Auf der Suche nach Henschel

Abschrift eines Artikels aus der Hamburger Rundschau vom 5. Dezember 1991 Nr. 50, Seite 13 von Otto Meyer

Auf der Suche nach Henschel

Die verdrängte Geschichte des jüdischen Kinounternehmers Henschel

Mit vielen Hamburger Kinos selbst ging auch deren Geschichte in den Trümmern des zerfallenden Nazi-Deutschlands unter. Eine Ausstellung im 3001 Kino in der Schanzenstraße erinnert nun an den ehemaligen jüdischen Kinobesitzer James Henschel. VON OTTO MEYER

Die Ausstellung zeigt brisante Fotos und Dokumente von 1905 bis 1938. Die Nazis und die von Ihnen begünstigten Kinobesitzer haben einen großen Anteil daran, daß keiner in der Stadt mehr weiß, wo beispielsweise das Lessingtheater stand, wie sein Erbauer 1912 hieß, wer das Waterloo Theater in der Dammtorstraße baute und wo es stand, wem das Passage Theater in der Mönckebergstraße gehörte.

Nur ganz wenige wissen, daß Hamburger Kinogeschichte in dieser Pionierzeit ohne deutsche Juden gar nicht möglich gewesen wäre. Henschel war einer von ihnen und einer der größten Kinobesitzer mit den schönsten und geräumigsten Kinos. Und James Henschel (Jeremias) war einer der ersten, der in Hamburg Kinos gemacht hat. Keine Kneipen, wie die von Eberhard Knopf, in denen gelegentlich die Leinwand runtergelassen wurde, um die Trinker ein wenig abzulenken.

„Feste“ Häuser, die ausschließlich der Vorführung von „lebenden Photographien“ dienten. Das „Helios Theater“ wurde im Dezember 1905 in Altona/Große Bergstraße Nr. 11-15 eröffnet. Ein Jahr später das „Belle Alliance“. Schulterblatt 115, mit 1.400 Sitzplätzen.

(Anmerkung 2022): Das wußte ich damals noch nicht. Es wurde nicht ein Jahr später, sondern bereits einen Monat später im Januar 1906 eröffnet.).

(2. Anmerkung von 2022): Ulrich Mott hat noch mehr neue Informationen: Das Belle Alliance Kino wurde am 28. April 1906 eröffnet. Im Staatsarchiv hat er diese Information gefunden: „Herr Henschel, Gr. Bergstr. 11 wohnhaft, zeigt dem Polizei-Amt an, daß er vom 28.4.06 ab in den Nachmittags- u. Abendstunden in dem Lokal Belle-Alliance, in welchem die erforderlichen Einrichtungen bereits getroffen sind, lebende Photographien vorzuführen beabsichtige.“ (Staatsarchiv 423-31_37 (Akten der Feuerwehr Altona).

Das führt zu folgenden Überlegungen: Da Henschels Pachtvertrag am 1. Januar 1906 begann, wurde der Ballsaal in den folgenden Monaten in einen Kinosaal umgebaut, bis das Kino am 28. April 1906 eröffnet werden konnte.Es wurde von 15.00 Uhr bis 1.00 nachts gespielt. Oft waren mehr als achttausend Besucher pro Tag im Kino. Der schlechteste Tag war der 3. Juli 1906: Die gesamte Tageskasse des Belle Alliance betrug 56 Mark – alle anderen Zuschauer hatten sich lieber den Brand der Michaeliskirche angesehen.

Henschel baute in Wandsbek das erste Filmtheater Welt, das ausschließlich für Kinozweecke bestimmt war. Für 550.000,00 Mark wurde in der Wandsbeker Chaussee das „Palast Theater“ errichtet.

(Anmerkung 2022): Auch das wußte ich damals nicht. Es wurde gar nicht in Wandsbek, sondern in der Hamburger Straße in Hamburg gebaut. Der Fehler geht auf einen Artikel von Hermann Lobbes in einer Ausgabe der Lichtbildbühne (LBB) von 1930 zurück. Da hat dann immer einer vom anderen abgeschrieben. Ich auch.

Einer der gewaltigsten Saalbauten jener Zeit mit einer Gesamttiefe von 86 Metern und einem lichten Durchmesser von 70 Metern. 1916 kaufte James Henschel das Passage Theater in der Mönckebergstraße und das Lessingtheater am Gänsemarkt 46/48. Eigentlich hätten es „Grammophonautomaten-Salons“ werden sollen. Aber bei einem Besuch von James und Friderike Henschel in Paris schlug Friderike vor, doch „Ciné“ zu machen. Die lange Schlange vor einem solchen hatte beide überzeugt.

Die UFA wurde 1918 gegründet.

(Anmerkung 2022): Auch diese Angabe stimmt nicht. Die UFA wurde 1917 auf Veranlassung der Reichsregierung gegründet, die 8 Millionen als Startkapital bereit stellte. Dr. Klaus Kreimeier weist in seinem Buch: »Die UFA Story« auf Seite 462 auf einen geheimem Kontrollvertrag hin: “Den Einfluß des Reiches sicherte ein geheimer Kontrollvertrag, der in einem Schreiben des Kriegsministeriums an den Reichskanzler vom 18.4.1918 erläutert wird. Darin werden die Aktionäre Frenkel und Wassermann ausdrücklich als »Strohmänner« aufgeführt, hinter deren Zeichnungen das Reichskapital von 7 Millionen Mark »verborgen« sei. Laut Kontrollvertrag hätten sich die Gründer verpflichtet, »gegen alle Maßnahmen zu stimmen, die den Regierungsvertretern, die zu Sitzungen eingeladen werden müssen, nicht recht sind«. Das hat 1987 Wolfgang Mühl-Benninghaus herausgefunden. (Dissertation 1987 Humboldt Universität Berlin (Ost)).

