In Erinnerung an Renate Holland Moritz (IV) oder: Auch Renate irrte sich manchmal: Zum Beispiel bei dem Film Banklady

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Hier irrte Renate Holland-Moritz. Doch ich finde, wer so viele gut geschriebene Filmkritiken vollbracht hat, die kann auch mal daneben haun. Eine Filmkritik eines Fernsehfilmes. Zum ersten Mal, seit ich die Kritiken von Renate Holland-Moritz kenne, bin ich anderer Meinung als sie. Bei dem Film „Banklady“, der inzwischen, wie ich finde zu Recht, aus unseren Kinos verschwunden ist.  Meine Meinung dagegen ist: Banklady ist richtiges Weglaufkino geworden.

Das schlimmste an den eigenen Vorurteilen ist immer noch, wenn diese einfach bestätigt werden. Ein tolles Kino. Das Savoy, wie es jetzt ist. Ich sitze da und lese das Presseheft, bevor das Licht ausgeht. Noch sinne ich darüber nach, ob ich bleiben soll. Wo doch alle Zeichen darauf hindeuten, dass es besser wäre, zu gehen. Das Presseheft droht mir mit einer “wahren Geschichte“, der von Gisela Werler und mit der Produktion von NDR, ARD, Degeto, Filmförderung Hamburg-Schleswig Holstein und namentlich den Redakteuren Thomas Schreiber (NDR), Sabine Holtgreve (NDR), Claudia Grässel (ARD Degeto) und Andreas Schreitmüller (ARTE). Ich müßte es besser wissen. Aber ich bleibe. Ein Fehler. Ich lese. Die Produzentin hat der Zeitung erzählt, sie wolle „richtiges Popcornkino“ machen. Ich weiss nicht, was das ist: “richtiges Popkornkino“, aber ich weiss, ich hasse Popkorn und mit Kino, hat das, was da jetzt abgeliefert wurde, sicher nichts zu tun. Das hat etwas von “richtiges Weglaufkino“. Ich sitze dafür auf dem richtigen Platz. Ganz außen. Rechts. Von der Leinwand aus gesehen, links. Das Kino müsste also, um für diesen Film gerüstet zu sein, nur Plätze in Zweierreihen haben, wo man, ohne die anderen aufzuwecken (dafür ist der Film jedoch zu laut), auch im Dunkeln schnell den Ausgang findet.

Eben: “Richtiges Weglaufkino“. Fernsehzuschauer sind (wenn sie über die Fernbedienung Verfügungsgewalt haben) hier eindeutig im Vorteil. Das Fernsehen wird immer einfältiger. Wenn ich auch schon manches Mal gedacht habe, es würde nicht einfältiger gehen. Irrtum. Nachdem der braune Nachlass weitgehend fernsehverwertet ist und selbst der Führer und sein Hund schon porträtiert wurden, fällt jetzt auch der neuere, restliche Teil der Geschichte, in dem die Anhänger des Führers die Macht weiter ausübten, allerdings ohne ihren ehemaligen Führer (der war, nach ihren Aussagen, im Kampf gefallen) dem Abbildungs- und Verwertungszwang zum Opfer.

Man sieht diesem Produkt deutlich an, hier wurde viel Geld verbraucht. Insofern lässt sich der Satz anwenden: Banklady ist ein Beispiel dafür, dass es möglich ist, auch mit viel Geld, etwas herzustellen, das das Geld nicht wert ist.

Oder auch so: Wenn es um den Beweis ginge, dass man mit Viel oft Nichts erreichen kann: Die Macher von Banklady zeigen, wie das geht. Allein die Suche nach den Requisiten hat sicher Unsummen verschlungen. Und die VW Käfer und die Ford Taunus 12 m und 17 m, die da immer wie absichtslos auf der Straße stehen, wo kommen die alle her?

Schon bald gilt meine Aufmerksamkeit nicht mehr der zusammengestoppelten Geschichte. Eigentlich, so fällt mir auf, fehlt Veronica Ferres in dem Streifen.

Wo ist die eigentlich? Hätte die nicht gut die Banklady spielen können? Warum wird sie nicht immer automatisch in die Fernseh Filme der ARD Degeto eingebaut? Angemessen wäre das gewesen.

Diese Bankräuberin kennt ja überhaupt niemand.

Beim Lesen des Presseheftes vorher, da war mir auch der Name Heinz Hönig ins Auge gefallen. Seine Nennung hatte mir einen ähnlichen Schrecken eingejagt, wie die genannten beteiligten Fernsehredakteure und -radaktösen.

