbehörden gehörte Hans W. (Wilhelm) Kubaschewski, der schon vor dem Kriege mit Filmverleihern der USA verbunden war. Dann hatte er den Posten des Berliner Filialleiters der faschistischen Deutschen Film-Vertriebs-GmbH bekleidet, die zur UFA gehörte. Zusammen mit einem gewissen Walter Klinger aus Hollywood verlieh Kubaschewski nach 1945 die ersten Filme, vor allem Reprisen aus der Produktion vergangener Jahre. Der erzielte Gewinn ging in die Millionen. Kubaschewski war klug genug, sich nicht selber einen Filmverleih aufzubauen. Das tat seine Frau. Er mit den guten Verbindungen zu den Amerikanern, knüpfte die Beziehungen und gab die richtigen Tips. Später wurde er der Verantwortliche des Warner-Brothers-Verleih und dann, von 1959 bis zu seinem Tode, Direktor der Bavaria in München. Ilse Kubaschewskis Gloria-Verleih entwickelte sich zu einer der größten Verleihfirmen in Westdeutschland. Die Spezialität dieser Firma waren viele Jahre hindurch minderwertige Heimatfilme“. (Seite 264 in Horst Knietzsch, Film-gestern und heute, Urania Verlag Berlin (Ost), 3. Auflage vom 31.08. 1967)

Das hätte (wenn die Sache richtig gelaufen wäre), alles schon in dem Buch von Peter Pleyer, Deutscher Nachkriegsfilm 1946-1948 (erschienen in Münster 1965) stehen können. Tat es aber nicht. Die Mauer zwischen Ost und West hat offensichtlich auch bei den westdeutschen Filmhistorikern zu einem Brett vor dem Kopf geführt und so wurde Horst Knietzsch, Film – Gestern und heute, Berlin (DDR) 1967, (S. 264) nur von Dr. Klaus Kreimeier, Kino und Filmindustrie in der BRD, Scriptor Verlag, Kronberg Ts, 1973 zitiert und das auch nur einmal und auch nur, ohne den Autor zu nennen. In dem Ufa Buch von Klaus Kreimeier (erschienen im Carl Hanser Verlag) fehlt das entsprechende Zitat. In der westdeutschen Filmliteratur finden sich ebenfalls Hinweise auf Hans Kubaschewski und seine zweite Karriere in der BRD.

Allerdings nur in einer Fußnote (sehr klein gedruckt) in dem Buch von Georg Roeber und Gerhard Jacobi, Handbuch der filmwirtschaftlichen Medienbereiche“, Verlag Dokumentation, Pullach bei München 1973. (Gedruckt mit Unterstützung des Bundesministerums des Innern) und zwar auf: Seite 11, Fußnote 168: “Die ursprüngliche Bezeichnung war „Amerikanischer Filmverleih“. Der amerikanische Leiter war Sgt. Klinger (früher Wien); ihm stand Hans Kubaschewski Bezirksvertreter der Deutschen Filmvertriebsgesellschaft in Berlin) als Deutscher zur Seite. Kubaschewski wurde später Deutschland-Chef des Warner Brothers-Filmverleih und war anschließend Geschäftsführer der reprivatisierten Bavaria Filmkunst.“Seite 111: Fußnoten “Im 2. Abschnitt: “Das Besatzungsregime” (1973!!)b) Verleih: Um den im Lizensierungsverfahren fallweise wieder geöffneten Filmtheatern Filme zuzuführen (167), wurde bei Information Control Division auf dem Bavaria-Gelände eine eigene Verleihorganisation unter der Bezeichnung ”Allgemeiner Filmverleih” (AFI) (168) gegründet. Über die nach Abzug der Vertriebsausgaben verbliebenen Auswertungserlöse verfügte OMGUS Berlin (Anmerkung 170).“Die Auszahlung der Produzentenanteile an die Hersteller solcher Filme blieb einem späterern Zeitpunkt überlassen.“ (Anmerkung 171). Warum die Autoren Dr. Georg Roeber und Gerhard Jacobi diese wichtige Information in den Fußnoten verstecken und die Militärregierung 1973 als „Besatzungsregime“ bezeichnen, hat viel mit ihrer eigenen Biografie zu tun.

Biografie: Sergeant Walter Klinger geb. 12. Mai 1912 in Wien, geflüchtet in die USA, Vater: Adolf Klinger, Mutter: Julias Bellak Klinger 1929 bei Warner Broth später bei Metro Goldwyn Mayer Wien/Berlin. Später in Wien (?) in der Werbeabteilung von Warner. Am 22. September 1935 Heirat mit Hertha Bley Wien. (Im März 1938 marschiert die Deutsche Reichswehr in Österreich ein , sie nennen es Anschluss). Ehepaar Klinger flieht im Juni 1938 in die USA. 1941 Einbürgerung. Kam 1945 als Sergeant der US Army zurück nach Deutschland. Filmoffizier. Zusammenarbeit mit Hans Wilhelm Kubaschewski, den er vor 1933 in Deutschland kennengelernt hatte. Gründung des “Amerikanischer Filmverleih“ (später Allgemeiner Filmverleih genannt: Gestorben am 15. März 2003 Camarillo/California. Die beigefügte PDF Biografie hat er selbst geschrieben und ins Internet gestellt. Seine Zeit in Deutschland nach dem Krieg beschreibt er nur unvollständig.

