Briefe an Eugen. Amgad Kadam. (LXXVI-77)

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PDF Briefe an Eugen . Der Anschiss lauert überall (LXXVI-76)

(Zeichen 5.367) Briefe an Eugen. Amgad Kadam (LXXVI-76)

Hallo Eugen, der Anschiss lauert überall. Wie es dazu gekommen ist? Ja, ganz einfach. Ich hatte einen S-VHS Videorekorder, der eine Kassette nicht wieder hergeben wollte: »Harlan County USA«. Damals [1978] ein sehr wichtiger Dokumentarfilm in einer deutschen Fassung. Leider war mein Freund, der solche S-VHS Rekorder reparieren konnte, im letzten Jahr gestorben. Und ohnehin gibt es andere Speichermedien, auf denen selbiger Film gespeichert ist.

Dann kam noch ein Panasonic Fernseher dazu, der zwar noch funktionierte, aber die heutigen Fernsehsignale nicht mehr empfangen konnte. Und dann noch zwei DVD-Player. Einer von Deawoo, die schon lange keine DVD-Player mehr produzieren. Der hatte diese Leseprobleme und er behauptete, wenn man ihm was zum Lesen gab, das es keine DVD sei, die man ihn zum Lesen gegeben habe, was aber nicht stimmte. Er ließ sich nicht vom Gegenteil überzeugen.

Und ein weiterer DVD Player von Denon, den mein Nachbar mir geliehen hatte, der aber nur noch grüne Bilder gemacht hatte. Und dann noch ein defekter Computer Monitor von Acer, der die gleiche Grünkrankheit hatte, J.

Hallo Eugen, Du weißt ja, dass meine Wohnung nur wenig Lagerplatz für elektronischen Schrott, wie er sich hier darstellte, bietet. Und da kam bei meinem Nachbarn der Gedanke, dass man gemeinsam die Stadtreinigung mit ihrer Sperrmüllabteilung bemühen sollte. Er hätte auch noch so einiges was er für diese Aktion zur Verfügung stellen könne. So weit so gut. J

Hallo Eugen, ja, jetzt kam die praktische Umsetzung.

Der Nachbar wollte sich um alles kümmern, ich sollte ihm nur meine Aufstellung liefern, weil der Preis in m³ berechnet werden sollte. Hier also meine Aufstellung

1 S-VHS Videorekorder JVC (defekt) 43 x 36 x 12 cm (Höhe x Breite x Länge) 1 Panasonic Fernseher (Bildröhre funktioniert) 51 x48 x 47 cm (Höhe x Breite x Länge) 1 DVD Player Daewoo (defekt) 43 x 26 x 4 cm (Höhe x Breite x Länge) 1 DVD Player Denon (defekt) 32 x 24 x 7 cm (Höhe x Breite x Länge) 1 Computer Monitor (Acer) mit Fuß (defekt) 40 x 38 x 7 cm (Höhe x Breite x Länge) Als Termin für die Abholung wurde Dienstag der 3. Juni 2025 zwischen 13.00 und 15.00 Uhr genannt. Das war ja noch ne Weile hin. Erst in vier Wochen.

Hallo Eugen, ja am Montag, den 2. Juni nachmittags kam ich dann in Bewegung, nein nicht die Bewegung zweiter Juni, sondern ich, der seine Elektronik-Teile in das Treppenhaus gebracht hatte. Natürlich mit einem Zettel dran: Wird morgen abgeholt! Nur damit es keinen Ärger mit den Nachbarn gibt. Weitere Nachbarn hatten sich unserer Aktion angeschlossen. Mein Nachbar hatte alle Gegenstände aufgelistet und dem Sperrmülldienst der Stadtreinigung geschickt. Natürlich online, wie es heute gäbe ist. Der Preis war nicht ganz klar. Aber mehr als hundert Euro für zwei Kubikmeter Sperrmüll sollten es nach Auskunft der Stadtreinigung nicht werden. Das sollte auch bar bei Abholung bezahlt werden können. Die Kosten wollten wir uns zu viert teilen.

Hallo Eugen, wie es dann weiterging? Wir hatten am Abholtag grade alles sorgfältig im Erdgeschoß des Treppenhauses gesammelt, da klingelte dem Nachbarn sein Handy. Sie könnten jetzt schon zwei Stunden eher kommen, ob das auch in Ordnung wäre? Na warum nicht, war die Antwort.

