Apropos Waterloo Theater (V) (Zeugenvernehmung Richard Adam)

PDF Zeugenvernehmung Richard Adam

(Zeichen: 5.188) Abschrift. Zeugenvernehmung Richard Adam. Das Amtsgericht. Westerland, den 15. August 1951. Seite 98 der Akte. (IMG_5042. jpg und IMG_5043) (Handschriftlich vermerkt: 2 x ab Protokollabschriften an den Anwälten 22. 8. 52) Warmbrunn 22.08.52 Gegenwärtig: Amtsgerichtsrat Dr. Petersen als Richter, Justizangestellte Unruh als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle. In Sachen Hirschel gegen Esslen erschienen bei Aufruf 1.) f.d. Antragsteller ― niemand ― 2.) für die Antragsgegnerin ― RA. Dr. Juul aus Hamburg 3.) Nachbenannter Zeuge Adam.

z.P.: Richard Adam, 57 Jahre alt. Filmtheaterbesitzer. Wohnhaft z.Zt. Kampen / Sylt.

Nachdem der Zeuge auf die Bedeutung des Eides sowie die Strafbarkeit einer falschen uneidlichen Aussage hingewiesen worden war, wurde er, wie folgt, zvernommen.

z.S.: Ich bin vom 1932 bis 1934 xxxxxxx Landesfilmstellenleiter der NSDAP. in Hamburg gewesen. Vorher war ich privater Filmverleiher. Ich trat an die NSDAP. heran, um deren Filme verleihen zu können. Zunächst kaufte ich die Filme der NSDAP. und verlieh sie auf eigene Rechnung.

Vom Jahre 1933 ab wollte die Partei den Verdienst jedoch selbst einziehen. Von dieser Zeit an konnte ich die Filme nicht mehr selbständig verleihen. Deshalb gab ich im Jahre 1934 die Tätigkeit auf. Zu der Zeit wurden die Landesfilmstellen aufgelöst. Es wurden Gaufilmstellen errichtet, die dem Gauleiter unterstanden.

Von 1934 an bin dann Geschäftsführer des Reichsverbandes Deutscher Filmtheater, Abt. Norddeutschland, gewesen. Zu der Zeit handelte es sich noch um eine Organisation der Privatwirtschaft, die die Interessen der. Filmtheater zu vertreten hatte.

Der Gauleiter mußte allerdings schon damals mit der Besetzung des Geschäftsführerpostens einverstanden sein. Die Partei hielt sich jedoch bis zu meinem Ausscheiden aus dieser Tätigkeit im Jahre 1936 jeder Eingriffe.

Ich hatte keine Befugnis dazu, in die Verhältnisse einzelner Filmtheater einzugreifen. Ich habe das auch nie getan. Insbesondere habe ich nie erklärt oder gar darauf gedrängt, daß der Antragsteller seine Beteiligung an der damaligen Waterloo Theater GmbH. aufzugeben habe. Mir ist auch nicht bekannt, daß von irgendeiner Seite darauf gedrängt worden ist, daß der Antragsteller seinen Posten als Geschäftsführer der Gesellschaft aufzugeben habe. (IMG_5043) (Seite 99 der Akte).

Auf Befragen des Vertreters der Antragsgegnerin:

Im Jahre 1933 bestanden ausser der Landesfilmstelle der NSDAP. und des Reichsverbandes Deutscher Filmtheater keine weiteren Institute, die sich mit den Belangen der Filmwirtschaft befaßten.

Ich halte es für ausgeschlossen, daß einer meiner damaligen Angestellten nach der Machtübernahme bei der Waterloo-GmbH. angerufen und erklärt hat, daß der Antragsteller seinen Geschäftsführerposten niederzulegen habe.

Dienststellenleiter hatte ich nicht. Ich halte es auch für ausgeschlossen, daß eine Parteidienststelle einen solchen Anruf gemacht hat. Wenn ein solcher Anruf von irgend einer Seite erfolgt wäre, so hätte Herr Heisig mich sicher darüber darüber unterrichtet.

Auf die personelle Besetzung hat die NSDAP. erst xx vom Jahre 1936 ab Einfluß genommen.

Auf die Programmgestaltung der Filmtheater ist kein Einfluß genommen worden. Sobald die Filme von der Zensur freigegeben worden waren, konnte jeder Theaterbesitzer die Filme aufführen, die er zeigen wollte. [Offenbar ist der Widerspruch, der in dieser Äusserung steckt, bis heute nicht weiter aufgefallen]

Frau Esslen und Herr Heisig haben niemals bei mir darauf hinzuwirken versucht, daß etwas gegen den Antragssteller als Juden unternommen werden sollte. Es war mir damals bereits bekannt daß Herr Heisig anti-nationalsozialistisch eingestellt war und zwar sogar sehr stark.

In der ganzen Filmbranche war bekannt, daß der Antragsteller sehr stark verschuldet war. Ich bin der festen Überzeugung, daß er wegen dieser Verschuldung aus der Waterloo-G.m.b.H. auch ausgeschieden wäre, wenn die Machtübernahme durch die NSDAP. im Jahre 1933 nicht gekommen wäre.

Nach Diktat genehmigt. geschl.

Unruh

Dr. Petersen

Urschriftlich mit Akten dem Landgericht, 1. Wiedergutmachungskammer in Hamburg in Hamburg 36 Sievekingsplatz, Ziviljustizgebäude zu 1 Wik. 2/50

Kein Zeugengeld

IMG_50 46, Seite 1003 AR. 178/51 – Beschluß Der Antrag des Kaufmanns Richard Adam aus Kampen/ Sylt, ihm als Zeugen eine Entschädigung von 7,– DM für die Benutzung eines eigenen Kraftwagens zu gewähren, wird abgelehnt.

Gründe:

Der Zeuge ist am 15. August 1951 in der Wiedergutmachungssache Hirschel gegen Esslen (LG. Hamburg Wik. 2/50) vernommen worden. Er hat für die Fahrt von seinem Wohnort Kampen nach Westerland und zurück seinen eigenen Wagen benutzt und beantragt, ihm hierfür eine Vergütung von 7,– DM festzusetzen.

Wie ein Zeuge zu entschädigen ist, ist in der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige geregelt. Als Reiseentschädigung wird sind nach § 8 der Geb. O. die nach billigen Ermessen in dem einzelnen Falle erforderliche Kosten zu gewähren.

Daraus folgt, daß regelmäßig das billigste Beförderungsmittel zu benutzen ist. Das wäre in diesem Falle die Kleinbahn oder der Omnibus gewesen. Richtig ist es, daß der Zeuge dann, um den Termin wahrnehmen zu können, über 5 Stunden von seinem Wohnort entfernt gewesen wäre.

Wenn der Zeuge eine Entschädigung für Zeitversäumnis verlangen würde (§ 6 Geb. O.) und dann die Gesamtentschädigung höher sein würde als der für die Benutzung eines eigenen Kraftwagens zu vergütende Betrag, so könnte er die Summe verlangen, die üblicherweise bei Inanspruchname eines Kraftwagens erstattet wird.

Da der Zeuge aber eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht beansprucht, kann er nur eine Entschädigung in Höhe der Omnibus- oder Bahnfahrkosten, die sonst entstanden wären, – das sind 1,– DM erstattet bekommen.

Westerland, d. 18. August 1951 Das Amtsgericht. Dr. Petersen. (Amtsgerichtsrat) (Richter)

Westerland Bahnhof
Kleinbahn Sylt Bahnhof Westerland 1960 Foto Jens Meyer
Richard Adam
Zehn Jahre haben wir nach einem Foto des Täters gesucht, der damals die Enteignung der jüdischen Kinobesitzer in Hamburg (Henschel Film und Theaterkonzern) massgeblich organisert hat. Dann haben wir seinen Wohnort gefunden. Elbchaussee 454 in Hamburg und in Kampen auf Sylt. Beerdigt ist er in Keitum auf Sylt. Ein hübsches Grab mit Blick auf die Nordsee. Einfach ein wenig zu spät zum Suchen. Aber vorher hatte keiner gesucht. Anmerkung 2017. Auf dem gleichen Friedhof liegt auch Heinz Friedrich Reinefarth. Todestag 7. Mai 1979. Letzte Wohnanschrift Stadumstrasse 43, 2280 Westerland
Paradieschen
Alte Postkarte Lerchenweg 5 Kampen auf Sylt, Ein Wohnsitz von Richard Adam bis zu seinem Tode (Villa Paradieschen)
Villa
Elbchaussee 99 ab 1952 Elbchaussee 454. Ein Wohnsitz von Richard Adam von 1937 – 1967
Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann

Apropos Waterloo Theater (IV) (Zeugenvernehmung Struckmeyer)

PDF Zeugenvernehmung Hans Struckmeyer1

(Zeichen: 4.264) Abschrift 1 WiK 2/50 12. November 1951. Seite 111 der Akte (IMG 5074.jpg―IMG_5075.jpg) Öffentliche Sitzung. Zeugenvernehmung Hans Struckmeyer im Prozess Hirschel gegen Esslen. Anwesend: RA. Dr. Dehn RA H. Juul 14.15. Uhr Frau Esslen und Herr Heisig. Dr. Warmbrunn als EinzelrichterHirschel gegen 1.) Waterloo Theater GmbH, 2.) Frau Klara Esslen und ihre minderjährigen Kinder, 3.) Heinrich Heisig erschienen bei Aufruf für den Antragsteller RA. Dr. Dehn, für den Antragsgegner RA. Dr. H. Juul und Geschäftsführer Heisig sowie nachstehend benannter Zeuge.

