Briefe an Eugen. Der Raub (LXXV-75)

Römische Zahlen

PDF Briefe an Eugen Der Raub (LXXV-75)

Umschlag. Der Raub.

(Zeichen 2.132) Briefe an Eugen. Der Raub (LXXV-75)

Hallo Eugen, ja bei Pabel gabs im Fenster ein Buch, da mußte ich sofort daran denken, wie oft Du Dich schon darüber beschwert hast, das über den Raub, der da nach 33 bei uns statt gefunden hat, immer nur gelabert wird. Hier wird nicht gelabert und darüber kann man schon mal froh sein. Das Buch ist von Cord Aschenbrenner, hat den Titel »Der Raub« und handelt von der Enteignung und Vertreibung der Jüdischen Geschäftsleute vom Neuen Wall in Hamburg. Und ist erschienen im Wachholz Verlag. Herausgegeben von Dr. Jörg Herrman und Dr. Stephan Linck: Im Auftrag der Evangelischen Akademie der Nordkirche. Das Lektorat hat Evelin Schultheiß aus Kirchwalsede gemacht. Das Buch ist rundum gelungen. Durch seine Herausgabe und vor allem durch den gewählten Titel: „Der Raub“ komme ich drauf, was mich an den bisherigen Darstellungen immer so gestört hat. Die Lücke. Und diese Scheinheiligkeit. Die Namen der Täter und der Zuschauer verheimlichen. Und immer so tun, als sei der Faschismus ein Import. Nun sollte man bei einer Veröffentlichung, die von einer der beiden deutschen Staatskirchen unterstützt wird, daran denken, das auch die Anhänger Martin Luthers ein Interesse daran haben könnten, die Rolle, die ihre Kirche bei der Enteignung und Vertreibung der jüdischen Geschäftsleute hatte, ebenfalls zu untersuchen. Das ist hier leider nicht der Falll, J.

Hallo Eugen, nein. Wie die Haltung der Evangelen in Hamburg zu der Enteignung Jüdischen Geschäftsleute am Neuen Wall war, wird nicht berührt. J.

Hallo Eugen, ob es auch komische Sätze in dem Buch gibt? Ja, einen habe ich gefunden, bei dem ich spontan lachen mußte. Auf Seite 106 formuliert Aschenbrenner über die Biografie einer Jüdischen Familie: „Seine Frau und er bekamen eine Tochter“. Wie er das wohl gemacht hat, so ganz ohne Gebärmutter? Ich habe sofort an den amerikanischen Film denken müssen. An den mit Arnold Schwarzenegger. J.

Hallo Eugen, ja vorne und hinten im Buch sind sehr schöne Karten. Vorne die Orte und Namen der geraubten Geschäfte und hinten eine Welt– und eine Europakarte mit den Wegen ins Exil, der Deportation und der Rückkehr. J.

Hallo Eugen, ja, das die Lektorin Evelin Schultheiß dem Autor Cord Aschenbrenner das Wort »Goodwill« nicht abgewöhnen konnte, ist ein Fehler gewesen und ist mir in seiner Vieldeutigkeit auf den Sack gegangen. Es stört und vernebelt in mehrfacher Hinsicht. Das Wort kommt im Deutschen Handelsgesetzbuch erst seit 2009 zur Anwendung. Der fragliche Zeitraum der Enteignungen ist ein anderer. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, Du findest das nicht so schlimm komisch, dass ER auch das Kind – die Tochter – bekommt? Es gab ja auch die Formulierung: Sie schenkte ihm eine Tochter, oder sie schenkte ihm ein Kind. Die Formulierung ist aus der Mode. Aber nicht weil die Kinder heute gekauft werden und nicht verschenkt werden. Und nun kommst wieder Du. J.

Tier Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (LXV-65) Staudte im Russischen Sektor

PDF Briefe an Eugen (LVXV) Staudte im Russischen Sektor

Scherl Adressbuch Berlin 1940


Bambergerstraße 47 (1945)

Hallo Eugen, ja, Dein Einwand, das es keine Zeitzeugen mehr gibt, die das bestätigen könnten, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber was haben uns die Zeitzeugen denn bisher genutzt? Die ham ja die schlimmen Sachen auch alle für sich behalten. Als ich jedenfalls 1970 mit dieser S-Bahn von Lankwitz nach Gesundbrunnen gefahren bin (Jeden Morgen um 6.30 Uhr, um zum Bauplatz der Gleisbaufirma Max von Knoblauch GmbH in der Swinemünderstraße neben Grundstück Nummer 46 zu kommen) waren es insgesamt 12 Stationen (Lankwitz und Gesundbrunnen eingeschlossen) von denen allerdings nicht alle „bedient“ wurden. Da hielt die S-Bahn nicht an, sodaß man weder ein- noch aussteigen konnte. Nur an der Friedrichstraße hielt die S-Bahn an. Dort gab es zollfrei Zigaretten und Schnapps zu kaufen. Man durfte sich aber beim Aussteigen und Verlassen des S-Bahngeländes nicht erwischen lassen. Meine Lieblingsmarke war damals Pall Mall, und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, wie lange die von Lankwitz nach Gesundbrunnen gebraucht hat? Hab ich vergessen. Jetzt braucht sie beim Halt an allen zwölf Haltestellen 32 Minuten und um Deinen Wissensdurst zu löschen: Die Ringbahn der S-Bahn braucht, egal ob sie links oder rechtsrum gefahren ist, 60 Minuten. Wie das 1970 war? Die konnte man damals ja gar nicht nutzen, weil sie oben rum gefahren ist und an der Mauer angehalten wurde. Und noch was. Die Westberliner, nicht alle natürlich, aber viele, fanden das doof dass die Westdeutschen (also wir) die S-Bahn benutzt haben, weil sie ja vom Osten war. Und übrigens auch ganz billig, und nun kommst wieder Du. J.

