Briefe an Eugen (LXV-65) Staudte im Russischen Sektor

PDF Briefe an Eugen (LVXV) Staudte im Russischen Sektor

Scherl Adressbuch Berlin 1940


Bambergerstraße 47 (1945)

Hallo Eugen, ja, Dein Einwand, das es keine Zeitzeugen mehr gibt, die das bestätigen könnten, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber was haben uns die Zeitzeugen denn bisher genutzt? Die ham ja die schlimmen Sachen auch alle für sich behalten. Als ich jedenfalls 1970 mit dieser S-Bahn von Lankwitz nach Gesundbrunnen gefahren bin (Jeden Morgen um 6.30 Uhr, um zum Bauplatz der Gleisbaufirma Max von Knoblauch GmbH in der Swinemünderstraße neben Grundstück Nummer 46 zu kommen) waren es insgesamt 12 Stationen (Lankwitz und Gesundbrunnen eingeschlossen) von denen allerdings nicht alle „bedient“ wurden. Da hielt die S-Bahn nicht an, sodaß man weder ein- noch aussteigen konnte. Nur an der Friedrichstraße hielt die S-Bahn an. Dort gab es zollfrei Zigaretten und Schnapps zu kaufen. Man durfte sich aber beim Aussteigen und Verlassen des S-Bahngeländes nicht erwischen lassen. Meine Lieblingsmarke war damals Pall Mall, und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, wie lange die von Lankwitz nach Gesundbrunnen gebraucht hat? Hab ich vergessen. Jetzt braucht sie beim Halt an allen zwölf Haltestellen 32 Minuten und um Deinen Wissensdurst zu löschen: Die Ringbahn der S-Bahn braucht, egal ob sie links oder rechtsrum gefahren ist, 60 Minuten. Wie das 1970 war? Die konnte man damals ja gar nicht nutzen, weil sie oben rum gefahren ist und an der Mauer angehalten wurde. Und noch was. Die Westberliner, nicht alle natürlich, aber viele, fanden das doof dass die Westdeutschen (also wir) die S-Bahn benutzt haben, weil sie ja vom Osten war. Und übrigens auch ganz billig, und nun kommst wieder Du. J.

Hallo Eugen, was ich da gemacht habe, bei der adligen Firma von Knoblauch? Ja eben Gleisbau und die Dehnungsfugen an der Stadt-Autobahn repariert. Wieviele Leute da gearbeitet haben? Na die „Gewerblichen“ waren zwölf und dann gab es noch welche im Büro. Was mir noch einfällt: In der Swinemünder Straße neben dem Grundstück Nummer 46 gab es 6 große Schuppen, in denen die Werkzeuge untergebracht waren. Was man so braucht im Gleisbau. Große Schlüssel für die Schwellenschrauben, Spitzhacken, Schaufeln, Spaten und die kleinen Maschinen zum Bohren, Schleifen und zur Stromerzeugung. Ein Kriegsversehrter, so nannten sie den, war angestellt um darauf aufzupassen, daß nix geklaut wurde. (Es gab auch noch einen Schäferhund, der ihm dabei half, beim Aufpassen). Du wirst es nicht glauben in welchen Mengen die Werkzeuge vorhanden waren. Ich hab nicht gezählt, aber ungelogen, das waren mindestens 200 Schaufeln und Spitzhacken. Das erweckte sofort meine Neugier und Max, der Kriegsversehrte, der schon seit Kriegsende dort beschäftigt war hat es mir dann in einer ruhigen Minute, die es auch gab, erzählt. Es gab ja nach dem Krieg viele Förderprogramme zur Trümmerbeseitung in Berlin. Du kennst doch noch die 2 Pfennig Briefmarke „Notopfer Berlin“? Also die Schaufeln wurden an Männer ausgegeben, die auf den Baustellen morgens erscheinen sollten. Dann kam einer vom Senat, hat die Personen gezählt und dafür gabs dann Geld. Wieviel das war, wußte Max natürlich nicht. Als der vom Senat wieder weg war, durften die „Schauspieler“ wieder nach Hause, die „Baustelle“ verlassen . Ungefähr 20 Westmark gabs dafür, hatte mir Max erzählt. Viel Geld zu der Zeit. Das war nach der Einführung der DM. Der adlige Unternehmer hat natürlich das meiste Geld eingestrichen und nur einen kleinen Teil an die „Schauspieler“ weitergegeben. Ich glaub, die Korruption ist eine Berliner Erfindung. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, in dem Film „Rotation“ von Wolfgang Staudte, der 1949 in die Kinos kam, wird die Sprengung am Gleisdreieck am 2. Mai 1945 gezeigt. Die S-Bahn fährt an dieser Stelle unter dem Landwehrkanal durch. Die Sprengung, so ist die Vermutung, wurde von Fachleuten durchgeführt. Der S-Bahn Tunnel wurde zu dieser Zeit als Luftschutzbunker genutzt. Durch die Sprengung gelangte das Wasser aus dem Landwehrkanal in den Tunnel und es sind haufenweise Menschen ertrunken. In der Aufarbeitung dieser Geschichte, die bei Staudte noch sonnenklar war, ist es zu zahlreichen Spekulationen gekommen. So kurz vor der Kapitulation einen Tunnel sprengen? Vielleicht, und so kommt eine weitere Spekulation in die Geschichte, ist es so gewesen: Dort hatte die SS eine Sprengfalle vorbereitet, die durch die Bomben eines amerikanischen Luftangriffs in Gang kam. Wär doch möglich? Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja natürlich gabs und gibs Korruption auch anderswo. Da gab es nach dem Krieg am Gesundbrunnen noch ein großes Kino, das habe ich erst viel später erfahren. Eins mit mehr als 1.500 Plätzen. Das hieß nach dem Krieg „Corso Kino“. Da fand 1951 unter anderem die erste Berlinale statt. Das war nach dem Krieg der Französische Sektor, der an den Russischen Sektor grenzte. Und die hatten ja die Ostmark, die viel weniger Wert war. Kurs war, glaub ich mich zu erinnern 1:7. Und die Zuschauer aus dem Osten, also dem russischen Sektor, konnten dann in Ostmark bezahlen. Und der Kinobesitzer bekam die Differenz in Westmark erstattet. Mehr Geld konnte man als Kinobesitzer nicht machen. Nach dem 13. August 61 war damit dann Schluß. Aber bis dahin war das ein gutes Geschäft. Die Geschichte dieses Kinos habe ich dann erst viel später erfahren, aber das ist eine andere Geschichte, nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, nein die hieß natürlich nicht Ostmark. Die hieß Mark der DDR. Würde mich nicht wundern, wenn die aus Westberlin in Ostberlin das Brot für Ostmark gekauft haben, J.

Oscar Martay US- Offizier (Film Offizier der amerikanischen Militärregierung)

Hallo Eugen, Dich interessiert die andere Geschichte? Ja die ist wirklich ein bißchen lang. Also die erste Berlinale 1951 wurde von einem Nazi organisiert. Und zwar einem, der sich gut getarnt hatte. Er kannte dieses Kino, das 1932 Lichtburg hieß, gut. Denn die Firma, in der er ab 1941 gearbeitet hatte, hatte dieses Kino einem Juden weggenommen. Einem, dem die Flucht gelungen war und der aus diesem Grunde überlebt hatte. Der ist dann nach dem Krieg nach Berlin zurückgekommen ist. Und nun kommst wieder Du,. J.

Hallo Eugen, wie das passieren konnte? Der Mann hat eben Glück gehabt. J.

Lichtburg_Berlin_Grundriss_und_Schnitt

Hallo Eugen, wie das Glück aussah? Ja, die Umstände eben. Für manche Menschen war das überhaupt kein Glück. Für ihn aber schon. In Würzburg hatte er vor dem Krieg studiert und eine Doktorarbeit geschrieben. Irgend was mit Film. Vorraussetzung für den Job bei der Reichsfilmkammer in Berlin. Als der Krieg dann verloren war und einem Offizier der US-Army die Berlinale einfiel (Oscar Martay), war er nur die zweite Wahl. Vor ihm einer, dessen Ruf als Obernazi schon bis nach Hollywood gelangt war (Oswald Cammann-„Nazi Movie Moguls Powerful in Germany“, in „The American Jewish World“, 19. Januar 1951, S. 6). Diese amerikanische Zeitung kannte diesen Obernazi, den sie da zum Direktor der Berlinale machen wollten. Also wurde Kandidat Nr. Eins aussortiert.

Universität Würzburg 1945

Kandidat Nr. Zwei hatte das Glück, das ein Bomberkommando aus 280 Flugzeugen Würzburg kurz vor Kriegsende in Schutt und Asche gelegt hatte. Sein Glück war, auch das Archiv der Dissertationen war verbrannt. Seine Dissertation auch. Nicht mal an den Titel dieser Arbeit konnte er sich nach Kriegsende erinnern. Damit war viel Beweismaterial für seine Nazivergangenheit beseitigt. Dann kam ihm auch noch Stalin mit seiner Blockade zu Hilfe. Westberlin sollte ausgehungert und eingemeindet werden und wurde von den Amis deshalb über eine Luftbrücke versorgt. Da hatten die Verantwortlichen von Westberlin anderes zu tun, als sich um die Vergangenheit ihres Berlinale Direktors zu kümmern. Immerhin kannte dieser ein Kino am Gesundbrunnen, das für die erste Berlinale geradezu geschaffen war. Größe: 1.500 Sitzplätze. Standort: Französischer Sektor an der Grenze zum Russischen Sektor, waren dabei ausschlaggebend. Und nun kommst wieder Du, J.