Zeuge Struckmeyer:

Zur Person: Ich heiße Hans Struckmeyer, bin 62 Jahre alt, Kaufmann in der Filmtheaterbranche in Hamburg, ohne Beziehung zu den Beteiligten.

Zur Sache: In der Zeit vor dem Jahr 1933 war ich Vorsitzender des Verbandes Norddeutscher Filmtheater e. V., der die Belange der Inhaber von Lichtspieltheatern wahrnahm. Herr Hirschel war für seine Person nicht Mitglied, sondern sogenannter Außenseiter.

Ich war damals Mitinhaber eines Lichtspielhauses in der Mönckebergstrasse [Passage Kino, Mönckebergstrasse 17 ― 1930 ― 976 Sitzplätze] und befaßte mich außerdem mit der “Verleihung“ von Filmen. Ich erinnere mich genau, das in den Jahren etwa 1931/32 jedenfalls vor dem politischen Umschwung des Januar 1933, ( – 2 – ) Herr Hirschel, den ich persönlich gut kannte, sich in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand.

Da er seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber Filmverleihern nicht nachgekommen war, war eine Treuhandschaft eingerichtet worden, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die verfügbaren Einnahmebeträge aus der Treuhandschaft des Waterloo-Theaters pro rata unter den Gläubigern zu verteilen.

Die Grundlage der Tätigkeit war eine Vereinbarung, aufgrund deren der damalige Rechtsanwalt Dr. Eisner [Dr. Kurt Leo Eisner] für die Belieferung des Waterloo-Theaters beteiligten Filmverleihern die Einnahmen in Empfang nehmen und anteilweise der Forderungen verteilen sollte. So ist es auch eine Zeitlang geschehen. Aus welchem Anlaß und zu welcher Zeit Herr Hirschel seine Tätigkeit im Waterloo-Theater eingestellt hat, ist mir nicht bekannt.

[Anmerkung 2023: Zur Person von Kurt Leo Eisner (aus dem Buch von Heiko Morisse, Jüdische Rechtsanwälte in Hamburg, Christians Verlag 2003, Seite 127) Eisner, Kurt Leo10.12. 1892 Berlin ― 27.1. 1985 Wiesbaden. Jüdisch. Valentinskamp 90. Rechtsanwalt seit 1922. War besonders auf dem Gebiet des Lichtspiel- und Theaterrechts tätig. Übernahm im Juli 1935 eine Exportvertretung für Präzisionsapparate in Italien. Nach Aufgabe der Hamburger Wohnung Zulassung am 10. 12. 1936 zurückgenommen. Im November 1939 von Italien nach Brasilien emigriert. Übernahme von Vertretungen; Ehefrau als Verkäuferin tätig. 1941 Eröffnung einer kleinen Werkstatt zur Anfertigung und Reparatur von Damenhandtaschen. 1950 bis 1956 Zwangsvergleichsverfahren. 1967 nach Deutschland zurückgekehrt.] Ich bin nur damit befaßt gewesen, wie die Schulden des Herrn Hirschel an Filmverleihern beglichen wurden, nicht aber darüber unterrichtet, wann und in welcher Weise seine sonstigen Verbindlichkeiten abgedeckt worden sind.

Allgemein kann ich zu der Lage “jüdischer Filmtheater“ in der ersten Zeit nach der sogenannten Machtübernahme folgendes erwähnen:

Meine Position im Verband Norddeutscher Filmtheater habe ich bis zum Sommer 1934 beibehalten. Mein Nachfolger war ein Herr Roman,

[richtig: Paul Romahn, der Buchhalter (“der Syndikus“) vom Henschel Film- und Theaterkonzern]

nach der Umorganisation im Rahmen der Schaffung einer Reichsfilmkammer wurde es Herr Adam [Richard Adam]. Auf die Abgabe von Theatern durch jüdische Inhaber oder auf Entlassung jüdischer Angestellter wurde in der ersten Zeit nach dem politischen Umschwunge nicht hingewirkt.

Wenn mir mitgeteilt wird, daß Herr Hirschel behauptet, Mitte Juni 1933 durch politischen oder rassistischen Druck aus seiner Position verdrängt worden zu sein, so halte ich die Richtigkeit des Vortragens für unwahrscheinlich.

Vielmehr ist anzunehmen, daß andere Gründe damals für sein Ausscheiden maßgebend gewesen sind. Ich weiß auch nichts davon, daß damals außer den Wirtschaftsverbänden andere Stellen Einfluß auf die personelle Besetzung der Filmtheater nahmen.

[IMG_5076.jpg]

Die Schauburg-Theater an denen Juden beteiligt waren, [Man beachte die Wortwahl!] haben noch lange Zeit, sicher bis in das Jahr 1934 hinein, unter Beibehaltung ihrer Leitung und ihres Personals gespielt.

Später sind Änderungen durch Vepachtung oder durch ähnliche Weise herbeigeführt worden. Ich selbst bin in der Lage gewesen, einen jüdischen Angestellten, wenn auch schließlich unter Tarnung, bis in den Krieg hinein (1943) zu beschäftigen, der zurückgekehrt ist und jetzt wieder in meinen Diensten steht. [!]

Herr Adam [Richard Adam] betätigte sich in der Zeit vor dem Jahre 1933 im Vertrieb nationalsozialistischer Propagandafilme, erzielte aber dabei, so weit mir bekannt, keine besonderen Erfolge. Später hat er sich meiner Kenntnis nach an der Arisierung eines Theaters in Kiel [Adam, Romahn und Schümann] beteiligt.

Adam [Richard Adam] war zunächst nur irgendwie in der Propaganda der NSDAP tätig und kam in das Verbandsleben erst zu einem späteren Zeitpunkt hinein. Es wäre zu meiner Kenntnis gelangt, wenn aufgrund irgendwelcher höherer Weisungen Herr Hirschel zur Aufgabe seiner Tätigkeit gezwungen worden wäre. Ich habe hiervon aber nichts erfahren. Vorgelesen und genehmigt.

Hierauf trat die besetzte Kammer, Landgerichtsrat Dr. Warmbrunn als Vorsitzender, Amtsgerichtsrat Ehrhard, Landgerichtsrat Engelschall zusammen. Die Anwälte wiederholten ihre früheren Anträge und verhandelten zur Sache.

Beschlossen und verkündet: Eine Entscheidung soll den Parteien zugestellt werden. Warmbrunn Keßler

Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann

Apropos Waterloo Theater (III)

Abschrift eines Briefes von Karl Alphons Kohn London an das Landgericht Hamburg bezüglich Waterloo Theater Hamburg

pdf KA Kohn 23 Oktober 1946

(Zeichen 2.760) Abschrift. K. A. Kohn James Magnus & Co. 23 Barbican London K. A. Kohn (German) 23rd. Oktober 1946 Kreis: Hamburg Anspruch gegen: Frau Clara Esslen d.h. Waterloo Kino, Hamburger Dammthor Strasse In Vollmacht datiert 1 ten März 1946 ausgestellt in Saõ Paulo, Brasilien, von Herrn Manfred Hirschel an Herrn Karl Alphons Kohn, 67 Chalckhill Rd. Wembley Park, Mddx.

Der Unterzeichnete K.A. Kohn möchte Anspruch erheben an Stelle von Herrn Manfred Hirschel in Bezug auf Herrn Hirschels Eigentum und Teilhaberschaft am Waterloo Kino, Hamburg, auf Grund folgender Tatsachen: Herr Hirschel, welcher jetzt in Saõ Paulo Brasilien lebt war Teilhaber des Waterloo Kino‘s, Dammthor Strasse, Hamburg. Der andere Teilhaber war eine Dame, Frau Clara Esslen und das Waterloo Kino G.m.b.H. wurde von Herrn Hirschel und Frau Esslen gegründet; jeder Teilhaber hatte einen Anteil von 50 %.