Hallo Eugen, was ich da gemacht habe, bei der adligen Firma von Knoblauch? Ja eben Gleisbau und die Dehnungsfugen an der Stadt-Autobahn repariert. Wieviele Leute da gearbeitet haben? Na die „Gewerblichen“ waren zwölf und dann gab es noch welche im Büro. Was mir noch einfällt: In der Swinemünder Straße neben dem Grundstück Nummer 46 gab es 6 große Schuppen, in denen die Werkzeuge untergebracht waren. Was man so braucht im Gleisbau. Große Schlüssel für die Schwellenschrauben, Spitzhacken, Schaufeln, Spaten und die kleinen Maschinen zum Bohren, Schleifen und zur Stromerzeugung. Ein Kriegsversehrter, so nannten sie den, war angestellt um darauf aufzupassen, daß nix geklaut wurde. (Es gab auch noch einen Schäferhund, der ihm dabei half, beim Aufpassen). Du wirst es nicht glauben in welchen Mengen die Werkzeuge vorhanden waren. Ich hab nicht gezählt, aber ungelogen, das waren mindestens 200 Schaufeln und Spitzhacken. Das erweckte sofort meine Neugier und Max, der Kriegsversehrte, der schon seit Kriegsende dort beschäftigt war hat es mir dann in einer ruhigen Minute, die es auch gab, erzählt. Es gab ja nach dem Krieg viele Förderprogramme zur Trümmerbeseitung in Berlin. Du kennst doch noch die 2 Pfennig Briefmarke „Notopfer Berlin“? Also die Schaufeln wurden an Männer ausgegeben, die auf den Baustellen morgens erscheinen sollten. Dann kam einer vom Senat, hat die Personen gezählt und dafür gabs dann Geld. Wieviel das war, wußte Max natürlich nicht. Als der vom Senat wieder weg war, durften die „Schauspieler“ wieder nach Hause, die „Baustelle“ verlassen . Ungefähr 20 Westmark gabs dafür, hatte mir Max erzählt. Viel Geld zu der Zeit. Das war nach der Einführung der DM. Der adlige Unternehmer hat natürlich das meiste Geld eingestrichen und nur einen kleinen Teil an die „Schauspieler“ weitergegeben. Ich glaub, die Korruption ist eine Berliner Erfindung. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, in dem Film „Rotation“ von Wolfgang Staudte, der 1949 in die Kinos kam, wird die Sprengung am Gleisdreieck am 2. Mai 1945 gezeigt. Die S-Bahn fährt an dieser Stelle unter dem Landwehrkanal durch. Die Sprengung, so ist die Vermutung, wurde von Fachleuten durchgeführt. Der S-Bahn Tunnel wurde zu dieser Zeit als Luftschutzbunker genutzt. Durch die Sprengung gelangte das Wasser aus dem Landwehrkanal in den Tunnel und es sind haufenweise Menschen ertrunken. In der Aufarbeitung dieser Geschichte, die bei Staudte noch sonnenklar war, ist es zu zahlreichen Spekulationen gekommen. So kurz vor der Kapitulation einen Tunnel sprengen? Vielleicht, und so kommt eine weitere Spekulation in die Geschichte, ist es so gewesen: Dort hatte die SS eine Sprengfalle vorbereitet, die durch die Bomben eines amerikanischen Luftangriffs in Gang kam. Wär doch möglich? Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja natürlich gabs und gibs Korruption auch anderswo. Da gab es nach dem Krieg am Gesundbrunnen noch ein großes Kino, das habe ich erst viel später erfahren. Eins mit mehr als 1.500 Plätzen. Das hieß nach dem Krieg „Corso Kino“. Da fand 1951 unter anderem die erste Berlinale statt. Das war nach dem Krieg der Französische Sektor, der an den Russischen Sektor grenzte. Und die hatten ja die Ostmark, die viel weniger Wert war. Kurs war, glaub ich mich zu erinnern 1:7. Und die Zuschauer aus dem Osten, also dem russischen Sektor, konnten dann in Ostmark bezahlen. Und der Kinobesitzer bekam die Differenz in Westmark erstattet. Mehr Geld konnte man als Kinobesitzer nicht machen. Nach dem 13. August 61 war damit dann Schluß. Aber bis dahin war das ein gutes Geschäft. Die Geschichte dieses Kinos habe ich dann erst viel später erfahren, aber das ist eine andere Geschichte, nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, nein die hieß natürlich nicht Ostmark. Die hieß Mark der DDR. Würde mich nicht wundern, wenn die aus Westberlin in Ostberlin das Brot für Ostmark gekauft haben, J.

Oscar Martay US- Offizier (Film Offizier der amerikanischen Militärregierung)

Hallo Eugen, Dich interessiert die andere Geschichte? Ja die ist wirklich ein bißchen lang. Also die erste Berlinale 1951 wurde von einem Nazi organisiert. Und zwar einem, der sich gut getarnt hatte. Er kannte dieses Kino, das 1932 Lichtburg hieß, gut. Denn die Firma, in der er ab 1941 gearbeitet hatte, hatte dieses Kino einem Juden weggenommen. Einem, dem die Flucht gelungen war und der aus diesem Grunde überlebt hatte. Der ist dann nach dem Krieg nach Berlin zurückgekommen ist. Und nun kommst wieder Du,. J.

