Apropos Casablanca Film Echo (30. 08.1952)

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Abschrift aus Film Echo vom 30. August 1952                                                      (Erscheinungsort Wiesbaden)                                                                                                        Filmspiegel auf Seite 784                                     

Besprochen werden:                                                                                                                            Sie tanzte nur einen Sommer (1558) (G.H.)                                                                            Die Todesranch (1559) (wtg.)                                                                                           Dschingis Khan – die goldene Horde (1560) (G.H.)                                                               Die Wochenschauen (1561) (G.H.)                                                                                             Rivalen am reißenden Strom (1562) (G.H.)                                                                       Casablanca (1563) (F.)                                                                                                            Schwarze Trommeln (1564) (G.H.)                                                                                   

Casablanca (1563)                                                                                                                Verleih: Warner Bros.; Länge 2236 m; Spielzeit: 83 Minuten. Regie: Michael Curtiz; Buch: Julius Epstein und Howard Koch; Kamera: Arthur Edeson; Musik: Max Steiner. Darsteller: Humphrey Bogart, Ingrid Bergmann, Paul Henreid, Claude Rains, Sydney Greenstreet, Peter Lorre, Szöke Szakall, Leonid Kinskey, Dooly Wilson.       

Das Thema des Filmes ist schon vom Millieu her dankbar. Es ist in Casablanca angesiedelt, jener abenteuerlichen Umschlagstation zahlloser europäischer Schicksale. Ein geheimnisvoller Mordfall bildet den Kern der Handlung. Eine Spielhölle sowie eine neue Vernichtungswaffe sind auch dabei. Am Ende aber startet ein Flugzeug in das lange gefährdete Liebesglück der beiden Hauptpersonen.  Die Regie von Michael Curtiz ließ die darstellerischen Kräfte voll zur Geltung kommen und vermittelte auf diese Weise starke Eindrücke von der Rollengestaltung her. F.  Verleihprogramm: 1952/53 ― FSK: Jv., Ffr.

Leider gibt es auf der Seite keinen Hinweis auf den Schreiber oder die Schreiberin, die sich F. nennt.

Tier
Zeichnung Helga Bachmann

Apropos GPS (Günter Peter Straschek)

Klappentext_Handbuch_wider_das _Kino

Die Edition Suhrkamp hat 1975 das Buch von Günter Peter Straschek : „Handbuch wider das Kino“ herausgebracht. Selbst fünzig Jahre nach seinem Erscheinen staune ich über die Fülle seiner Informationen. (edition suhrkamp 446)

Tier
Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen betrifft GPS (LXXXVI-86) (Günter Peter Straschek)

PDF Johannes Beringer zu Günter Peter Straschek

Römische Zahlen

Hallo Eugen, bei der newfilmkritik habe ich im Netz einen Text von Johannes Beringer (Ehemaliger dffb Student wie ich, nur paar Jahre früher) über Günter Peter Straschek gefunden (gleicher dffb Jahrgang 1966). Johannes Beringer hat mir erlaubt, diesen auf unsere Seite hochzuladen, was ich gut finde. Nun hast Du ihn J.

Zeichnung Helga Bachmann

Abschrift Joseph Roth Die Generallinie (S. M. Eisenstein)

PDF Abschrift Roth Die Generallinie

Joseph Roth Abbild im Klappentext des Buches „Berliner Saisonbericht“. Der Fotograf wird dort nicht genannt.

(Zeichen 9.886) Abschrift aus Joseph Roth aus Berliner Saisonbericht (Unbekannte Reportagen und journalistische Arbeiten 1920-39 Herausgegeben und mit einem Vorwort von Klaus Westermann)

Feuilletons: Die Generallinie (Seite 356-361) Der Russe S. M. Eisenstein [Sergei Michailowitsch Eisenstein Сергей Михайлович Эйзенштейн Sergej Michajlovič Ėjzenštejn] — ein atavistischer Mechanismus [Fremdwörterbuch: Atavismus = das Wiederauftreten von Merkmalen der Vorfahren, die den unmittelbar vorhergehenden Generationen fehlen (bei Pflanzen, Tieren und Menschen)] zwingt mich manchmal, die Initialen seiner beiden Vornamen für die übliche Abkürzung eines bereits historischen Prädikats zu halten — gilt unter den Sachverständigen des Films als einer der genialsten Regisseure dieser Zeit. Wenn ich in den nachfolgenden Zeilen über seinen letzten Film »Die Generallinie« einiges zu schreiben gedenke, so wage ich damit keineswegs, sein Werk, wie man zu sagen pflegt, vom »sachlichen Standpunkt aus« zu beurteilen und mir die Rechte jener Kenner zu usurpieren, [Fremdwörterbuch: usurpieren = widerrechtlich die (Staats) gewalt an sich reißen] die infolge einer Neigung oder Notwendigkeit in den Zeitungen regelmäßig Filme kritisieren. Ich vertraue den Sachverständigen, die mir versichern, die »Generallinie« sei »filmisch« hervorragend, und traute ich mir selbst ein Urteil zu, ich traute mich kaum, es auch drucken zu lassen. Immerhin erinnere ich mich noch genau der Ergriffenheit, mit der ich zum erstenmal den Eisensteinfilm »Potemkin« abrollen sah, und der leidenschaftlichen Empörung, die in mir einige seiner Bilder — man war versucht, sie »geharnischte Bilder« zu nennen — wachgerufen haben. Andere, von den Kritikern besonders gerühmte Stellen, sogenannte »photographische Meisterleistungen« war ich geneigt, eher als kunstgewerbliche Meisterstücke zu betrachten. Verdienste des Apparats ebenso, wie desjenigen, der ihn dirigierte, Folgen eines Einfalls und eines Spieltriebs, dessen Resultate sehr oft überschätzt werden — im Film wie auf anderen Gebieten. Die sogenannte »künstlerische Wirkung« eines auf ungewöhnliche Weise photographierten Kanonenlaufs beruht zum Teil auf dem psychologisch wichtigen Moment der Überraschung, die der Zuschauer nur selten als gesonderte Empfindung erlebt, die er vielmehr mit Ergriffenheit verwechselt. Die karikierenden und auf eine sehr direkte Wirkung berechneten Stellen, wie jene von dem physisch lächerlichen Marinearzt und den Maden in den Fleischrationen der Matrosen, glaubte ich als künstlerische Billigkeit agnoszieren [Fremdwörterlexikon: 1) anerkennen 2) die Identität feststellen] zu müssen und — künstlerisch betrachtet — vorausgesetzt, daß ich es als Nichtfachmann überhaupt durfte — als fehlerhaft und verlogen. Denn innerhalb dieser durchaus, sogar erschreckend realistischen Welt des meuternden Kriegsschiffes durften die Maden in den Fleischrationen nicht größer erscheinen, als sie wirklich waren, und es war außerdem billig, den Marinearzt in dem Maß winzig erscheinen zu lassen, in dem man die Würmer vergrößerte. Ein so lächerlich kleiner Doktor wirkte schon durch seine Physis aufreizend, besonders, wenn er so große Würmer als gar nicht vorhanden bezeichnete. Und je besser mir der Film im ganzen gefiel, desto sehnlicher wünschte ich, sein trefflicher Regisseur hätte in mir die gleiche Empörung hervorzurufen vermocht, wenn der Doktor mittelgroß und die Maden winzig geblieben wären. Sogenannte Kunstmittel sind selten auch Mittel der Kunst. Und also sah ich den »Potemkin« zum zweitenmal bereits mit wacheren Sinnen und ermüdeter Leidenschaft.