Lichtburg Berlin Gesundbrunen Nachtfoto

Hallo Eugen, was mit dem Besitzer des Kinos passiert ist? Der kam nach Deutschland zurück und hat seine Ansprüche vor Gericht geltend gemacht. Aber, als er starb, war der Restituionsprozeß vor einem deutschen Gericht noch nicht entschieden. Und nun kommst wieder Du, J.

Lichtburg Kino Berlin Gesundbrunnen 1932

1951 Berlinale
Weisse Bär aus Berlin
Foto Jens Meyer

Hallo Eugen, wie es mit dem Berlinale Direktor weiterging? Am Anfang gab es noch Fragen und Hinweise, aber der Mann hat das Rampenlicht nicht so sehr gesucht. Und nach 25 Jahren im Amt hatte er sich eine gute Pension erarbeitet. Bis jemand nach seinem Tod auf die Schnappsidee kam, nach seiner Person einen Berlinale Preis aus der Taufe zu heben. Keinen goldenen, aber einen silbernen Bären. Sein Nachfolger als Berlinale Direktor war ein Redakteur der Zeit (Die Zeit-Wolf Donner), der sich mit den Schuhkartons des Herrn Riech, der die Ufa Kinos gekauft und entsprechend umgebaut hatte, angelegt hatte. Und so kam es dann wohl, daß viele Jahre später, eine von der Zeit angestellte Filmjournalistin sich doch mal mit diesen alten Geschichten von damals beschäftigt hatte. Ein „Hobby Filmhistoriker“ hatte sie drauf gebracht. Da sind sie dann alle aus allen Wolken gefallen. Das ist noch gar nicht so lange her. Wir von der Medienberatung hatten ihnen vorgeschlagen, sie sollten doch einfach die Farbe des Bäres ändern. Ham se nich jemacht. Und braune Bären sind ja in der Natur viel häufiger anzutreffen, als diese angemalten silberen Bären. Und nun kommst wieder Du, J.

Les Fantomes de Staline aus Cahiers du Cinema Januar 1990
Special URSS

Hallo Eugen, ob es einen Nachfolger Preis gibt? Habe so was nicht bemerkt. Es gab ein Bohei, aber jetzt ist es auch schon wieder vergessen, und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja ich kenne den Namen dieses Hobby Historikers, aber der möchte nicht, dass sein Name wieder irgendwo auftaucht. Der Zusammenhang stört ihn zu Recht. Aber Eugen, es gibt ja das Netz. Und wie ich Dich kenne, wird Dir eine Suche nicht schwer fallen. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja das ist richtig. Wenn die, die da aus den Wolken gefallen sind schon 1972 auf die Hinweise von Wolfgang Becker und Jürgen Spiker reagiert und vielleicht einmal ihre Dissertationen gelesen hätten. Ich will das mit der Fahrradkette nicht wiederholen. Und, den Namen gefunden? Na, jedenfalls kommst jetzt wieder Du, J.

Hallo Eugen, Du bist aber auch neugierig. Woher ich die beiden Fotos von Wolfgang und Fritz Staudte habe? Die stammen aus dem „Almanach der Filmschaffenden von 1943“. Das habe ich mal in einem Antiquariat gefunden. Hat mich damals 120 Mark gekostet. Und ich hatte lange überlegt, ob ich das Geld ausgeben und das Buch wirklich haben wollte. Auf der ersten Seite ein Bild des Herausgebers und ein Vorwort von ihm. (Die Bilder wurden von den Darstellern selbst zur Verfügung gestellt, steht auf Seite 2). Auf jeder Seite zwei Fotos. Auf Seite 272 die beiden Staudtes. Und nun kommst wieder Du, J.

Hallo Eugen, ja das Foto von Recha und Karl Wolffsohn stammt aus dem Buch von Ulrich Döge. Dort befindet es sich auf Seite 26, wie Du siehst. Die Fotografin oder der Fotograf ist in dem Buch nicht angegeben, oder ich hab es nur nicht gefunden, J.

Hallo Eugen, ja dick ist das Buch auch. Das Buch von der Reichsfilmkammer. Es hat 543 Seiten und einige fehlen auch schon. Herausgegeben vom Reichsfilmintendanten in Max Hesses Verlag Berlin. Druck : Großdruckerei Erich Thieme, Berlin-Niederschöneweide, Haselwerder Straße 27-31. Und jetzt bist wieder Du dran, J.

Hallo Eugen, danke der Nachfrage. Ja, ein Buch über die Aufarbeitung der Tätigkeit des ehemaligen Berlinale Direktors gibt es auch. Zwielicht genannt. Hier ist der Umschlag. Kann man kaufen. Aber da steht auch nur drin, was Du jetzt schon alles weisst. Und nun kommst wieder Du, J.

Dr._Alfred_Bauer
Berlin
Foto Jens Meyer (Man beachte bitte auch, wer diese Tafel finanziert hat)

Brief der Berliner Gaswerke
Brief der Berliner Gaswerke vom 3. September 1944 an den Oberfinanzpräsidenten Berlin Brandenburg (Die Ausplünderungsbehörde der Nazis)
Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Eugen (LXII-62) Renate Holland-Moritz (III)

PDF Briefe an Eugen Holland Moritz Geschmacksgleiche

Renate Holland Moritz

Renate Holland-Moritz. (übrigens kommt die merkwürdige Haltung durch den Umstand hervor, dass Renate Holland Moritz in einem Liegestuhl sitzt, als sie von dem unbekannten Fotografen fotografiert wurde. Das hier abgebildete Foto ist also nur ein Ausschnittt aus einem anderen Foto. So kommt das alles zustande.)

Zeichnung Helga Bachmann

Briefe an Wiebeke (XXVI-26) Über Alfred Bauer, Otto Horst Axtmann, Max Winkler.

Romische Zahlen am BUG

PDF Apropos Axtmann, Bauer und Winkler 6.899.

Hallo Wiebeke,

das Sprichwort sagt: Nur wer den Teppich anhebt, erfährt, was alles darunter gekehrt wurde! Wie hiess noch dieser Kriegsfilm? Der mit Hardy Krüger? Das war noch in der Zeit, als Dein Vater auf der Flucht durch die Elbe geschwommen ist, um die Ostzone zu verlassen.

Nicht, als er der Deckenzwerg beim Schauspielhaus war. Na, der Film hiess: Einer kam durch. Um was es dabei ging, habe ich vergessen. Die Analogie ist mir beim Lesen des Lexikons von Ernst Klee eingefallen. Von den o. g. drei Personen, haben es nur zwei davon in das Buch von Ernst Klee geschafft: In »Das Kulturlexikon zum Dritten Reich—Wer war was vor und nach 1945«. 2007 im S. Fischer Verlag erschienen. Viertausend Personen sind dort versammelt. Alfred Bauer fehlt. Erinnerst Du Dich noch an unseren Vorschlag von vor zwei Jahren, bezüglich der Umbennenung des Alfred Bauer Preises: Silberner Bär? Nein? Dann mußt Du Dich jetzt ein wenig gedulden. Zurück zum Thema:

Auch in der »Fachzeitschrift Filmecho—Filmwoche«, die seit 1945 erst in Hamburg und dann in Wiesbaden erschienen war, (bis 2020) wurde die Vergangenheit des Berlinale Direktors nicht problematisiert. Das ist auch weiter kein Wunder und man versteht es sofort, wenn man sich mit der Biografie des Verlagsgründers und Chefredakteurs der ersten Stunde »Horst Axtmann« beschäftigt. Der steht in dem Buch von Ernst Klee ganz vorne auf Seite 22. Natürlich nur deshalb, weil die Biografien alphabetisch sortiert sind:

Axtmann, Otto Horst. Jugendschriftleiter beim NSDAP-Zentralorgan Völkischer Beobachter München. *27.6.1917 (!). 1937 NSDAP (Nr. 5 917445). 1938 Jugendbuch: Kinder werden Pimpfe. 1939: Marsch des Glaubens. Ein Buch vom Hitlermarsch der HJ. 1939 Wehrmacht. 1941 Lied vom Spaten. Tagebuch eines Arbeitsmannes. 1941: Wir schreiten zum Sieg! Frontgedichte. 1943 Leutnant. Nach 1945 als Horst Otto Axtmann Filmjournalist. Chefredakteur der Fachzeitschriften Filmecho, Filmvorführer, Filmtechnikum. Verlag Horst Axtmann GmbH in Wiesbaden. JournalistenHandbuch 1960: Im Arbeits- und Hauptausschuß der freiwilligen Selbstkontolle der Deutschen Filmwirtschaft (FSK). Q.: Literatur-Kürschner 1943; Stockhorst. Kein Wunder also, das eine Biografie von Alfred Bauer hier in der wöchentlich erscheinenden Fachzeitschrift »Filmecho-Filmwoche« eher unerwünscht ist. Niemand schneidet sich gerne ins eigene Fleisch.