Hallo Eugen, wie das passieren konnte? Der Mann hat eben Glück gehabt. J.

Lichtburg_Berlin_Grundriss_und_Schnitt

Hallo Eugen, wie das Glück aussah? Ja, die Umstände eben. Für manche Menschen war das überhaupt kein Glück. Für ihn aber schon. In Würzburg hatte er vor dem Krieg studiert und eine Doktorarbeit geschrieben. Irgend was mit Film. Vorraussetzung für den Job bei der Reichsfilmkammer in Berlin. Als der Krieg dann verloren war und einem Offizier der US-Army die Berlinale einfiel (Oscar Martay), war er nur die zweite Wahl. Vor ihm einer, dessen Ruf als Obernazi schon bis nach Hollywood gelangt war (Oswald Cammann-„Nazi Movie Moguls Powerful in Germany“, in „The American Jewish World“, 19. Januar 1951, S. 6). Diese amerikanische Zeitung kannte diesen Obernazi, den sie da zum Direktor der Berlinale machen wollten. Also wurde Kandidat Nr. Eins aussortiert.

Universität Würzburg 1945

Kandidat Nr. Zwei hatte das Glück, das ein Bomberkommando aus 280 Flugzeugen Würzburg kurz vor Kriegsende in Schutt und Asche gelegt hatte. Sein Glück war, auch das Archiv der Dissertationen war verbrannt. Seine Dissertation auch. Nicht mal an den Titel dieser Arbeit konnte er sich nach Kriegsende erinnern. Damit war viel Beweismaterial für seine Nazivergangenheit beseitigt. Dann kam ihm auch noch Stalin mit seiner Blockade zu Hilfe. Westberlin sollte ausgehungert und eingemeindet werden und wurde von den Amis deshalb über eine Luftbrücke versorgt. Da hatten die Verantwortlichen von Westberlin anderes zu tun, als sich um die Vergangenheit ihres Berlinale Direktors zu kümmern. Immerhin kannte dieser ein Kino am Gesundbrunnen, das für die erste Berlinale geradezu geschaffen war. Größe: 1.500 Sitzplätze. Standort: Französischer Sektor an der Grenze zum Russischen Sektor, waren dabei ausschlaggebend. Und nun kommst wieder Du, J.

Lichtburg Berlin Gesundbrunen Nachtfoto

Hallo Eugen, was mit dem Besitzer des Kinos passiert ist? Der kam nach Deutschland zurück und hat seine Ansprüche vor Gericht geltend gemacht. Aber, als er starb, war der Restituionsprozeß vor einem deutschen Gericht noch nicht entschieden. Und nun kommst wieder Du, J.

Lichtburg Kino Berlin Gesundbrunnen 1932

1951 Berlinale
Weisse Bär aus Berlin
Foto Jens Meyer

Hallo Eugen, wie es mit dem Berlinale Direktor weiterging? Am Anfang gab es noch Fragen und Hinweise, aber der Mann hat das Rampenlicht nicht so sehr gesucht. Und nach 25 Jahren im Amt hatte er sich eine gute Pension erarbeitet. Bis jemand nach seinem Tod auf die Schnappsidee kam, nach seiner Person einen Berlinale Preis aus der Taufe zu heben. Keinen goldenen, aber einen silbernen Bären. Sein Nachfolger als Berlinale Direktor war ein Redakteur der Zeit (Die Zeit-Wolf Donner), der sich mit den Schuhkartons des Herrn Riech, der die Ufa Kinos gekauft und entsprechend umgebaut hatte, angelegt hatte. Und so kam es dann wohl, daß viele Jahre später, eine von der Zeit angestellte Filmjournalistin sich doch mal mit diesen alten Geschichten von damals beschäftigt hatte. Ein „Hobby Filmhistoriker“ hatte sie drauf gebracht. Da sind sie dann alle aus allen Wolken gefallen. Das ist noch gar nicht so lange her. Wir von der Medienberatung hatten ihnen vorgeschlagen, sie sollten doch einfach die Farbe des Bäres ändern. Ham se nich jemacht. Und braune Bären sind ja in der Natur viel häufiger anzutreffen, als diese angemalten silberen Bären. Und nun kommst wieder Du, J.

Les Fantomes de Staline aus Cahiers du Cinema Januar 1990
Special URSS

Hallo Eugen, ob es einen Nachfolger Preis gibt? Habe so was nicht bemerkt. Es gab ein Bohei, aber jetzt ist es auch schon wieder vergessen, und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja ich kenne den Namen dieses Hobby Historikers, aber der möchte nicht, dass sein Name wieder irgendwo auftaucht. Der Zusammenhang stört ihn zu Recht. Aber Eugen, es gibt ja das Netz. Und wie ich Dich kenne, wird Dir eine Suche nicht schwer fallen. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja das ist richtig. Wenn die, die da aus den Wolken gefallen sind schon 1972 auf die Hinweise von Wolfgang Becker und Jürgen Spiker reagiert und vielleicht einmal ihre Dissertationen gelesen hätten. Ich will das mit der Fahrradkette nicht wiederholen. Und, den Namen gefunden? Na, jedenfalls kommst jetzt wieder Du, J.

