Brief von Stinky Müller an seinen Freund Peer

Wer die Überschrift des Artikels Hamburger Kinos sagen Netflix und Co. den Kampf an“ vom 9.3.19 von Jan Haarmeyer und Volker Behrens in die amerikanische Suchmaschine eingibt, kann ihn lesen, ohne zu bezahlen.

Und das habe ich auch getan. Es lohnt sich nicht. Vor Jahren, da war das Blatt noch in Springers Hand, hätte ich einen Leserbrief an das Hamburger Abendblatt geschrieben und sie auf die Fehler und die Fehleinschätzungen, die der Artikel enthält, hingewiesen. Der Sinkflug, den das Blatt, jetzt im Besitz der Finke Gruppe, seither genommen hat, ist offensichtlich nicht mehr aufzuhalten.

Das bemerke ich beim Lesen des Artikels. Früher gab es in dem Blatt auch viele ärgerliche Beiträge, aber das Blatt wurde von Leuten gemacht, die von ihrer Arbeit etwas verstanden haben. Das ist seit Jahren nicht mehr der Fall. Es ist, wie man es salopp ausdrücken könnte, Hopfen und Malz verloren.

Es gelingt ihnen nicht mal mehr die Rechtschreibung, wie ich der Bild Unterschrift >UFA Pallast< entnehme. Die gewählte Schreibweise hat viel Ähnlichkeit mit dem Wort >Ballast<, das dem Text von Jan Haarmeyer und Volker Behrens viel mehr entspricht, als der gemeinte >Prachtbau<. Ich schreibe meinen Brief lieber für Dich, als für das Hamburger Abendblatt: Hamburg, 10. März 2019

Hallo Peer,

vielen Dank für Deinen Hinweis auf den Abendblatt Artikel und wie man ihn, ohne zu bezahlen, finden kann. Das Abendblatt war schon immer, um es vorsichtig zu formulieren, ein sehr konservatives, manchmal sogar sehr rechtslastiges Blatt.

Der Blödzeitung nicht unähnlich, nur etwas vornehmer. Das hat sich durch den Verkauf an die Funke Mediengruppe nicht geändert. Aber früher gab es unter den Redakteuren auch Menschen, die ihr Handwerk (Recherchieren und Schreiben) beherrschten. Die Texte von Holger True habe ich immer gerne gelesen. Der Mann kann schreiben, oder sollte ich besser formulieren: Er konnte gut schreiben und hatte Geschmack, wenn es auch nicht immer mein Geschmack war.

In dem genannten Artikel spürt man von seinen einstigen Fähigkeiten nichts mehr. Vielleicht ist es ihm alles egal geworden. Heute, wo immer mehr ungelernte Praktikanten die Texte fertigen müssen, und vermutlich noch umsonst, oder mit einem ganz miesen Zeilenhonorar bezahlt werden, was fast automatisch dazu führt, die schlechten Texte anderer, ebenso unfähiger Schreiber, zu markieren und ungeprüft einzufügen.

Man hat es früher auch gekannt und >abschreiben< genannt. Wer in der Schule dabei erwischt wurde, bekam eine schlechte Bewertung. Aber im Zeitalter der Doktoren, die dabei erwischt wurden und werden, dass sie ihre Doktorarbeit abgeschrieben hatten, scheint diese Tätigkeit modern zu sein. Man erkennt ihnen den Titel ab und weiter passiert nichts.

Der Sinkflug der Qualität dieser HA hat derartig zugenommen, dass mir die Verleger (Funke / Dumont) die Lektüre ihrer Blätter (auch die Mopo gehört leider dazu) und das Kaufen dieser Produkte gänzlich abgewöhnt haben.

Vor zehn Jahren hätte ich in einem Leserbrief an das HA geschrieben, um dieses auf die Fehler und Fehleinschätzungen in ihrem Text hinzuweisen. Ich hatte damals die Vorstellung, mit dem Schreiben des Leserbriefes, könnten die Falschinformationen korrigiert werden und die Qualität der Zeitung würde sich auf diesem Wege verbessern.

Diesen Gedanken gibt es bei mir nicht mehr. Ein Leserbrief an die HA wäre völlig zwecklos und würde dem Blatt eine Aufmerksamkeit beschaffen, die es wahrlich nicht mehr verdient hat.

Kurz gesagt: Den Verbesserungsgedanken habe ich aufgegeben. Selbst die Regionalausgabe der Hamburger Taz, die Donnerstags eine Kinoseite bringt, die von dem Bremer W. H., einem Nichtskönner, gestaltet wird, wird, wegen ihrer gleichbleibenden schlechten Qualität im Gegensatz zu dem, was uns der Verleger Funke (Abendblatt) und der Verleger Dumont (Mopo) in ihren Donnerstagsausgaben anbieten, immer besser.

Bei diesem Sinkflug sollte man die beiden Zeitungen einfach nicht mehr begleiten. Das ist für alle Beteiligten des Beste. Man macht sich mit dem Übersenden eines Leserbriefes an ein solches Produkt nur lächerlich.

Hier nun in der Reihenfolge ihres Auftretens die falschen Informationen, die Leerformeln und die Fehleinschätzungen, die der Artikel enthält. Ich habe sie mit einem Strich markiert, damit Du sie schnell findest:

Fünfzig Gründe warum es sich nicht lohnt,

das Abendblatt zu kaufen, oder es gar zu lesen:

1) Hamburger Kino-König

2) fünf Millionen Euro in dieses Wohlfühl-Theater gesteckt hat

3) Kino-König in Hamburg.

4) “Theater lebender Photographien“

5) ein Jahr später eröffnete 

6) Zehn Kinos in zwölf Jahren gehörten zum Henschel-Imperium

7) sämtliche

8) Das Belle-Alliance-Theater war oft so gut besucht, dass viele Zuschauer stehen mussten.