Auf Seite 668 kommt dann (Im Kulturlexikon zum Dritten Reich): Winkler, Max. Reichsbeauftragter für die deutsche Filmwirtschaft (1937). *7.9.1875 Karresch in Westpreußen als Lehrerssohn.. 1913 Postsekretär in Graudenz, 1918 ebenda Bürgermeister. 1920 bis 1933 Reichstreuhänder für die abgetrennten deutschen Gebiete. 1929 alleiniger Gesellschafter der Cautio (*) Treuhand GmbH. Nach eigenen Angaben diente er in der Weimarer Republik 18 Reichskanzlern diskret und loyal bei Finanzaktionen (verdeckter Aufkauf von Zeitungen, Finanzierung von Wahlkämpfen) und ebenso diskret den Nazis. Peter de Mendelssohn (Zeitungsstadt): »Am Tag der Machtergreifung, dem 30. Januar 1933, besaßen die nationalsozialistische Partei und ihr Parteiverlag Franz Eher Nachf. in München knapp 2,5 Prozent aller deutschen Zeitungen. Zehn Jahre später besaßen sie 82,5 Prozent. Dieser in der Weltgeschichte des Zeitungswesens einzigartige Vorgang war weitgehend das Werk Max Winklers.«

Winkler kaufte Juni 1934 zu einem Spottpreis den jüdischen Ullstein Verlag, der in den Eher Verlag überführt wurde (in der Öffentlichkeit nicht bekannt). Goebbels am 9.3. 1937 im Tagebuch: »Winkler ist ein richtiges Geschäftsgenie.« Am 18.3. 1937 Überführung von Hugenbergs Ufa in Staatsbesitz (danach Einverleibung der Tobis-Filmkunst GmbH, der Terra-Film AG und der Bavaria AG). 1937 NSDAP. 1939 Goldenes Parteiabzeichen, zugleich Leiter der Haupttreuhandstelle Ost der Vierteljahresplanbehörde (Göring): Verwaltung geraubten Industrie- und Grundbesitze im Osten. 1945 Internierung. In den 50er Jahren von Bundesregierung mit der Entflechtung des von ihm errichteten Filmkonzerns beauftragt. (Fetthauer). Zeuge Riefenstahls im Streit um die Urheberrechte an ihrem Olympia-Filmen. (Reifenstahl) † 12.10.1961 Düsseldorf.

(*) Der Google Übersetzer macht aus dem Wort Cautio das deutsche Wort Warnung, falls es sich tatsächlich um ein lateinisches Wort handeln sollte, was Max Winkler da gewählt hat. (Anmerkungen von Wolfgang Becker bezüglich Max Winkler): Seite 137, in dem Buch: Film und Herrschaft: „In den folgenden sechs Jahren stellte Winkler nun seine finanzpolitischen Fähigkeiten in den Dienst der nationalsozialistischen Gleichschaltungs- und Konzentrationsmaßnahmen im Pressesektor. Er arbeitete mit Goebbels, Amann und Rienhard, mit Göring und Gritzbach zusammen und überführte Hunderte von Zeitungs- und Buchverlagen in Reichs- und Parteibesitz. Sein Name wurde gleichbedeutend für die mehr oder weniger gewaltsame Zerstörung des Privatbesitzes in der deutschen Presse: Die großen Verlagskomplexe der Ullstein AG, der Mosse Treuhand GmbH und des Scherl Verlages kamen unter seine Kontrolle und nur ein geringer Rest auflagenschwacher Blätter blieben in Privathand. Jüdische, marxistische und sozialdemokratische Zeitungen wurden verboten und enteignet. Zweifellos waren es praktisch Enteignungen, selbst wenn Entschädigung gezahlt wurde. . . . „

Anm. 371 „Der Titel ist Winkler wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Ufa-Aufkauf im März 1937 verliehen worde. Er tauchte zum erstenmal offiziell in einem Aktenvermerk Winklers vom 8. Juni 1937 auf (BA R 2/44790). Ebenfalls im Jahre 1937 trat Winkler der NSDAP bei; zwei Jahre später wurde ihm, nunmehr auch Leiter der HTO, das Goldene Parteiabzeichen verliehen.

Anm. 379 „Winkler besaß ein Rittergut bei Fürstenwalde und ein idyllisches Seegrundstück in Gatow.“ (Vgl. Fritz Schmidt: Presse in Fesseln, a.a.o., S.100)

Bezüglich der Enttarnung von Alfred Bauer muß mal ein Lob auf den »Hobby Filmwissenschaftler Ulrich Hähnel«, die »Journalistin Katja Nicodemus« und »Die Zeit« ausgesprochen werden.

Hier kommt nun der versprochene Originalton von 2020: (nach den Enthüllungen aus dieser Zeit) (Medienberatung schlägt vor): „Zwei Fragen. Die zweite Fage war: Ist der Goldene Bär aus Gold und der Silberner Bär aus Silber? Nein. Natürlich nicht. Nein einen »Silbernen Bären-Alfred Bauer Preis« gab es dieses Jahr nicht. Angesichts der Tatsache, das der »Silberne Bär-Alfred Bauer Preis« dieses Jahr nicht vergeben wird, bleibt nur festzustellen, das Braune Bären in den Wald gehören und nicht in die Öffentlichkeit. Nächstes Jahr will man sich einen neuen Namen für der »Alfred Bauer Preis«, den jetzt keiner mehr haben will, einfallen lassen.“

Unser Vorschlag, den »Alfred Bauer Preis« in »Braunen Bär« umzubennen wurde leider nicht berücksichtigt. Siehste Wiebeke, wir sind eben die Besserwisser, und nun kommst Du, J.

Ps: Konrad Adenauer soll in einem ähnlichen Zusammenhang über die Weiterbeschäftitung des Herrn Globke (der mit Nürnberger Gesetzen) gesagt haben, wenn man kein sauberes Wasser hat, muß man eben schmutziges nehmen (Wasser).

Nach dem Studium der bisherigen Forschungsergebnisse über Alfred Bauers Tätigkeit bei Herrn Goebbels keimt ein schlimmer Verdacht auf: Vielleicht hat er seine Doktorarbeit, nicht wie heute üblich, abgeschrieben, sondern vielleicht gar nicht geschrieben: Sie ist nicht auffindbar! Und nun kommst Du, J.

(Wird fortgesetzt, oder auch nicht, mal sehen, was vom Panel zu berichten ist)

Hoher Besuch
v.l.n.r: Alfred Bauer, Walter Müller-Goerne, Fritz Hippler, Karl Fritzsche, Ewald v. Demandowsky, Werner Klingler (mit Hut), Willy Reiber, Fritz Marischat. 7. August 1942 in Johannisthal (Ufa).. Foto: Deutsche Kinemathek (DK)

Pdf Abschrift Propaganda Minister (Zeichen 3.223)

Pdf Kaiserhof komplett

Apropos Manfred Salzgeber

Manfred Salzberger ist tot

(Abschrift eines Artikels aus der TAZ vom 18. August 1994 von Mariam Niroumand)

PDF Abschrift des Nachrufs Manfred Salzgeber

Welches Lied ich ihm singen würde? Eins ohne Ort jedenfalls, leicht in Amsterdam oder Nyon, im Schiff oder Flugzeug zu pfeifen, ein Lied zum Mitnehmen, das nach Leder schmeckt, nach „bitte noch einen Manhattan, Herr Wirt“ und eins, das auch nach der neuesten Aidstoten-Statistik noch hörbar wäre. Man müßte es auch zu mehreren, aber vor allem während des Tippens, Telefonierens oder Filmeinlegens summen können. Salzgeber, Deutschlands mutigster Filmverleiher, Filmaktivist, Film- Passionario, ist am Freitag morgen in einem Berliner Krankenhaus im Alter von 51 Jahren an Aids gestorben.

Solche wie ihn, ein Zufallskind, mitgeschleppt aus Lodz nach Stuttgart auf der Flucht vor den Russen, nannte man im Schwäbischen „Neigschmeckte“. Der floh ins Kino, als Dreijähriger schon an Omas Hand in „Brüderlein fein“ (so daß man sich nicht wundern muß, wenn er sich in den sechziger Jahren nicht zu schade war, den Studenten nachts um drei den „Förster im Silberwald“ zu zeigen). Lesen, lesen, Milchflaschenpfand in Kinokarten umsetzen, Mutters Deutsch in den Briefen ans Wohnungsamt korrigieren – Salzgeber ist ein Steher gewesen, und es ist mir ein Rätsel, wieso das nie penetrant war; wieso man ohne Umschweife schluckt, daß er das erste Western-Lexikon als 14jähriger mit achthundert Anmerkungen vollgekritzelt hat, weil er die Fehler von Leuten korrigieren mußte, die die Filme im Gegensatz zu ihm eben nicht gesehen hatten.