Immerhin: der »Potemkin« war ein Riesenerfolg, und die »Generallinie« mußte nach einigen Tagen abgesetzt und aus einem großen Kino in ein kleineres verbannt werden. Nun ist für mich, einen ziemlich erfolglosen Schriftsteller, der Erfolg zwar keineswegs ein Kriterium, und die Zahl imponiert mir so wenig, daß sie mich sogar mißtrauisch zu machen imstande wäre. Allein, den Sowjets imponiert die Zahl, imponiert auch der Erfolg. Wer eine Massenwirkung zu erzielen bestrebt ist, wer sogar Konzessionen macht, wer diese Konzessionen, sein Talent und die Kunst überhaupt mit seiner Weltanschauung erklärt, ja, wer die Kunst und sein Talent und sein Werk nur entschuldbar findet, wenn sie in den Dienst seiner sogenannten Weltanschauung getreten sind — der ist allerdings verpflichtet, aus der Erfolglosigkeit seines Werkes Konsequenzen zu ziehen. Er gestatte mir für einen Augenblick, es für ihn zu tun — und ich will versuchen, den Erfolg des »Potemkin« und die Erfolglosigeit der »Generallinie« aus dem Thematischen zu erklären: im ersten Film Eisensteins handelt es sich um eine Anklage gegen das zaristische Rußland. Dieses war, jedenfalls nach westeuropäischen Begriffen, eine verdammenswürdige Angelegenheit. Man mag vor Westeuropa so wenig Respekt haben, wie zum Beispiel ich selbst: Kosakenstiefel und Nagajkas [Fremdwörterbuch aus Lederstreifen geflochtene Peitsche der Kosaken u. Tataren] waren ihm immer ebenso peinlich gewesen, wie ihm heute die Weltrevolution peinlich sein mag. Diese direkte Tyrannenmethode, diese osteuropäische Nagajkatradition hätte das sogenannte »westeuropäische Gewissen« (vor dem Kriege scheint es eine Art Verantwortung für europäische Kultur im Westen gegeben zu haben) auf jeden Fall gegen Rußland revolutionieren können. Der Potemkinfilm fand also eine allgemeine Anerkennung, weil er die (angeblichen oder wirklichen) Abscheulichkeiten des zaristischen Rußlands anklagte. Die »Generallinie« findet keinen Beifall, weil sie die Vorzüge Sowjetrußlands verherrlicht.

Worum handelt es sich bei der »Generallinie«? Um die Segnungen der Zivilisation. Maschinen kommen in ein Dorf. Das Dorf ist mißtrauisch gegen Maschinen. Allmählich aber überwinden es, überzeugen es die Maschinen. Die Maschinen erobern das Dorf. Und wo die Sense mähte, arbeitet der Traktor. Und wo der Traktor arbeitet, fließt der Segen. Und der Sinn der »Generallinie« ist der: die Zivilisation ist eine herrliche Sache. Die sturen Bauern gehn hinter dem blöden Pflug. Sie bebauen ihre Felder höchst mangelhaft. Sie haben also wenig Getreide. Das ganze Dorf hat wenig zu essen. Da aber das Dorf ein Teil der Sowjetunion ist, hat die Sowjetunion weniger zu essen. Wenn die Sowjetunion weniger zu essen hat, leidet dass Weltproletariat Mangel. Das Proletariat aber soll keinen Mangel leiden, denn es muß siegen. Also muß das Dorf Maschinen haben. Das ist natürlich nicht der Inhalt des Films, wohl aber seine Tendenz und besonders der Sinn seines Titels. Dieser Titel will heißen: dies ist die Generallinie, auf der Sowjetrußland zu marschieren hat, die Stalin uns vorzeichnet. Weg mit den Pflügen! Traktoren her! Gesteigerte Produktion! Alle Räder gehen laut. Rußland wieder aufgebaut! Der Film ist, er gesteht es selbst, ein Propagandaplakat für die Industrialsierung des russischen flachen Landes.

Nun — was dIe Industrialisierung betrifft, so sind wir im Westen die geborenen Fachleute. Die Maschinen haben wir erfunden, und die Segnungen der Zivilisation sind eine von den Schmonzes, an denen unser westliches Vokabular so reich ist und die in Sowjetrußland ein »Programm« werden. Wir wissen beinahe nicht mehr, wie ein Pflug aussieht, vor lauter Traktoren, Melkmaschinen und landwirtschaftlichen Geräten. Unsere Milch schmeckt nach Elektrizität, unsere Butter nach Pappendeckel, seit Jahrzehnten haben wir kein Brathuhn gegessen, das eine richtige Henne ausgebrütet hättet, unsere Dörfer stinken nicht nach Dünger, sondern nach Asphalt, unsere Bauern haben Telephon und Normaluhren und fahren mit Aktentaschen im Auto auf die Felder, wie Bankbeamte ins Büro. Wenn bei uns zu Lande irgendwo ein Hahn kräht, fragen wir uns, ob’s nicht ein Tierstimmenimitator im Radio ist, und es fehlt nicht viel, so geben die strotzenden Euter unserer Kühe keine flüssige Milch mehr, sondern Konservenbüchsen aus Blech. Mit Maschinen also imponiert man uns nicht. So weit wären wir bereits industrialisiert und aufgebaut. Ja, allmählich beginnt unser Widerwille gegen Konserven so stark zu werden, wie es unser Abscheu vor Kosakenstiefeln war.

Man gestatte mir an dieser Stelle ein kleines privates Geständnis, damit sachliche Mißverständnisse vermieden werden. Mein Mangel an Begeisterung für landwirtschaftliche Maschinen, elektrisch erzeugtes Brot und chemische Eierspeisen resultiert nicht etwa aus einer Veranlagung zum Schollendichter oder aus einer Vorliebe zur Landschaft. Niemals habe ich auch nur in zehn Zeilen bukolische [Fremdwörterbuch: Bukolik = Hirten oder Schäferdichtung] oder romantische Talente verraten, niemals öffentlich eine der beliebten Jahreszeiten besprochen, ja, selbst einen kurzfristigen Sommeraufenthalt vermeide ich gern, fließendes Wasser, warm und kalt, im Zimmer, scheint mir eines der wichtigsten Erfordernisse der Existenz. Dennoch ist ein Hahnenschrei meinem Ohr angenehmer als eine Autohupe, eine Kuhglocke freundlicher als eine Telephonklingel, und der Gesang der Sensen sympathischer als das Gedröhn eines Traktors. Ich begreife selbstverständlich, daß die Autohupen, die Telephonklingeln und die Traktoren die Hähne, die Kühe und die Sensen allmählich zum Schweigen bringen werden, und ich mache mir wenig aus einer so selbstvertändlichen, [selbstverständlichen?] wenn auch peinlichen Entwicklung der Welt. Aber lächerlich wie die Bukoliker erscheint mir der Romantiker der Technik, der den Traktor imposant findet und dem die Konservenmilch besser schmeckt, der sich an Chemikalien delektiert und auf den Motor stolz ist. Und die »Generallinie«, die Stalin dem russischen Volk und dem Weltproletariat vorzeichnet und die Eisenstein uns vorfilmt, propagiert nicht nur den Traktor, sondern auch den naiven Stolz auf den Traktor. Sie preist nicht nur die Resultate des Fortschritts, sondern auch den Fortschritt. Sie wünscht nicht nur die Zivilisation, sie betet auch zu ihr. Sie macht in der Tat aus der Zivilisation die neue Religion, kein Opium für das Volk mehr, kein Schlafmittel, sondern Wachmittel, ein Putz- und Nutzmittel vielleicht auch. Stehe ich aber vor der Wahl, ein übermächtiges Walten zu erkennen: im Brutofen oder in der brütenden Henne, so ziehe ich die Henne vor, und obwohl ich mich noch an das Gedröhn der russischen Kirchenglocken sehr wohl als eine Störung meiner privaten Ruhe erinnern kann, fällt es mir schwer, das nützliche Wunder einer Telephonklingel als eine Art Garantie für eine segensreiche Gegenwart anzuhören oder als eine frohe Botschaft für die Zukunft.Und da nach der offiziellen Kunsttheorie der Sowjets der Inhalt und die Tendenz eines Kunstwerks seinen Wert allein bestimmen, Eisenstein selbst dieser Meinung sein dürfte, bin ich, ein Nichtkenner der Filmgesetze, ausnahmsweise einmal in der Lage, frank sagen zu können: die Generallinie ist ein schlechter Film. Und Eisenstein muß mir recht geben. Der Mißerfolg des Films zeugt gegen ihn (fast ebenso, wie zum Beispiel meine materiellen Mißerfolge für mich zeugen).