Es war ja alles vorbereitet. Eine erste Irritation trat bei uns ein, als vor dem Haus ein weißer Kastenwagen hielt, dem drei Personen entstiegen und sich als die Abholer vorstellten. Keine Stadtreinigung und kein Müllauto, sondern ein Fahrzeug mit Berliner Kennzeichen. Unsere spontane Vermutung, die Stadtreinigung hat einen Subunternehmer mit der Abholung beauftragt, J.

Hallo Eugen, ja, das war schon komisch. Warum wir sie nicht gefragt haben? Ich weiß es auch nicht. Der Häuptling der Dreier Kombo starrte auf meinen Elektroschrott und meinte, das waere nicht vereinbart gewesen. Das könnten sie nicht mitnehmen. Das wäre jetzt der Zeitpunkt zum Ausstieg gewesen.

Den habe ich leider verpasst muß ich zu meiner Schande gestehen. Der richtige Satz wäre gewesen. Dann bleibt das eben hier. Nächste Reaktion, ja sie würden es schon mitnehmen, aber zu einem anderen als dem vereinbarten Preis. Ja und eine Rechnung würden wir bei Barzahlung auch bekommen. 490 Euro sollte das Ganze dann plötzlich kosten. Nun war der Haufen wirklich schon ganz schön groß geworden. Und alles wieder runter schleppen wär auch nicht ohne. J.

Hallo Eugen, ja, Du hast es natürlich geahnt. Wir waren einem Betrüger Trio aufgesessen. Was nützen uns da das Berliner Kennzeichen des Fahrzeugs und die Fotos, die wir von ihnen gemacht hatte. Eine Rechnung ist natürlich nicht gekommen und ein Anruf bei der Stadtreinigung hat die Vermutung , die wir schon hatten, bestätigt. J.

Hallo Eugen, ich hab mir die Internetseite dieser angeblichen Firma mal angesehen. Sie nennt sich »Sperrmülldienst Hamburg«. Als Inhaber ist angegeben: »Amgad Kadam«, als Firmenanschrift ist die Oranienburger Straße 182, in 13437 Berlin angegeben. Auch eine Hamburger Telefonnummer gibt es (040-23 22 42 22 11). Die habe ich mehrfach versucht anzurufen, um nach der versprochenen Rechnung zu fragen. Aber an diesem Anschluß kommt nur ein Faxsignal. Die Suche nach dem Firmensitz in der Oranienburgerstraße 182 gestaltet sich schwierig, weil es in Berlin gleich drei Oranienburger Straßen gibt.

Hallo Eugen, wo die sich befinden? Eine in Lichtenrade, eine in Wittenau und eine im Bezirk Mitte. Vertraut man der amerikanischen Suchmaschine dann gibt es gegenüber dem S-Bahnhof Wittenau einen versteckten Gebäudeeingang an dem die Hausnummer 182 angebracht ist. Ein Firmenschild besagter Firma fehlt. Auch eine Steuernummer der Firma auf ihrer Internetseite fehlt. Das ist vermutlich auch der Grund, warum jener Mensch mit dem angeblichen Namen Amgad Kadam keine Rechnungen schickt und auch sonst lieber auf Papier weitgehend verzichtet.

Hallo Eugen, ob mein Nachbar Anzeige erstattet? Das hat er noch nicht entschieden. Eine Chance will er den drei Personen noch geben. Wenn Sie das Geld, was sie sich ergaunert haben, zurückgeben, will er darauf verzichten. Ansonsten gibt es ja die Geschichte von Al Capone, der ja auch nur erwischt wurde, weil er keine oder eine falsche Steuererklärung abgegeben hatte. Und dann wärs aus mit dem »Sperrmülldienst Hamburg«, der keine Rechnungen schreibt oder gar Barzahlungen quittiert. Das kann teuer werden. Schaun wir mal, was so passiert. Und jetzt kommst wieder Du.J.

Hier soll der Sperrmülldienst Hamburg von Amgad Kadam sein Büro haben. Oranienburger Straße 182, in Berlin, PLZ 13437.
Foto von der Internetseite des „Sperrmülldienst Hamburg“.
Zeichnung Helga Bachmann
Zeichnung Helga Baumann