„Ich hatte im Kino immer einen Blick für die Titten Gary Coopers, Robert Mitchums und anderer Ektoplasmen; als ich das dann mit anderen Kindern durchsprechen wollte, wurde mir schnell klar, daß ich nicht nur ein Neigschmeckter war, sondern auch noch ein Schwuler.“

Ab also nach Berlin: mit einer halben Schauspielschule und der abgeschlossenen Buchhändlerlehre in der Tasche fing er bei Marga Schoeller an, was damals, in den frühen Sechzigern, einer von Berlins mobilsten Buchläden war. Er reiste mit William Burroughs durch die Lande. Von seinem Schreibtisch aus organisierte er die ersten Kopien für das neu gegründete Arsenal, ein kommunales Kino, von einem Kollektiv betrieben. Als mal keine Eintrittskarten mehr da waren, gaben sie hartgekochte Eier an die Gäste aus, die allerdings ordentlich gestempelt und dann im Kino gegessen wurden. Alle machten wirklich alles und Manfred ein bißchen mehr: Putzen, Projektor bedienen, Karten abreißen. Was er mochte: Science-fiction, CinemaScope, Paris, Chaplin: als „Monsieur Verdoux“ am Kudamm floppte, zeigte er ihn im Dahlemer Bali, seinem Kino, unter dem Originaltitel sechs Monate lang, und ging später zu den Chaplins, die ihm die Filme für die erste komplette Chaplin-Retro Deutschlands gaben. Georg Kloster, Berlins Programmkino-Mogul, war noch bei Salzgeber Kartenabreißer gewesen; es hat ihn nicht übel verbittert, wie Leute „ohne Eier“ ihn schließlich finanziell überflügelten.

Lange hat er es mit den „Freunden der Deutschen Kinemathek“ nicht ausgehalten: „Aus dem Kollektiv wurden schnell Herr und Frau Direktor – mit Villa im Grunewald“, hat er später geflucht. Salzgeber wollte eine Reihe zum Thema Palästina veranstalten, mit israelischen und palästinensischen Filmen, und als ihm daraufhin Antisemitismus vorgeworfen wurde, verabschiedete er sich vom Arsenal.

Von seinem Coming-out hat er nie viel Aufhebens gemacht. Eines Tages, in den späten Sechzigern, kam Alf Boldt – ein Mit-Kollektivist und Berliner Underground- Film-Connaisseur, der vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls an Aids starb – mit dreißig roten Rosen in die Buchhandlung gestapft und fragte laut nach Frau Salzgeber. Die Kollegen applaudierten, und das war das.

Kurz darauf ging er mit Rosa von Praunheim und dessen Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ auf Tour durch achtzig große Städte. Es ist der Film mit der längsten Männerkußszene der Filmgeschichte: Viereinhalb Minuten waren es im Original, im Fernsehen dann 45 Sekunden, die Nation war außer sich. Der Küsser: Manfred Salzgeber.

Stammheim hat ihn einstweilen aus Deutschland vertrieben. Manche von den RAF-Aktivisten hatten mit ihm nachts im Bali gesessen und „Viva Maria“ gesehen. Als er einmal mit Dreitagebart aus dem Haus getreten und von jemandem beschimpft worden war: „Dich haben sie wohl zu vergasen vergessen“, zog er nach Amsterdam.

Moritz de Hadeln, der Leiter der Berliner Festspiele, hat ihn dann wiedergeholt. Salzgeber sollte die „Infoschau“ übernehmen, ein damals brachliegendes Parallelprogramm zum „Forum“, das erst durch Salzgeber das Panorama-Profil des ungekämmten Minderheitenkinos bekam: Filme wie „Together Alone“, der wohl schönste Aidsfilm der Welt, oder „Dialogues with Mad Women“, der ermutigendste Film für Paranoikerinnen, kamen unter seiner Regie nach Berlin.

1985, als er längst höchst alarmiert war, stellte er fest, daß kein Verleih sich wagte, „Buddies“, den ersten expliziten Aidsfilm, in die Kinos zu bringen. „Dieser Film kann Leben retten“ – sprachs und gründete prompt seinen eigenen Verleih: die „edition Manfred Salzgeber“, die mittlerweile über den Dächern des gutbürglichen Steglitz thront, mit kleiner Terasse, die Manfred Besuchern als Kirsche auf der Sahnetorte präsentierte. Es ärgerte ihn Tag und Nacht, daß die Aidshilfen lieber schlechte Kopien von Pressebändern dieser Filme zogen, als sie bei ihm zu leihen und damit Filmemacher zu unterstützen. „Die Vorstellung, daß Derek Jarman [inzwischen auch verstorben, d.R.] krank in einer kleinen Bude in London hockt und seine Miete nicht bezahlen kann, während die Aidshilfen für Staatsknete Hochglanz-Broschüren drucken lassen, macht mich wahnsinnig“, hat er mir einmal im Interview gesagt (taz vom 11.3. 1993).

Wahnsinnig gemacht hat ihn auch die deutsche Filmförderung (wen die nicht den Verstand kostet, der hat auch keinen zu verlieren). Lange hat er sich geweigert, Verleihförderung zu beantragen; aber bestimmte Projekte gingen eben nicht ohne. „Inzwischen muß der Kinoverleih, an dem unser Herz hängt, ohnehin durch Videoproduktion, Ankauf von Fernsehplätzen und Lizenzhandel gestützt werden“, sagt Björn Koll, einer der Erben aus Salzgebers schwuler Familie.

Vorsichtig äußern sie Zuversicht; schon seinetwegen wollen sie weitermachen. „Aids“, sagt Kurt Kupferschmid, „hat ihn vor allem geärgert. Wenn sein Körper nicht wollte, daß er ins Babylon fährt und Gus van Sants ,Mala Noche‘ vorstellt, dann hat er ihn eben gezwungen: halbe Flasche Sekt, paar Aspirin, und ab ging’s.“ Daß Leute manchmal so verrückte Sachen machen wie Seeurlaub oder „drei Tage im Grünen“ hatte er zwar mal irgendwo gehört, aber doch nie erlebt. Ist das nie jemandem auf die Nerven gegangen, hat das nicht was Protestantisches? „Nein, hat es nicht“, meint Kurt, „mir ging es mal drei Wochen lang sehr schlecht, da kannten wir uns noch gar nicht richtig, da hat er mich jeden Tag angerufen, auch von unterwegs aus. Wenn es einem schlecht ging oder man wollte ficken gehen, war er völlig einverstanden. Bloß simple Erholung, das ging nicht in seinen Kopf.“

Er selbst war in der Lederszene zu Hause, aber in der ohne Uniformen, und eher parlierenderweise am Thresen als in der Klappe. Welchen Film ich ihm spielen würde? „Together Alone“ ganz sicher, ein Zwiegespräch in Moll und Dur und Angst und Witz, in das Manfred Salzgeber ebenso leicht hineingeglitten wäre wie in einen samtroten Kinositz. Mariam Niroumand

Nächsten Mittwoch um 11.30 Uhr findet im Berliner Filmpalast eine Trauerfeier statt, auf der noch einmal „Blue“ von Derek Jarman gezeigt wird. Statt Blumen wünschte sich Salzgeber einen Beitrag für die Arbeit mit Aidsfilmen. Konto 390 871 7402, H.Herdege – Sonderkonto Salzgeber, Volksbank Göttingen, BLZ 260 900 50. (Vermutlich gibt es dieses Konto nicht mehr)

Der Artikel gefällt mir immer noch und die falsche Überschrift hat vermutlich wer anders geschrieben. Aber mit dieser Überschrift findet vielleicht die nächste Suchgeneration den Nachruf nicht. Manfred hätte bestimmt nichts dagegen gehabt und waere mit dieser Hochladung bestimmt einverstanden gewesen, habe ich mir eingeredet. Nur das Bali Kino ist keineswegs in Dahlem, sondern damals und auch heute noch in Zehlendorf. Am S-Bahnhof Zehlendorf, geführt von einer würdigen Nachfolgerin. Einer Neigschmeckten, die von einem Kino aus Mannheim kam.

Arsenal Kino 1970 Welserstraße

Black Box Kino Monopoly 10. November 1988

pdf Kino Monopoly

UFA Organisation des Verkaufsgeschäftes 27. Juli 1938

Abschrift: LBB vom 27. Juli 1938 Beilage zu NR. 174 (31. Jahrgang)

Die Organisation des Verkaufsgeschäfts der Ufa

LBB_19370727_Nr174_Beilage_Einzelheiten-1

pdfAbschrift-LBB-vom-27-Juli-1938

Die Leitung

Dr. Kalbus und Dir. Zimmermann, geschäftsführende Direktoren der Ufa-Filmverleih G. m. b. H.: Dir. Meydam und Dir. Kuhnert, Vorstandsmitglieder der Universum Film A.-G.

Die Verkaufskräfte

Zentrale

Spielfilm-Vertrieb.