Der Potemkinfilm fand eine günstige Bereitschaft: das humane Gewissen Europas, das immer ein Feind des Zarismus gewesen war. Die »Generallinie« findet überhaupt keine Bereitschaft: erstens, weil unsere Maschinenmüdigkeit zu groß ist; zweitens, weil uns Stalins (und selbst Lenins) Programm zu banal ist. Wir haben ganz andere, viel kompliziertere Sorgen. Und allerdings auch noch einen Rest von romantischer Zuneigung zum »rätselhaften Osten«, der sich so lächerlich krampfhaft bemüht, alle seine Rätsel zu erklären, nach der Methode der beliebten Ecke in der Zeitung: Auflösung folgt in der nächsten Nummer . . . (Aus Joseph Roth, Der Scheinwerfer (Essen), März 1930 (Abgeschrieben aus dem Buch Joseph Roth, Berliner Saisonberichte, Unbekannte Reportagen und journalistische Arbeiten 1920-39, herausgegeben und mit einem Vorwort von Klaus Westermann, erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1984) Aus dem Klappentext: „Joseph Roth (1894-1939) wuchs in Galizien auf. studierte in Lemberg und Wien Germanistik. nahm am 1. Weltkrieg teil. Ab 1918 war er Journalist in Wien. reiste später als ständiger Mitarbeiter der Frankfurter Zeitung durch Europa. 1933 ging Roth nach Frankreich ins Exil: er starb 1939 in Paris. (ISBN 3 462 01660 1)

Les Fantomes de Staline
Cahiers du Cinema Januar 1990
Tier
Zeichnung Helga Bachmann
v.l.n.r. Grigorij Alexandrow, Sergej Michailowitsch Eisenstein, Walt Disney, Edvard Tissé (Kameramann) in den USA
Creative commons.org
cc

Briefe an Eugen (LXII-62) Renate Holland-Moritz (III)

PDF Briefe an Eugen Holland Moritz Geschmacksgleiche

Renate Holland Moritz

Renate Holland-Moritz. (übrigens kommt die merkwürdige Haltung durch den Umstand hervor, dass Renate Holland Moritz in einem Liegestuhl sitzt, als sie von dem unbekannten Fotografen fotografiert wurde. Das hier abgebildete Foto ist also nur ein Ausschnittt aus einem anderen Foto. So kommt das alles zustande.)

Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (XXIII-23) Karin Baal

PdfBriefe an Eugen (XXIII) Karin Baal

Römische Zahlen am BUG
Römische Zahlen

(Zeichen 1.697) Hallo Eugen,

Du hast Recht. Der »Heilige Abend« ist so recht geeignet, sich Filme anzusehen, die man bisher vermied. So wie Georg Kreisler in seinem Lied singt: “ . . . und am Weihnachtsabend wie erquicklich, man speist mit den Verwandten, die mans ganze Jahr vermied. Nach dem Essen fuehlt man sich so gluecklich, weil man die Verwandten nun ein Jahr lang nicht mehr sieht“. (Siehe Schallplatte)

Auf diese Weise habe ich mir einen DVD Abend gemacht und mir unter anderem den Film von Reinhard Hauff von 1982 angesehen. Der Mann war immerhin einige Jahre lang Direktor meiner damaligen Filmschule dffb gewesen. Da hatte ich aber schon abgemustert.

Jetzt weiß ich endlich, der Mann mit dem Doppelnamen war nicht nur ein schlechter Schlagersänger, sondern eben auch ein noch schlechterer Schauspieler. In dem Film von Peter F. Brinkmann, so einen Buchstaben wollte ich mir immer auch dazwischen reintun, das macht die Sache so geheimnisvoll, heißt er nun Friedrich, heißt er Fritz oder gar Ferdinand? Ja in diesem LKW Film, der ihm geklaut wurde, kommt er noch einigermaßen durch, obwohl ich den Selbstversuch nach vierzig Jahren nicht mehr gesehen, noch nicht gemacht habe.

Aber in diesem Film von 1982 ist er völlig verkrampft. Der Drehbuchautor, von dessen Texten ich lange Zeit begeistert war, hat auch nicht grade eine Spitzenleistung abgeliefert. Es reicht eben nicht, keine Ideen zu haben, man muß auch unfähig sein, sie umzusetzen. (Nicht von mir. Geklaut bei Wolfgang Neuss). Einzig die Frauenrollen in dem Film sind einigermaßen gelungen.

Großartig ist die Schauspielerin Karin Baal als Stasi Mitarbeiterin. Die macht ihre Sache wirklich gut. Wie das mit dem Pässe tauschen wirklich geht, hat uns Peter Timm im Tapezierer Film »Meier« vorgeführt. Jedenfalls wenn man den »Mann auf der Mauer« nach »Funny Bones« von Peter Chelsom und vor »Leoparden küßt man nicht« von Howard Hawks gesehen hat, dann weiß man genau, in welcher Klasse der deutsche Film so spielte und leider auch spielt. Christian Petzold hin oder her.

Kein Wunder, wenn jedes Jahr die »Feuerzangenbohlenrache« von Joseph G. mit seinem Lieblingsschauspieler Heinz R. im Fernsehen läuft. J.

Filmwelt Max Ophüls
Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (XVI-16) Neue Filmkunst Walter Kirchner + VEB Progress Film Verleih

(Zeichen 5.654) Briefe an Eugen (XVI) Neue Filmkunst Walter Kirchner

Römische Zahlen am BUG
Römische Zahlen

PDF Briefe an Eugen (XVI) Neue Filmkunst

Bremen Foto RHM

Hallo Eugen, der Film »Titanic« wurde 1942-43 hergestellt. Geplante Dreharbeiten vom 12. 03. 1942 – Oktober 1942. Im April 1963 brachte ihn der Verleih: »Neue Filmkunst Walter Kirchner« aus Göttingen ins Kino.

Zu jedem Film dieses Verleihs wurde ein Programmheft erstellt: »Kleine Filmkunstreihe Nr. 30«. Die Redaktion dieser Hefte hatte Fritz Puhl. Die Zusammenstellung und der Text stammt von Wolfgang R. Langenbucher. Die Graphik stammt von Hans Hillmann und Isolde Baumgart. Leider habe ich das Programmheft nicht einzeln, sondern nur in der gebundenen Fassung. Deswegen kommt hier eine Abschrift aus selbigem Heft Nummer 30:

Abschrift: „Mehrmals in der Geschichte des Films hat die Tragödie des Ozeanriesen TITANIC vor der Kamera ihre Nachgestaltung erfahren. Zum erstenmal bereits im Jahre 1913 in Dänemark durch Augustus Blom (unter dem Titel „Atlantis“, nach dem gleichnamigen Roman von Gerhard Hauptmann); zum bisher letztenmal in Amerika durch Jean Negulesco („Der Untergang der Titanic“, 1953).

Der deutsche Film TITANIC entstand 1942/43. Er hat ein so bewegtes Schicksal gehabt, daß er selbst Gegenstand eines Filmes oder eines Romans werden könnte, nicht zuletzt, weil er der Anlaß war für die persönliche Tragödie des Regisseurs Herbert Selpin.

Es begann bei den Außenaufnahmen auf dem im Hafen von Gdingen liegenden deutschen Luxusdampfer CAP ARCONA. Schon während der ersten Drehtage kam es zu erheblichen Differenzen zwischen dem Regisseur und einigen Offizieren der in Gdingen stationierten Verbände der deutschen Kriegsmarine.

Sie störten bei Tage die Dreharbeiten, funkten nachts mit ihren Blinklichtern dazwischen und unternahmen am Tage wie bei Nacht schneidige Kaperfahrten auf die Herzen der Statistinnen. Im Kasino von Zoppot ließ Selpin seinem Zorn freien Lauf und nahm, was seine Meinung über das Verhalten des Militärs betraf, kein Blatt vor den Mund.

Ein Kollege und ehemals persönlicher Freund [Walter Zerlett-Olfenius] denunzierte ihn bei dem Präsidenten der Reichskulturkammer, SS-Obergruppenführer [Hans] Hinkel. Nur mit Mühe und Not konnte verhindert werden, daß man Selpin bereits vor Abschluß der Außenaufnahmen verhaftete.

Kaum waren jedoch die Aufnahmen in Gdingen beendet, mußte Selpin — die übrigen Arbeiten an dem Film waren noch im vollen Gange ― vor einem Ehrengericht erscheinen. Er lehnte es ab, seine Äußerungen zu widerrufen.

Damit war sein Schicksal entschieden. Seine Verhaftung erfolgte am 30. Juli 1942. Zwei Tage später, am Morgen des 1. August, fand man ihn tot in seiner Zelle. Alles war so arrangiert, daß man auf Selbstmord schließen sollte. Fotos des Ermordeten erwiesen später jedoch, das man ihn erwürgt hatte.