Es war Ludendoff, der 1917 die Gründung einer großen deutschen Filmgesellschaft gefordert hatte. Viele Generäle waren der Meinung, sie hätten den Ersten Weltkrieg mit einer besseren Propaganda gewinnen können. Die Ufa sollte alles machen: Filme produzieren, Kinos betreiben, Kinoausstattung verkaufen. In Hamburg trat sie an James Henschel heran: „Entweder Sie verkaufen uns ihre Kinos, oder wir bauen selber Kinos und machen Ihnen Konkurrenz“, berichtete der Enkel Rolf Arno Streit. Henschel verpachtete.

(Anmerkung 2022): Auch das wußte ich nicht besser. Es war alles viel komplizierter.

Die James Henschel GmbH wurde am 29.11.1919 eine Tochtergesellschaft der UFA. Fünf Theater: Das „Palast Theater“ und das „Zentral Theater“, das „Lessing Theater“, die „Harvestehuder Lichtspiele“, das „Passage Theater“ und das „Zentral Theater“ gingen an die UFA. Die Grundstücke Gänsemarkt 46/48, Hamburger Straße 5/7 und Wandsbeker Chaussee 162 waren noch bis 1938 im Eigentum der James Henschel GmbH und sind vermutlich bis heute im Eigentum der Erben von James Henschel.

(Anmerkung 2022): Auch das wußte ich 1991 nicht besser. Ursache ist vor allem der angebliche Datenschutz, der seit 1972 die Einsicht in die deutschen Grundbücher verhindert.

Auch wenn die Gestapo in Zusammenarbeit mit dem Oberfinanzpräsidenten Hamburgs das „inländische Vermögen“ von James Henschel enteignet hat. Beispielhaft ist auch die Geschiche der legendären „Schauburg Kinos“. Die Schwiegersöhne von James Henschel, Hermann Urich Sass und Hugo Streit, die bereits seit 1914 gemeinsam die Geschäfte der Firma Henschel führten, wurden per Vertrag mit der UFA als Geneneraldirektoren übernommen. Auch wenn die Gestapo in Zusammenarbeit mit dem Oberfinanzpräsidenten Hamburgs das „inländische Vermögen“ von James Henschel enteignet hat. Beispielhaft ist auch die Geschiche der legendären „Schauburg Kinos“. Die Schwiegersöhne von James Henschel, Hermann Urich Sass und Hugo Streit, die bereits seit 1914 gemeinsam die Geschäfte der Firma Henschel führten, wurden per Vertrag mit der UFA als Geneneraldirektoren übernommen.

(Anmerkung 2022): Auch das wußte ich 1991 nicht besser. Nicht nur Hermann Urich Sass und Hugo Streit wurden übernommen, sondern auch das gesamte Personal der Firma Henschel. Dafür hatte sich James Henschel stark gemacht, dass alle Mitarbeiter von den Neugründung, der „J.Henschel GmbH“ übernommen wurden.

1925 schieden sie aus dieser Tätigkeit aus und gründeten den „Henschel Film- & Theaterkonzern“. Innerhalb von vier Jahren (1926-1930) wurden acht neue Kinos gebaut (Schauburg Millerntor, Schauburg Barmbek, Schauburg Hammerbrock, Schauburg St. Georg, Schauburg Nord, Schauburg Wandsbek, Schauburg Hamm, Apollo Theater). Vier weitere Kinos: Schauburg Hauptbahnhof (später Barke), Schauburg Uhlenhorst, Burg Theater, Schauburg Altona (früher Helios Theater) wurden übernommen . Am 27. Januar 1933 starb der Henschel Schwiegersohn Hermann Urich Sass.

(Anmerkung2022): Das wußte ich schon besser. Hatte allerdings dem Sohn Horst Urich Sass versprochen, das ich den Selbstmord seines Vaters erst nach seinem und dem Tod seiner Fraui Ciedra Urich Sass bekannt machen würde. An dieses Versprechen habe ich mich gehalten.

1936 flüchteten seine Söhne Horst Urich Sass, Rolf Arno Streit und Carl Heinz Streit nach Südamerika. James Henschel flüchtete im August 1938 zusammen mit Ehefrau Friderike nach Holland und starb dort ein Jahr später. Friederike Henschel flüchtete in die USA und ging nach New York. Die Henschels wurden der Staatsangörigkeit für „verlustig“ erklärt und das „inländische Vermögen“ nach dem Tode James Henschels 1938 beschlagnahmt. Die neuen „Besitzer“ der Schauburgen waren die ehemaligen Angestellten von James Henschel: Paul Romahn und Gustav Schümann, beides NSDAP-Mitglieder.

(Anmerkung 2022): Sie waren nicht nur NSDAP Mitglieder, sondern auch „Mitglieder“ der SA. Das wußte ich 1991 noch nicht.

Im Sommer 1943 hatten sich Hitlers Kino Geschenke auch für die Beschenkten erledigt. Von 12 ehemaligen Schauburgen entkam nur eines dem Bombenhagel der Alliierten. Den Schlager „Kinder laßt die Frau durch, sie will noch in die Schauburg . . . „ gibt es nur noch auf alten Schellackplatten. Die Geschichtswerkstatt in Barmbek hat sie wiedergefunden. Der Fotograf Reinhold Sögtrop, der die Henschelausstellung mit organisiert hat, hofft mit dieser Ausstellung auch noch weiter Zeitzeugen zu finden, die vielleicht noch Bilder aus der Frühzeit der Schauburgen und der Henschel Kinos haben.