Die Führung des Kino‘s war alleinig in den Händen von Herrn Hirschel der deshalb auch einen Kontrakt hatte der ihm den Gewinn des Verkaufs von Zigarretten und Süssigkeiten zusprach.

Ausser diesem hatte er einen Kontrakt mit Frau Esslen d.h. mit der G.m.b.H. als Angestellter, wonach er ein besonderes Gehalt als Geschäftsführer erhielt. Alle diese Kontrakte sowie der Teilhaberkontrakt und der Mietsvertrag liefen bis zum Jahr 1955. Frau Esslen war Inhaberin des Grundstücks (Ich weiss nicht ob sie auch das Gebäude besass) [Ja, war sie]

Schon im Mai 1933 übte die Nazi-partei Druck auf die G.M.B.H. aus, das Waterloo Kino zu “ariesieren“ und unter der Drohung das Kino zu schliesssen zwang sie Herrn Hirschel seine Stellung als Geschäftsführer aufzugeben. Im Februar 1934 verbot Frau Esslen Herrn Hirschel, da sie Inhaberin des Grundstückes war, das kino oder die Büros zu betreten.

Weiterhin verweigerte sie jede Zahlung und weigerte sich ihren kontraktlichen Verpflichtungen nachzukommen mit der einzigen Begrün-dung (meistens angewandt in diesen Zeiten) dass man es ihr nicht zumuten könne einen Kontrakt mit einem Juden zu erfüllen.

Herr Hirschel war deshalb gezwungen eine gerichtliche (handschriftliche Anmerkung £/313) Klage anzustrengen in Bezug auf Einhaltung und Erfüllung der bestehenden Kontrakte.

Er schätzte seine Verluste in dieser Zeit auf £ 25.000. Er wurde dann vor die N.S.D.A.P. geladen sowie vor die Gestapo und die Kriminalpolizei und man drohte ihm mit Haft im Konzentrationslager. Nach zwei Jahren der unfairsten Prozessführung von Seiten der Frau Esslen, war er gezwungen seine Rechte aufzugeben und nach Brasilien auszuwandern.

Ich möchte eine weitere nötige Auskunft geben. Ein Schwager von Herrn Hirschel lebt noch in Hamburg. Sein Name ist John Streit, 14 Hegestieg, Hamburg 14. Dieser Herr ist jetzt Teilhaber der Schauburg G.M.B.H., Hamburg.

Ein weiterer Zeuge dürfte der frühere Anwalt von Herrn Hirschel, Dr. Stumme, Hamburg sein der vielleicht noch die Akten der Gerichtsverhandlung hat.

Ohne Zweifel wird und kann Herr John Streit alle nötigen Auskünfte über die ganze Angelegenheit geben, über Frau Esslen und auch über einen Mann namens Heisig, welcher im Waterloo angestellt war als Herr Hirschel noch Teilhaber war und soweit ich weiss, ist dieser Heisig auch heute im Waterloo tätig.

Unterschrift K. A. Kohn

Karl Alphons Kohn

Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann

Apropos Waterloo Theater (II)

Römische Zahlen am BUG
Römische
Dr. Otto H. Bauer (Foto aus dem Buch von Heiko Morisse, Jüdische Rechtsanwälte in Hamburg, Ausgrenzung und Verfolgung im NS-Staat, Seite 117)
Manfred Hirschel mit seiner Tochter Eva Hirschel (geb. 1930) in Hamburg Bebelallee /Adolf Hitler Straße (Foto Louis Segall Hamburg 1936)
Waterloo Kino nach dem Einbau Balkon
Waterloo Kino (nach dem Einbau des Balkon 1928)
Nilpferd
Zeichnung Helga Bachmann

Apropos Karl Friedrich Esslen

Werbung ca.1921

PDF Apropos Karl Friedrich Esslen (II) (Zeichen 5.100)

Sein Vater, Josef Esslen, Drucker aus Trier, war nach Luxemburg eingewandert. Er hat sich im Grenzort zu Preussen, Grevenmacher, niedergelassen und dort eine Zeitung, die »Obermosel Zeitung«, gegründet.

Sein Sohn, um den es hier eigentlich geht, wurde ein echter »Luxemburger«. Damit hat er Schwein gehabt, denn er mußte nicht, wie seine späteren Firmenteilhaber, in Deutschland Kriegsdienst leisten.

Wikipedia teilt mit, das Sohn »Karl Friedrich Esslen« einige Semester in Paris Medizin studiert hatte und dann später als Zeitungsredakteur bei der Zeitung seines Vaters der »Obermosel Zeitung« in Grevenmacher gearbeitet hatte.

Die Nullnummer der »Obermosel Zeitung« war am Samstag, d. 2. Juli 1881 erschienen. 1908 war Karl Friedrich Esslen Redakteur dieser Zeitung. Daher stammt die Vermutung, das Karl Friedrich so um 1880 geboren ist.

1910 ist Karl Friedrich Esslen Generalvertreter des Schwedischen Lederölherstellers »Olsen«. und wohnt in Berlin-Kreuzberg in der Köpenicker Straße Nr. 9. Zusammen mit den Brüdern Paul und Walter Salzenbrodt, gründet er zwei Firmen: Eine für Schuhcreme und eine zweite, die sich mit dem Verkauf von Wein und Spirituosen aus Trier beschäftigen soll.

Wo Karl Friedrich Esslen seine spätere Ehefrau, Clara Koglin, kennengelernt hat ist nicht überliefert. Geheiratet haben sie in Berlin.

Im Hinterhof der Köpenickerstraße Nr. 9 beginnt »Esslen & Co. GmbH« 1910 mit der Herstellung von Schuhcreme. Sie setzen dem schwedischen Lederöl, laut Wikipedia, ein »südamerikanisches Baumharz« hinzu. Offensichtlich erfolgreich: 1912 wird ein größeres Gebäude in der Schlesischen Strasse 12 angemietet.

1914 ruft der Kaiser Paul und Walter Salzenbrodt zur Verteidigung des Vaterlandes auf. Karl Friedrich Esslen hat das Glück, das sein Vaterland, Luxemburg, nicht kriegsbeteiligt ist. Schuhcreme wird gebraucht und so wird das »Collonil Pflegemittel« im Krieg ein Verkaufsschlager: „Der erhöhte Bedarf an wasserabweisender Pflegemittel für Soldatenstiefel tat den Umsätzen gut“, zitiert Wikipedia aus einer »Collonil« Firmenschrift.

Schon 1921 ist die Schuhcremefabrik so groß geworden, das der Platz in Berlin-Kreuzberg nicht mehr ausreicht. Ein neuer Standort wird nördlich von Berlin in Mühlenbeck gefunden. Die Schuhcremefirma »Collonil«, ist seit 1914 ein eingetragenes Warenzeichen. Auch der Handel mit Wein und Schnapps zieht nach Mühlenbeck um.

Inzwischen ist der Vater von Karl Friedrich Esslen, Josef Esslen, laut Adressbuch „Privatier“ aus Luxemburg in seine Heimatstadt Trier zurückgekehrt. Er wohnt 1922 in der Nikolausstraße 39. Auch sein Sohn Karl Friedrich Esslen hat 1922 in der Ostallee 79 eine Wohnung in Trier.

Von 1923 – 1930 habe ich im Netz keine Adressbücher von Trier gefunden. Vermutlich, weil dieses Gebiet von ausländischen Truppen besetzt war, denen man keine Adressbücher zur Verfügung stellen wollte, um dem »Erzfeind« keine Hinweise zu geben, wer wo wohnt.

Karl Friedrich Esslen starb »plötzlich« am 16. Juli 1930. Paul Salzenbrodt starb 1935. Die Schuhcremefabrik »Collonil« wird von Walter Salzenbrodt fortgesetzt.

1948 lag Mühlenbeck in der SBZ, der Sowjetischen Besatzungszone. Walter Salzenbrodt verläßt Mühlenbeck und versucht in Berlin (West) (damalige westberliner Schreibweise), in Borsigwalde, einen Neuanfang. Das ist ihm offensichtlich gelungen.

Ob die beiden Zinshäuser von Clara Esslen in Berlin, Kaiserplatz 11 + 12 (heute Bundesplatz 11 + 12) 1945 noch vorhanden waren, ist nicht überliefert. Auf jeden Fall sehen sie heute so aus, als hätten sie den Krieg heil überstanden.