Selpins Freunde glaubten keinen Augenblick an die Selbstmord-Version. Es kam zu Sympathiekundgebungen, den ersten öffentlichen Protesten der „Kulturschaffenden“ gegen die Gewaltmethoden des Dritten Reiches. Mitarbeiter, die als Selpin-Gegner bekannt waren, wurden offen boykottiert ― bis Goebbels durch Anschläge in den Ateliers mit allem Nachdruck vor weiteren ähnlichen Kundgebungen warnen ließ.

Am Vorabend des Tages, an dem trotz der „Affaire Selpin“ der Film uraufgeführt werden sollte, zerstörte ein Bombenangriff in Berlin das Kino und die bereitliegende Uraufführungskopie. Das war für Goebbels eine willkommene Gelegenheit, den Film endgültig „bis nach dem Kriege“ zu verbieten — angeblich, um die Nerven der Kinobesucher zu schonen.

Die noch vorhandenen Kopien und das Negativ wurden unter Verschluss getan und galten seitdem als verschollen. Erst im Jahre 1949 fand man eine Kopie des Films wieder und ließ ein neues Negativ anfertigen. Der Film lief an — und mußte schon nach kurzer Zeit wieder abgesetzt werden.

Die Engländer hatten, obwohl der Film von dem damaligen amerikanischen und französischen Film-Kontroll-Organen freigegeben worden war, die Aufführung gesperrt und die Zurückziehung der Vorführgenehmigung verlangt. Ihrer Ansicht nach war der Film eine Verunglimpfung der White-Star-Linie wie überhaupt ein Werk von allgemein antibritischer Tendenz.

Erst nachdem die Amerikaner selbst einen Titanic-Film herausgebracht hatten, wurde der Film endgültig freigegeben und konnte nun — im Jahre 1955 ― ungehindert gezeigt werden.

Für die heutigen Betrachter ist die Frage, welcher Nation Reederei und Besatzung der TITANIC angehörten bedeutungslos geworden. Die Ursachen der Tragödie — skrupelloses Gewinnstreben und blinde Rekordsucht ― haben keine Nationalität. Gewiß hätte Goebbels keine Millionen für den Film aufgewendet, wenn er in dem Stoff nicht Möglichkeiten gesehen hätte, den rücksichtslosen Geschäftsgeist in den „westlichen Plutokratien“ darzustellen.

Andrerseits: die Vorgänge, die der Film schilderte, haben sich ja in der Tat abgespielt. Börsenspekulationen standen durchaus — wenn sie auch nicht die einzigen Antriebsmomente für die Rekordfahrt waren — im Hintergrund der Ereignisse.

Ebenso gab es an Bord ― wenn auch die verschiedenen privaten Schicksale frei erfunden sind ― einen 1. Offizier mit Namen Petersen und einige andere, die den Kapitän wiederholt vor den Gefahren des eingeschlagenen Kurses warnten. Auch die Darstellung der Verhaltensweise des Kapitäns und des massiven Druckes, der auf ihn ausgeübt wurde, entspricht den Tatsachen.

Der Grund dafür lag letzten Endes, neben den Finanzspekulationen, in dem damals gerade zwischen englischen und und deutschen Reedereien geführten Wettstreit um die Vorherrschaft im Personenverkehr über den Atlantischen Ozean.

Der Prestigekampf zwischen den Großmächten hätte — wäre es Selpin und seinen Mitarbeitern um einen reinen „Gott-strafe-England-Film“ nationalsozialistischer Prägung gegangen ― ganz andere Möglichkeiten geboten, als die Vorgänge, die sie in dem Film zeigten.

Doch diese Dinge sind 50 Jahre nach der Katastrophe ohne Belang. Wir sehen heute in dem Untergang der TITANIC mehr als nur einen von bestimmten Menschen verursachten Unglücksfall. Wir sehen in ihm — unabhängig davon, unter welcher Flagge das Schiff fuhr ― ein allgemeingültiges Sinnbild für das Scheitern des Menschen mitsamt seiner Technik an den Gewalten der Natur.

Und gleichzeitig ein eindringliches Beispiel für die Folgen menschlicher Vermessenheit, wie sie sich in den Worten eines Angehörigen der Besatzung ausdrückt, der kurz vor dem Auslauf des angeblich unsinkbaren Ozeanriesen erklärt hatte: „Dieses Schiff könnte selbst Gott nicht versenken!“ Da gibts natürlich noch mehr Texte, aber da hatte ich keine Lust, die alle abzuschreiben, J.

Hallo Eugen, ja, zu Deiner Nachfrage. Vor einigen Jahren habe ich mir mal eine DVD von der Deutschen Fassung von Titanic angesehen. Die war in einem grauenhaften Zustand. Wenn Friedrich Wilhelm Murnau das gesehen hätte. Nicht auszudenken. So konnte er sich nur im Grabe umdrehen, als ich ihm davon berichtete, J.

Hallo Eugen, inzwischen habe ich noch herausgefunden, daß der Film auch in der DDR ins Kino gekommen ist. Der Progress Film Verleih hat ihn 1961 als Reprise herausgebracht. (Heft 102/61). Sogar ein eigenes Plakat wurde dafür gedruckt. Wenn man bedenkt, daß Herbert Selpin bei Friedrich Wilhelm Murnau Hilfsassistent des Aufnahmeleiters beim »Faust« Film gewesen ist, also der Lehrling, dann wundert man sich schon darüber, über die grottenschlechte DVD Kopie, die diese Murnau Stiftung von Selpins Film (war er das überhaupt noch?) auf den Markt gebracht hatte, J.

Kameramann Friedl Behn-Grund

Hallo Eugen, ja es sollte sich mal jemand, so ähnlich wie Enno Patalas um den Film »Metropolis« von Fritz Lang, mal daran machen und den Film »Titanic« so wiederherstellen, wie er eigentlich hätte werden sollen. Davon, das der Kameramann, Friedl Behn-Grund, ein Talent gewesen sein soll, sieht man bei der Wiedergabe der DVD von der Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung , kurz geschrieben: nichts.

Herbert Selpin
Regisseur Herbert Selpin

Hallo Eugen, nur um Deine Neugier zu befriedigen. Ja, Selpin hat es bis in die Seite imdb geschafft. Dort findet sich: Text bei IMDB.com: Herbert Selpin (29 May 1904 – 1 August 1942) was a German film director and screenwriter of light entertainment during the 1930s and 1940s. He is best known for his final film, the partly suppressed Titanic, during the production of which he was arrested by Propaganda Minister Joseph Goebbels. He was later found dead in his prison cell. Died under mysterious circumstances, was quite possibly killed by the Gestapo. Dissatisfied with the scenario of the film Titanic (1943), Selpin openly criticized its writer Walter Zerlett-Olfenius and the whole German Navy. Goebbels had him arrested by the Gestapo. Selpin was found hung in his cell the following day. Suicide or murder.

Die Suchmaschine übersetzt: Unter mysteriösen Umständen gestorben, wurde möglicherweise von der Gestapo getötet. Unzufrieden mit dem Szenario des Films Titanic (1943) kritisierte Selpin offen dessen Autor Walter Zerlett-Olfenius und die gesamte deutsche Marine. Goebbels ließ ihn von der Gestapo verhaften. Selpin wurde am folgenden Tag erhängt in seiner Zelle aufgefunden. Selbstmord oder Mord.

Hallo Eugen, das mit dem RMS der Titanic stimmt auch. RMS ist die Abkürzung für: Royal Mail Ship / Royal Mail Steamer = Königlicher Postdampfer. So schreibt das Heft aus dem Hause Walter Kirchner: „In Southhampton, Cherbourg und Queenstown hatte die TITANIC Post aufgenommen; insgesamt lagerten bei der Überfahrt mehr als 3000 Postsäcke in ihren Laderäumen.“

Hallo Eugen, auch das schreibt das Heft aus dem Hause Kirchner: „Die offizielle Totenliste des englischen Handelsministeriums registrierte: von den 323 Passagieren der 1. Klasse wurden 202 gerettet, von den 277 der 2. Klasse 115, aber von den 709 Passagieren der 3. Klassse entgingen nur 176 dem Tod; von der Mannschaft wurden 4 Offiziere und weitere 206 Menschen bei einem Personal von insgesamt 900 Mann Besatzung gerettet.“ Was lernen wir daraus? Nie bei der Besatzung sein und wenn schon mit einem Schiff nach Amerika, dann immer 1. Klassse fahren, J.