Aber jetzt bin ich doch überrascht. Der Mann spielt seine Rolle als Oberpolizist sehr gut. Ausnahmsweise ist das Drehbuch mit einem halbwegs brauchbaren Text, an dieser Stelle einigermaßen gelungen. Der klingt fast, wie aus dem richtigen Leben gegriffen. Eine Sprache, wie von Dr. Martin Luther gefordert. Dem Volk aufs Maul geschaut oder so ähnlich. Naja, nicht ganz.

Heinz Hönig. Der Mann kann was. Habe ich ihm die ganzen Jahre etwa Unrecht getan? Konnte er damals schon Schauspiel und man hat ihn nur nicht gelassen? So wie Liselotte Pulver? Das wäre ja eine richtige Entdeckung.

Da mich die Geschichte und die Art und Weise, wie sie erzählt wird, zunehmend langweilt, bemerke ich an mir, dass ich mich nur noch auf die ins Bild gestellten Requisiten konzentriere. (Besser kann ich das nicht schreiben: „als die ins Bild gestellten“). Gab es den Ford Taunus 17 m damals schon? Wurde die Mercedes Baureihe wirklich als Taxe verwendet? Und in schwarz? Ist es die Triumph Matura Schreibmaschine, die da im Büro der Krimininalpolizei (der erfolglosen) steht? Und warum der Polizei Überfall auf die Siedlung und dann noch mit Hamburger Kennzeichen dahin fahren? Wo das doch an der „als die ins Bild gestellten“ Ostsee liegen soll? Durften die da überhaupt ermitteln? Und dann gleich die Leute abknallen, ohne mal vorher zu fragen, ob sie es auch sind? Ist das damals nicht aufgefallen? Gab es keinen Untersuchungsausschuss? Oder wird das alles nur von der ARD Degeto gefälscht?

Die erhöhte Requisitenaufmerksamkeit meinerseits wird von den Machern des Filmes bei mir ausgelöst. Ganz am Anfang zeigen uns die Fernsehmacher von ARD undsoweiter, wie ihrer Meinung nach die Mönckebergstraße mit dem Mönckebergbrunnen 1965 ausgesehen haben soll. Die Einstellung sieht so richtig nach Pappe und Wiking Autos aus. Wo ist das ganze Geld geblieben? Für einen Amateur Film hätten diese Bilder ja ausgereicht. Man hätte den guten Willen gesehen. Und geklatscht.

Doch der berühmte Dichter hatte es schon formuliert. Lange vor meiner Zeit: „Wenn einer der mit Mühe kaum, geklettert ist auf einen Baum, schon denkt, dass er ein Vogel wär, so irrt sich der.“ Oder so ähnlich. Ich hatte jetzt keine Zeit zum Suchen. Jedenfalls habe ich mich bei dem Bild von der Mönckebergstrasse 1965 sofort an meine Sammlung von Wiking Autos erinnert, die ich als Kind hatte. Wo sind die eigentlich hingekommen? Sollten sie sich unter den Requisiten von Studio Hamburg befinden?

Ich ertappe mich dabei, dass ich mich nur noch der Frage widme, wann denn die Auto Kennzeichen der Britischen Besatzungszone mit BH gegen die HH Kennzeichen der neuen Westzone ausgetauscht wurden? Wikipedia gibt die Antwort, das soll 1956 gewesen sein und das Leben der Banklady wurde erst 1965 ruchbar. Vielleicht ein Zahlendreher? Nein. Oder doch?

Aber der Knüppel, der Einsatzstock, der da nach der Razzia auf der Reeperbahn (?) eingesetzt wird, den gab es, wie mir ein in diesen Sachen Kundiger glaubwürdig berichtet hatte, damals noch gar nicht.

Was haben wir als nächstes zu erwarten? Von einer Produzentin, die sich selbst als Producer bezeichnet und sich als „Liebhaberin des Pop Korn Kinos“ outet, zu erwarten? Ich kann nur fordern, die Fernsehgebühren sollten gesenkt werden, und zwar sofort, damit solche Film-Belästigungen zukünftig unterbleiben.

Jens Meyer, d. 10. August 2014

Später stellt sich heraus, auch der erste Satz, der von der wahren Geschichte ist gelogen. Die Dame hat eine Tapetenfabrik nie von innen gesehen. Sie stand nur in einem Laden, in dem Tapeten verkauft wurden. Das war den Machern offenbar zu langweilig, da sieht doch eine dunkle Halle mit einem solchem Monstrum von Tapetenmaschine viel mehr nach Kino aus, was sie gerne als großes bezeichnen und es ist doch nur: siehe oben! Tieresehendichan3

Nachtrag 2019:

Leider ist die Film Kritikerin Renate Holland Moritz (die Dame hieß wirklich so!) gestorben. Keine Filmkritiken mehr im Eulenspiegel. Schade.

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