Und hier noch ein Suchmaschinen Fundstück: Autor ist: R. Hilgert. Er schreibt über den Herausgeber der Obermosel Zeitung Josef Eßlen: Das goldene Zeitalter 1866-1888. Nachdem er öfters die beiden hauptstädtischen Parteiblätter »Luxemburger Wort« und »Luxemburger Zeitung« gelesen habe, sei ihm klar geworden, dass ein Markt für eine weitere Zeitung bestehe. So erinnerte sich 50 Jahre später der, wie einst Schroell, aus Trier eingewanderte Drucker Josef Eßlen an die Gründung der »Obermosel Zeitung«. Als Ausländer habe er es nicht gewagt, sich in Luxemburg-Stadt niederzulassen, deshalb habe er sich in einer Grenzortschaft zu Preußen niedergelassen. Zuerst habe er Remich erwogen und dann, nach Absprache mit dem dortigen Bürgermeister und Dechanten, Grevenmacher ausgewählt, das geschäftlich beinahe ein Vorort von Trier gewesen sei. Nach einer Nullnummer erschien am Samstag, dem 2. Juli 1881, die erste Nummer der Obermosel-Zeitung, Druck und Verlag von J. Eßlen, Grevenmacher.

Eßlen, der unbeteiligt an den politischen Auseinandersetzungen in Luxemburg war, versuchte, ein unpolitisches, populäres Massenblatt zu schaffen. Deshalb setzte er auf Lokalnachrichten und füllte seine Zeitung mit jedem Dorfklatsch, der ihm zu Ohren kam. Das war ein Erfolgsrezept, das sich zu der Zeit auch in den Nachbarländern bezahlt machte und von manchen gebildeten Lesern naserümpfend als neumodische Dekadenz der Presse angesehen wurde.

Da es Eßlen als Ausländer an persönlichen Kontakten fehlte, baute er systematisch ein Netz von mit Zeilenhonorar bezahlten Lokalkorrespondenten auf, die ihn so schnell wie möglich mit den wichtigsten und unwichtigsten Nachrichten aus möglichst allen Landesteilen und den Grenzdörfern versorgen sollten.

Die Konkurrenzblätter warfen der Obermosel-Zeitung vor, mit „Zeilenschindern“ zu operieren. Beim Start habe die neue Zeitung bereits 200 Abonnenten gehabt, erzählte Eßlen, die bereit waren, 1,30 Franken zu zahlen.

Bereits 1884 warb die Obermosel-Zeitung als „meistverbreitete Zeitung im Großherzogtum Luxemburg“ für sich. Nach wenigen Jahren sei die Auflage auf 10 000 gestiegen, so Eßlen, die Obermosel-Zeitung war kurz vor der Jahrhundertwende die am meisten verbreitete Zeitung des Landes. Als sie wieder von der Konkurrenz überrundet wurde, warb sie weiter doppeldeutig damit, die größte Zeitung des Landes“ zu sein, da sie mit vorübergehend 64,5 x 49 cm eine der größtformatigen Zeitungen der Luxemburger Geschichte war.“

PDF Fünf Fundstücke

Fünf Fundstücke Fundstück ― Nummer: 1

Abschrift aus dem Reichsanzeiger. Handelsregister Hamburg. Veröffentlicht am 23. 09. 1922 Eintrag vom 16. September 1922. „Norddeutsche Film=Theater=Komm. Ges. Hirschel & Co. Persönlich haftende Gesellschafter sind Manfred Hirschel und Hermann Urich, Kaufleute, zu Hamburg. Kommanditgeselllschaft hat am 1. August 1922 begonnen. Die persönlich haftenden Gesellschafter sind gemeinschaftlich vertretungsberechtigt.

Fundstück ― Nummer: 2 Abschrift eines Handelsregisterauszuges. Handelsregisterauszug Berlin Berlin, Dienstag d. 21. Juli 1925 Nr. 36536 Handelsregister B „Karl Esslen, Weinkellereien, Trier, Verkaufszentrale Mühlenbeck bei Berlin, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Mühlenbeck bei Berlin. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel mit Weinen und Spirituosen aller Art. Stammkapital 20.000 Reichsmark. Geschäftsführer: Kaufmann Karl Esslen in Wecker, Luxemburg, Kaufmann Walter Salzenbrodt und Kaufmann Paul Salzenbrodt, beide in Mühlenbeck bei Berlin. Die Gesellschaft ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Gesellschaftsvertrag ist am 22. Juni 1925 abgeschlossen. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so erfolgt die Vertretung durch einen Geschäftsführer allein.“ Anmerkungen: (Umwandlung am 10. Februar 1932) (Am 18. Februar 1932 verlegt nach Hamburg)

Fundstück ― Nummer: 3 Handelsregister Hamburg 1. Februar 1930. Veröffentlicht am 8. Februar 1930 im Reichsanzeiger (Seite 4) „Norddeutsche Film=Theater=Komm. Ges. Hirschel & Co. sind zwei Kommanditisten eingetreten, Prokura ist erteilt an Karl Esslen; er ist in Gemeinschaft mit einem persönlich haftenden Gesellschafter zeichnungsberechtigt.“

Fundstück ― Nummer: 4 Handelsregister Berlin. Eintrag vom 10. Februar 1932. Deutscher Reichsanzeiger. „Bei Nr. 36 536. Karl Esslen, Weinkellerei, Trier, Verkaufszentrale Mühlenbeck bei Berlin Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Der Geschäftsführer Karl Eßlen ist durch Tod ausgeschieden. Durch Beschluß vom 1. Dezember ist zum alleinigen Geschäftsführer an seiner Stelle Rechtsanwalt Dr. jur Otto Herbert Bauer, Hamburg, bestellt, der jedoch am 19. Dezember 1931 bzw. 9. Januar 1932 sein Amt niedergelegt hat.

Bild von Dr. jur. Otto Herbert Bauer aus dem Buch von Heiko Morisse, Jüdische Rechtsanwälte in Hamburg, Ausgrenzung und Verfolgung im NS-Staat, S. 117

Laut Beschluß vom 19. Dezember 1931 bzw. 9. Januar 1932 ist der Gesellschaftsvertrag bezgl. des Sitzes der Gesellschaft, der Vertretung und sonst abgeändert und völlig neu gefaßt. Der Sitz der Firma ist von Berlin Mühlenbeck nach Hamburg verlegt. Die Gesellschaft wird nur durch zwei Geschäftsführer gemeinsam vertreten. Zu neuen Geschäftsführern sind Kaufmann Manfred Hirschel, Hamburg, Rechtsanwalt Dr. jur. Otto Herbert Bauer, Hamburg bestellt.“

Fundstück ― Nummer: 5 Handelsregister Hamburg Abschrift eines Handelsregisterauszug vom 11. Oktober 1933 Eintrag vom 10. Oktober 1933 „Waterloo=Theater Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Dr. O. H. Bauer ist nicht mehr Geschäftsführer. Witwe Klara Esslen, geb. Koglin, zu Berlin Charlottenburg ist zur weiteren Geschäftsführerin bestellt worden.“

Foto von Willy Pragher Berlin 9. Juni 1965
Land in Sicht. Heimathafen Hamburg. Foto von Helmut Schönberger. 1975

Apropos Clara Esslen (I)

PDF Apropos Clara Esslen (Zeichen6.375 )

Eigentlich wissen wir nicht viel über Clara, die manches Mal ihren Vornamen Clara mit einem (K) versehen hatte. Vielleicht um ihrem Ehegatten Karl Friedrich Esslen ähnlich zu werden? Sie schenkte ihm drei Kinder. Die Geburtsdaten der Kinder und ihres sind sämtlich unbekannt. Aber es gibt Eckdaten. Karl Friedrich Esslen starb am 16. Juli 1930. Und daraus lassen sich andere Daten herleiten.

Zum Beispiel aus dem Schriftsatz ihres gegnerischen Anwaltes Dr. Dehn aus Hamburg erfahren wir so über Umwege, das ihre Kinder: a) Eva, Brunhilde, Klara, Elisabeth, Sieglinde Esslen b) Werner, Eberhard, Wilhelm, Erlo Esslen, c) Günther Esslen am 20. März 1950 volljährig sind. Rufnamen: Eva, Erlo und Günther!

Dr. Dehn vertritt den Mann, dem das Kino einmal gehörte und der die Frechheit besessen hatte, das ihm die Flucht aus Deutschland gelungen war. Das er nicht von den Nazis, die sie aber so gar nicht leiden konnte, ermordet worden war.

Volljährig wurde man im Deutschland von 1950, wenn man das 21. Lebensjahr vollendet hatte. Dann durfte man auch wählen. Leider war es nicht möglich, das Ehepaar Esslen zu befragen, warum der Letztgeborene nur den Vornamen Günther bekommen hatte, wo doch die Erstgeborene Eva noch fünf Vornamen bekommen hatte? Woher kam diese plötzliche Sparsamkeit? Woher kam dieser plötzliche Namensgeiz, wo doch Kind eins fünf und Kind zwei vier Vornamen bekommen hatte?