Hallo Eugen, nur um Deine Neugier zu befriedigen. Ja. Seit 14. März 1933 war er Mitglied der NSDAP, J.

Hallo Eugen, über die Deutsche Erstaufführung gibt es unterschiedliche Informationen. Zum Beispiel die, dass eine Premiere in Berlin stattfinden sollte. Leider wurde das Kino am Tage der Aufführung mitsamt der bereit gestellten Kopie bombardiert. Der Name des Kinos wird in diesem Zusammenhang nicht genannt. Nun wurden im fraglichen Zeitraum (September – November 1943) eine ganze Reihe von Kinos in Berlin bombardiert. Eine andere Information lautet: Am 17. Dezember 1942 fand im Reichspropagandaminitsterium eine Vorführung statt.J.

Hallo Eugen, ja im Ausland war »Titanic« ein großer, auch finanzieller Erfolg. Premiere in Prag am 12. September 1943 (vermutlich eine untertitelte Version?), am 10. November 1943 in Paris (vermutlich eine französische Synchronisation), am 12. November 1943 in Finnland (Untertitel ?), am 28. Januar 1944 in Schweden (Untertitel ?). Am Ende des Filmes gibt es in der ursprünglichen Fassung eine Gerichtsverhandlung in Hallo Eugen,New York, die in der Version, die die Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung vertreibt, fehlt. Die Längenangabe von FWMS ist 2467 m. Noch Fragen? J.

Achso, ja, In der SU kam der Film am 27. August 1949 ins Kino, J.

Hallo Eugen, Du bist ja wirklich unendlich neugierig. Ja, ich habe was über den Kameramann von Titanic, Friedl Behn-Grund gefunden. Bei Hans Helmut Prinzler in seinem Buch: »Chronik des deutschen Films« auf Seite 15 + Seite 385 schreibt er:

„Friedl Behn-Grund, geb. am 26. August 1906 in Bad Bolzin, tgest. am 2. August 1989 in West-Berlin. Kameramann. Zwischen 1925 und 1969 hat er an die 170 Filme photographiert. Sein Faible waren die Hell-Dunkel-Kontraste des Schwarzweiß-Films. »In den 30er und 40er Jahren gehört er zum Kamerastab der Ufa und Tobis. Er gilt als solider Handwerker, dessen Arbeit weniger auf Virtuosität einzelner Einstellungen als auf die Geschlossenheit der Filmdramaturgie zielt. Seine Lichtsetzung orientiert sich an den Standards der realistischen Malerei.« (Michael Esser, Gleißende Schatten, Mannheim 1994), Da hast Du es. Jedenfalls sehen die Fotos bei Alamy und Imago viel besser aus, als die Bilder auf der DVD von FWMS, J.

Hallo Eugen, da hab ich noch was gefunden. Bei Ernst Klee auf Seite 567 seines »Kulturlexikon zum Dritten Reich« und das ist vermutlich kein Witz von ihm. Danach hieß Herbert Selpin eigentlich Herbert Pinsel. Er hat das nur umgedreht, J.

Casino Hotel in Zoppot
Selpins Titanic
Nilpferd kneift ein Auge zu
Zeichnung Helga Bachmann

Die Freunde der italienischen Oper (Ein Brief ans Finanzamt 1994)

Out of the Past

Vor 31 Jahren ein Brief ans Finanzamt Abschrift: (Zeichen: 11.621) Brief ans Finanzamt vom 28. August 1994. Medienberatung ans Finanzamt für Körperschaften Hamburg Ost. Mit gleicher Post auch an die Sendung „Wie bitte“ RTL Köln. Steuernummer 17/434/01367 Betreff Die Beamten und die Freunde der italienischen Oper

Sehr geehrte Damen und Herren, seit dreieinhalb Jahren wird der Verein Medienberatung & Vermittlung e. V. vom Finanzamt für Körperschaften Hamburg Ost traktiert. Das ist ja an sich nichts besonderes, daß das Finanzamt Leute traktiert. Davon kann eine große Anzahl von Literaturproduzenten seinen Lebensunterhalt bestreiten, wenn sie veröffentlichen, wie Finanzämter Leute schikanieren. Aber was hier vom Finanzamt Hamburg Ost veranstaltet wird, geht dann doch über das übliche Maß hinaus. Ich will versuchen, den Fall so anschaulich wie möglich zu schildern:

1983 fanden sich zehn Kinonarren zusammen, die die Filme des amerikanischen Komikers W. C. Fields besonders liebten und bedauerten, daß diese niemals in Hamburger Kinos gezeigt wurden. Da weder Verleiher noch Kinobesitzer zu überzeugen waren, die insgesamt 20 Filme nach Deutschland zu bringen und zu veröffentlichen, beschlossen diese Kinonarren einen Verein zu gründen, der Filmkopien importieren und diese Filme öffentlich zugänglich machen sollte. Es wurde der Verein Medienberatung und Vermittlung e. V. gegründet.

Die Satzung wurde so gestaltet, daß sie nach einigen Schwierigkeiten mit dem Finanzamt 1984 als gemeinnützige anerkannt wurde. In einem 40 Plätze Cafe in Hamburg Altona, das inzwischen (1991) abgerissen wurde, überließ die Besitzerin dem Verein eine nicht genutzte Abstellkammer von ca. 15 qm, in denen der Verein tagen und sich auch Filme ansehen konnte.

Man hat sich diesen Abstellraum ungefähr so vorzustellen: ohne Fenster, den geliehenen 16 mm Projektor im Raum aufgestellt, eine feuchte Außenmauer, eine Bildwand, 10 Stühle vom Sperrmüll. Später wurde es dann etwas komfortabler: Eine Projektionskabine, alte Kinostühle, ein Fenster, eine Klappleinwand.

Dann zweimal im Monat wurden die Kopien der Filme gezeigt, die man aus den USA importiert hatte: „My little Chikadee“, „Never give a sucker an even break“, „The big broadcast“, „The old fashioned way“. Um neue Freunde zu gewinnen, wurde einmal monatlich ein Din A 4 Zettel mit den Filmtiteln und Beschreibungen kopiert und im „Oelkers Cafe“ in 50 Exemplaren ausgelegt. Wenn man die Stühle recht eng rückte, dann konnten 19 Personen Platz finden. Da das Werk des Komikers Fields endlich ist (es gibt ungefähr 20 Filme mit ihm), begann man später auch, andere Filme bei 16 mm Verleihen in Deutschland auszuleihen und vorzuführen.

Es handelte sich um Filme, die im Kino nicht, bzw. nicht mehr gezeigt wurden und die die Vereinsmitglieder gerne mal auf einer Leinwand wiedersehen wollten.

Die dafür nötigen Gelder wurden durch Spenden und Mitgliedsbeiträge aufgebracht. Die Menge der Vorführungen und die Anzahl der importierten Kopien richtete sich nach den vorhandenen Geldern des Vereins. Eine Filmkopie in den USA kostet ca. 400 USD, der Ausleih einer 16 mm Kopie zwischen 150 und 300 DM für einen Tag. Die vorhandenen Vereinsmittel waren jährlich unterschiedlich — je nach Spendenaufkommen ― bewegten sich aber in der Regel zwischen 5.000,– und 10.000,– DM jährlich. Da keine Raummiete zu entrichten war, konnte die Vereinsarbeit damit gemacht werden.

Der Mitgliedsbeitrag wurde auf 5,– DM im Monat festgesetzt. Die erste Prüfung durch das Finanzamt Hamburg Ost nach drei Jahren Gemeinnützigkeit ergab keine Beanstandungen. Da das Kind einen Namen brauchte, nannten wir es eingedeutscht nach dem Geburtsnamen des Komikers William Claude Dukinfield das „Duckenfeld im Oelkerscafe“.

Alle drei Jahre werden die Vereine nachträglich auf ihre Gemeinnützigkeit überprüft. Diese Überprüfung macht das Finanzamt mithilfe eines 4 seitigen Fragebogens. Der Fragebogen reicht über drei Jahre. In diesem Fall von 1986 / 87 / 88. Durch eine größere Spende, war der Verein 1988 in der Lage, einen größeren Projektor und eine gute Tonanlage (zusammen ca. 15.000,– DM) anzuschaffen und eine Mitarbeiterin auf Teilzeitbasis für die bisher nur ehrenamtliche Arbeit zu bezahlen.