Sachbearbeiter: Dr. Künzig für Zentrale sowie die Geschäftsstellen Berlin, Düsseldorf und Wien, ferner für Zentrale sowie die Geschäftsstellen Hamburg, Frankfurt a. M. und München.

Kulturfilm Vertrieb.-

Leitung: Dr. Künzig; Nichtgewerbliche Spielstellen: Dr. Strohm (Verkauf), Paul Hapke (Verleih-Disposition); Spielzeugfilm: Bernard Brosterhues (Verkauf).

Weitere Büros.-

Kontrollbüro und Statistik: Walter Kühne; Bestellbüro: Frl. Margarete Bartels ; Disposition (Reservematerial): Frau Lotte Haube; Versand Abtlg. Tempelhof: Leitung Gustav Kluche; Hauptbuchhhaltung (Verleih): Kurt Müller; Verleih-Theaterkontrolle: Willy Killian; Technischer Kundendienst: Leo von Weiher.

Geschäftsstelle Berlin

Filialleiter: Hans Kubaschewski; Filialleiter-Assistent: Heinz Steckel. Reisevertreter Berlin: Hermann Hohmann (Berlin Stadt I) Lothar Bruns (Berlin Stadt II); Georg Rückert (Brandenburg und Pommern), Rudolf Jaeger (Ostpreußen); Hans Büttner (Schlesien); Rudolph Ernst (Mitteldeutschland I), Heinz Krüger (Mitteldeutschland II); Paul Bucher (Mitteldeutschland III); Buchhaltungsvorstand: Bruno Sallin- – Disposition: Frl. Edith David (Berlin Stadt I), Günther Kuhlwein (Berlin Stadt II), Fritz Wiedenhöft (Mitteldeutschland II);, Gustav Rücker (Mitteldeutschland I sowie alle Ufa-Theater ausgenommen Berlin Stadt); Fritz Wiedenhöft (Mitteldeutschland II); Joachim Fiedler (Mitteldeutschland III); Walter Sonnenburg (Mitteldeutschland IV); Frl. Else Bartholomäus (Ostpreußen und die östliche Hälfte von Pommern); Frau Frieda Heinrich (Teilbezirk Brandenburg und Teilbezirk der westlichen Hälfte von Pommern); Willy Langkammer (Teilbezirk Brandenburg und Teilbezirk der vwestlichen Hälfte von Pommern); Frl. Barbara Meyer (Schlesien I und nördlicher Teil Schlesiens einschl. Breslau), Bruno Kicherer (Schlesien II. südlicher Teil Schlesiens); Hans Joessel (Wochenschau); Paul Hapke (Nichtgewerbliche Spielstellen). – Lagerverwaltung und Expedition: Gustav Kluche. – Reklameverwaltung: Karl Meier.

Geschäftsstelle Hamburg

Filialleiter: Maximilian Fels; Filialleiter-Assistent: Kurt Kaelber; Reisevertreter: Walter Florian (Zonen I – X); Theodor Lange (Zonen IX und X ); Buchhaltungsvorstand: Karl Löwer.- Disposition: Louis Bodeck (Zonen I—IV); Frl. Gertrud Kempe (Zonen VII bis X links der Elbe), Frl. Marie Rubbert (Zonen VII- X rechts der Elbe und nichtgewerbliche Spielstellen); Gottlieb Bartels (Wochenschau)- Lagerverwaltung und Expedition: Wilhelm Tesmer.- Reklameverwaltung: Bruno Ewert.

Geschäftsstelle Frankfurt a. M.

Filialleiter: Oskar Mertz; Filialleiter-Asssistent: Julius Horch. – Reisevertreter Werner Heimann (Nord), Wilhelm Komm (West), Werner Dalchow (Süd) Peter Emmel (Wochenschauen und nichtgewerbliche Spielstellen); – Buchhaltungsvorstand: Julius Horch. – Disposition: Frau Viktoria Feurer (West( Saar, Pflaz, Rheinhessen, südl. Rheinprovinz, Birkenfeld) und Ufa-Theater). Frl. Fränze Mergler (Nord (Hessen-Nassau, Oberhessen, Unterfranken), Hans Hampel (Süd ( Baden, Hessen-Starkenburg, nordwestl. Württemberg, Peter Emmel (Wochenschauen und nichtgewerbliche Spielstellen)- Lagerverwalter: EgidiusKneis. -Expedient: Hans Haas. Reklameverwaltung: Karl Ruß.

Geschäftsstelle München

Filialleiter: Hanns Loebel; Filialleiter-Asssistent: Lothar Binder; Reisevertreter: Georg Fraundorfer (Zonen I-X). Josel Mühlbauer (Zonen IX und X)- Buchhaltungsvorstand: Lothar Binder.- Disposition Frau Josefine Matiegzeck (Bayern und Württemberg. Buchstabe A-K einschl. München einschließlich nichtgewerbliche Spielstellen). Frl. Hermine Stahl (Bayern und Württemberg. Buchstabe L-Z. ausschl. München einschl. nichtgewerbliche Spielstellen). Lothar Belck (Bayern und Württemberg . Buchstabe G-M der Zone X. Wochenschau und Gaufilmstellen)- Lagerverwaltung und und Expedition Hanns Ohlwerther-. – Reklameverwaltung: Ludwig Mayr.

Geschäftstelle Düsseldorf

Filialleiter: Fritz Mildner; Filialleiter-Asssistent: Frl. Albertine Reinhardt; Reisevertreter: Gerhard Hilsebein (Rheinland Zonen I-VIII); Kurt Hammer (Rheinland Zonen I-X). Fritz Patschke (Rheinland Zonen VIII- X) – Buchhaltungsvorstand : Wilhelm #schewe. – Disposition: Chedisponent Walther Zimmer, Paul Braun (Plätz A-F). Frl. Gertrud Lehnhausen (Plätze G-Qu und Konzerntheater), Erich Meißner (Plätze R-Z, Wochenschau und nichtgerwerliche Spielstellen). Lagerverwaltung und Expedition: Clemens Buse. – Reklameverwaltung: Frl. Maria Krämer.

Geschäftsstelle Wien

Filialleiter (kommissarisch): Hans Martin.- Stellvertreter in Verkaufsangelegenheiten: Franz Brandt.- Stellvertreter in Buchhaltungs-, Verwaltungs- und Personalfragen: Albert Rosvneck. – Reisevertreter : Franz Brandt (Wien Stadt). Karl Mayrhofer (Zonen VIII-X). – Verkaufsassistent: Eugen Lachowicz.- Buchhaltungsvorstand: Albert Rosynck. Disposition: Frau Ottilie Thausing (Wien-Stadt Gaubezirk), Frau Grete Castner (Gaue Oberdonau, Tirol und Salzburg einschl. nichtgewerbliche Spielstellen). Frau Josefine Toifl (Niederdonau einschl. nichtgewerbliche Speilstellen), Frl. Klara Mumb (Wochenschau), Ewugen Lachowicz (Hilfsdisposition). – Lagerverwaltung und Expedition: Rudolf Sarsteiner. – Reklameverwaltung: Leo Breitenlacher.

Ufa Abbruch Hamburg Foto Jens Meyer
Tier
cc

Fotos von Julia Kuttner NZ (I)

CIVIC THEATRE, AUCKLAND,
Foto von Julia Kuttner, 1996, New Zealand, Auckland
Foto von Julia Kuttner NZ 1996. Auckland
CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Foto von Julia Kuttner, Auckland, New Zealand, 1996.
CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Foto von Julia Kuttner, New Zealand, 1996
CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Foto von Julia Kuttner , Auckland, New Zealand. 1996
CIVIC THEATRE, AUCKLAND NZ
Foto von Julia Kuttner, Auckland, New Zealand. Februar 1996
Civic Theatre, Auckland, NZ
Civic Theatre, Foto von Julia Kuttner, Februar 1996
CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Goldeneye, Foto Februar 1996, Jens Meyer, Auckland, New Zealand.