Otto Meyer*

(*Manchmal muß man auch die anderen Vornamen benutzen, die einem die Eltern gegeben haben, weil man sonst keine Gelder von der Filmförderung bekommt).

PDF Stopersteine auf der Reeperbahn

PDF Auf der Suche nach Henschel Seite 2

Hugo und Sophie Streit mit der Schauburg Zeitung. Lil Dagover und Emil Jannings werden angekündigt.

PDF Eröffnung BELLE DTPortu

StaatsarchivRomahn&Schümann

Auf der Suche nach dem Henschel Konzern – die Spur führt nach Übersee

pdfBriefvonHorstUrichsass

Horst Urich Sass (geb. 1. Februar 1914 in Hamburg). Ihm gelang am 25. März 1936 die Flucht aus Deutschland. Horst Urich Sass ist am 19. April 2000 in den USA gestorben. Er wurde 86 Jahre alt.

Horst Urich Sass war der Sohn des Hamburger Kinobesitzers Hermann Urich Sass. (geb. 18. Juni  1887 in Hamburg, gest. am 27. Januar 1933 in Hamburg).

Der >Henschel Film- & Theaterkonzern (OHG)< betrieb seit 1921 in  Hamburg die >Schauburg Kinos<. 1933 waren das zwölf grosse Kinos.

Carl Heinz Streit 1990 in Belo Horizonte
Carl Heinz Streit 1990 Belo Horizonte
Rolf Arno Streit
Rolf Arno Streit 1990 Belo Horizonte

Fotos Dietmar Bruns und Jens Meyer. Rolf Arno und Carl Heinz Streit waren die Söhne des Hamburger Kinobesitzers Hugo Streit. Hugo Streit betrieb in Hamburg, zusammen mit seinem Teilhaber Hermann Urich Sass, den Henschel- Film & Theaterkonzern. 1933 betrieb die Firma in Hamburg zwölf Kinos, von denen im 2. Weltkrieg elf bombardiert wurden.

Stolpersteine für den Kinounternehmer Hermann Urich Sass

PDF Entwurf fuer eine Rede Stolperstein Urich Sass

Friderike, Bianca und Jeremias Henschel am 18. Oktober 1930 in Baden Baden

Friderike, Jeremias und Bianca Henschel 18. Oktober 1930 Horst Urich Sass (der Enkel)
Friderike, Jeremias und Bianca Henschel am 18. Oktober 1930 vor dem Hotel Europäischer Hof in Baden Baden in Deutschland.

Architekt Semmy Engel

Talmud Tora Abschlussklasse von 1879. Der Photograph ist Elias Wohlgemuth (Foto von 1879). Sein Atelier befand sich in der 2. Jacobstrasse Nr. 11 in Hamburg, im IV. Stock. Leider ist keine Namensliste dieser 22 Schüler auffindbar. Es gibt die Vermutung, dass sich unter den abgebildeten Personen befinden: Der spätere Architekt Semmy Engel und der spätere Kinopionier Jeremias Henschel, die vermutlich beide 1870 in die Talmud Tora Schule Kohlhöfen 19/20 eingeschult wurden.

Norbert Kobler (USA) Sohn des Schauspielers Julius Kobler

Norbert Kobler bei einem Interview in LA
Norbert Kobler bei einem Interview in LA

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Fotos Dietmar Bruns + Jens Meyer

Interview Jens Meyer

Am 21. Juli 1990 in LA. USA

aus: Rita Bake–„NS-belastete Straßennamen in Hamburg“

Prof. Dr. med. Konjetzny war sowohl NSDAP Mitglied als auch zahlreicher weiterer NS-Organisationen gewesen. 15 Kilometer von dieser Straße entfernt heißt seit 1988 im Stadtteil Langenhorn eine Straße nach Julius Kobler (1866-1942), einem NS-Opfer, der als bekannter Schauspieler im Thalia-Theater und im Deutschen Schauspielhaus auf der Bühne gestanden hatte und 1934 aus so genannten rassischen Gründen entlassen worden war.

Im Juni 1942 wurde er mit starken Beschwerden [Magenkrebs] zunächst ins Universitätskrankenhaus Eppendorf eingeliefert, wo man ihm jedoch schon nach wenigen Tagen mit der Begründung entließ, dass Juden dort nicht mehr operiert werden dürften, da ein Erlass von 1936 vorschrieb, dass jüdische Patienten nur noch in‚ extremen Notfällen‘ zu behandeln seien.“ 5

In dieser Zeit war Georg Ernst Konjetzny Leiter der chirurgischen Klinik des Universitätskrankenhauses Krankenhauses Eppendorf. Er war seit 1933 in der SA, seit 1936 im NS-Dozentenbund und 1937 in die NSDAP eingetreten. Seit 1939 war er Mitglied des NS-Ärztebundes. 6

Zwar fand Julius Kobler Aufnahme im sehr schlecht ausgestatteten Israelitischen Krankenhaus, aber die ein oder zwei Wochen später aus geführte Operation „hat ihm nicht mehr das Leben retten können; er verstarb dort am 22. Juni 1942. Wenn auch drei ärztliche Gutachten in den 1950er-Jahren einen im medizinischen Sinne unmittelbaren kausalen Zusammenhang zwischen der Verweigerung der Operation im Universitätskrankenhaus und dem Tod Julius Koblers verneinten, war er unzweifelhaft Opfer rassistischer Diskriminierung und Verfolgung durch das NS-Regime.“            Rita Bake Julius Kobler

Arisierungen von Kinos in Hamburge

Magisterarbeit von Jan Pätjer Johannsen

PDF Magisterarbeit von Jan Päjer Johannsen

PDF Die Fehler der Magisterarbeit

Seite 3, Zeile 4: Die Tafel hängt dort seit 1. Mai 1991. Die Ausstellung fand erst 1992 statt.