Als Gatte Karl Friedrich Esslen (Weinhändler und Fabrikant von Schuhcreme – Collonil) am 16. Juli 1930 verschied, hinterließ er seiner Gattin u. a. zwei Zinshäuser in Berlin, so nannte man das damals. Belegen in Berlin – Wilmersdorf, in einer sog. gutbürgerlichen Gegend, wie man das damals nannte, am Kaiserplatz Nr. 11, ein Zinshaus mit 30 Mietwohnungen und gleich daneben am Kaiserplatz 12, ein Zinshaus mit 18 Mietwohnungen.

Sie selbst wohnte eine Zeitlang auch in jener Stadt: In Berlin – Charlottenburg in der Leistikowstraße 4. Auch eine sogenannte gutbürgerliche Gegend. Das war 1934 – 1935. Das steht so im Scherl Adressbuch von Berlin, das im Netz zu finden ist. Dieses Haus in Berlin wird ihr nicht vererbt.

Neue Informationen aus dem Jahr 2023: Clara Koglin hat die erste Zeit ihres Lebens ebenfalls in Berlin verbracht. Nach ihrer Hochzeit in Berlin 1918 mit dem Lederölvertreter Karl Friedrich Esslen aus Luxemburg wohnte sie »Am Treptower Park 34« in Berlin Treptow. Ihr Elterhaus, der Vater war der Schuhmachermeister Ferdinand Koglin, stand in der Kantstraße 2 in Berlin-Lichtenberg.

Im Jahr 1909 gab es in Berlin sieben Kantstraßen. Fehlt noch die Mutter: Luise Koglin. Manchmal im Scherl Adressbuch von Berlin auch als Louise Koglin, geb. Betke, (auch Bethge) benannt. Nachdem ihr Gatte, der Schuhmachermeister Ferdinand Koglin 1909 gestorben war, taucht Luise Koglin im Scherl Adressbuch eine ganze Weile mit der Abkürzung: »Schuhmmstrww.« auf, was vermutlich »Schuhmachermeister Witwe« heißen soll.

Später wohnte Clara Esslen auch in einer Wohnung in Hamburg: In der Beneckestraße Nr. 50 im dritten Stock. Im zweiten Stock dieses Hauses wohnte in gleicher Zeit jene Frau, die das Thalia Kino in der Grindelallee »gekauft« hatte, das bis dahin »Ranette Salfeld« gehört hatte. Nein, welch ein Zufall aber auch.

In Hamburg wurde Clara Esslen, geb. Koglin, die Erbin des Dammtorhauses, Dammtorstraße 14. Das Haus daneben Dammtorstr. Nr. – 15 erbte sie ebenfalls. Nr. 14 ist ein fünfgeschossiges Kontorhaus, erbaut 1910 von Max Wagner. Im Hof gab es ein Kino mit 900 Sitzplätzen. Ein berühmtes Kino. Das »Waterloo Theater«. Das fünfgeschossige Kontorhaus hatte 44 solvente Mieter. Ärzte, Rechtsanwalte, Firmenvertreter.

Das Kino gehörte ihr leider nur zur Hälfte, aber da es einem Juden gehörte, setzte sie alles daran, auch die andere Hälfte zu bekommen. Was ihr, mit der Hilfe guter Freunde bei der herrschenden Partei, auch gelingen sollte. In jener Zeit wohnte sie nicht in Hamburg, sondern, wie es sich gehörte, in der Parkallee 21 in Wiesbaden.

Zwei GmbHs leisten ihr als Mantel bei dieser Eroberung gute Dienste. Zwei Firmen Mäntel, die sie noch benutzen wollte. Mäntel, die eigentlich nutzlos geworden waren, weil sie keinen Wert mehr hatten. Mäntel, die ihr Gatte damals aus ihrer ehemaligen Heimat, Mühlenbeck bei Berlin mitgebracht hatte: »20.000 Reichsmark GmbHs«., die dort aber nicht mehr benötigt wurden.

Mit dem sperrigen Namen: »Esslen Weinkellereien, Trier, Verkaufsstellen Mühlenbeck bei Berlin, Gesellschaft mit beschränkter Haftung«, die sie, bei passender Gelegenheit umbenannte und nach Hamburg transportierte.

Die passende Gelegenheit ist der Beginn der Nazizeit, als man ihnen die Macht übergab, mit denen sie natürlich nichts am Hut hatte, wie sie 1949 beteuerte. Damit war sie übrigens nicht allein. Jeder »gute Deutsche« hatte mindestens zwei Juden das Leben gerettet. Und hatte keine Hakenkreuzfahne, um diese aus dem Fenster zu hängen.

Nein. Sie hatte sich sogar einen Juden als Rechtsanwalt genommen!

Und in dem Kino, das sie sich unter den Nagel gerissen hatte, hatte sie sogar, das ließ sie ihren späteren Anwalt dem Gegner und dem Gericht verlauten, der die Frechheit hatte, nach dem verlorenen Kriege sein Eigentum zurückzuverlangen, geantwortet, dass sie sogar in der Nazizeit Filme von einem »Volljuden« gezeigt hatte. Wie von dem »Volljuden Charlie Chaplin«.

Ja, ungebildet war sie auch. Aber, es hatte ihr doch keiner gesagt, das Charlie Chaplin weder ein »Voll« noch ein »Halbjude« war. Es konnte ja auch keiner wissen, das jene unsäglichen Briefe aus dem Verfahren der sog. Wiedergutmachung einmal an die Öffentlichkeit gelangen würden. Das die mal einer fotografiert. Und sie scheute sich auch nicht, eine Person in ihrer Abhängigkeit, der Mann der ihr das Kino machte, in diese Strategie mit einzubeziehen. Solange er ihr nützlich war, durfte er bleiben.

Später, als er ihr nicht mehr nützlich war, setzte sie ihn vor die Tür. Sie verkaufte »ihr Kino«, das sie übrigends nie selbst gemacht hatte an die »MGM«. Von nun an hieß es »MGM Waterloo«, denn der Ort war weiterhin modern: »Ich wollte es wäre Nacht, oder die Preußen kämen«

Hat sich was mit Direktor des »Waterloo Kinos«. Schließlich gab es ja eine Zeitung, die die Nachricht vom Verkauf des Kinos verbreiten konnte.

Auch damals gab es einen, der ihr nützlich war. Der Rechtsanwalt: Dr. jur. Otto Herbert Bauer aus Hamburg. Er war Jude und hatte sich in der Petrikirche in Hamburg taufen lassen. War zum Christentum übergetreten und evangelisch geworden.

Die Nazis hatte das aber nicht weiter gestört. Sie haben ihn deportiert und ermordet. Seine Tochter hatte sich noch ins Ausland retten können.

Wieder ein Dokument aus dem Netz: Rechtsanwalt Dr. Otto Bauer, geboren 1896, schreibt an seine Tochter in den USA: “1000 sollen deportiert werden. Auch wir gehören dazu, obwohl wir doch Christen sind. Einige nehmen sich das Leben. Wohin man mich schicken wird, das weiß niemand. Aber ich danke dem allmächtigen Gott, dass ich die Kraft aufgebracht habe, dich geliebtes Kind, vor diesem Schicksal zu bewahren.“ (Zitat aus dem Buch von Hans-Jürgen Benedict, Kein Trost,nirgends?) Otto Bauer wird zunächst ins KZ Fuhlsbüttel eingeliefert. Er kommt im September 1942 im KZ Mauthausen zu Tode. Soll man noch weiter suchen?

Nein. Ich glaube es reicht. Weitersuchen ist nicht nötig. Auch was nach ihrem Tode, die Testamentseröffnung Clara Esslen war am 30. Juni 1959, ihre Erben, die Kinder mit den vielen Vornamen, damit gemacht haben. Wer will das schon wissen? Nicht mal das Todesdatum von Clara Esslen, geb. Koglin, wissen wir.

Ihr ehemaliger Kinodirektor, Heinrich Bernhard Heisig, der von 1930 – bis zu seinem Rausschmiß 1956 »Direktor« des »Waterloo Theater« war, hat 1961 Malve Wilckens-Meierthur geheiratet. Von nun an hieß sie Malve Heisig. Malve Heisig, Keramische Unikate. Holunderweg 16 in Hamburg (Groß Borstel). 1984 ist Heinrich Bernhard Heisig gestorben. Da war er schon lange kein Kinobesitzer mehr.

Was hatte noch Gerard Philippe in der Deutschen Fassung von »Fanfan, der Husar« geantwortet, als sein Vorgesetzter herausposaunte, man habe ihm schon vier Pferde unter dem Arsch weggeschossen? Seine Antwort war: Ja, die besten sterben immer zuerst! Ob dieser Satz auch in der französischen Originalfassung gesagt wird, habe ich nie überprüft. J.