CIVIC THEATRE AUCKLAND (1929)

CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Foto Februar 1996, Jens Meyer
CIVIC THEATRE, AUCKLAND
Goldeneye, Foto Februar 1996, Jens Meyer, Auckland, New Zealand.
CIVIC THEATRE
Foto Februar 1996, Jens Meyer

Das «Civic Theatre» in Auckland, Neuseeland, 267 Queen Street, wurde am 20. Dezember 1929 eröffnet. Es hat heute 2378 Sitzplätze. Die Architekten waren Charles Bohringer und William Leighton. Der Bauherr war Thomas O’Brien. Die Aufnahmen vom Kino entstanden im Februar 1996. Der Film, der derzeit dort gezeigt wurde, war Goldeneye. Mir ist erinnerlich, das auf der großen Bühne des Kinos zwei Gips Raubtiere mit Leuchtaugen lagen, die bei Beginn des Filmes gelöscht wurden. Von Goldeneye ist mir erinnerlich, das einer der Bösewichte von dem deutschen Schauspieler Gottfried John gespielt wurde, der seinen Text in Englisch selber gesprochen haben muß. Das war sehr komisch. Er sprach ein Englisch, was sich so angehört hat, wie das Englisch, das ich manchmal probiert habe. Die Amis fanden das offensichtlich komisch und gut. Es spielte ja auch einen russischen Bösewicht. Im Ohr ist mir besonders das Wort «Mr. Weisspräsident». Geschrieben sah es bestimmt anders aus, vielleicht so: Vice President? Ich habe sehr schöne Fotos von dem Innenräumen des Kinos aus Neuseeland mitgebracht. Die Fotografin Julia Kuttner hat diese Fotografien gemacht. Leider kann ich sie mit den Suchmaschinen nicht finden, um sie zu fragen, ob sie ihre Fotos vielleicht unter cc Lizenz stellt, damit ich ihre Fotos unter cc Lizenz hier veröffentlichen kann. Schließlich ist das jetzt schon alles 25 Jahre her. Vielleicht kennt jemand diese Fotografin und kann ihr mal die Frage stellen, ob sie etwas dagegen hat, wenn die sieben Fotos von ihr hier hochgeladen werden, Jens Meyer

The «Civic theatre» in Auckland, New Zealand, 267 Queen Street, opened on December 20, 1929. Today it has 2378 seats. The architects were Charles Bohringer and William Leighton. The builder was Thomas O’Brien. The footage from the cinema was made in February 1996. The film that was currently being shown there was Goldeneye. I remember that there were two plaster of paris predators with luminous eyes on the big stage of the cinema, which were extinguished at the beginning of the film. I remember from Goldeneye that one of the villains was played by the German actor Gottfried John, who must have spoken his text in English himself. That was very weird. He spoke an English that sounded like the English that I have tried sometimes. The Americans obviously thought that was funny and good. It also played a Russian villain. The word «Mr. White President». It must have been written differently, maybe like this: Vice President? I brought very nice photos of the interior of the cinema from New Zealand. The photographer Julia Kuttner took these photographs. Unfortunately I can’t find her with the search engines to ask her if she might put her photos under cc license so that her photos can be published here under cc license. After all, it was all 25 years ago. Maybe someone knows this photographer and can ask her whether she minds if the seven photos of her are uploaded here, Jens Meyer

O Civic Theatre em Auckland, Nova Zelândia em 267 Queen Street foi inaugurado em 20 de dezembro de 1929. Hoje tem 2378 lugares. Os arquitetos foram Charles Bohringer e William Leighton. O construtor foi Thomas O’Brien. A filmagem do cinema foi feita em fevereiro de 1996. O filme que está passando era Goldeneye. Lembro que no grande palco do cinema havia dois predadores de gesso de olhos brilhantes, que se extinguiram no início do filme. Lembro-me de Goldeneye que um dos vilões foi interpretado pelo ator alemão Gottfried John, que deve ter falado ele mesmo em inglês. Isso foi muito estranho. Ele falava um inglês que parecia o inglês que eu tentei algumas vezes. Os americanos obviamente acharam isso engraçado e bom. Ele também interpretou um vilão russo. A palavra „Sr. Weiss Presidente“. Deve ter sido escrito de forma diferente, talvez assim: Vice-presidente? Trouxe fotos muito legais do interior do cinema da Nova Zelândia. A fotógrafa Julia Kuttner tirou essas fotos. Não consigo encontrá-la usando os motores de busca para perguntar se ela poderia colocar suas fotos sob uma licença CC para que eu possa postar suas fotos aqui sob uma licença CC. Afinal, isso foi há 25 anos. Talvez alguém conheça este fotógrafo e possa perguntar se ela se importa se as sete fotos dela forem carregadas aqui, Jens Meyer

Die Fotos von Julia Kuttner sind beschriftet mit: Julia Kuttner, Takapuna.

Briefe an Wiebeke (XVII-18) CinemaScope

Romische Zahlen am BUG
Römische Zahlen

Briefe an Wiebeke (XVII) Hamburg, d. 18. Februar 2021 CinemaScope – Zur Geschichte der Breitwandfilme. Herausgegeben von Helga Belach und Wolfgang Jacobsen, Verlag Volker Spiess 1993, ISBN 3-89166-646-2.

Hallo Wiebeke,

ja durch die Pandemie kommt man viel zum Lesen. Auch von Büchern, die man früher immer nur als Nachschlagewerke benutzt hat. So habe ich vor kurzem ein Buch über die Geschichte der Filme in der Nazizeit gelesen. Geschrieben von zwei Franzosen. Sehr erfrischend das ganze. Und wie unbefangen sie mit den Quellen umgehen. Wie die beiden fröhlich Adolf Hitler zitieren und aus seinem Kampf immer wieder Zitate und Begründungen für bestimmte deutsche Filme finden. Ein Buch, das ich sonst ebenfalls nie komplett gelesen hätte, ist: CinemaScope – Zur Geschichte der Breitwandfilme.

Cinema Scope
CinemaScope Verlag Volker Spiess

Das Buch ist mehr oder weniger in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil, der sehr informativ ist, werden die Techniken beschrieben, auf welche Weise die Breitbilder hergestellt werden. Der Teil ist von Gert Koshofer und in dem Teil gibt es nichts zu Meckern. So konzentriert und so differenziert habe ich es noch nie beschrieben gefunden. Auch das von ihm erstellte Glossar am Ende des Buches ist rundum gelungen. Es geht von Actionscope bis Wonderama.

Den zweiten Teil kann man Lesen oder es lassen. Interessant die Beiträge von Leuten, die Filme gemacht haben oder daran beteiligt waren. Weniger interessant, die Blähungen, die einige Schreiber und Schreiberinnen hier zu Papier bringen. Kein Verlust beim Auslassen.

Im dritten Teil dann Texte von Leuten, die sie sich mit einzelnen Breitfilmen beschäftigten. Hier gibt es große Qualitätsunterschiede. Auffällig dabei, die Texte von Nurschreibern, die niemals selber Filme gemacht haben, lohnen oft das Lesen nicht. Deshalb ist ein Nachteil dieses Buches, das die Namen der Schreibenden erst am Ende der Artikel erscheinen. Aber mit einiger Übung gelingt es nach einiger Zeit, immer erst den Namen des Schreibenden herauszufinden, um dann mit dem Lesen eines Artikels zu beginnen, oder ihn zu überblättern.

Ich habe zum Beispiel eine Abneigung gegen Texte von Menschen, die Doppelnamen haben, zumeist verheiratete Frauen, die sich nicht recht entscheiden können, ob sie lieber ihren alten oder den neuen Namen ihres neuen Partners übernehmen wollen. Diese Eigenschaft des Nicht-Entscheiden-Könnens führt auch meist in den abgelieferten Texten zu den Sowohlalsauch Texten, die meist sehr langweilig sind.

Und nicht nur das. Komplettiert werden die Texte meist auch noch mit falsch verwendeten Fremdworten. Sie haben oft die Funktion, dass die heisse Luft, die sich Autor und Autorin aus dem Ärmel geschüttelt haben, mit der Aura des Wissens zu umgeben. Wir sollen vor so viel vorgetäuschtem Sachverstand zur Salzsäule erstarren. Und wie so oft, gibt es auch hier Ausnahmen von der Regel: Die Texte von Helma Sanders-Brahms lohnen sich alle. Besonders gelungen finde ich den Text von Neun Leben hat die Katze und den Text von Pierrot le fou die in dem Buch abgedruckt sind. Besser kann man diese Filme und im besonderen diesen Film von Herrn Godard und das dahinter steckende Lebensmodell nicht beschreiben. Die vorhandenen Qualitätsunterschiede merkt der geübte Leser (und ich eben auch) schnell. Ich habe mir deshalb die Namen dieser Autoren und Autorinnen gemerkt. Und das ist ein guter Hinweis. Zwei Texte gelesen und man hat schon herausgefunden, ob es sich wirklich lohnen würde diesen Beitrag zu lesen oder besser nicht. Meine Liste verrate ich hier natürlich nicht. J.

Zeichnung Helga Bachmann

In Erinnerung an Renate Holland Moritz (II) Interview mit Andreas Kurtz

Renate Holland-Moritz (R.H.M.) schreibt seit 50 Jahren in der Satire-Zeitschrift Eulenspiegel ihre Filmkritiken. Sie waren zu DDR-Zeiten Kult: Die Kinoeule. Interview mit Andreas Kurtz (A.K.)

InterviewRHMAndreasKurtz

Zur Person: Renate Holland-Moritz (R.H.M.) wurde in Berlin-Wedding geboren, wuchs aber in Südthüringen auf. Nach nicht abgeschlossenem Oberschulbesuch begann sie als Volontärin und Assistentin bei verschiedenen Berliner Tageszeitungen. Seit 1956 ist sie freiberufliche Mitarbeiterin der Satirezeitschrift „Eulenspiegel“. Seit 1960 veröffentlicht sie dort unter dem Titel „Kino-Eule“ Filmkritiken. Sie hat eine Vielzahl satirischer Erzählungen im „Eulenspiegel“ und in Büchern veröffentlicht, von denen zwei vom DDR-Fernsehen und der Defa auch verfilmt wurden.