(Zeichen 2.733)

Abschrift aus der „Die Neue Zeitung“ 7. Januar 1953 (Nr. 5. auf Seite 5) „Briefe an die ‚Redaktion“ Die Synchronisation war minderwertig Ihre Kritik des Filmes »Casablanca« ( Ingrid Bergman, Bogart) bedeutete eine schlechte Note für die Künstler, die diesen Film schufen. Dies ist ― von ihnen sicher ungewollt ― eine Ungerechtigkeit, weil nämlich der Originalfilm von dem in Deutschland gezeigten Streifen erheblich abweicht und fast in jeder Hinsicht gut ist. Bezüglich der deutschen Fassung gehe ich mit ihrer Kritik in weitem Ausmaß einig, man müßte jedoch nicht den Film sondern die Synchronisation „verreißen“. Ganz offensichtlich haben die Synchronisatoren Angst gehabt, die ursprüngliche Fassung zu bringen. Da nämlich dieser Film eine ausgesprochen propagandistische Tendenz aufweist und wahrscheinlich noch vor dem Kriegsende gedreht wurde, kann man über seine Eignung für den deutschen Markt sehr geteilter Meinung sein. Gerade die Szenen, welche dem Film den berühmten roten Faden geben, sind herausgeschnitten, was übriggeblieben ist, ist tatsächlich nicht einmal ein Torso, sonder eine Verballhornung und ein Mißbrauch großen Namen und angesehener Künstler.Sicherlich ist der Film heute in seiner ursprünglichen Form überaltert, wahrscheinlich sogar deplaciert. Er bot aber seinerzeit ein gutes Beispiel unaufdringlicher Propaganda gegen einen Feind der Menschheit ― den Terror. Man müßte also eigentlich den Kritikern neben der synchronisierten die Originalfassung zeigen. Dr. Helmut Daum Freiburg

»Die Neue Zeitung« vom 24./25. Januar 1953, Seite 5 Briefe an die Redaktion Conrad Veidt wurde herausgeschnitten Zu dem Leserbrief „Die Synchronisation war minderwertig“ (Nr. 5) möchte ich darauf hinweisen, daß es ohne weiteres möglich gewesen wäre, den Bergman-Bogart-Film in seiner ursprünglichen Form auch in Deutschland zu bringen.. Die deutsche Fassung weist sehr starke Striche auf. So ist beispielsweise die Rolle des Conrad Veidt, der einen deutschen Offizier spielt, völlig herausgeschnitten und dem Film auf diese Weise vollkommen das dramaturgische Salz genommen worden. Ich habe, als ich die deutsche Fassung sah, an die Verleihfirma geschrieben und gefragt, warum dies geschehen sei. Ich erhielt von ihr folgende Antwort: “ . . . Der Film »Casablanca« wurde im Jahre 1942 gedreht, und da er in seiner Originalfassung nicht mehr zeitgemäß und nicht zur Vorführung in Deutschland geeignet war, haben wie bei der Synchronisation des Filmes verschiedene Schnitte vorgenommen, bevor der Film der Freiwilligen Selbstkontrolle vorgelegt wurde. Da »Casablanca« zu einem der eindrucksvollsten Bergman-Filme gehört, wollten wie diesen Film dem deutschen Publikum nicht vorenthalten und haben uns deshalb zu dieser deutschen Neufassung entschlossen.“ Die Haltung der Verleihfirma in Ehren ― aber unter diesem Umständen sollte sie lieber auf die Vorführung des Filmes verzichten. Ich glaube, es ist kein guter Dienst am deutschen Filmpublikum, wenn man es in dieser Weise unterschätzt.“ Dr. Kurt Joachim Fischer, Heidelberg. Die beiden Briefe aus »Die Neue Zeitung« verdanken wir dem Altarchiv des Deutschen Bundestages aus Bonn. Herbert Fleischhauer hat sie gefunden.

PDF Schriften der Reichsfilmkammer

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Henschel / Urich Sass / Streit Bericht von Simone Heller + Martin Klingner

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Foto: Henning Scholz 2010

Jüdischer Friedhof in Hamburg Ohlsdorf

Bericht von Simone Heller Rechtsanwältin und Martin Klingner Rechtsanwalt, Hamburg Bericht über das Ergebnis unserer Recherchen

PDF Bericht Simone Heller Rea + Martin Klingner

I. Auftrag

Bei unseren Recherchen hatten wir uns auf zwei Fragen konzentriert, nämlich 1. ob noch Ansprüche auf Entschädigung für die „Arisierung“, d.h. den Zwangsverkauf des Unternehmens „Henschel Film & Theater-Konzern“ unter Wert bestehen könnten und 2. ob noch Ansprüche auf Entschädigung für Grundstücke der Familien Urich-Sass und Henschel, die diese vor ihrer Flucht aus Deutschland in den Jahren  . . .  besaßen bestehen könnten. „Henschel / Urich Sass / Streit Bericht von Simone Heller + Martin Klingner“ weiterlesen

Waterloo Kino – Malve Heisig – Witwe von Heinz Bernhard Heisig

pdf Protokoll Malve Heisig

Tieresehendichan3Protokoll eines Gespräches mit Malve Heisig, am Dienstag, d. 24. Januar 1989 im Haus der Jugend Mümmelmannsberg. Malve Heisig ist zu diesem Zeitpunkt 72 Jahre alt. „Waterloo Kino – Malve Heisig – Witwe von Heinz Bernhard Heisig“ weiterlesen