Eine Reise nach Harburg zu Peter Thorwart

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Tieresehendichan3Eine Reise nach Harburg zu Peter Thorwart.

Heute ist Sonnabend, d. 25. Januar 2014. Es ist 16.50 Uhr. Ich bin mit der S-Bahn gekommen. Harburg ist hässlich. Harburg war nicht immer hässlich. Wieso Harburg so hässlich geworden ist und wer daran die Hauptschuld trägt, davon will ich heute nicht schreiben. Sondern von dem Moritz mit den zwei XX, das die 30jährigen so englisch auszusprechen versuchen. Sie wissen nichts von diesem Pionier aus Hannover, der sich den Namen mit den zwei XX ausgedacht hat. Dem Liebling der Hamburger Stadtverwaltungen. Er zusammen mit einem Herren aus Stuttgart, dessen Namen man inzwischen ungehindert schreiben kann, weil ihn niemand mehr kennt: Rolf Deyhle. (Der Spiegel meldet am 9.Mai 2014, daß Rolf Deyhle am 4. Mai 2014 im Alter von 75 Jahren gestorben ist).

Rolf Deyhle, der Millionär aus Stuttgart, das war der Mann, der damals für das nötige Kleingeld sorgte. Der andere bereut vermutlich heute seine Jugendsünden und hat dort, wo er einst wirkte, nichts mehr zu sagen. Er ist heute so was, was in früheren Generationen als Kouponabschneider denunziert wurde. Ja, wann wurden diese Dinger gebaut, die man in jeder größeren Stadt findet, die drinnen alle gleich aussehen, so dass man, spätestens wenn man im Kino sitzt, nicht mehr weiss, in welcher Stadt man eigentlich ist. Erst bei Rauskommen weiss ich wieder: Ich bin im hässlichen Harburg. Einem Ort, auf der anderen Elbseite, die erst spät nach Hamburg eingemeindet wurde. Das erste, was mir beim Eintritt in das Foyer dieses Multiplexxes auffällt, ist, das offensichtlich irgend eine Verordnung geändert hat oder vielleicht nur umgangen wird. Die Preisauszeichnungsverordnung.

Es gibt im Foyer keine Preisauszeichnung für die Eintrittspreise. Und es ist Sonnabend nachmittag und für sieben Kinos mit insgesamt 1691 Sitzplätzen ist nur eine Kasse geöffnet. Vor mir etwa dreißig Personen. Im Laufe von zwanzig Minuten gelange ich langsam nach vorn, tatsächlich wird nach 15 Minuten eine weitere Kasse geöffnet und die Leute aus der ersten Schlange vor mir geraten in Streit, wer nun berechtigt ist, an die zweite Kasse zu gehen und in welcher Reihenfolge. Einige Zuschauer versuchen es an bereit gestellten Automaten, die im übrigen auch keine Preisauszeichnungen haben.

Eigentlich sollte die Vorstellung um 16.50 Uhr beginnen, jetzt ist es 17.10 Uhr, ich stehe also seit zwanzig Minuten hier und nenne meinen Filmwunsch: „Nicht mein Tag“. Es ist der neue Film von Peter Thorwart. Ich lege einen Zehn € Schein hin und bekomme kein Wechselgeld wieder. Am Nachmittag, ohne Überlänge und ohne 3 D? Ist das nicht übertrieben, denke ich bei mir. Aber stimmt ja, Herr Gysi beschäftigt sich ja nur mit Geld zählen. Auf meine Nachfrage, ob das wirklich der Preis ist, erhalte ich keine Antwort. Die Person hinter dem Glas unterhält sich lieber mit ihrer Kollegin, die neben ihr die andere Kasse gerade geöffnet hat.

Auf dem Ausdruck der Karte stelle ich später fest: Es handelt sich tatsächlich um den Eintrittspreis. Sie haben eben noch nicht genügend Geld auf der hohen Kante der Aktiengesellschaft, die mit Herrn Flebbe, dem Erfinder der zwei XX nur noch wenig zu tun hat.

Auch in Hannover, so schreiben die Zeitungen, sparen sie viel Geld ein. Sämtliche Vorführer wurden eingespart, das hat ihnen eben noch nicht gereicht. Ich denke an Frankreich und die französische Revolution. Die Hanfseile, die sich um den Hals schnüren, haben sich positiv im Gedächtnis der Gesellschaft etabliert und verhindern so die übermäßige Gier der Geschäftsleitungen. Hanf ist überhaupt ein gutes Produkt. Das Gloria Kino in Harburg, das am 27.10. 1999 geschlossen wurde, hatte zuletzt fünf Leinwände mit rund 1000 Sitzplätzen. Das Kino verschwand, als diese Pop Corn Geld Maschine gebaut wurde.

Fünfhundert Meter vom Harburger Bahnhof, den man nach diversen Verschandelungen nicht mehr wieder erkennt. Das gleiche gilt für das ehemalige Zentrum von Harburg. Hier sieht es jetzt aus, wie es überall aussieht. Jedenfalls suche ich das Kino, das sieht so aus, wie alle Cinemaxxe innen aussehen. Schwarz. Die Werbung läuft noch. Der Film soll 115 Minuten lang sein. Um 19.30 Uhr ist der Film zu Ende. So viel Werbung und 10 € Eintritt in einem Vorortkino am Nachmittag? Ist das nicht ein wenig übertrieben? Und ebenso wie die Schamwände in den Herrentoiletten zwischen den Pinkelbecken verschwunden sind, obwohl es früher dafür Bauauflagen gab, so sind auch die Preisauszeichnungen im Foyer verschwunden.

Die Preisauszeichnungsvorschrift gibt es noch, aber interessiert Herrn (Christian) Gysi (Nicht verwandt und nicht verschwägert) offensichtlich nicht und die Behörde, die für Einhaltung solcher Vorschriften zuständig ist, offensichtlich auch nicht. Ein Brief an die Verbraucher Zentrale wartet noch heute auf eine Antwort. Aber wir haben ja auch erst Juni, das sind ja erst sechs Monate. Armes Harburg. Achja der Film: Kann man gucken. Nicht so gut, wie die anderen von Peter Thorwart. Aber immerhin, wenn man es aushält, sich von 40 Minuten Werbung foltern zu lassen, kann man auch diese 115 Minuten mit kleinen Hängern überstehen.
GloriaKin0ocenterHarburgBy-nc-sa_colormilpferd_einaugeBevor Deyhle und Flebbe kamen: Das Gloria Kinocenter in Hamburg. Auch nicht schön. Aber geschlossen.

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