Insgesamt gab es 1988 Einnahmen von fast 40.000,– DM, denen Ausgaben von 41.000,– DM, (für Projektor, Tonanlage und Honorare auf 590,– DM Basis) gegenüberstanden, sodass die kleineren Rücklagen aus den Vorjahren angegangen werden mußten.

Die 40.000,– DM aus 1988 müssen im Finanzamt grelle Fantasien aus-gelöst haben. Ich stelle mir das so vor, wie in Billy Wilders Film „Manche mögens heiß“. Die Gangsterbosse aus ganz Amerika machen in Florida eine Konferenz und ihren Verein nennen sie „Die Freunde der italienischen Oper“.

Jedenfalls begann hier der Ärger mit dem Finanzamt Hamburg Ost, der sich bis heute hinzieht:

Am 26.02. 1991 teilte ein Herr Fischer vom Finanzamt zunächst mit, daß (er) nach der Prüfung des Fragebogens für die Jahre 86 / 87 / 88 zu der Meinung gelangt sei, daß der Verein mit seinen 19 Stühlen und den Vorführungen an den Wochenenden in die Konkurrenz zu anderen gewerblichen Kinos trete.

Niemand sonst, der die Abstellkammer und das Programm einmal gesehen hatte, konnte auf eine solche Idee kommen. Kein einziger Kinobesitzer in Hamburg, schon gar nicht die drei Marktführer Riech (Ufa), Flebbe und Union mit fast 20.000 Sitzplätzen pro Tag waren jemals auf die Idee gekommen, das das „Duckenfeld im Oelkerscafe“ eine Konkurrenz für sie darstelle.

Zumal sie an den gezeigten Filmen aus ökonomischen Gründen auch völlig uninteressiert waren. Aber Finanzbeamter Fischer meinte dies und forderte einen ausführlichen Tätigkeitsbericht. Dieser wurde abgefasst und übersandt, befriedigte jedoch den Beamten nicht, sodaß kurze Zeit später mehrere Steuerbescheide, allerdings mit Nullsummen (d. h. es sollte keine Geld bezahlt werden) erfolgten und dem Verein für die vergangenen drei Jahre (86 / 87 / 88) die Gemeinnützigkeit versagt wurde. Die Bescheide tragen das Datum vom 18.3.1992. (Körperschafts-steuer / Gewerbesteuer für 1988) .

Wir fanden uns dagegen durchaus gemeinnützig und legten Widerspruch gegen die Bescheide ein. Aufgrund dieses Widerspruch erhielt ich von der Widerspruchsstelle des Finanzamtes einen Anruf von einem Herrn Klein. Er bat mich »zur Klärung eines Sachverhaltes« zu einem persönlichen Gespräch ins Finanzamt für Körperschaften. Dort erklärte mir Finanzbeamter Klein, daß er demnächst auf eine andere Dienstelle versetzt werden würde.

Dies wäre sozusagen sein letzter Fall und der mache ihm viel Arbeit. Ausserdem wäre unser Widerspruch ohne Aussicht auf Erfolg und auch ohne finanzielle Nachteile. Die Spender hätten ihr Geld bereits vom Finanzamt erstattet bekommen, Steuern müsste der Verein nicht bezahlen. Kurz: ob der Vorstand des Vereins den Widerspruch nicht zurücknehmen könne?

Der Gedanke gefiel mir (auch im Hinblick auf die Überlastung der Finanzbeamten, von denen man immer wieder in der Zeitung lesen kann) und ich versprach, mich beim Vorstand des Vereins für diese Lösung einzusetzen. Finanzbeamter Klein hatte jedoch verschwiegen, daß das Finanzamt mit Wegfall der Gemeinnützigkeit jährliche Steuererklärungen (Körperschaft / Gewerbe u. a.) fordern würde, die gegenüber dem bisherigen vierseitigen Fragebogen alle drei Jahre eine Unmenge Mehrarbeit erforderten.

Weil die erforderlichen Formulare für ein Päckchen zu schwer waren, wurden sie als Paket vom Finanzamt geschickt. So hatte ich mir die pragmatische Lösung des Finanzbeamten Klein zur beiderseitigen Arbeitsvereinfachung nicht vorgestellt.

Der Vorstand war meinen Vorschlägen zur Rücknahme des Widerspruchs (gottseidank) nicht gefolgt. Aber der pragmatische Finanzbeamte schickte auch keinen Ablehnungsbescheid. Auf Nachfrage erfuhren wir, daß Beamter Klein inzwischen in eine höhere Dienststelle aufgestiegen und mit dem Fall nicht mehr befasst war. Die Widerspruchsstelle sei zurzeit unbesetzt, würde aber bald wieder besetzt werden. Wir warteten.

Es erreichten uns hin und wieder Briefe vom Finanzamt, in denen wir nochmals aufgefordert wurden, unseren Einspruch zurückzunehmen. Wir dachten gar nicht daran. Zwei Jahre strichen ins Land. Kein Bescheid vom Finanzamt, mit dem eine diesbezügliche Klage hätte begonnen werden können.

Zwischenzeitlich war ich in den Vorstand des Vereines gewählt worden und so schrieb ich am 16. Mai 1994 an das Finanzamt, wo denn der Widerspruchsbescheid bliebe? Das ganze natürlich per Einschreiben.

Es meldete sich Finanzbeamter Albinger, der uns aufforderte den Berg von Papier endlich auszufüllen. Der Widerspruch würde von einer anderen Abteilung beantwortet werden. Gleichzeitig erfolgten Steuerbescheide mit Zahlungsaufforderung in einer Gesamthöhe von zusammen 20.000,– DM für vergangenen Jahre.

Herr Albinger erlaubte sich den Hinweis, daß wir mit dem Widerspruchsbescheid noch Geduld haben sollten. Darin waren wir ja schon zwei Jahre geübt. Um die Unsinnigkeit solcher Forderungen (20.000,– DM bei 19 Mitgliedern, die pro Monat 5,– DM zahlen sollen) deutlich zu machen, übersandte ich Anfang 1994 die Gewinn- und Verlustrechnungen des Vereins für die Jahre 1991 / 1992 / 1993 (10.000, — / 6.000,– / 4.000,– DM Gesamtumsatz) als Überschuss: jeweils 276, — / 330, — / 3.000,– DM).

Die Zahlen macht auf Beamten Albinger keinen Eindruck, sondern führten nur zur Übersendung eines weiteren Fragebogens, mit der Frage, nach welchen Buchführungssystem wir arbeiten würden.

1991 wurde das Oelkerscafe geschlossen und 1992 abgerissen. Der Verein verlor damit auch seinen kostenlosen Abstellraum „Duckenfeld im Oelkerscafe“. Seit dieser Zeit lagern die Filmkopien bei verschiedenen Vereinsmitgliedern. Für die Anmietung von Räumen reicht das Geld nicht und auch die Spendenbereitschaft ist sehr zurückgegangen. Die Aktivitäten des Finanzamtes dagegen nahmen in der Folgezeit rasant zu.

Zwar warten wir bis heute auf einen klagefähigen Widerspruchsbescheid, aber eine Vorstandskollegin erhält jede Woche eine Mahnung vom Finanzamt an ihre Privatanschrift. Mal Körperschaftssteuer das erste und zweite Quartal 94 in Höhe von 800, mal Gewerbesteuer, mal dies mal das.

Am Telefon von Beamten Albinger, ist ein Anrufbeantworter, der darauf hinweist, daß er an drei Tagen in der Woche telefonisch von 8-12 zu erreichen sei und daß das Gerät anschließend abschaltet. Nur erreichen kann man ihn nicht und wenn man doch einmal das zweifelhafte Vergnügen hat, eine menschliche Stimme am Telefon zu hören, dann bekommt man nur die immer gleich lautende Auskunft, zunächst seien die Steuerklärungen vollständig ausgefüllt zu übersenden. Vorher könne er gar nichts für einen tun. Davon, das eine solche Arbeit schon aufgrund der vorgelegten Zahlen völlig unsinnig sei und mit Sicherheit zu keiner Steuerschuld führen könne, davon möchte Herr Albinger gar nichts hören.