9) Kellner boten Schokolade, Bonbons, Bier und Limonade an.

10) An manchen Tagen wurden mehr als 8000 Eintrittskarten verkauft, (? Ohne Quellenangabe)

11) 25 Kinos in ganz Hamburg.

12) In der Nazizeit wurde das Kino politisch instrumentalisiert (Als politisches Instrument wurde die UFA gegründet und war nicht erst in der Nazizeit, sondern schon bei ihrer Gründung ein politisches Instrument).

13) 1938 gab es 23 Millionen Kinobesuche in Hamburg, mitten im Krieg 1942 wurden gar 35,2 Millionen Karten verkauft

(Die Statistiken aus der Zeit waren Instrument der Nazis seit der Machtübergabe und werden daher in seriösen Texten nicht herangezogen)

14) hat uns (Frage: wen meint der zitierte Herr mit: uns?)

15) Zeitschrift nie den Roman ersetzen wird

(Nein, wie putzig dieser Vergleich)

16) wunderbaren Geschichten versorgt werden. In einem alten Fabrikgebäude hat die Filmförderung Hamburg Schleswig Holstein (vorher Möbelladen Dombeck, selbst die Propeller Fabrik Theodor Zeise hat den späteren Möbelladen Dombeck vorher nur als Lagerhalle genutzt)

17) Schiffsschrauben (Die Schiffspropeller Firma Theodor Zeise hat dieses Wort niemals verwandt).

18) Schauspieler, kluge Drehbuchautoren, mutige Produzenten, fesselnde Bilder, imposante Töne. (Ohne Beispiele? Besser is)

19 ) um großes Kino zu realisieren. Drei Viertel davon fließen in die Produktion für die große Leinwand. (Auch hier: es fehlen die Beispiele)

20) Hamburg hat eine sehr bunte und diverse Kinolandschaft

21) Das passt gut zu einer Großstadt – und die stabile Situation der Hamburger Kinos spricht für sich.“ (Stabile Lage? Siehe 3001 Kino!)

22) ausreichend Platz für einen roten Teppich hat.

22a) sei ein wenig schmal.

23) Das alte Streit’s am Jungfernstieg vermissen wir schmerzlich

(Der Schmerz ist leider ohne Erinnerung: Das alte Streits war unter der Fuchtel von K. & K so heruntergekommen, das sich der Schmerz bei denen, die es zuletzt besucht hatten, in Grenzen hielt. Das weiß man aber nicht, wenn man in der Friedensallee immer nur aus dem Fenster sieht.)

24) große Leinwand

25) Begegnungsräumen werden.

26) deutschlandweit

27) Eine Stadt sieht einen Film

28) auf dem richtigen Weg.

29) große Auszeichnung für unseren Filmstandort

30) Aus 100 Prozent Ausgaben sollen 150 Prozent Einnahmen werden. Das hat im vergangenen Jahr glänzend geklappt: Für jeden Euro aus dem Fördertopf haben die Filmteams 2,90 Euro in der Region ausgegeben.

31) mindestens 70 Prozent europäische Filme beinhalten, können sich für Prämien bis zu 50.000 Euro im Jahr bewerben.

32) Kinoüberraschungen

33) um zu überleben. Und tut das auch.

34) ja auch der typische Kinobesucher immer wieder ändert.

35) während die 50- bis 59-Jährigen wieder häufiger (plus 18 Prozent) ins Kino gehen als noch vor sechs Jahren

36) frische Filme, um auch die Jungen zu begeistern. (frische Fische gibt’s, aber was soll das sein: frische Filme?)
37) Hamburgs Kinolandschaft sei aber mittlerweile so vielfältig, wie es einer Großstadt zusteht. (Ja, das möchten sie gern, aber eine Stadt wird nicht durch Abendblatt Schreiber groß geschrieben)

38) Die Besucherzahlen übertreffen unsere Erwartungen bei weitem. überwiegend positiv. (Besser keine Namen nennen)

39) Es hat eben alles seine Zeit

40)seinem Umzug in den Neubau

41) 1977 im Magazin Deutschland-Premiere hatte (leider ist es so ähnlich wie mit der Currywurst, das war immerhin von U.T. gut erfunden)

42) Dino

43) handbemalte

44) gegenüberliegenden

45) bewegte Bilder

46) Schanzenhof

47) Susannenstrasse

48) Kino 3001.

49) idyllischen Innenhof

50) und genau so muss es natürlich sein.

Ps: Die vom HA können ihre Rechte gerne auch behaĺten, ham sie ja schon immer gemacht. Durchgestrichen habe ich Gemeinplätze, Fehlinformationen, Füllworte und Sätze, die nicht überprüfbar sind, weil ohne Quellenangabe. Dem Abendblatt glauben, das tue ich schon seit Jahren nicht mehr. Wenn also keine genauen Quellenangaben genannt werden (wo?wann? wie?) dann hat das Gründe, zumindestens den einen, dass man alle Angaben fast niemals überprüfen können soll. Und dann haben sie noch nicht mal das Geld, um neue Fotos machen zu lassen und nehmen die, vom August 2015 (Abaton, Holi) oder die, die man ihnen offensichtlich zu PR Zwecken kostenlos überlassen hat.  (Rat: Besser auf die Starttermine der Filme gucken, wenn man Aussenansichten von Kinos abbildet. >Broadway Therapie< Start in Deutschland am 20. 8. 2015, was ja nun doch schon ne Weile her ist.) HA, nein Danke.

Grüsse

Stinky Müller      Pdf Brief von Stinky Müller an seinen Freund Peer

Wohin mit dem Abendblatt?

Fotos Jens Meyer

Text Stinky Müller

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