Seite 6, Zeile 3: nicht 1992 sondern 1994. Reinhold Sögtrop hatte mit den Interviews nichts zu tun.

Seite 6, Zeile 5: Die Einschätzung, die Jan Johannsen liefert ist falsch.

Seite 4, Zeile 4: von unten. Geschichtsstudenten müssen vermutlich den feststehenden Begriff für ihre Magisterarbeit wählen. Aber nach den Fakten, die wir in den Akten fotografiert haben, hatte das nichts mit „Wiedergutmachung“ zu tun. Es ist geradezu eine Verhöhnung der Opfer. Insofern gehört dieser Begriff genauso in Anführungszeichen wie „Sonderbehandlung“ und „Arisierung“.

Seite 11, Zeile 15: Die Formulierung falsch „überschrieb seine Hälfte im März 1918″ richtig muss es heißen „bei Gründung der GmbH“. Ebenfalls falsch: „und investierte seinen Gewinn“ richtig: „einen Teil seiner Erlöse“.

Seite 12, Anmerkung 38: Historiker sind sich einig: Das statistische Jahrbuch von 1934 ist keine seriöse Quelle mehr und sollte deshalb auch nicht verwendet werden. (auch Anmerkung 39/40)

Seite 16, Zeile 7: Inzwischen wissen wir und können es auch schreiben. Es war keine Machtübernahme sondern eine Machtübergabe.

Seite 24, vorletzte Zeile: “Könnte“ ist falsch. Es handelt sich um die Capitol Lichtspiele in Kiel am Dreieckplatz.

Seite 26, Dritte Zeile von oben: . . . da gehört dringend der Satz dran:“ . . . ohne jemals vor Gericht zu stehen.“

Seite 47, Zeile 7 : Hermann Urich-Sass nahm sich am 27. Januar 1933 das Leben. (Nicht am 30. Januar). Am 30. Januar 1933 wurde er beerdigt. Und Hitler wurde zum Reichskanzler ernannt. (Wäre das nicht passiert, dann hätte ich nie herausgefunden, dass es sich um jüdische Kinobesitzer handelt, die enteignet wurden.).

Seite 47, Zeile 12: Es sind hier beide Begriffe: verkauft und ausgewandert falsch. Die Verkäufer haben kein Geld bekommen und mussten aus Deutschland fliehen. Zeile 13: Es waren nicht sieben, sondern elf (11) Schauburgen zerstört. Es war nur noch ein Kino übrig von den Kinos, die Hermann Urich-Sass und Hugo Streit 1933 betrieben hatten. Auch der folgende Satz ist falsch, weil die „ehemaligen Inhaber“ tot waren. Lediglich die Henschel Tochter Bianca Kahn geb. Henschel erstritt vor der „Wiedergutmachungskammer des Landgerichts Hamburg“ die Rückgabe einiger enteigneter Grundstücke (mit zerstörten Häusern). Eine „Wiedergutmachung für erfahrenes Leid“ haben sie nicht erfahren. Ich weiß gar nicht wo Jan Johannsen diesen Satz her hat.

Seite 53, Zeile 9: Hier wird ein falscher Zusammenhang konstruiert. Die James Henschel GmbH hatte mit den Henschels oder den Schauburgen nichts mehr zu tun (Seit Gründung der GmbH). Zeile 18: Hier hat Jan Johannsen ganz daneben gehauen. Er hat Rolf Arno Streit nicht kennengelernt und kann somit die Glaubwürdigkeit des Zeugen schlecht anzweifeln. Für mich war Rolf Arno Streit der erste Mensch, der nicht gelogen hat, wie die anderen alle.

Seite 54, Zeile 6: Hier werden Täter und Opfer gegenübergestellt, was vielleicht Geschichtsstudenten machen müssen, wenn sie gute Noten haben wollen. Hans Struckmeyer war ein ganz übler Nazi und es ist kein Wunder, dass er andere Erinnerungen als die Opfer hat. Auch der SA Mann Paul Romahn hat andere Erinnerungen.

Seite 55, Zeile 21-26 Was Jan Johannsen hier geritten hat, weiß ich nicht. Aus den Unterlagen geht zwar hervor, daß Geld geflossen ist, allerdings nicht an diejenigen, denen es zugestanden hätte. Die Sätze sind zu streichen.