Hallo Eugen, Du bist aber auch neugierig. Woher ich die beiden Fotos von Wolfgang und Fritz Staudte habe? Die stammen aus dem „Almanach der Filmschaffenden von 1943“. Das habe ich mal in einem Antiquariat gefunden. Hat mich damals 120 Mark gekostet. Und ich hatte lange überlegt, ob ich das Geld ausgeben und das Buch wirklich haben wollte. Auf der ersten Seite ein Bild des Herausgebers und ein Vorwort von ihm. (Die Bilder wurden von den Darstellern selbst zur Verfügung gestellt, steht auf Seite 2). Auf jeder Seite zwei Fotos. Auf Seite 272 die beiden Staudtes. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja das Foto von Recha und Karl Wolffsohn stammt aus dem Buch von Ulrich Döge. Dort befindet es sich auf Seite 26, wie Du siehst. Die Fotografin oder der Fotograf ist in dem Buch nicht angegeben, oder ich hab es nur nicht gefunden, J.

Hallo Eugen, ja dick ist das Buch auch. Das Buch von der Reichsfilmkammer. Es hat 543 Seiten und einige fehlen auch schon. Herausgegeben vom Reichsfilmintendanten in Max Hesses Verlag Berlin. Druck : Großdruckerei Erich Thieme, Berlin-Niederschöneweide, Haselwerder Straße 27-31. Und jetzt bist wieder Du dran, J.

Hallo Eugen, danke der Nachfrage. Ja, ein Buch über die Aufarbeitung der Tätigkeit des ehemaligen Berlinale Direktors gibt es auch. Zwielicht genannt. Hier ist der Umschlag. Kann man kaufen. Aber da steht auch nur drin, was Du jetzt schon alles weisst. Und nun kommst wieder Du, J.

Dr._Alfred_Bauer
Berlin
Foto Jens Meyer (Man beachte bitte auch, wer diese Tafel finanziert hat)

Brief der Berliner Gaswerke
Brief der Berliner Gaswerke vom 3. September 1944 an den Oberfinanzpräsidenten Berlin Brandenburg (Die Ausplünderungsbehörde der Nazis)
Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (LXIV-64) Schöne Stunden sehen anders aus

Hallo Eugen, wieder mal ein Griff ins Buchregal. Ja es war damals bei Erscheinen (2008) ein ärgerliches Buch. Hier kommt zur Erinnerung die Buchkritik von damals. Etwas aktualisiert. J.

Das Foto stammt von Mark Lissauer (Australien). Gemacht im Juli 1931. Grindelallee 116-118 Hamburg. Mark Lissauer ist der kleine Junge, der im vierten Stock auf dem Balkon zu sehen ist. Neben ihm steht die Hausbesitzerin Ranette Salfeld und ihre Tochter Elisabeth Fanny Salfeld. (Nach der Heirat: Elisabeth Fanny Lilienthal). Von Ranette Salfeld haben wir bisher kein Foto gefunden.

PDF Schöne Stunden sehen anders aus

Foto von Mark Lissauer
Architekt des Deutschlandhaus
Fritz Block vom Architektur Büro Block & Hochfeld (Fritz Block & Ernst Hochfeld) (Deutschlandhaus) Inzwischen abgerissen und von einem Nachbau ersetzt.
Elisabeth Fanny Salfeld Tochter von Ranette Salfeld und Emil Salfeld

Block & Hochfeld
Carl Später Eisenbau Foto Fritz Block
Block & Hochfeld
Deutschlandhaus Foto Jens Meyer
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Tier Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann

Apropos Oskar Dankner (II)

PDF Apropos (Zeichen 3.448) Oskar Dankner

Cuxhaven1927Kinos

Cuxhavener Adressbuch 1908
Tier Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann
Foto Wannack. Neanderstraße 27. 20459 Hamburg 14. Juli 2025

Apropos Waterloo Kino (III)

Römische Zahlen

PDF Abschrift Waterloo Kino GuckfensterKCF

Manfred Hirschel mit seiner Tochter Eva Hirschel (1936), verh. Blumenthal. (Foto aufgenommen in der Bebelallee / Adolf Hitler Straße) Manfred Hirschel ist am 16. August 1892 geboren. Eva Hirschel ist 1930 geboren.
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Apropos Henschel Konzern

PDF Apropos Henschel Konzern

Schauburg Zeitung
Hugo Streit, Sophie Streit geb. Henschel (Foto Louis Segall)
Urich Sass Familie
Von links nach rechts: Hans Jürgen, Horst, Hermann, Vera, Hedwig, Urich-Sass, Kinobesitzer Familie in Hamburg- Foto Louis Segall.

ISBN 978-65-00-88485-2

Foto Louis Segall
Schauburg Kino Reeperbahn 1 mit Oskalyd Orgel rechts und links der Leinwand
Zuschauerraum mit Balkon
Foto Louis Segall
Foto Louis Segall
Schauburg Kino Millerntor 4. Mai 1942. Foto von Erich Andres.
Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann
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Briefe an Eugen (LV-55) Louis Segall

Hallo Eugen,

Römische Zahlen

es ist doch erschreckend wie schnell das manchmal geht. Wie aus einer Vermutung eine Tatsache wird. In dem Buch aus dem Wallstein Verlag aus Göttingen, 2016 erschienen, ist er auf Seite 71 vermerkt (Die Hamburger Juden im NS Staat 1933-1938/39 Band XLV von Andreas Brämer und Miriam Rürup) ISBN 0178-3-8353-1811-3). Firma: Photogeschäft Louis Segall. bish. Inhaber: Louis Segall, Hamburg. Erwerber: Paul Waiher. Es ist jetzt nur noch die Frage: Handelt es sich um einen Übertragungsfehler oder nicht? Im Adressbuch heißt der sog. Erwerber Paul Waibel. Quelle ist das Staatsarchiv Hamburg, 314-15, Oberfinanzpräsident, Devisenstelle und Vermögensstelle (15. Oktober 1938) . J.