Waterloo Theater 25.08.1989
Foto Jens Meyer. Hamburg. Dammtorstraße 14. (Foto vom 25. August 1989)
Am 1. Januar 1933 erschien die 1. Nummer der Filmwelt . Das Filmmagazin. 30 Pfennig. Auf dem Umschlag ein Bild von Heinz Rühmann aus dem UFA Film von Max Ophüls: „Lachende Erben“. In dem Film spielt Heinz Rühman den Vertreter Peter Frank. Universalerbe des Weinhändlers Justus Bockelman. Start war am 6. März 1933. Drehbuchautor war Felix Joachimson, geb. am 05. 06. 1902 in Hamburg. Gest. am 07. 12. 1992 in Camarillo. Kalifornien, USA.

Nachtrag: Die Geburtsdaten der Kinder von Clara Esslen hat Peter O. herausgefunden: Eva Essslen ist am 3. Juni 1918 geboren. Erlo Esslen am 1. Februar 1922 und Günter Esslen am 21. August 1923. Damit ist auch geklärt wann diese Personen volljährig (21 Jahre alt) wurden. Mit anderen Worten. Es ist so wie ich bereits angenommen hatte: Bei Prozessbeginn waren alle „minderjährigen Kinder“ von Clara Esslen volljährig. (Vormundschaftsgericht). Die angebliche Minderjährigkeit wurde von Clara Esslen nur genutzt, J.

Tier

Briefe an Wiebeke (XXVI-26) Über Alfred Bauer, Otto Horst Axtmann, Max Winkler.

Romische Zahlen am BUG

PDF Apropos Axtmann, Bauer und Winkler 6.899.

Hallo Wiebeke,

das Sprichwort sagt: Nur wer den Teppich anhebt, erfährt, was alles darunter gekehrt wurde! Wie hiess noch dieser Kriegsfilm? Der mit Hardy Krüger? Das war noch in der Zeit, als Dein Vater auf der Flucht durch die Elbe geschwommen ist, um die Ostzone zu verlassen.

Nicht, als er der Deckenzwerg beim Schauspielhaus war. Na, der Film hiess: Einer kam durch. Um was es dabei ging, habe ich vergessen. Die Analogie ist mir beim Lesen des Lexikons von Ernst Klee eingefallen. Von den o. g. drei Personen, haben es nur zwei davon in das Buch von Ernst Klee geschafft: In »Das Kulturlexikon zum Dritten Reich—Wer war was vor und nach 1945«. 2007 im S. Fischer Verlag erschienen. Viertausend Personen sind dort versammelt. Alfred Bauer fehlt. Erinnerst Du Dich noch an unseren Vorschlag von vor zwei Jahren, bezüglich der Umbennenung des Alfred Bauer Preises: Silberner Bär? Nein? Dann mußt Du Dich jetzt ein wenig gedulden. Zurück zum Thema:

Auch in der Fachzeitschrift »Filmecho—Filmwoche«, die seit 1945 erst in Hamburg und dann in Wiesbaden erschienen war, (bis 2020) wurde die Vergangenheit des Berlinale Direktors nicht problematisiert. Das ist auch weiter kein Wunder und man versteht es sofort, wenn man sich mit der Biografie des Verlagsgründers und Chefredakteurs der ersten Stunde »Horst Axtmann« beschäftigt. Der steht in dem Buch von Ernst Klee ganz vorne auf Seite 22. Natürlich nur deshalb, weil die Biografien alphabetisch sortiert sind:

Axtmann, Otto Horst. Jugendschriftleiter beim NSDAP-Zentralorgan Völkischer Beobachter München. *27.6.1917 (!). 1937 NSDAP (Nr. 5 917445). 1938 Jugendbuch: Kinder werden Pimpfe. 1939: Marsch des Glaubens. Ein Buch vom Hitlermarsch der HJ. 1939 Wehrmacht. 1941 Lied vom Spaten. Tagebuch eines Arbeitsmannes. 1941: Wir schreiten zum Sieg! Frontgedichte. 1943 Leutnant. Nach 1945 als Horst Otto Axtmann Filmjournalist. Chefredakteur der Fachzeitschriften Filmecho, Filmvorführer, Filmtechnikum. Verlag Horst Axtmann GmbH in Wiesbaden. JournalistenHandbuch 1960: Im Arbeits- und Hauptausschuß der freiwilligen Selbstkontolle der Deutschen Filmwirtschaft (FSK). Q.: Literatur-Kürschner 1943; Stockhorst. Kein Wunder also, das eine Biografie von Alfred Bauer hier in der wöchentlich erscheinenden Fachzeitschrift »Filmecho-Filmwoche« eher unerwünscht ist. Niemand schneidet sich gerne ins eigene Fleisch.

Auf Seite 668 kommt dann (Im Kulturlexikon zum Dritten Reich): Winkler, Max. Reichsbeauftragter für die deutsche Filmwirtschaft (1937). *7.9.1875 Karresch in Westpreußen als Lehrerssohn.. 1913 Postsekretär in Graudenz, 1918 ebenda Bürgermeister. 1920 bis 1933 Reichstreuhänder für die abgetrennten deutschen Gebiete. 1929 alleiniger Gesellschafter der Cautio (*) Treuhand GmbH. Nach eigenen Angaben diente er in der Weimarer Republik 18 Reichskanzlern diskret und loyal bei Finanzaktionen (verdeckter Aufkauf von Zeitungen, Finanzierung von Wahlkämpfen) und ebenso diskret den Nazis. Peter de Mendelssohn (Zeitungsstadt): »Am Tag der Machtergreifung, dem 30. Januar 1933, besaßen die nationalsozialistische Partei und ihr Parteiverlag Franz Eher Nachf. in München knapp 2,5 Prozent aller deutschen Zeitungen. Zehn Jahre später besaßen sie 82,5 Prozent. Dieser in der Weltgeschichte des Zeitungswesens einzigartige Vorgang war weitgehend das Werk Max Winklers.«

Winkler kaufte Juni 1934 zu einem Spottpreis den jüdischen Ullstein Verlag, der in den Eher Verlag überführt wurde (in der Öffentlichkeit nicht bekannt). Goebbels am 9.3. 1937 im Tagebuch: »Winkler ist ein richtiges Geschäftsgenie.« Am 18.3. 1937 Überführung von Hugenbergs Ufa in Staatsbesitz (danach Einverleibung der Tobis-Filmkunst GmbH, der Terra-Film AG und der Bavaria AG). 1937 NSDAP. 1939 Goldenes Parteiabzeichen, zugleich Leiter der Haupttreuhandstelle Ost der Vierteljahresplanbehörde (Göring): Verwaltung geraubten Industrie- und Grundbesitze im Osten. 1945 Internierung. In den 50er Jahren von Bundesregierung mit der Entflechtung des von ihm errichteten Filmkonzerns beauftragt. (Fetthauer). Zeuge Riefenstahls im Streit um die Urheberrechte an ihrem Olympia-Filmen. (Reifenstahl) † 12.10.1961 Düsseldorf.

(*) Der Google Übersetzer macht aus dem Wort Cautio das deutsche Wort Warnung, falls es sich tatsächlich um ein lateinisches Wort handeln sollte, was Max Winkler da gewählt hat. (Anmerkungen von Wolfgang Becker bezüglich Max Winkler): Seite 137, in dem Buch: Film und Herrschaft: „In den folgenden sechs Jahren stellte Winkler nun seine finanzpolitischen Fähigkeiten in den Dienst der nationalsozialistischen Gleichschaltungs- und Konzentrationsmaßnahmen im Pressesektor. Er arbeitete mit Goebbels, Amann und Rienhard, mit Göring und Gritzbach zusammen und überführte Hunderte von Zeitungs- und Buchverlagen in Reichs- und Parteibesitz. Sein Name wurde gleichbedeutend für die mehr oder weniger gewaltsame Zerstörung des Privatbesitzes in der deutschen Presse: Die großen Verlagskomplexe der Ullstein AG, der Mosse Treuhand GmbH und des Scherl Verlages kamen unter seine Kontrolle und nur ein geringer Rest auflagenschwacher Blätter blieben in Privathand. Jüdische, marxistische und sozialdemokratische Zeitungen wurden verboten und enteignet. Zweifellos waren es praktisch Enteignungen, selbst wenn Entschädigung gezahlt wurde. . . . „

Anm. 371 „Der Titel ist Winkler wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Ufa-Aufkauf im März 1937 verliehen worde. Er tauchte zum erstenmal offiziell in einem Aktenvermerk Winklers vom 8. Juni 1937 auf (BA R 2/44790). Ebenfalls im Jahre 1937 trat Winkler der NSDAP bei; zwei Jahre später wurde ihm, nunmehr auch Leiter der HTO, das Goldene Parteiabzeichen verliehen.