Seite 57, Was Jan Johannsen da geritten hat, weiß ich auch nicht. Ab . . . „Er musste auf Druck der . . . dass sie anständig gewesen (S. 58 erster Absatz) ist komplett zu streichen. Da sind verschiedene Falschinformationen verarbeitet. Zum Verständnis ist wichtig: Paul Romahn und Gustav Schümann waren beide selbst in hoher Position in der Reichsfilmkammer, deren Mitglieder sie waren. Das Zitat aus meinem Interview ist aus dem Zusammenhang gerissen und soll bei Jan Johannsen belegen, daß es sich um gute Menschen handelte. Das hatte Rolf Arno Streit nicht gemeint. Er hat nur gemeint, daß diese beiden Täter niemanden selbst totgeschlagen haben, wie es die anderen SA Männer gemacht haben. Zeile 15: Jan Johannsen hat die SA Mitgliedschaft „vergessen“. (Aber vielleicht wusste er damals auch noch nicht, weil wir ziemlich üble Unterlagen erst bei den Grundstückspapieren Zirkusweg gefunden haben)

Seite 77, Zeile 12: ist komplett zu streichen. Die Aussagen von Klara Esslen und Heinz B. Heisig nach dem Kriege sind unglaubwürdig. Täter und Opfer sind eben nicht gleich.

Seite 91, letzte Zeile: Der Begriff „verkauft“ hat hier nichts zu suchen.

Seite 92, Zeile 12: Hier irrt Jan Johannsen. Wenn von einem 5 geschossigen Haus nur noch zwei da sind, dann hat das Haus den Krieg nicht „vergleichsweise gut überstanden“. (Oder man müsste schreiben, was der Vergleich ist)

Seite 106, Die Gesprächsprotokolle der Videointerviews sind sämtlich von mir. „Im Besitz des Verfassers“ hört sich etwas merkwürdig an, wo uns doch Jan an anderer Stelle den Unterschied von Besitz und Betrieb erklärt hatte.

3. Mai 2017 Jens Meyer (Korrekturen 24. September 2021)

Henschel / Urich Sass / Streit Bericht von Simone Heller + Martin Klingner

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Foto: Henning Scholz 2010

Jüdischer Friedhof in Hamburg Ohlsdorf

Bericht von Simone Heller Rechtsanwältin und Martin Klingner Rechtsanwalt, Hamburg Bericht über das Ergebnis unserer Recherchen

PDF Bericht Simone Heller Rea + Martin Klingner

I. Auftrag

Bei unseren Recherchen hatten wir uns auf zwei Fragen konzentriert, nämlich 1. ob noch Ansprüche auf Entschädigung für die „Arisierung“, d.h. den Zwangsverkauf des Unternehmens „Henschel Film & Theater-Konzern“ unter Wert bestehen könnten und 2. ob noch Ansprüche auf Entschädigung für Grundstücke der Familien Urich-Sass und Henschel, die diese vor ihrer Flucht aus Deutschland in den Jahren  . . .  besaßen bestehen könnten. „Henschel / Urich Sass / Streit Bericht von Simone Heller + Martin Klingner“ weiterlesen

Interview mit Horst Urich Sass am 20. Juli 1990 in Los Angeles

pdfurichsassinterviewTieresehendichan3BeverlyHillsAlpindeDrivekleinHorstUrichSass19903HorstUrichSass2Interview mit Horst Urich Sass, in Beverly Hills, Californien, USA Sohn des Hamburger Kinobesitzers Hermann Urich Sass.

(Henschel Film – & Theater Konzern Hamburg)

Protokoll des Gesprächs vom 20. Juli 1990

Frage: Wann genau sind sie genau geboren?

Horst Urich Sass: Am 1. Februar 1914. Also ich bin noch Friedensware. „Interview mit Horst Urich Sass am 20. Juli 1990 in Los Angeles“ weiterlesen

Tim Schümann Hamburg (Der Sohn)

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Zeichnung Helga Bachmann
Gustav Schümann und Sohn Tim Schümann
v. l. n. r. Tim Schümann mit seinem Vater Gustav Schümann . (Foto ca. 1949)

Ein Interview, das eigentlich nicht stattgefunden hat. Der Ton wurde  zufällig aufgenommen. Vor einigen Jahren verstarb Tim Schümann. Deshalb kommt hier jetzt die Veröffentlichung des nicht gemachten Interviews. Und wäre nicht zufällig die Kamera mitgelaufen, mit denen wir das Fotoalbum von Tim Schümann abgefilmt haben, dann gäbe es diese Originaltöne (hier protokolliert) nicht. Ich nenne das Interview: Lügen aus Hamburg.

StaatsarchivRomahn&Schümann

PDF InterviewTimSchümann „Tim Schümann Hamburg (Der Sohn)“ weiterlesen

Die Geschichte von Frida und James Henschel, erzählt von den Enkelkindern – Ein Entwurf zu einem Buch

PDF (Zeichen 11.759) Schlund der Geschichte Henschel Kinos

Hugo Streit und Hermann Urich Sass
Von links nach rechtts Hugo Streit und Hermann Urich Sass