Hallo Eugen, im Netz habe ich jetzt endlich die Daten von Louis Segall und seiner Frau gefunden. Die hat sein Sohn Jay Jay French, ein Musiker, hochgelanden. Sein Vater Louis Segall ist am 20. Juni 1910 geboren. Seine Mutter Evaline French ist am 17. Juni 1918 geboren. Er hat auch ein Foto (siehe unten) von seinen Eltern ins Netz hochgeladen. Den Eltern scheint die Flucht aus Deutschland gelungen zu sein. Das ergibt sich aus seinen Angaben. Und nun kommst wieder Du, J.

Louis Segall Fotograf
Foto von Louis Segall.. 1. Mai 1936 Schauburg am Hauptbahnhof. Mönckebergstraße 8
Hindenburghaus
Hindenburghaus, Großer Burstah 31, damals Sitz des Oberfinanzpräsidenten (Die Ausplünderungsbehörde der Nazis) Foto Jens Meyer
Mönckebergstraße 8 (1936)

Branchen Telefonbuch Hamburg 1929
Branchen Telefonbuch Hamburg 1930

le

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Tier
Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (XXI-21) Pressetreuhändler.

Römische Zahlen am BUG
Römische Zahlen

Hallo Eugen, ja, ich habe das Buch gekauft. Obwohl es so teuer ist. Aber es ist auch dick. Es hat den etwas komplizierten Titel: Ein treuer Diener vieler Herrn: Max Winkler. Pressetreuhänder der Weimarer Republik und der nationalsozialistischen Diktatur. Es hat 654 Seiten und kostet 49,00 Euro. Geschrieben hat es Ulrich Döge. Von dem hatte ich schon das Buch über den Verleger und Kinobesitzer Karl Wolffsohn gekauft und gelesen. Döge scheint lange Buchtitel zu mögen. Das Buch, das er über Karl Wolffsohn geschrieben hatte, hat auch so einen langen Titel: „Er hat eben das heiße Herz“ Der Verleger und Filmunternehmer Karl Wolffsohn. Nachdem ich es gelesen habe, kann ich schreiben, ein Kauf lohnt sich. Und außerdem bekommt man ja einen Euro wieder, wenn man mit einem 50 Euro Schein bezahlt. Nein im Ernst, Eugen. Endlich mal ein Buch, wo man hinterher nicht das Gefühl hat, das es sich um eine Auftragsarbeit handelt, die die beschriebene Person selber bezahlt hat. Beim Abschreiben des Buchtitels ist mir versehentlich ein -L- mit reingerutscht, sodaß dort zuerst Pressetreuhändler stand, was ja auch stimmen würde. Nur das Wort treu ist in diesem Zusammenhang ein wenig mißverständlich. Leider gibt es nicht viele Bilder in dem Buch. Aber auf Seite 562 sieht man Max Winkler vor dem Entnazifizierungs-Hauptausschuss in Lüneburg am Tag des Urteils, am 10. 08. 1949. Man beachte die Vorschriften rechts oben im Bild.

Rauchen verboten (In Lüneburg) Laut Bildnachweis ist das Foto in der Süddeutschen Zeitung erschienen (Ohne Nennung des Fotografen)
Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann

Der Schlund der Geschichte-Die Henschel Kinos

PDF (Zeichen 11.759) Schlund der Geschichte Henschel Kinos

In einem Schlund ist die Geschichte der jüdischen Kinobesitzer in Hamburg verschwunden.

Erst den Nachgeborenen ist aufgefallen, dass große Teile der Kinogeschichte fehlen. Und das dieses Fehlen Gründe hat. Der »Henschel Film & Theaterkonzern OHG«. Eine Geschichte, die im Dezember 1895 in Paris begann und erst mit ihrer vollständigen Aufklärung endet.

Sie haben uns angelogen, als sie behaupteten, sie hätten gekauft oder geerbt. So war es nicht. Sie haben nicht gekauft und auch nicht geerbt. Sie haben geraubt und gestohlen. Sie haben die jüdischen Kinobesitzer bestohlen. Und viele haben ihnen dabei geholfen.

Vier Fotos, die uns Rolf Arno Streit aus Belo Horizonte in Brasilien 1990 zur Verfügung gestellt hat. Hamburg.

Fotoalbum Streit Hamburg
Hauptbahnhof, Gänsemarkt, Jungfernstieg, Karl Muck Platz

[Fotos aus Hamburg von links oben nach rechts unten: Hamburger Hauptbahnhof vom Glockengiesserwall mit Straßenbahnschienen, Gänsemarkt mit Lessingtheater und Hamburger Anzeiger,  Alster in Richtung Hotel Vier Jahreszeiten mit Alsterpavillon, Karl Muck Platz in Richtung Innenstadt, rechts das Hochhaus des DHV. [Deutschnationaler Handlungsgehilfen Verband] 

In der Mitte die Kaiser Wilhelm Straße. Die heißt heute noch so. Der Karl Muck Platz wurde vor einigen Jahren umbenannt in: Johannes Brahms Platz. Das Gebäude des DHV wurde auch umbenannt in »Johannes Brahms Kontor«. Vermutlich dachte man bei der Umbenennung daran, so kriegt man endlich die braune Farbe runter, die vom DHV.