(A.K.): Vor fünfzig Jahren erschien im Satiremagazin Eulenspiegel zum ersten Mal die Autorenzeile Renate Holland-Moritz. Wie kam es dazu? (R.H.M.): Die Phase des Ausprobierens hatte ich damals mit einundzwanzig schon hinter mir. Das war wie Heimkehr. Das war genau der Ort, an den ich wollte, ohne begründete Hoffnung, dass die Eulen-Leute auch mich wollten. Ich hätte denen von mir aus nichts angeboten. A.K Wer hat Sie dazu angestiftet? (R.H.M.) Mein väterlicher Freund Rudolf Hirsch, der legendäre Gerichtsreporter der Wochenpost. Der war dabei, als ich am Stammtisch der Gerichtsreporter erzählte, wie ich dauernd mit anderen jungen Mädchen verwechselt wurde und dadurch in die peinlichsten Situationen geriet. „Schreib das auf!“ sagte er, und nachdem er meine allererste Geschichte „Ich habe ein Dutzendgesicht“ gelesen hatte, wollte er, dass ich sie dem Eulenspiegel schicke. Eigentlich habe ich mich immer wie ein Preuße benommen, der Befehle ausführt. Es mussten nur Befehlsgeber sein, die ich mochte und ernst nehmen konnte. (A.K.) Sind Sie es noch? (R.H.M.) Ich werde immer preußischer. Zum Beispiel bei Lieferterminen. Mittlerweile ist für mich pünktlich, wenn ich überpünktlich liefere, ein oder zwei Tage vorher. Es wird schlimmer. Im Alter verschärfen sich eben alle Wesenszüge. Besonders die unangenehmen. (A.K.) Das mit den Gerichtsreportagen war ein Umweg? (R.H.M.) Gewissermaßen. Ich hatte im Schweinsgalopp eine zweijährige Lehrzeit in verschiedenen Ost-Berliner Redaktionen durchlaufen. Das fing bei der Vierteljahreszeitschrift „Sowjetwissenschaft“ an. Also, da war ich so was von falsch! Ich konnte ja noch nicht einmal ordentlich russisch. Dann kam ich in die Monatszeitschrift „Neue Gesellschaft“, danach in die „Friedenspost“ und von dort zur „BZ am Abend“, heute der Berliner Kurier. Aus der „BZ am Abend“ bin ich rausgeschmissen worden. (A.K.) Wie kam es dazu? (R.H.M.) Der stellvertretende Chefredakteur war hinter mir her. Aber der war mir hochgradig unsympathisch. Als er mitkriegte, dass ich einen anderen Kollegen favorisierte, hat er mich fristlos entlassen. Wegen unmoralischen Verhaltens. Eine typische Nummer aus den 1950er- Jahren: Verhältnisse am Arbeitsplatz waren unerwünscht, und das Verdikt traf immer die Frau. (A.K.) Hat Sie das aus der Bahn geworfen? (R.H.M.) Nee. Ich kannte ja genügend Leute in anderen Redaktionen, die alle sagten: Kommste eben zu uns. Sobald sie aber meine Kaderakte gelesen hatten, gab es plötzlich keine Vakanz mehr. Ich war 19 und habe keine Festanstellung mehr gekriegt. Musste also zusehen, wie ich mich freiberuflich durchschlage. (A.K.) So gerieten Sie unter die Gerichtsreporter? (R.H.M.) Genau. Rudolf Hirsch sagte: „Schreib Gerichtsberichte, das kann nämlich jeder. Aber sag’s nicht weiter.“ Später fand er, ich sei bei den Satirikern doch besser aufgehoben. (A.K.) Hat nie wieder eine Festanstellung gelockt? (R.H.M.) Im Eulenspiegel musste ich mal zwei Jahre als Humor-Redakteurin arbeiten, weil mein Freund John Stave gekündigt hatte. Erst wollte ich nicht, weil die ja schon um acht Uhr anfingen. Um die Zeit kann ich noch nicht klar denken. Also bin ich so gegen zehne, elfe eingetrudelt. Nach einem Riesenkrach mit Chefredakteur Peter Nelken kam ich dann pünktlich, hängte allerdings ein „Bitte nicht stören“-Schild an die Türklinke und packte mich erst mal für zwei Stündchen auf die Couch. Da hatte der Chef ein Einsehen und ließ mich zu Hause ausschlafen, zumal ich die gesamte Post in der S-Bahn zwischen Grünau und Friedrichstraße erledigte. Nelken sagte immer: „Ich bezahle meine Leute nicht für ihren Hintern, sondern für geleistete Arbeit.“ (A.K.) Haben Sie eigentlich jemals ihre Kaderakte zu Gesicht bekommen? (R.H.M.) Beim Eulenspiegel hatten wir eine Kader-Instrukteurin, eine ungeheuer nette, junge Frau. Wir haben immer mal in ihrem Zimmer zusammengesessen und Kaffee getrunken. Eines Tages stand der Safe offen, und ich fragte: „Was sind denn da für furchtbar geheime Dinger drin?“ – Darauf sie: „Zum Beispiel die Kaderakten. Willste mal in deine reinschauen?“(A.K.) Sie wollten natürlich? (R.H.M.) Na klar! Und ich fand die Aktennotiz von diesem stellvertretenden Chefredakteur der BZA, in der stand, meine fristlose Entlassung erfolge wegen politischer Unreife und zweifelhafter Moral. Die zweifelhafte Moral hat mich nicht um weitere Festanstellungen gebracht, nur die politische Unreife! Mit solchen denunziatorischen Eintragungen konnte man einem Menschen die Zukunft versauen. Mir ist es allerdings zum Segen ausgeschlagen. (A.K.) Ihre Klatschgeschichten, die 1986 unter dem Titel „Die tote Else – Ein wahrhaftiges Klatschbuch“ erschienen, sind eine geschickt getarnte Autobiografie. Wie kam es dazu? (R.H.M.) 1974 hatte ich eine Einladung von der Reichsbahn in West-Berlin zu einer Lesung. Ich habe mich natürlich wahnsinnig gefreut. Den Pass dafür durfte ich mir im Büro des Schriftstellerverbandes abholen. Ein paar Wochen später kriegte ich wieder eine Einladung zur West-Berliner Reichsbahn. Als ich mir erneut den Pass abholte, kam ich mit der zuständigen Kollegin ins Gespräch. Sie sagte, sie habe den schönsten Posten im ganzen Schriftstellerverband, denn zu ihr kämen nur gut gelaunte Leute. Wegen der bevorstehenden Westreisen. (A.K.) Kamen denn viele? (R.H.M.) Mehr und mehr, behauptete die Verbands-Kollegin. Dann gab sie mir den Tipp mit dem Vierteljahresvisum. Für den Antrag brauchte ich nur eine halbwegs glaubwürdige Recherche-Idee. Nach einem Blick in meine Unterlagen sagte sie: „Mensch, du bist ja in West-Berlin geboren! Für eine Autobiografie musst du an Ort und Stelle nach deinen Wurzeln suchen!“ (A.K.) Damals waren Sie noch nicht einmal 40. Bisschen früh für eine Autobiografie, oder? (R.H.M.) Das war auch mein Einwand. Den ließ sie aber nicht gelten: „Mit dem Suchen kann man gar nicht früh genug anfangen!“ So kam ich zu meinem ersten Vierteljahresvisum. Ab 1975 durfte ich dann auch jedes Jahr zur Berlinale. Klatsch galt in der DDR als besonders unappetitliche Erscheinungsform der bürgerlichen Publizistik. (A.K.) Wieso durften Sie trotzdem ein Klatschbuch schreiben? (R.H.M.) Erzählt habe ich Klatschgeschichten ja schon immer. Und irgendwann sagte Wolfgang Sellin, der damalige Chef vom Eulenspiegel-Buchverlag: „Du solltest das langsam mal aufschreiben! Damit man sagen kann: Steht auf Seite soundso, hast du schon erzählt!