(Text: Zeichen 11.657)
In einem Schlund ist die Geschichte der jüdischen Kinobesitzer in Hamburg verschwunden.
Erst den Nachgeborenen ist aufgefallen, dass große Teile der Kinogeschichte fehlen. Und das dieses Fehlen Gründe hat. Der »Henschel Film – & Theaterkonzern OHG«. Eine Geschichte, die im Dezember 1895 in Paris beginnt und erst mit ihrer vollständigen Aufklärung endet. Pioniere eines neuen Gewerbes. Sie haben uns angelogen, als sie behaupteten, sie hätten gekauft oder geerbt. So war es nicht. Sie haben nicht gekauft und auch nicht geerbt. Sie haben gestohlen. Sie haben geraubt. Sie haben die jüdischen Kinobesitzer bestohlen. Und viele haben ihnen dabei geholfen. Vier Fotos, die uns Rolf Arno Streit aus Belo Horizonte, Brasilien zur Verfügung gestellt hat. (Fotos aus Hamburg von links oben nach rechts unten: Hamburger Hauptbahnhof (vom Glockengiesserwall mit Strassenbahnschienen, Gänsemarkt mit Lessingtheater und Hamburger Anzeiger,  Alster in Richtung Hotel Vier Jahreszeiten mit Alsterpavillion, Karl Muck Platz in Richtung Innenstadt, rechts das Hochhaus des DHV (Deutschnationaler Handlungsgehilfen Verband). In der Mitte die Kaiser Wilhelm Straße (heißt heute noch so). Der Karl Muck Platz wurde vor einigen Jahren umbenannt in Johannes Brahms Platz. Das Gebäude des DHV wurde auch umbenannt in Johannes Brahms Kontor. Vermutlich dachte man bei der Umbenennung daran, so kriegt man die braune Farbe runter, die vom DHV (Deutschnationaler Handlungsgehilfen Verband). Die Geschichte der jüdischen Kinobesitzer  beginnt im Jahre 1895 in Paris und endet in Brasilien, Mexiko, USA und Australien. Überall dort, wohin die geflohen sind, denen man in Deutschland alles weg genommen hat und die auch noch nach dem Krieg ihre Stimme erheben konnten, weil sie den Mördern in Deutschland entkommen waren. Eine erste Spur fand ich auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg Ohlsdorf. Den Grabstein von Hermann Urich Sass. Meine Suche beginnt – eher zufällig – 1970 in Berlin. Während meines Studiums an der Deutschen Film- und Fernsehakademie (dffb): Ich interessiere mich auch für die Geschichte der Kinos. Hier gibt es die Tageszeitungen des deutschen Films: die „Licht Bild Bühne“ (LBB) und den „Kinematograph“. In Hamburg sind diese Zeitungen zu der
Zeit nicht vorhanden, bzw. nicht zugänglich. Wer einmal längere Zeit vor einem solchen Mikrofilm Lesegerät gesessen hat, kennt die Langweiligkeit dieser Arbeit. Diese vielen Nachrichten, die man alle nicht braucht. Ich hatte natürlich Vermutungen. Aber eigentlich, weiss ich nicht, was ich suche. Die
Licht Bild Bühne erscheint täglich, sechs mal in der Woche. Sie  hat viele Seiten. Gezählt habe ich nicht. Aber dann hilft mir der Zufall. Der Zufall heisst Paul von Hindenburg. Jener Mann, der Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt hatte. Sehr schlecht für die deutsche Geschichte. Aber gut für mich. Ohne diesen Zufall hätte ich die Meldung vom Tode des Kinounternehmers Hermann  Urich Sass niemals gefunden. Sie ist in der gleichen Ausgabe, in der auch von der Machtübertragung an Adolf Hitler berichtet wird.  Ein paar Jahre später bekomme ich darüber Kenntnis, das beide Meldungen in einem Zusammenhang stehen. Am Sonnabend, den 28. Januar erscheint 1933 eine 13 Zeilen Meldung, die mit folgenden Worten endet: . . . dass
“ . . . Herr Urich Sass, eine leitende Persönlichkeit im Henschel Konzern in Hamburg, am 27. Januar im Alter von 45 Jahren, einem Herzversagen erlegen“ sei. Wäre er an einem anderen Datum verstorben, hätte ich die Suche nach dem Henschel Film- und Theaterkonzern vermutlich abgebrochen. Die Beerdigung soll am Montag, d. 30. Januar 1933 auf dem Jüdischen Friedhof in Hamburg Ohlsdorf um 3 Uhr stattfinden.
Die Geschichte der Kinobesitzerfamilie Henschel beginnt mit Frida und Jeremias Henschel und ihrer Reise nach Paris. Ursprünglich war Jeremias in die Fussstapfen seines Vaters getreten und hatte sich im Verkauf von Stoffen und Herrengarderobe versucht. Erfolglos.

