Dimitry D. Rostowsky Etikettendrucker

PDF Dimitry Rostowski EtikettendruckeroelkerscafedruckereiDimitry Rostowsky hatte 1989 eine Etikettendruckerei in der Oelkersallee 66 (direkt neben dem Oelkers Cafe in der Oelkersallee 64 Hamburg Altona – gleichzeitig das Duckenfeld im Oelkers Cafe: Ein kleines Kino mit 22 Sitzplätzen). Am 12. Juli 1989 führte ich mit ihm ein Gespräch über sein Leben. Er wurde 1942 von den Deutschen aus Kiew verschleppt. Damit das nicht verschwindet habe ich dieses Gespräch am 12. Juli 1989 protokolliert. Nach ca. einem halben Jahr mit Zwischenstationen u. a. in Warschau und Neumünster gelangte er unter SS Bewachung nach Hamburg. Zum Zeitpunkt der Verschleppung war er 19 Jahre alt und auf einer Kunstakademie (in Kiew?).

Die Deutschen haben von allen Familien, in denen mehr als zwei Kinder waren, eins nach Deutschland deportiert. Seine Schwester hatte solche Angst und hat sich unter dem Sofa versteckt. Da ist er mitgenommen worden.

Die Schwester haben sie später auch noch geholt, die hat dann in einer Eisengießerei (?) (Eisenfabrik?) in Görlitz arbeiten müssen. Er kam dann in ein Lager für „Ostarbeiter“ in der Ruhrstrasse (in Hamburg Altona). Dort waren ca. 700 Männer und Frauen vorwiegend aus der UdSSR und Polen.

Sie arbeiteten für 15 Reichsmark im Monat in der Sperrholzfabrik von Heinz Meyer,  „Holsatia“ in der Ruhrstrasse in Altona. (Anschrift 1942: Holsatia-Werke Heinz Meyer KG, Sperrholzfabrik, Ruhrstrasse 57 – 59) (Anschrift bis 1940: Kruppstrasse 57/59), (Privatanschrift von Heinz Meyer 1942: Heinz Meyer, Noerstrasse 11). Die Eigentümerin (1942) des Hauses in der Noerstrasse 11 ist Frau J. Meyer, vermutlich die Ehefrau von Heinz Meyer). Die Fabrik in der Ruhrstrasse 57 – 59 wurde im Krieg zerstört. Einige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter haben in der Fischfabrik (Leunastrasse/Schützenstrasse) gearbeitet.

Der Inhaber der Firma Heinz Meyer war ein schlimmer Nazi. Einmal hat er einen „Ostarbeiter“, der sich gewehrt hatte, bei lebendigem Leib in den Ofen gesteckt. Menschen, die krank wurden, wurden sofort der SS gemeldet. Sie wurden abgeholt und sind nie wieder aufgetaucht.

Nach dem großen Bombenangriff mit Phosphor 1943 ist Dimitry  R. in einen Bunker geflüchtet, der war total überfüllt. „Ostarbeiter“ hatten normalerweise keinen Zutritt. Während der Bombenangriffe sind drei Frauen geflüchtet, sind aber von der Gestapo „geschnappt“ worden. Sie gaben an, dass ein Pole ihnen gesagt hätte, das sie zu Bauern fliehen sollten. Der Pole wurde darauf hin auf dem alten Judenfriedhof öffentlich (alle 700 Ostarbeiter/innen wurden zum Friedhof geführt) hinter der Ruhrstrasse hingerichtet.

Als sie dort ankamen, war bereits eine große Grube ausgehoben. Die SS brachte dann den Polen, der gefesselte Hände hatte, die schon ganz blau waren, weil sie blutleer waren. Die SS hat ihm dann eine Pistole ans Genick gelegt und ihn erschossen. Dimitry R. erinnert sich noch daran, das das Gehirn rausgespritzt ist. Danach mussten sie wieder an die Arbeit.

Teilweise mussten zwei Schichten hintereinander gearbeitet werden. Die Verpflegung war schlecht, aber oft haben ihnen Läden in Altona etwas zu essen geschenkt. Ein Schlachter hinter der Brücke, der hat Ihnen öfter Grützwurst geschenkt. Sie hatten einen Aufdruck OST, den sie immer tragen mussten. Wer ohne angetroffen wurde, bekam Schwierigkeiten mit der SS oder der Lagerleitung.

Nach dem Krieg hat er >Wiedergutmachung< bekommen. Insgesamt 15.000,00 DM. Jetzt will ihm die Rentenversicherung die Jahre der Verschleppung nicht anrechnen. Die Mitarbeiter der Rentenversicherung haben behauptet, das Lager hätte es gar nicht gegeben. Er musste in einem ersten Verfahren erst einmal beweisen, dass das Lager an der Ruhrstrasse überhaupt existierte, obwohl er von der britischen Militärbehörde einen Ausweis als Deportierter hatte. Den wollte die Rentenversicherung nicht anerkennen, weil sie in Englisch ausgefüllt ist.

Auch die AOK Hamburg hatte behauptet von vor 1945 keine Unterlagen mehr zu haben. Jetzt hat er zwei Zeugen beibringen müssen, die bestätigen, dass das Lager existierte und er dort interniert war. Jetzt haben sie von der Rentenversicherung nur einen Monat für 1942 angerechnet, obwohl er doch bereits Anfang 1942 von den Nazis verschleppt worden ist.

Der Fabrikbesitzer Heinz Meyer wollte von ihm nach 1945 einen Persilschein*, dass er immer gut zu den 700 „Ostarbeitern“ gewesen sei. Diesen Schein hat Dimitry R. nicht unterschrieben. Heinz Meyer ist später gestorben. Hat aber seine Fabrik zurück erhalten, die sein Sohn später übernommen hat. Der  hat jetzt eine teure Villa in Hamburg Othmarschen.

* Persilschein = Bestätigungen, die nach Kriegsende 1945 zu Unrecht von Mitmenschen unterschrieben wurden, die damit bestätigten, dass die Personen für ihre Verbrechen in der Nazi Zeit nicht zur Verantwortung gezogen wurden. Die ausgestellten „Zeugnisse“ hatten die Funktion, dass Ihre Vergangenheit quasi  mit dem Waschmittel „Persil“ gewaschen wurde.

PDF Dimitri Rostowski Etikettendrucker

pdf Der Drucker-aus-KiewBy-nc-sa_color

Fotos Jens Meyer

Schaufenster Oelkersallee 64 (mit Punka)

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