Wer hat die Ehefrau heraus- und / oder hineingeschmuggelt?

Wer hat die Ehefrau hinein- oder herausgeschmuggelt?

In dem Westernlexikon von Joe Hembus findet sich in der Taschenbuchausgabe von 1976 (Heine Verlag), unter dem Stichwort >Rio Bravo< (beginnend auf Seite 479) auf Seite 481 folgendes Zitat:

>“H.H: Es fing an mit gewissen Szenen aus High Noon, wo Gary Cooper Hilfe sucht und jeder sie ihm verweigert. Das ganze ist eher blöd von ihm, zumal sich am Ende des Films herausstellt, daß er seine Arbeit mit ein bißchen Glück und der Hilfe seiner Frau auch allein besorgen kann. Ich habe mir gesagt: drehen wir das ganze einfach um, betrachten wir das unter einer wirklich professionellen Perspektive. Wenn Wayne Hilfskräfte angeboten werden, sagt er: >Wenn sie wirklich gut sind, nehme ich sie; wenn nicht machen sie mir nur noch mehr Arbeit<. So sind wir durchgehend verfahren: wir haben immer das Gegenteil gemacht. High Noon hat mir dermaßen mißfallen, das ich die Gegenposition eingenommen habe. Das hat funktioniert, und den Leuten hat es sehr gefallen. (CAHIERS DU CINEMA).<

Die Heftnummer von Cahiers du Cinema, in der dieses Interview erschienen ist, wird in der Taschenbuchausgabe von Joe Hembus nicht genannt. Diese findet sich wiederum im Buch von Peter Bogdanovich: >Wer hat denn den gedreht?< auf Seite 996. Dort gibt es den Hinweis, dass Teile des Interviews in Movie, Nr. 5, 1962 in London und in einer französischen Übersetzung in den Cahiers du Cinema, Heft Nr. 139, Paris 1963 erschienen sind.

Peter Bogdanovich im Gespräch mit Howard Hawks aus dem Buch >Wer hat denn den gedreht? Haffmans Verlag 2000. Nach der amerikanischen Originalausgabe >Who the Devil Made it?<, erschienen bei Alfred A. Knopf in New York, 1997. Das Hawks Interview in dem Buch wurde übersetzt von Thomas Stegers.

Howard Hawks auf Seite 436 über seinen Film >Rio Bravo< (1958) und den Film von Fred Zinnemann >High Noon<(1952)

„P.B.: Woher kam die Idee für den Film? H.H.: Am Anfang waren nur ein paar Szenen aus dem Film >High Noon<, (Zwölf Uhr Mittags, 1952; Fred Zinnemann), in dem Gary Cooper überall verzweifelt Hilfe sucht und keine bekommt. So etwas wirkt ein bißchen lächerlich bei einem Mann, besonders, weil sich zum Schluß des Films zeigt, daß er seine Sache, bei der er angeblich Hilfe brauchte, auch allein erledigen kann. Ich fand, wir sollten genau das Gegenteil tun und einen durch und durch professionellen Standpunkt vertreten, wie ihn Wayne durchblicken läßt, als ihm Hilfe angeboten wird. >Wenn sie wirklich gut sind, dann nehme ich sie. Wenn nicht, muß ich mich um sie kümmern.< So sind wir die ganze Zeit verfahren – das genaue Gegenteil von dem, was mich an >High Noon< so gestört hat -, und es hat funktioniert, den Leuten hat es gefallen.“

pdfBuchumschlagwerhatdenndengedreht

BuchumschlagHembus

CahiersduCinema

Kleiner Nachtrag: Beim Aufräumen habe ich noch das Buch von Hans C. Blumenberg >Die Kamera in Augenhöhe – Begegnungen mit Howard Hawks< wieder gefunden. Erschienen im DuMont Buchverlag Köln 1979. Und siehe da, er kannte die Interviews, die Peter Bogdanovich mit Howard Hawks gemacht und 1962 veröffentlicht hatte. Ich war doch überrascht über die Wortgleichheit der Fragen und Antworten von Bogdanovich und Blumenberg. Das Buch >The Cinema of Howard Hawks<, verlegt bei Doubleday – Museum of Modern Art Film Library – New York wird zwar  (Seite 162) in >Die Kamera auf Augenhöhe< genannt, aber ein Hinweis auf die von Peter Bogdanovich geführten Interviews fehlt. Das Buch von Peter Bogdanoavich >Wer hat denn den gedreht< hat 1024 Seiten in der deutschen Ausgabe. Mit 168 Seiten ist der Beitrag über und das Interview mit Howard Hawks der umfangreichste. (Klein gedruckt und ohne Bilder). Das Buch von Hans C. Blumenberg hat dagegen nur 171 Seiten, die, und das ist zu loben, zahlreiche Fotos enthalten. Einfach ausgedrückt, es war gar nicht möglich, das komplette Interview abzudrucken, das Bogdanovich mit Howard Hawks geführt hatte. Ansonsten eine löbliche Veröffentlichung.

High Noon – das Rätsel um Gary Coopers Ehefrau gelöst!

Aus dem Original Buch >Who the Devil Made it?< von Peter Bogdanovich:

How did you come to make Rio Bravo?“

„It started with some scenes in a picture called High Noon, in which Gary Cooper ran around trying to get help and no one would give him any. And that’s rather a silly thing for a man to do, especially since at the end of the picture he is able to do the job by himself. (…) It annoyed me in High Noon, so I tried the opposite and it worked, and people liked it.“

So, also Cary Cooper ist ein Weichei, sagt Howard Hawks, der ja ein ganzer Kerl ist, aber die Frau wird nicht erwaehnt. Hier nun ein Auszug aus einem Interview von Joseph McBride und Michael Wilmington von 1971: 

„I saw High Noon (…) and they asked me if I liked it and I said not particularly. I didn’t think a good sheriff was going to go running around town like a chicken with his head off asking for help, and finally his Quaker wife had to save him. That isn’t my idea of a good western sheriff.“

Da ist sie, die Ehefrau.

Als ich nehme mal an, dass dieses Zitat – das ja unterhaltsamer ist als das aus dem Bogdanovich-Buch, wegen dem kopflosen Huhn und der Quäker-Ehefrau – gern mal Bogdanovich bzw. seinem Buch zugeschrieben wird, weil es halt so beruehmt ist, und wer kennt schon … jetzt hab ich die Namen auch prompt schon wieder vergessen. Joseph McBride und Michael Wilmington.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.