Mit dem selbstgewählten Vornamen James beginnt eine neue Episode im Leben der Familie Henschel. Eigentlich sollte es ein Laden mit Schallplatten werden. Aber dann entdeckte Frida eine lange Schlange. Dort wurden zum ersten Mal diese beweglichen Bilder gezeigt, die sie damals »Lebende Photographien« nannten. Frida erkannte als erste die ungeheuren Möglichkeiten, die ein solches Geschäft in Hamburg haben würde. (Das Foto entstand am 18. Oktober 1930 vor dem Hotel Europäischer Hof in Baden-Baden (Deutschland). (v. l.  Frida (Frederica) Henschel (geb. Blumenthal), Jeremias (genannt James) Henschel und ihre Tochter Bianca Henschel (Bianca Kahn, die am 5. Mai 1931 den portugiesischen Konsul Dr. Isidor Kahn in Den Haag heiratet und nach Holland auswandert). Das Foto stammt von Rolf Arno Streit (Enkel von Frida und James Henschel) aus Belo Horizonte, (Brasilien). Wann Frida und James Henschel nach Paris gefahren sind, das konnten die Enkelkinder  (in Mexiko und Brasilien) von James Henschel nur vermuten. Es könnte am 28. Dezember 1895 gewesen sein, als die Brüder Lumiere im Grand Cafe im
Boulevard des Capucines zum ersten Mal ihren Projektor vorgestellt haben. Verbürgt ist auch der Besuch der Brüder Skladanowsky in Paris am 28. Dezember 1895. Ein paar Tage vorher (Im November 1895 waren sie mit ihrem Projektor in Hamburg). Sie hatten eine Einladung nach Paris, ihren Projektor im
Folies Bergère vorzustellen und haben dafür ein Honorar verlangt und bekommen. (Die Angaben schwanken zwischen 2.500,00 und 4.500,00 französischen Franc). Aber zu einer Vorstellung ihres Projektors in Paris ist es nicht mehr gekommen. Frida und Jeremias Henschel haben damals erkannt, welches Potential in dieser neuen Technik der Lebenden Photographien steckt. Sie eröffnen im
Dezember 1905 in der Bergstrasse Nr. 11 in Altona ihr erstes Kino: Das Helios Theater mit 500 Sitzplätzen. Einen Monat später im Januar 1906  wird das Belle-Alliance-Theater Vorführung lebender Photographien, an der Ecke Eimsbütteler Str. 2 Schulterblatt 115 eröffnet. Das Kino wird in den ehemaligen Ballsaal des Belle Alliance eingebaut, hat 1.400 Sitzplätze und spielt von 15.00 Uhr Nachmittags  bis 1.00 Uhr in der Nacht. (Aus: James Henschel erzählt Hamburgs Kino Geschichte. Artikel  von Hermann Lobbes in der Licht Bild Bühne, Beilage vom Sonnabend, d. 16. August 1930).
Vor dem Kino ist eine Haltestelle der elektrischen Strassenbahn. Der Licht Bild Bühne berichtet James Henschel im August 1930, dass der Tag mit den geringsten Einnahmen (56,00 RM) der Tag war, an dem sich die Zuschauer des Kinos den Brand der Michaelis Kirche angesehen haben. Das war Dienstag, der 3. Juli 1906. Frida und Jeremias haben fünf Kinder: Hedwig, Sophie, Bianca, Hanns und Gretel, die zwischen 1888 – 1895 geboren werden. Hanns meldet sich als Freiwilliger und „fällt“ am 31. Oktober 1916 als Unteroffizier an der Front in Frankreich (?), Jürgen Sielemann gibt einen anderen Ort an.
Zitat: „Ihr Bruder  (Bianca Henschel) Hans Henschel (geb. 21. September 1893) fiel am 31. Oktober als Unteroffizier in einem Gefecht in Siebenbürgen.“ (Aus Liskor-Erinnern Heft 14, Seite 26). Als Quelle nennt Jürgen Sielemann: 332-8 Meldewesen, A 30 Toten- und Verzogenenkartei 1892-1925, Mikrofilm K 6238, Karte Hans Henschel. Da war er 23 Jahre alt. Wie ich mir die Fotos angesehen habe, habe ich gedacht, zwischen die Bilder gehört noch unbedingt ein Text. Und da man bei Tucholsky inzwischen klauen darf, habe ich dies getan. Auf Seite 1159 im Band 1 – (1907 – 1924 meiner dreibändigen Gesamtausgabe) gibt es zwei Texte »Wie uns aus« und »Sechzig Fotografien« . In dem zweiten Text geht es um sechzig Fotografien, über den Weltkrieg (1) die man in Paris kaufen kann.