Anm. 379 „Winkler besaß ein Rittergut bei Fürstenwalde und ein idyllisches Seegrundstück in Gatow.“ (Vgl. Fritz Schmidt: Presse in Fesseln, a.a.o., S.100)

Bezüglich der Enttarnung von Alfred Bauer muß mal ein Lob auf den »Hobby Filmwissenschaftler Ulrich Hähnel«, die »Journalistin Katja Nicodemus« und »Die Zeit« ausgesprochen werden.

Hier kommt nun der versprochene Originalton von 2020: (nach den Enthüllungen aus dieser Zeit) (Medienberatung schlägt vor): „Zwei Fragen. Die zweite Fage war: Ist der Goldene Bär aus Gold und der Silberner Bär aus Silber? Nein. Natürlich nicht. Er ist aus Bronze und wird bei der Bildgiesserei Hermann Noack in Berlin Friedenau gegossen und anschliessend vergoldet und versilbert. Nein einen »Silbernen Bären-Alfred Bauer Preis« gab es dieses Jahr nicht. Angesichts der Tatsache, das der »Silberne Bär-Alfred Bauer Preis« dieses Jahr nicht vergeben wird, bleibt nur festzustellen, das Braune Bären in den Wald gehören und nicht in die Öffentlichkeit. Nächstes Jahr will man sich einen neuen Namen für der »Alfred Bauer Preis«, den jetzt keiner mehr haben will, einfallen lassen.“

Unser Vorschlag, den »Alfred Bauer Preis« in »Braunen Bär« umzubennen wurde leider nicht berücksichtigt. Siehste Wiebeke, wir sind eben die Besserwisser, und nun kommst Du, J.

Ps: Konrad Adenauer soll in einem ähnlichen Zusammenhang über die Weiterbeschäftitung des Herrn Globke (der mit Nürnberger Gesetzen) gesagt haben, wenn man kein sauberes Wasser hat, muß man eben schmutziges nehmen (Wasser).

Nach dem Studium der bisherigen Forschungsergebnisse über Alfred Bauers Tätigkeit bei Herrn Goebbels keimt ein schlimmer Verdacht auf: Vielleicht hat er seine Doktorarbeit, nicht wie heute üblich, abgeschrieben, sondern vielleicht gar nicht geschrieben: Sie ist nicht auffindbar! Und nun kommst Du, J.

(Wird fortgesetzt, oder auch nicht, mal sehen, was vom Panel zu berichten ist)

Hoher Besuch
v.l.n.r: Alfred Bauer, Walter Müller-Goerne, Fritz Hippler, Karl Fritzsche, Ewald v. Demandowsky, Werner Klingler (mit Hut), Willy Reiber, Fritz Marischat. 7. August 1942 in Johannisthal (Ufa). Foto: Deutsche Kinemathek (DK)

Pdf Abschrift Propaganda Minister (Zeichen 3.223)

Pdf Kaiserhof komplett

Filmecho_1952_Nr.35von_19520830_Seite784_Casablanca

PDF Abschrift Otto genannt Horst Axtmann

Briefe an Wiebeke (XXVIII-28) Apropos Wikipedia

Romische Zahlen am BUG

pdf Schräg und starrsinnig

Pdf Briefe an Wiebeke (XXVIII)

Hallo Wiebeke, Apropos Wikipedia, Du wolltest wissen, wie es zu dieser Falschinformation bezüglich der Gründer des 3001 Kinos kommt? Das ist ganz einfach: Die Wikipedia Leute beziehen sich auf ein Interview, das eine Taz Redakteurin (Annette Bolz) mit mir zum Dreijährigen Geburtstag des Kinos geführt hatte (1994). Der Wikipiamensch, der dieses Interview zitiert, aber nicht präsentiert, hat das leider falsch verstanden, das mit den Gründern. Und damit das nicht alle Zeit so bleibt, habe ich diesen Zeitungsartikel für Dich heruntergeladen und da isser schon: (in der Taz Hamburg erschienen am 28.4.1994) Unter der Überschrift: “Schräg und Starrsinnig. Ein Rückblick zum Dreijährigen des 3001-Kinos“ Am ersten Mai wird das 3001-Kino im Schanzenviertel drei Jahre alt. Die taz resümiert mit Jens Meyer, einem der Gründer.

taz: Wer steckt hinter dem 3001? Meyer: Wir sind ein reines Männer-Kino: Außer mir machen noch Rainer Krisp und Thomas Schröder mit. Rainer habe ich im Zentral-Film-Verleih kennengelernt, das war damals der erste Polit-Verleih. Später, von 1982 bis 1990, haben wir das Duckenfeld in der Oelkersallee (64) gehabt. Das mußte dann wegen des Gebäude-Abrisses schließen. Damals hatten wir 23 Sitze im Kino . Wieviele hat denn das 3001? 96. Und die Sternchen an der Decke haben wir selbst gebaut.

Schreibt ihr schwarze Zahlen? Rein rechnerisch nicht, wegen der hohen Abschreibungen für die Investitionskosten, aber im Prinzip trägt sich der Laden, wir können gerade davon leben. Welches Ziel hattet ihr vor drei Jahren, als ihr anfingt? Angefangen haben wir als frustrierte Kino-Besucher. Wir dachten, es gibt 100 Kinos in Hamburg, davon gehören 90 Prozent zwei Besitzern, und dann laufen dadrin 30 Filme. Das langweilte uns. Wir wollten mehr und andere Filme zeigen. Aber tatsächlich gibt es nicht so viele, die das auch langweilt. Die meisten Leute wollen doch die neuen Filme sehen, so schlecht sie auch immer sein mögen. Habt ihr nach dieser Erkenntnis das Programm geändert? Heute durchmischen wir das Programm mit neuen Filmen, weil wir reicher werden wollen. Bei „Mrs. Doubtfire“ hast du die Bude voll, bei alten Filmen kommen nur 30 Leute. Wir stolpern über unsere eigenen Füße. Früher wollten wir einen Film nur eine Woche lang zeigen, doch die Verleih-Verträge zwingen uns, neue Filme mindestens vier Wochen zu zeigen, mit Verlängerung, wenn das Kino immer noch voll ist. Wir müssen das aber noch diskutieren, ob wir uns darauf einlassen wollen. Seit (d) ihr auch inhaltlich von euren Zielen abgegangen? Damals wollten wir alles zeigen, was uns gefällt und sonst nicht gezeigt wird. Wir haben als Wunschkino angefangen. Das haben wir uns aber abgeschminkt. Denn unsere Zuschauer-Zahlen steigen zu langsam: Im ersten Jahr kamen 15.000, im zweiten 25.000 und im dritten 35.000 Leute. Bei der Polit-Film-Reihe werden wir manchmal aber überrascht, da sitzen dann nicht bloß die zehn Hanseln, die wir schon kennen. Bleibt die Programm-Struktur? Die Dokumentarfilme werden weiterhin alle 14 Tage gezeigt, das Lesben-Kino findet nur noch einmal im Monat statt. Die Frauen sind frustriert von der Arbeit: Nur wenn sie „Thelma und Louise“ zeigen, dann kommen viele. Welches Publikum kommt? Wir haben eine Menge Stammkunden, aber es kommen auch immer wieder neue Leute, die fragen, wo das Klo ist, wo der Eingang ist und wie das mit den Eintrittspreisen ist. (Anmerkung der Red: Im 3001 liegt der Eintritt zwischen 8 und 12 Mark, je nach Einkommen.) Die Armen finden das großartig, und die Reichen kommen nicht zu uns. Seht ihr euch als politisches Kino? Nein. Das 3001 ist nie eine Erziehungs-Anstalt gewesen. Ich habe Angst vor einem belehrendem Charakter. Die Dokumentar-Filme sind allerdings eine Marotte von uns. Schräge und starrsinnig und sind wir auch beim Kinderprogramm, da sind wir seit drei Jahren richtig erfolglos. Was plant ihr für die Zukunft? Ich überlege, ob wir das 3001 nicht mit einem Erstaufführungskino kombinieren sollten, dann kannst du richtig Geld verdienen. Aber die beiden anderen wollen nicht so recht. Gibt es eine Geburtstagsparty? Nee. Aber wir zeigen um 21 Uhr die Schanzenrolle. Das sind 90 Minuten aus 40 Spielfilm-Trailern, in denen die Filme kurz angekündigt werden. Ein paar Kurzfilme sind auch dabei, wie „Goofy in Afrika“ und eine alte UFA-Wochenschau mit Erich Honnecker. Eine komische Mischung. Nein. Das sind gute Trailer von guten Filmen, die lustig und witzig sind. Und der Eintritt – da haben wir eine Preistafel von 1961: 2,60 Mark für Arme, 3,20 für Reiche. Und danach kommen die Blues Brothers. Fragen: Annette Bolz

Aus meiner Antwort: “Außer mir machen noch Rainer Krisp und Thomas Schröder mit,“ hat Wikipedia den Schluß gezogen, diese drei Personen seien die drei Gründer. Dem war aber nicht so! Gründer waren: Leopold Wiemker, Rainer Krisp und eben meine Wenigkeit, weil nicht jeder Esel nennt seinen eigenen Namen zuerst. Eine Korrektur der Falschinformation von Wikipedia fand ich dreissig Jahre lang nicht so wichtig. Aber jetzt wo Leo, wie wir ihn immer genannt haben, schon bald zwanzig Jahre tot ist, sollte das mal korrigiert werden, man gönnt sich ja sonst nix J.