Die Geschichte der jüdischen Kinobesitzer  in Hamburg begann im Jahre 1895 in Paris und endete in Brasilien, Mexiko, USA und Australien. Überall dort, wohin die geflohen waren, denen man in Deutschland ihre Kinos geraubt hatte und die auch noch nach dem Krieg ihre Stimme erheben konnten, weil sie den deutschen Mördern entkommen waren.

Eine erste Spur fand ich auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg Ohlsdorf. Der Grabstein von Hermann Urich Sass.

Grabstein Hermann Urich Sass, Jüdischer Friedhof Hamburg Ohlsdorf. Foto Henning Scholz

Meine Suche begann – eher zufällig – 1970 in Berlin. Während meines Studiums an der Deutschen Film- und Fernsehakademie (dffb): Ich interessierte mich auch für die Geschichte der Kinos. Hier gab es die Tageszeitungen des deutschen Films: die »Licht Bild Bühne« (LBB) und den »Kinematograph«. In Hamburg waren diese Zeitungen zu der Zeit nicht vorhanden, bzw. nicht zugänglich.

Wer einmal längere Zeit vor einem solchen Mikrofilm Lesegerät gesessen hat, kennt die Langweiligkeit dieser Arbeit. Diese vielen Nachrichten, die man alle nicht braucht. Ich hatte natürlich Vermutungen. Aber eigentlich wußte ich nicht, was ich suchte. Die Licht Bild Bühne erschien täglich, sechs mal in der Woche. Sie  hatte viele Seiten. Gezählt habe ich nicht. Aber dann half mir der Zufall. Der Zufall hieß Paul von Hindenburg.

Jener Mann, der Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt hatte. Sehr schlecht für die deutsche Geschichte. Aber gut für mich. Ohne diesen Zufall hätte ich die Meldung vom Tode des Kinounternehmers Hermann  Urich Sass niemals gefunden. Sie steht in der selben Ausgabe, in der auch von der Machtübertragung an Adolf Hitler berichtet wird.  Ein paar Jahre später bekomme ich darüber Kenntnis, das beide Meldungen in einem Zusammenhang stehen.

Am Sonnabend, den 28. Januar 1933 erscheint eine 13 Zeilen Meldung, die mit folgenden Worten endet: . . . dass “ . . . Herr Urich Sass, eine leitende Persönlichkeit im Henschel Konzern in Hamburg, am 27. Januar im Alter von 45 Jahren, einem Herzversagen erlegen“ sei.

Wäre er an einem anderen Datum verstorben, hätte ich die Suche nach dem Henschel Film- und Theaterkonzern vermutlich abgebrochen. Die Beerdigung soll am Montag, d. 30. Januar 1933 auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg Ohlsdorf um 3 Uhr stattfinden, so wird es angekündigt.

Die Geschichte der Kinobesitzerfamilie Henschel begann mit Frida und James Henschel und ihrer Reise nach Paris.

Ursprünglich war Jeremias Henschel in die Fußstapfen seines Vaters getreten und hatte sich im Verkauf von Stoffen und Herrengarderobe versucht. Erfolglos. Heute nennt man es modern Insolvenz.

Mit dem selbstgewählten Vornamen James begann eine neue Episode im Leben der Familie Henschel. Eigentlich sollte es ein Laden mit Schallplatten werden. Aber dann entdeckte Frida in Paris eine lange Schlange. Dort wurden zum ersten Mal diese beweglichen Bilder gezeigt, die sie damals »Lebende Photographien« nannten. Frida erkannte als erste die ungeheuren Möglichkeiten, die ein solches Geschäft in Hamburg haben würde.

Europäischer Hof Baden Baden v. l.: Sophie Streit, Frida Henschel, James Henschel, Hugo Streit. Fotograf unbekannt.

[Das Foto entstand am 18. Oktober 1930 vor dem Hotel Europäischer Hof in Baden-Baden in Deutschland. (v. l. n. r.  Frida (Frederica) Henschel (geb. Blumenthal), James Henschel und ihre Tochter Bianca Henschel (Bianca Kahn, die am 5. Mai 1931 den portugiesischen Konsul Dr. Isidor Kahn in Den Haag heiratete und nach Holland auswanderte].

Das Foto stammt von Rolf Arno Streit (Enkel von Frida und James Henschel) aus Belo Horizonte, (Brasilien).

Wann Frida und James Henschel nach Paris gefahren waren, das konnten die Enkelkinder  (in Mexiko und Brasilien) von James Henschel nur vermuten. Es könnte am 28. Dezember 1895 gewesen sein, als die Brüder Lumiere im Grand Cafe im Boulevard des Capucines zum ersten Mal ihren Projektor vorgestellt haben.

Verbürgt ist der Besuch der Brüder Skladanowsky in Paris am 28. Dezember 1895. Ein paar Tage vorher (Im November 1895 waren sie mit ihrem Projektor in Hamburg gewesen). Sie hatten eine Einladung nach Paris, ihren Projektor im Folies Bergère vorzustellen und haben dafür ein Honorar verlangt und bekommen. (Die Angaben schwanken zwischen 2.500,00 und 4.500,00 französischen Franc). Aber zu einer Vorstellung ihres Projektors in Paris ist es nicht mehr gekommen. Frida und James Henschel haben damals erkannt, welches Potential in dieser neuen Technik der Lebenden Photographien steckt.

Sie eröffneten im Dezember 1905 in der Bergstrasse (große) Nr. 11 in Altona ihr erstes Kino: Das Helios Theater mit 500 Sitzplätzen. Einen Monat später im Januar 1906  begann der Mietvertrag des »Belle-Alliance-Theater Vorführung lebender Photographien« an der Ecke Eimsbütteler Str. 2 / Schulterblatt 115. Das Kino wurde in den ehemaligen Ballsaal des Belle Alliance eingebaut, hatte 1.400 Sitzplätze und spielte von 15.00 Uhr Nachmittags  bis 1.00 Uhr in der Nacht.