Der Text ist von 1924. Da wurde der Weltkrieg noch nicht numeriert. Am Ende schreibt Tucholsky: (Seite 1162 Band 1)
Du schießt drüben immer den Kamerad Werkmeister tot – niemals den einzigen Feind, den du wirklich hast. Dein Blut verströmt für Dividende. Dein bißchen Sterben, dein armseliges Verrecken wird mühsam mit einer Gloriole von Romantik umkleidet, erborgt aus den Emblemen von
Jahrhunderten, entliehen aus verschollenen Zeiten. Wirf deine Flinte weg, Mensch! Es wird immer Kriege geben? Solange du willst, wird es sie geben. Nagle dir diese Bilder an die Wand, zeig deinen Kindern, was das für eine Schweinerei ist: der Krieg; was das für eine Lüge ist: der Krieg; was das für ein Wahnsinn ist: der Krieg! Und dann setze dich mit deinen Arbeitsgenossen auf der anderen Seite hin, vertraue ihnen, denn es sind dieselben armen Luder wie du – und gib ihnen die Hand. Nieder mit dem Staat! Es lebe die Heimat!“ Grabstein auf dem Friedhof für die “Gefallenen“ des ersten Weltkrieges in Hamburg Ohlsdorf. Die Inschrift im Grabstein ist schwer lesbar. Unteroffz. (Unteroffizier) HANNS HENSCHEL, GEB. 21. September 1893, 5654 (Geboren), GEF. 31. Oktober 1916 5677 (Gefallen/Gestorben),
INHABER (Inhaber)
DES
EIS. KREUZES (des Eisernen Kreuzes)
UND DES (und des)
HANSEAT. KREUZES (Hanseatischen Kreuzes).
Hanns Henschel wurde nur 23 Jahre alt. Bei Kriegsende (am 11. 11. 1918) ist James Henschel 55 Jahre alt und die neu gegründete UFA (Gründung am 18. Dezember 1917) tritt an ihn heran und unterbreitet ihm ein Kaufangebot für seine acht Kinos. Eine Reihe von Kinos hat das Ehepaar Henschel auf eigenen Grundstücken neu gebaut. So das Waterloo Theater in der Dammtorstrasse 14, das Lessingtheater am Gänsemarkt 46/48, das Palasttheater in der Wandsbeker Chaussee (bei späteren Recherchen stelle ich fest, dass die Ortsangabe falsch ist – das Palast Theater war nicht in der Wandsbeker Chaussee sondern in der Hamburger Strasse 5/7/9), die Harvestehuder Lichtspiele am Eppendorfer Baum 15. James Henschel setzt die Bedingungen für den Verkauf an die UFA. Am 21. Februar 1918 wandelt er seine Kino Firma »J. Henschel« in die J. Henschel GmbH« um. Der Vertrag sieht vor, das die beiden Schwiegersöhne Hermann Urich Sass (verheiratet mit Hedwig Urich Sass, geb. Henschel) und Hugo Streit (verheiratet mit Sophie Streit geb. Henschel) Geschäftsführer der »J. Henschel GmbH« werden. Weiterhin enthält der Vertrag einen Passus, daß Hermann Urich Sass und Hugo Streit zu Direktoren der UFA für Norddeutschland ernannt werden. Ein Organ Vertrag wird am 29. November 1919 zwischen Jeremias (James) Henschel und der UFA geschlossen. Danach wird die »J. Henschel GmbH« eine Tochtergesellschaft der UFA. Die »J. Henschel GmbH bleibt weiterhin Eigentümer der Grundstücke, auf denen die Kinos Palasttheater (Hamburger Straße 5/7/9), Lessingtheater (Gänsemarkt 43), Harvestehuder Lichtspiele (Eppendorfer Baum 35), Zentral Theater (Wandsbeker Chaussee 162), die an die UFA verpachtet werden. Das Waterloo Theater in der Dammtorstrasse verkauft er an Manfred Hirschel, der mit einer Schwester seines Schwiegersohnes Hugo Streit verheiratet ist. Jeremias (genannt James) Henschel erhält aus diesem Vertrag einen Barerlös, der ausreicht, vierzehn Wohnhäuser mit über 100 Wohnungen zu kaufen. Weiterhin sieht der Vertrag eine Beteiligung auf 25 Jahre vor, in denen er mit 5 % an den Bruttoeinnahmen der verkauften Kinos und mit weiteren 2,5 % an den später erworbenen oder neu erbauten Kinos der UFA beteiligt ist. 1921+1926 verlassen Hermann Urich Sass und Hugo Streit die UFA und gründen die offene Handelsgesellschaft, den Henschel Film- und Theaterkonzern. Acht Kinos werden neu gebaut. Im Februar 1927 wird an der Ecke Zirkusweg Reeperbahn ein Neubau mit einem Kino mit 1556 Sitzplätzen eröffnet. Architekt ist Carl Winand. Die Baukosten betragen etwa 500.000,00 RM. Hugo Streit und Hermann Urich Sass nennen das Kino „Schauburg am Millerntor“.
Der erste deutsche Tonfilm „Ich küsse ihre Hand Madam“ mit Marlene Dietrich und Harry Liedtke wird hier am 23. Januar 1929 gezeigt. Die Tonpassage im Film ist allerdings nur 2 Minuten und 12 Sekunden lang. Hugo Streit, Sophie Streit (geb. Henschel) mit der Schauburg Zeitung, Schlagzeile: 
Prominente sehen dich an: Lil Dagover, Emil Jannings In der
„Schauburg Millerntor“ ist am 21. Oktober 1929 Sergej Eisenstein mit „zwei Akten“ aus dem Film
„Panzerkreuzer Potemkin“, dem „ersten Akt“ aus dem Film „Generallinie“ und „zwei Akten“ aus dem Film „Zehn Tage, die die Welt erschütterten“ zu Gast. Der dunkle Teil der Geschichte, der von Selbstmord, Enteignung, Vertreibung und Zerstörung  handelt. Und der Verdrängung all dieser Verbrechen. Vom Reinwaschen und der angeblichen „Wiedergutmachung“ handelt. Und wie bereitwillig alle bei den Ausplünderungen geholfen haben. Die Geschichte der Täter, Opfer und der Zuschauer. Glaubwürdige Zeitzeugen waren in Hamburg, in Deutschland nicht zu finden. In Brasilien, Mexiko und in Los Angeles werde ich gefragt, warum das so lange gedauert hat, bis jemand kommt und diese Fragen stellt. Fast 50 Jahre bis endlich mal jemand aus Deutschland kommt und fragt. Mir fehlt eine Antwort. Dieses Buch könnte sie geben.

Die Täter sind längst tot. Inzwischen sind auch die Erben der Täter gestorben. Und dennoch gibt es immer wieder Menschen, die das Unrecht von damals verstecken wollen. Es fällt ihnen nicht einmal auf. Im Gegenteil. Das vorhandene Material ist inzwischen auf vierzehn Leitz Ordner, fünfzig CDs mit kopierten Akten und einem kurzen Film von der Eröffnung der Schauburg am Millerntor, Ecke Zirkusweg angewachsen. Dazu gehört ein kleiner Film mit Interviews der Söhne, (Horst Urich Sass, Rolf Arno Streit, Carl Heinz Streit, Norbert Kobler) die damals aus Deutschland fliehen konnten. Aus Belo Horizonte kommt dieses Bild. Palast Theater von Frida und James Henschel in der Hamburger Strasse.
Wann dieses Foto entstanden ist, konnten mir die Enkelkinder von James Henschel (Die Brüder Rolf Arno Streit und Carl Heinz Streit) nicht mitteilen. Vermutlich ist das Foto nach der Eröffnung des Neubaus entstanden. (Text Jens Meyer)

James Henschel Foto aus der LBB von 1930
Frida und James Henschel vor dem Hotel Europäischer Hof 1930 in Baden Baden.

Tier Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann
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