“ (A.K.) In diesen Geschichten geht es vordergründig immer um nationale und internationale Prominente. (A.K.) Wie viele Klatschbücher haben sich verkauft? (R.H.M.) In zwei Jahren erschienen drei Auflagen mit jeweils 20 000 Exemplaren. So schnell konnte man gar nicht gucken, wie die weg waren. Aber dann war die DDR weg und vorübergehend auch das Interesse an hausgemachten Büchern. Als es wieder erwachte, druckte der Eulenspiegel Verlag die Fortsetzung „Die tote Else lebt“, wovon es bereits die 4. Auflage gibt. (A.K.) Verkauften sich zu DDR-Zeiten alle Ihre Bücher so schnell? (R.H.M.) Ich hatte da mal ein Schockerlebnis. „Die Eule im Kino“, meine allererste Sammlung von Filmkritiken aus den Jahren 1960 bis 1980, stand drei Wochen in den Regalen der Buchhandlungen. Ich hatte das Gefühl: Nun ist alles vorbei! Eines meiner Bücher oberhalb des Ladentisches heißt: Kein Mensch will mehr etwas von mir wissen! Inzwischen gibt es „Die Eule im Kino“ Band I und Band II (1980-1990) nur noch antiquarisch, während Band III (1991-2005) im Handel ist. (A.K.) Warum durften Sie sich in der DDR mehr als andere Filmkritiker erlauben? Weil Sie bei einem Satireblatt waren? (R.H.M.) Das war nur am Anfang so. Da hat man gesagt, Satire braucht eine etwas längere Leine, sonst funktioniert sie nicht. Dann hatte dieser entsetzliche Joachim Herrmann als SED-Agitationschef den Ehrgeiz, aus Fernsehen und Defa eine Firma zu machen, die er zu leiten gedachte. Das wiederum hat SED-Kulturchef Kurt Hager nicht zugelassen, denn für ihn, den hochgebildeten Zyniker, war Joachim Herrmann ein indiskutabler Emporkömmling. Von da an war es dem Herrmann egal, wie mit der Defa in den Medien umgegangen wurde, folglich waren auch die Kritiken schärfer. (A.K.) Heutzutage gibt es Pressevorführungen, wenn neue Filme herauskommen. Wie war das damals? (R.H.M.) Da gab es die natürlich auch, und nach den Vorführungen der Defa-Filme zusätzlich Pressekonferenzen, bei denen sich die Schöpfer den Fragen und nicht seltenen Zornesausbrüchen der Kritiker stellen mussten. Da wurde wirklich mit harten Bandagen gearbeitet. Am meisten gefürchtet waren übrigens meine Kolleginnen Rosemarie Rehahn von der Wochenpost und Margit Voß vom Berliner Rundfunk. Die eine kämpfte mit dem Florett, die andere mit dem Degen, während ich die Dampframme bevorzugte. (A.K.) Stimmt es, dass ein Regisseur Ihnen mal Prügel angedroht hat? (R.H.M.) Ja, aber den Namen sage ich nicht. Schließlich lebt der Mann noch. Für welche Filmkritik? (R.H.M.) Das weiß ich nicht mehr. Aber seine Filme habe ich alle verrissen. Er konnte also zuschlagen, wann immer er wollte, er hätte immer recht gehabt. Dankenswerterweise verzichtete er darauf. (A.K.) In den 1960ern hat für anderthalb Jahre jemand anderes die Kino-Eule geschrieben. Warum? (R.H.M.) Weil ich einen Riesenknatsch mit der Redaktion hatte und ungeheuer stur war. So entkam ich der auch für Filmkritiker entsetzlichen Zeit des 11. ZK-Plenums, dem fast eine ganze Jahresproduktion der Defa zum Opfer fiel. Und ich hätte ohne diese Pause möglicherweise nie „Das Durchgangszimmer“ geschrieben. (A.K.) Wie fanden Sie den Film „Florentiner 73“, den das DDR-Fernsehen daraus gemacht hat? (R.H.M.) Ganz nett, aber Agnes Kraus war hervorragend. (A.K.) Haben Sie das auch geschrieben? (R.H.M.) Nein, das war ja ein Fernsehfilm. Aber auch über den Kinofilm „Der Mann der nach der Oma kam“ nach meiner Erzählung „Graffunda räumt auf“ habe ich nicht geschrieben. Das hat ein Kollege gemacht, nicht ganz so kritisch, wie ich es getan hätte. Trotzdem war es einer der erfolgreichsten Defa-Filme aller Zeiten. (A.K.) Ist Ihnen oft in Ihre Filmauswahl reingeredet worden? (A.K.) Von der Redaktion nie, weder damals noch heute. Im Jahre 1984 wünschte sich die ZK-Abteilung Agitation und Propaganda Lob für den misslungenen Clara-Zetkin-Film „Wo andere schweigen“ und Tadel für den sehr kritischen Gegenwartsfilm „Erscheinen Pflicht“. In beiden Fällen war ich anderer Meinung, und die durfte ich dann für mich behalten. (A.K.) Einmal haben Sie ein Bestechungsgeschenk angenommen. (R.H.M.) Eine sehr dekorative Eule für Ihre große Eulensammlung. (A.K.) Von Dean Reed, dessen Filme Sie bis dahin immer verrissen hatten. Und als Gegenleistung verlangte er eine positive Kritik für seinen nächsten Film. (R.H.M.) Weil es sich dabei um „Sing, Cowboy, sing“ handelte, konnte ich mich nicht an den Deal halten. Deshalb bat ich Freunde, die im Kulturmagazin des DDR-Fernsehens arbeiteten, mich unter irgendeinem Vorwand zu interviewen, um bei der Gelegenheit auf meine Eulensammlung zu sprechen zu kommen und die Herkunft des Prachtstücks zu erklären. Da habe ich dann eingeräumt, mich als korrupt erwiesen zu haben, aber nicht als korrumpierbar. Selbstverständlich könne Dean sein Eigentum wieder abholen – wenn er das Gesicht verlieren wolle. Dieser Halbsatz hat mir die Eule gerettet. (A.K.) Sie wohnen mit Ihrem Mann, Tausenden von Büchern und ungezählten Eulen aus allen denkbaren Materialien in einer großen Wohnung in der Leipziger Straße. Hatten Sie nie Lust, diese Hochhauswohnung gegen ein Häuschen im Grünen zu tauschen? (R.H.M.) Das lief genau umgekehrt. Wir haben in Bohnsdorf gewohnt, am südlichsten Zipfel Berlins in einem Reihenhaus der über 100 Jahre alten Arbeiterbaugenossenschaft Paradies. Wir hatten so ein Eckgrundstück, mit Garten dran und Garage drauf. Uns hat die Entfernung zur Stadt genervt. Mein Mann fuhr jeden Tag eine halbe Stunde rein und ein halbe Stunde wieder heim. Und ich musste wegen Zeitmangels dauernd Taxis nehmen. Vor dem endgültigen finanziellen Ruin haben wir lieber getauscht. (A.K.) Wann haben Sie sich zuletzt richtig über einen Film geärgert?(R.H.M.) Dauernd. Jedenfalls mehrmals wöchentlich. Zu DDR-Zeiten dachte ich oft, alle Schrecken, die ein Mensch im Kino erleben könnte, hätte ich bereits erlebt. Das war ein Irrtum. (A.K.) Über welchen Film haben Sie sich zuletzt gefreut? (R.H.M.) Über den wunderbaren „Volver“ des Spaniers Pedro Almodóvar. Und über die deutschen Produktionen „Wer früher stirbt, ist länger tot“ und „Die Könige der Nutzholzgewinnung“. Und wer immer noch nicht meine Lieblingsfilme „Alles auf Zucker“ von Dani Levy und „Sommer vorm Balkon“ von Andreas Dresen gesehen hat, der schere sich gefälligst hin. Darum möchte ich höflichst bitten. (A.K.) Was bereuen Sie im Rückblick auf Ihre Arbeit? (R.H.M.) Dass ich einen Rat von Friedrich Luft zu spät erhalten habe. Der sagte, Kritiker dürften mit den zu Kritisierenden nicht auf dem Duzfuß stehen. (A.K.) Hat Sie das schon mal in die Bredouille gebracht? (R.H.M.) Einmal. Es ging um Werner Bergmann, den langjährigen Kameramann von Konrad Wolf. Sein erster eigener, also von ihm auch geschriebener und inszenierter Film hieß „Nachtspiele“. Ich fand ihn misslungen und wollte eigentlich den Mantel des Schweigens darüber breiten. Aber dann hätten die bei der Defa mit Fug und Recht sagen können, mit der Eule muss man sich nur anfreunden, dann hält sie im Zweifelsfall die Klappe. Und deshalb habe ich geschrieben. Unter Qualen. Mit Tränenergüssen. Reichlich zwei Wochen später kam ein Brief von Werner Bergmann. Darin schrieb er, er habe die Zeit gebraucht, um mit dem Schlag in die Magengrube fertig zu werden. Nun aber wolle er sagen, was wäre Freundschaft, wenn sie Wahrheit nicht vertrüge. Das fand ich groß. (A.K.) Haben Sie verstanden, warum Ihre Rubrik im Eulenspiegel nach Jahrzehnten vom sehr markanten „Kino-Eule“ in ein nichts sagendes „Kino“ umbenannt wurde? Nein. (A.K.) Was raten Sie jungen Filmkritikern? (R.H.M.) „Immer deutlich sein. Die Anzahl der Fremdwörter auf ein vertretbares Maß reduzieren. Die Leser, unter denen es ja auch Nichtakademiker geben soll, müssen erkennen können, ob ihnen der Film empfohlen oder ob vor ihm gewarnt wird. Ein Kritiker muss von wiedererkennbarer Gesinnung sein. Früher kriegte ich manchmal Briefe, in denen stand: Wir gehen in jeden Film, den Sie verreißen, und es war noch immer ein gelungener Abend. Auch so entsteht Verlässlichkeit.“ Renate Holland Moritz. Vielleicht sollten wir uns ein paar Scheiben davon abschneiden,. meint Wessi J.

Zeichnung Helga Bachmann