Der Gedanke, daß aus einem Verein, der jährlich zwischen 150 und 3.000,– DM als Gewinn ausweist, keine 25.000,00 DM Steuerschulden herauszuholen, dieser Gedanke mag ihm gar nicht kommen. Auch die Schilderung von 19 Mitgliedern mit einem monatlichen Beitrag von 5,– DM kann ihn nicht überzeugen. Langsam frage ich mich, wieso heißt der Mann Sachbearbeiter, welche Sache wird da eigentlich bearbeitet?

Dagegen vermutet der fleißige Sachbearbeiter offensichtlich eine geheime, unerschöpfliche Geldquelle des Vereins, die er angesichts der Haushaltslöcher des Hamburger Senats zu erschließen gedenkt.

In einem Schreiben fragt er an, welche Verbindungen der Verein zum 3001 Kino hat. Doch dieses Unternehmen ist ― das müsste er als Finanzbeamter doch leicht herausbekommen ― eine GmbH. Das steht schon an der Eingangstür des Kinos.

Vielleicht sollte man es mal mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde versuchen, die auch das Finanzamt und seine Beamten und Angestellten wieder auf den Boden der Realitäten zurückbringen könnte. Doch auch dort wird vermutlich nach dem Prinzip der einen Krähe vorgegangen, die der anderen Krähe kein Auge aushackt.

Deshalb erscheint mir der Weg in die Öffentlichkeit, diesem Treiben ein Ende zu setzen, doch der sinnvollere Weg zu sein. „Wie Bitte“ von RTL ― ist, nachdem ich die Sendung öfter gesehen habe, meiner Meinung nach, der richtige Ort dafür. Auch im Hinblick auf eine stille Hoffnung, es gäbe möglicherweise mir unbekannte Mitarbeiter in der Finanzverwaltung, die diesem unsinnigen Treiben einiger Beamten auch ein Ende machen könnten. Man soll ja die Hoffnung nie aufgeben.

Bei unserem Vorbild W. C. Fields (Wer kleine Kinder und Tiere hasst, kann nicht schlecht sein) wäre der Verdacht der Steuerhinterziehung wahrscheinlich angebracht gewesen, aber seinen Gläubigern kann er in den Filmen immer entkommen. Für das Finanzamt Hamburg Ost wäre er mit Sicherheit zu schnell weg gewesen. Als W. C. Fields am 24.12. 1946 starb, stellte man fest, daß er in 30 verschiedenen Ländern fast 200 Konten auf seinen Namen eröffnet hatte mit nicht unbeträchtlichen Beträgen.

Außerdem fanden sich große Mengen Dosenbier und Konserven in seinem Haus, weil er beständig Angst hatte vom Hunger oder vom Durst überrascht zu werden. Leider sind der Medienberatung und Vermittlung e. V. von diesen Geld- und Warenbeständen keine Erlöse zugeflossen. Auf dem Postscheckkonto des Vereins sind mal grad 39,50 D M.

Mit der Filmkopie „Never give a sucker an even break“ Frei übersetzt ― (vornehm) ― es gibt auch eine andere Variante ― „Gib einem Trottel keine Chance“ kann das Finanzamt sicher auch nichts anfangen. Sie haben offensichtlich an sich selber genug.

Freundliche Grüße i . A. Jens Meyer

Anbei ein Foto des Komikers, damit wir wissen, wovon die Rede ist

Grafik aus dem Vorspann von The Bank Dick. New York 1972. Edited by Richard J. Anobi
Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann

Apropos Konrad Paul Rohnstein

PDF Apropos Konrad Paul Rohnstein4355 (III)

Wikipedia hat nur geschrieben, wann dieser Mensch geboren ist. Beim Todesdatum steht bis heute (22. September 2022, 20.00 Uhr ): Unbekannt. Doch der Betreiber der Synchrondatenbank, Arne Kaul, hat es herausgefunden. Gestorben ist Rohnstein am 12. August 1973 in München. Geboren ist Konrad Paul Rohnstein am 21. Januar 1900.

Aus seiner Biografie gibt es einige sichere Daten. Er hat in Würzburg studiert und eine Doktorarbeit geschrieben und taucht im Berliner Telefonbuch von 1927 (Redaktionsschluß 15. Oktober 1926) als Rohnstein, Konrad Paul, Dr. rer. pol. auf. Die Doktorarbeit wurde am 18. Oktober 1923 bewertet. Wie, konnte ich nicht herausfinden. Im Telefonbuch gibt es auch Rohnsteins Berliner Anschrift: Falkenhagener Str. Nr. 7, Berlin-Spandau. T: 22 42.

Die Doktorarbeit trägt den Titel: „Beiträge zur wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Filmindustrie unter besonderer Beruecksichtigung des Kinematographentheatergewerbes“. Diese Doktorarbeit steht auszugsweise im Netz. Ich habe sie überflogen. Sie beschäftigt sich nicht, wie man vermuten könnte, mit den technischen Abläufen bei der Herstellung von Filmen, sondern nur mit deren Vermarktung in den Kinos.

In Berlin wurde am 16. September 1929 die „Rhytmographie Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ gegründet und am 30. November 1929 ins Handelsregister Berlin unter der Nummer 43259 eingetragen.

Die Gesellschaft hat ein Stammkapital von 75.000 RM und drei Geschäftsführer: 1. Ingenieur Karl Robert Blum, Berlin, 2. Kaufmann Karl Egon Martiny, Berlin, 3. Ingenieur Walter Hahnemann, Berlin. Im Scherl Adressbuch von Berlin, Ausgabe 1931 (vermutlicher Redaktionsschluß 15. Oktober 1930) habe ich auf Seite 444 den Eintrag gefunden: „Rhythmographie G. m. b. H., Phono- u. Kinotech. Ind., SW 68, Alte Jacobstr. 133.

Die Firma arbeitet auf der Grundlage der Patente von Carl Robert Blum. Blum hatte viele Berufe. Einer davon war: Erfinder. Außerdem war er Kapellmeister und Direktor des: »Mohr’schen Conservatorium für Musik«, das bereits seit 1870 existierte.

Eine der ersten Arbeiten, die die „Rhythmographie GmbH“ (vereinzelt auch in der Schreibweise: Rhytmographie GmbH) ist die deutsche Tonfassung des Filmes: „Im Westen nichts Neues“ (All Quiet on the Western Front, USA 1930, 140/125 Min.) von Lewis Milestone, der als Stumm- und als Tonfilm in die Kinos kam. In die deutschen jedoch nicht. Das wird an anderer Stelle geschildert. (Siehe Anlage Bucher Seite 26)

Die Leitung der Synchronarbeiten hatte der ehemalige Chefdramaturg der UFA: Viktor Abel. Auf der Seite der „Vergessenen Filme“ kann man studieren, wer sonst noch daran beteiligt war, diese Synchronarbeiten im Auftrag der Filmproduktionsfirma Universal durchzuführen: Max Bing (Dialogregie), Konrad Paul Rohnstein (Assistent), Werner Jacobs (Assistent Tonschnitt), Elsa Jaque (Dialogbuch). Diese Angaben habe ich nur teilweise (Abel, Bing, Rohnstein, Jacobs) überprüft.

Einen Eintrag von Viktor Abel fand ich in den Scherl Adressbüchern von Berlin. Die Ausgabe von 1929 (Redaktionsschluß 15. Oktober 1928) enthält den Eintrag: Abel, Viktor, Filmdramaturg, Riehlstr. 11 (II) in Charlottenburg. 1931 taucht Viktor Abel mit gleicher Berufsbezeichnung in Berlin Zehlendorf, in der Lindenallee 4 auf. Geboren ist er am 2. Dezember 1892 in Kiev, das in jener Zeit zum Russischen Kaiserreich gehörte.

Nach der Machtübergabe an die Nazis wurde am 9. August 1933 eine neue Gesellschaft gegründet: »Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co. Sitz: Berlin«.

Diese wurde am 3. November 1933 unter der Nr. 78867 in das Berliner Handelsregister eingetragen: „Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co.Berlin“. (OHG) Gesellschafter sind: Kaufmann: Alfred Lüdtke, Produktionsleiter: Dr. rer pol. Konrad P. Rohnstein und Ingenieur: Erich Luschnath, sämtlich in Berlin. Zur Vertretung sind nur je zwei gemeinschaftlich ermächtigt.