Die Eröffnung des Kinos war am 1. Mai 1906. (Aus: James Henschel erzählt Hamburgs Kino Geschichte. Artikel  von Hermann Lobbes in der Licht Bild Bühne, Beilage vom Sonnabend, d. 16. August 1930).

Theater lebender Photographien
Belle Alliance 1906

Vor dem Kino war eine Haltestelle der elektrischen Straßenbahn. Der Licht Bild Bühne berichtete James Henschel im August 1930, dass der Tag mit den geringsten Einnahmen (56,00 RM) der Tag war, an dem die Zuschauer des Kinos sich lieber den Brand der Michaelis Kirche angesehen hatten, als ins Kino zu gehen. Das war Dienstag, der 3. Juli 1906.

Frida und Jeremias hatten fünf Kinder: Hedwig, Sophie, Bianca, Hanns und Gretel, die zwischen 1888 – 1895 geboren werden. Hanns meldete sich als Freiwilliger und „fiel“ am 31. Oktober 1916 als Unteroffizier an der Front in Frankreich (?). Jürgen Sielemann, Experte in Sachen jüdischer Geschichte, gibt einen anderen Ort an.

Zitat: „Ihr Bruder  (Bianca Henschel) Hans Henschel (geb. 21. September 1893) fiel am 31. Oktober als Unteroffizier in einem Gefecht in Siebenbürgen.“

(Aus Liskor-Erinnern Heft 14, Seite 26).

Als Quelle nennt Jürgen Sielemann: 332-8 Meldewesen, A 30 Toten- und Verzogenenkartei 1892-1925, Mikrofilm K 6238, Karte Hans Henschel.

Da war Hanns Henschel 23 Jahre alt. Wie ich mir die Fotos angesehen habe, habe ich gedacht, zwischen die Bilder gehört noch unbedingt ein Text. Und da man bei Tucholsky inzwischen klauen darf, habe ich dies getan.

Auf Seite 1159 im Band 1 – (1907 – 1924 meiner dreibändigen Gesamtausgabe) gibt es zwei Texte »Wie uns aus« und »Sechzig Fotografien«. In dem zweiten Text geht es um sechzig Fotografien, über den Weltkrieg (1) die man in Paris kaufen kann.

Der Text ist von 1924. Da wurde der Weltkrieg noch nicht nummeriert. Am Ende schreibt Tucholsky: (Seite 1162 Band 1)

Du schießt drüben immer den Kamerad Werkmeister tot – niemals den einzigen Feind, den du wirklich hast. Dein Blut verströmt für Dividende. Dein bißchen Sterben, dein armseliges Verrecken wird mühsam mit einer Gloriole von Romantik umkleidet, erborgt aus den Emblemen von Jahrhunderten, entliehen aus verschollenen Zeiten. Wirf deine Flinte weg, Mensch! Es wird immer Kriege geben? Solange du willst, wird es sie geben. Nagle dir diese Bilder an die Wand, zeig deinen Kindern, was das für eine Schweinerei ist: der Krieg; was das für eine Lüge ist: der Krieg; was das für ein Wahnsinn ist: der Krieg! Und dann setze dich mit deinen Arbeitsgenossen auf der anderen Seite hin, vertraue ihnen, denn es sind dieselben armen Luder wie du – und gib ihnen die Hand. Nieder mit dem Staat! Es lebe die Heimat!“

Hanns Henschel Grabstein

Grabstein auf dem Friedhof für die “Gefallenen“ des ersten Weltkrieges in Hamburg Ohlsdorf. Die Inschrift im Grabstein ist schwer lesbar. Unteroffz. (Unteroffizier) HANNS HENSCHEL, GEB. 21. September 1893, 5654 (Geboren), GEF. 31. Oktober 1916 5677 (Gefallen/Gestorben), INHABER (Inhaber) DES EIS. KREUZES (des Eisernen Kreuzes) UND DES (und des) HANSEAT. KREUZES (Hanseatischen Kreuzes).

Hanns Henschel wurde nur 23 Jahre alt. Bei Kriegsende (am 11. 11. 1918) war James Henschel 55 Jahre alt und die neu gegründete UFA (Gründung am 18. Dezember 1917) trat an ihn heran und unterbreitete ihm ein Kaufangebot für seine acht Kinos.

Eine Reihe von Kinos hatte das Ehepaar Henschel auf eigenen Grundstücken neu bauen lassen. So das Waterloo Theater in der Dammtorstrasse 14, das Lessingtheater am Gänsemarkt 46/48, das Palast Theater in der Wandsbeker Chaussee (bei späteren Recherchen stelle ich fest, dass die Ortsangabe falsch ist – das Palast Theater war nicht in der Wandsbeker Chaussee sondern in der Hamburger Strasse 5/7/9), die Harvestehuder Lichtspiele am Eppendorfer Baum 15.

James Henschel setzte die Bedingungen für den Verkauf an die UFA. Am 21. Februar 1918 wandelte er seine Kino Firma »J. Henschel« in die »J. Henschel GmbH« um. Der Vertrag sah vor, das seine beiden Schwiegersöhne Hermann Urich Sass (verheiratet mit Hedwig Urich Sass, geb. Henschel) und Hugo Streit (verheiratet mit Sophie Streit geb. Henschel) Geschäftsführer der »J. Henschel GmbH« wurden. Der Vertrag sah weiterhin vor, das alle Angestellten von der neu gegründeten Firma »J. Henschel GmbH« übernommen wurden. Weiterhin enthielt der Vertrag einen Passus, daß Hermann Urich Sass und Hugo Streit zu Direktoren der UFA für Norddeutschland ernannt wurden. 

Ein »Organ Vertrag« wurde am 29. November 1919 zwischen James Henschel und der UFA geschlossen. Danach wurde die »J. Henschel GmbH« eine 100 %ige Tochtergesellschaft der UFA. Die »J. Henschel GmbH« blieb weiterhin Eigentümer der Grundstücke, auf denen die Kinos: »Palasttheater« (Hamburger Straße 5/7/9), »Lessingtheater« (Gänsemarkt 43), »Harvestehuder Lichtspiele« (Eppendorfer Baum 35), »Zentral Theater« (Wandsbeker Chaussee 162) standen, die an die UFA verpachtet wurden.

Das »Waterloo Theater« in der Dammtorstrasse 14 verkaufte James Henschel an Manfred Hirschel, der mit einer Schwester seines Schwiegersohnes Hugo Streit verheiratet war.

Manfred Hirschel mit seiner Tochter Eva Hirschel in der Bebelallee in Hamburg.

James Henschel erhielt aus diesem Vertrag einen Barerlös, der ausreichte, vierzehn Wohnhäuser mit über 100 Wohnungen zu kaufen.

Weiterhin sah der Vertrag eine Beteiligung auf 25 Jahre vor, in denen er mit 5 % an den Bruttoeinnahmen der verkauften Kinos und mit weiteren 2,5 % an den später erworbenen oder neu erbauten Kinos der UFA beteiligt ist.

1921 + 1926 verließen Hermann Urich Sass und Hugo Streit die UFA und gründeten die offene Handelsgesellschaft, den »Henschel Film- und Theaterkonzern«.

Acht Kinos wurden neu gebaut. Im Februar 1927 wurde an der Ecke Zirkusweg Reeperbahn 1 ein Neubau mit einem Kino mit 1556 Sitzplätzen eröffnet.

Der erste deutsche Tonfilm »Ich küsse ihre Hand Madam« mit Marlene Dietrich und Harry Liedtke wurde hier am 23. Januar 1929 gezeigt.

Architekt war Carl Winand. Die Baukosten betrugen etwa 500.000,00 RM. Hugo Streit und Hermann Urich Sass nannten das Kino »Schauburg am Millerntor«.

Hugo und Sophie Streit mit der Schauburg Zeitung

Die Tonpassage im Film war nur zwei Minuten und 12 Sekunden lang. Hugo Streit, Sophie Streit (geb. Henschel) mit der Schauburg Zeitung. Die Schlagzeile:  Prominente sehen dich an: Lil Dagover, Emil Jannings

In der »Schauburg Millerntor» war am 21. Oktober 1929 Sergej Eisenstein mit »zwei Akten« aus dem Film »Panzerkreuzer Potemkin«, dem »ersten Akt« aus dem Film »Generallinie« und »zwei Akten« aus dem Film »Zehn Tage, die die Welt erschütterten« zu Gast.

Der dunkle Teil der Geschichte, der von Selbstmord, Mord, Enteignung, Vertreibung und Zerstörung  handelt. Und der Verdrängung all dieser Verbrechen. Der vom Reinwaschen und der angeblichen »Wiedergutmachung« handelt. Und wie bereitwillig alle bei den Ausplünderungen geholfen hatten. Die Geschichte der Täter, Opfer und der Zuschauer. Glaubwürdige Zeitzeugen waren in Hamburg, in Deutschland, nicht zu finden. In Brasilien, Mexiko und in Los Angeles wurde ich gefragt, warum das alles so lange gedauert hatte, bis endlich jemand kam und diese Fragen stellte. Mir fehlte damals eine Antwort.

Die Täter waren schon lange tot. Inzwischen waren auch die Erben der Täter gestorben. Und dennoch gibt es immer wieder Menschen, die das Unrecht von damals verstecken wollen. Es fällt ihnen nicht einmal auf. Im Gegenteil. Das vorhandene Material ist inzwischen auf zwölf Leitz Ordner, fünfzig CDs mit kopierten Akten und einem kurzen Film von der Eröffnung der Schauburg am Millerntor, Ecke Zirkusweg, angewachsen.

Dazu gehört ein kleiner Film mit den Interviews der Söhne, (Horst Urich Sass, Rolf Arno Streit, Carl Heinz Streit) die damals aus Deutschland fliehen konnten. Aus Belo Horizonte kommt dieses Bild vom »Palast Theater« von Frida und James Henschel in der Hamburger Strasse.

Palast Theater Hamburger Straße 5/7/9

Wann dieses Foto entstanden ist, konnten mir die Enkelkinder von James Henschel (Die Brüder Rolf Arno Streit und Carl Heinz Streit) nicht mitteilen. Vermutlich ist das Foto nach der Eröffnung des Neubaus entstanden.

(Text: Jens Meyer, bearbeitet Mai 2024)

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Foto Grabstein Hanns Henschel Jens Meyer. Foto Palast Theater Rolf Arno Streit.

Besuch aus Berlin und Mexiko

Stolperstein Urich Sass. Besuch aus Berlin und Mexiko in Hamburg, Reeperbahn 1, im August 2023. Foto Miguel Manzanilla Urich Sass
Zeichnung Helga Bachmann
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