Car Robert Blum Erfinder
Carl Robert Blum
Viktor Abel

PDF Buchers Seite 26

Anmerkungen (2022): Viktor Abel war nach den Nazi Kriterien Jude. Seine letzte Wohnanschrift in Berlin war: Lindenallee 4 in Berlin-Zehlendorf. (Heute: Lindenthaler Allee 4). Am 21.10 1941 wird Viktor Abel nach Lódz deportiert und dort ermordet. Kaufmann Alfred Lüdtke, Teilhaber der Firma »Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co«, ist im Scherl Adressbuch von 1927 mit dem Eintrag: »Lüdtke, Alfred, Kaufm., Cöpenick, Flemmingstr. 16, II, Postscheck=Kto 109 373« auf Seite 2086 eingetragen. Durch die Aufteilung Berlins bei Kriegsende liegt Köpenick im russischen Sektor von Berlin. Konrad Paul Rohnstein verläßt bei Kriegsende Berlin und gründet in München die »Rohnstein Film GmbH«, die sich wiederum mit der Synchronisation ausländischer Filme beschäftigt. Dort entsteht die deutsche Fassung des Hitchcock Films »Spellbound« dessen deutsche Fassung den Titel »Ich kämpfe um dich« bekommt. In Deutschland kommt er am 29.2.1952 ins Kino.

Das moderne Tonsytem 2 von CRB

 Das-moderne-Tonsystem 1 von CRB

Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Wiebeke (XXVIII-28) Apropos Wikipedia

Romische Zahlen am BUG

pdf Schräg und starrsinnig

Pdf Briefe an Wiebeke (XXVIII)

Hallo Wiebeke, Apropos Wikipedia, Du wolltest wissen, wie es zu dieser Falschinformation bezüglich der Gründer des 3001 Kinos kommt? Das ist ganz einfach: Die Wikipedia Leute beziehen sich auf ein Interview, das eine Taz Redakteurin (Annette Bolz) mit mir zum Dreijährigen Geburtstag des Kinos geführt hatte (1994). Der Wikipiamensch, der dieses Interview zitiert, aber nicht präsentiert, hat das leider falsch verstanden, das mit den Gründern. Und damit das nicht alle Zeit so bleibt, habe ich diesen Zeitungsartikel für Dich heruntergeladen und da isser schon: (in der Taz Hamburg erschienen am 28.4.1994) Unter der Überschrift: “Schräg und Starrsinnig. Ein Rückblick zum Dreijährigen des 3001-Kinos“ Am ersten Mai wird das 3001-Kino im Schanzenviertel drei Jahre alt. Die taz resümiert mit Jens Meyer, einem der Gründer.

taz: Wer steckt hinter dem 3001? Meyer: Wir sind ein reines Männer-Kino: Außer mir machen noch Rainer Krisp und Thomas Schröder mit. Rainer habe ich im Zentral-Film-Verleih kennengelernt, das war damals der erste Polit-Verleih. Später, von 1982 bis 1990, haben wir das Duckenfeld in der Oelkersallee (64) gehabt. Das mußte dann wegen des Gebäude-Abrisses schließen. Damals hatten wir 23 Sitze im Kino . Wieviele hat denn das 3001? 96. Und die Sternchen an der Decke haben wir selbst gebaut.

Schreibt ihr schwarze Zahlen? Rein rechnerisch nicht, wegen der hohen Abschreibungen für die Investitionskosten, aber im Prinzip trägt sich der Laden, wir können gerade davon leben. Welches Ziel hattet ihr vor drei Jahren, als ihr anfingt? Angefangen haben wir als frustrierte Kino-Besucher. Wir dachten, es gibt 100 Kinos in Hamburg, davon gehören 90 Prozent zwei Besitzern, und dann laufen dadrin 30 Filme. Das langweilte uns. Wir wollten mehr und andere Filme zeigen. Aber tatsächlich gibt es nicht so viele, die das auch langweilt. Die meisten Leute wollen doch die neuen Filme sehen, so schlecht sie auch immer sein mögen. Habt ihr nach dieser Erkenntnis das Programm geändert? Heute durchmischen wir das Programm mit neuen Filmen, weil wir reicher werden wollen. Bei „Mrs. Doubtfire“ hast du die Bude voll, bei alten Filmen kommen nur 30 Leute. Wir stolpern über unsere eigenen Füße. Früher wollten wir einen Film nur eine Woche lang zeigen, doch die Verleih-Verträge zwingen uns, neue Filme mindestens vier Wochen zu zeigen, mit Verlängerung, wenn das Kino immer noch voll ist. Wir müssen das aber noch diskutieren, ob wir uns darauf einlassen wollen. Seit (d) ihr auch inhaltlich von euren Zielen abgegangen? Damals wollten wir alles zeigen, was uns gefällt und sonst nicht gezeigt wird. Wir haben als Wunschkino angefangen. Das haben wir uns aber abgeschminkt. Denn unsere Zuschauer-Zahlen steigen zu langsam: Im ersten Jahr kamen 15.000, im zweiten 25.000 und im dritten 35.000 Leute. Bei der Polit-Film-Reihe werden wir manchmal aber überrascht, da sitzen dann nicht bloß die zehn Hanseln, die wir schon kennen. Bleibt die Programm-Struktur? Die Dokumentarfilme werden weiterhin alle 14 Tage gezeigt, das Lesben-Kino findet nur noch einmal im Monat statt. Die Frauen sind frustriert von der Arbeit: Nur wenn sie „Thelma und Louise“ zeigen, dann kommen viele. Welches Publikum kommt? Wir haben eine Menge Stammkunden, aber es kommen auch immer wieder neue Leute, die fragen, wo das Klo ist, wo der Eingang ist und wie das mit den Eintrittspreisen ist. (Anmerkung der Red: Im 3001 liegt der Eintritt zwischen 8 und 12 Mark, je nach Einkommen.) Die Armen finden das großartig, und die Reichen kommen nicht zu uns. Seht ihr euch als politisches Kino? Nein. Das 3001 ist nie eine Erziehungs-Anstalt gewesen. Ich habe Angst vor einem belehrendem Charakter. Die Dokumentar-Filme sind allerdings eine Marotte von uns. Schräge und starrsinnig und sind wir auch beim Kinderprogramm, da sind wir seit drei Jahren richtig erfolglos. Was plant ihr für die Zukunft? Ich überlege, ob wir das 3001 nicht mit einem Erstaufführungskino kombinieren sollten, dann kannst du richtig Geld verdienen. Aber die beiden anderen wollen nicht so recht. Gibt es eine Geburtstagsparty? Nee. Aber wir zeigen um 21 Uhr die Schanzenrolle. Das sind 90 Minuten aus 40 Spielfilm-Trailern, in denen die Filme kurz angekündigt werden. Ein paar Kurzfilme sind auch dabei, wie „Goofy in Afrika“ und eine alte UFA-Wochenschau mit Erich Honnecker. Eine komische Mischung. Nein. Das sind gute Trailer von guten Filmen, die lustig und witzig sind. Und der Eintritt – da haben wir eine Preistafel von 1961: 2,60 Mark für Arme, 3,20 für Reiche. Und danach kommen die Blues Brothers. Fragen: Annette Bolz

Aus meiner Antwort: “Außer mir machen noch Rainer Krisp und Thomas Schröder mit,“ hat Wikipedia den Schluß gezogen, diese drei Personen seien die drei Gründer. Dem war aber nicht so! Gründer waren: Leopold Wiemker, Rainer Krisp und eben meine Wenigkeit, weil nicht jeder Esel nennt seinen eigenen Namen zuerst. Eine Korrektur der Falschinformation von Wikipedia fand ich dreissig Jahre lang nicht so wichtig. Aber jetzt wo Leo, wie wir ihn immer genannt haben, schon bald zwanzig Jahre tot ist, sollte das mal korrigiert werden, man gönnt sich ja sonst nix J.

3001 Kino vor dem Umbau, Foto von Wolfgang Morell 1989
Detlev Lehmann (18.04.1948- 3.5.2023) Ohne ihn waere der Aufbau und Betrieb des 3001 Kinos nicht möglich gewesen. Foto: Wulf Eike Neumann 1986.
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