3001 Kino vor dem Umbau, Foto von Wolfgang Morell 1989
Detlev Lehmann (18.04.1948- 3.5.2023) Ohne ihn waere der Aufbau und Betrieb des 3001 Kinos nicht möglich gewesen. Foto: Wulf Eike Neumann 1986.
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Oskalyd Orgel

In die Schauburg am Millerntor wurde 1927 zu beiden Seiten der Leinwand eine Oskalyd Kino Orgel eingebaut. Die Oskalyd Kino Orgel war eine Erfindung von Dr. Oskar Walcker und Dr. Hans Lüdtke aus Berlin. Oskalyd ist ein aus den Namen Oscar Walcker und Hans Lüdtke zusammengesetzter Kunstbegriff, schreibt Wikipedia. Ich habe mir die Patente angesehen und bin aufgrund dieser Patente zur Überzeugung gelangt, das Wikipedia hier einen Treffer gelandet hat.

Eine weitere Erfindung von Dr. Hans Luedtke aus Berlin Tempelhof und dem Dipl.- Ing . Fritz von Opel in Berlin Charlottenburg (Patentnummer 604 495) betrifft die Anmeldung eines Patentes für: „Tastatur für Zwecke der Klangauslösung, der Klangaufzeichnung und für Registrierzwecke, insbesondere bei orgelartigen Instrumenten.“

Ein weiteres Patent (Nr. 603 202) hat Dr. Hans Luedtke aus Berlin Tempelhof für ein „Orgelartiges Musikinstrument“ angemeldet, das vom 17. Dezember 1930 ab im Deutschen Reich patentiert ist.

Es gibt meinerseits die Vermutung, das dieser Dr. Hans Lüdtke aus Berlin Tempelhof mit jenem Lüdtke identisch ist, der zusammen mit Dr. Konrad Paul Rohnstein als Besitzer der Firma: Rhythmographie GmbH, Berlin SW 68, Alte Jacobstr. 133 (Eintrag im Scherl Adressbuch von Berlin von 1930-1938, später habe ich nicht nachgesehen) genannt wird.

So ist das manchmal mit Vermutungen: Sie bleiben Vermutungen. Aber dann findet man doch irgendwann eine richtige Information. Die findet sich im Handelsregisterauzug vom 3. November 1933. Die Gründung einer OHG wird angezeigt: Unter der Nr, 78867: Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co . Berlin: Offene Handelsgesellschaft seit 9. August 1933. Gesellschafter sind: Kaufmann Alfred Lüdtke, Produktionsleiter, Dr. rer. pol. Konrad P. Rohnstein und Ingenieur Erich Luschnath, sämtlich in Berlin. Zur Vertretung sind nur je zwei gemeinschaftlich ermächtigt. Diese Information verdanken wir der Universität Mannheim, die diese Daten ins Netz gestellt hat.

Eine weitere Vermutung meinerseits ist der Tatsache geschuldet, das dieser Lüdtke in der Firma Lüdtke, Rohnstein & Co nirgends einen Vornamen hinterlässt. Weiter könnte man vermuten, das dieser Lüdtke gar nicht existierte und sich eine andere Person dahinter verbirgt. Auch diese Vermutung war nur eine Vermutung, die sich nach weiteren Recherchen als falsch herausstellt.

Das hätte beispielsweise der Dramaturg Viktor Abel gewesen sein können, der laut Quellenlage einen großen Anteil an den Sychronarbeiten für den Film „Im Westen nichts Neues“ hatte.

I

Viktor Abel Antrag auf Ausstellung eines Bürgerausweises am 22.11.1940

Das ist doch gut wenn man Freunde hat. So einen wie Peter O., der den Deutschen Reichsanzeiger kennt, den die Universität Mannheim ins Netz gestellt hat. Der hat herausgefunden, das der Lüdtke, Alfred Lüdtke hiess. 1933 findet sich unter der Nummer 78867 am Freitag, d. 3. November 1933 folgender Eintrag im Deutschen Reichsanzeiger: „Lüdtke, Dr. Rohnstein & Co, Berlin. Offene Handelsgesellschaft seit 9. August 1933. Gesellschafter sind: Kaufmann Alfred Lüdtke Produktionsleiter, Dr. rer. pol. Konrad P. Rohnstein und Ingenieur Erich Luschnaht, sämtlich in Berlin. Zur Vertretung sind nur je zwei gemeinschaftlich ermächtigt. Auch Wiederholungen sind manchmal erlaubt.

Am 17. Februar 1938 ist unter der Nummer A 91847 eingetragen: Lüdtke & Dr. Rohnstein. Ingenieur Erich Luschnath, Berlin, ist aus der Gesellschaft ausgeschieden. Der Gesellschaftsvertrag ist geändert bez. Fortsetzung bei Tod oder Ausscheiden eines Gesellschafters. Kaufmann Erich Starke, Berlin, hat Prokura. Er vertritt gemeinschaftlich mit einem der beiden Gesellschafter Lüdtke oder Dr. Rohnstein. Bleibt nur noch herauszufinden, wann und von wem die Firma ursprünglich gegründet wurde.

Als die Kinos noch Paläste waren

Leider hat die Taz von diesem Artikel von Otto Meyer, der am Sonnabend, d. 10. Februar 1990 in der Taz Hamburg erschienen ist, nur die Überschrift auf ihre Seite gestellt. Der Text fehlt. Diesem Uebelstand wollte ich schon lange mal abhelfen und habe dies nun getan und zwar ohne jemanden zu fragen, worauf ich aber gar nicht stolz bin: (Seite 28 Kulturmagazin taz Hamburg Samstag, 10. Februar 1990)

PDF neu Abschrift Als die Kinos noch Paläste waren

Als die Kinos noch Paläste waren

Am Freitag, den 27. Januar 1933 stirbt im Alter von 45 Jahren an Herzversagen ein Mann, der in Hamburg Kinogeschichte schrieb: Hermann Urich-Sass. Die Stadt hat ihn heute beinahe vergessen. In der Tageszeitung Licht Bild Bühne fand sich damals ein kurzer Nachruf, der mit den Worten endet: „Ein vergängliches Menschenleben ist nicht mehr – aber sein Werk lebt!“

Der Autor irrte. Dafür sorgten die neue Zeit und die neuen Herren, die am Tage der Beerdigung des Toten die Macht übernahmen. Aber noch darf die „Illustrierte Tageszeitung des Films“, wie sich das in Berlin erscheinende Blatt selbst nennt, in der Montagsausgabe vom 30. Januar 1933 über den Mann berichten, der in nur sieben Jahren Norddeutschlands größten Kinokonzern aufgebaut hatte. Mit einem Jahresumsatz von 6 Millionen Reichsmark gehörte die offene Handelsgesellschaft des Hermann Urich-Sass und seines Teilhabers Hugo Streit zu den größten Steuerzahlern der Stadt Hamburg.

„Henschel Film- und Theaterkonzern“ nannte sich das Unternehmen – ein Name mit Tradition. Denn Hermann Urich-Sass und Hugo Streit hatten sich eingeheiratet in eine Familie von Kinobesitzern. Schwiegervater James Henschel gehörte zu den Kinopionieren in Hambrug.

Seit 1908 (1906) betrieb er im Belle-Alliance-Theater (Schulterblatt 115) die „Vorführungen lebender Photographien“. Der 1.100 Quadratmeter große Saal war mit seinen 1.200 Sitzplätzen zeitweise das größte Kino beider Städte Hamburg und Altona. Ebenfalls zur Henschel-Familie gehörte das Lessing-Theater am Gänsemarkt – am selben Ort steht heute der Ufa-Schachtelpalast. Auch das Passage Theater und das –Waterloo-Theater in der Dammtorstraße 14 wurden von James Henschel betrieben.

Die neuen Familienmitglieder hatten das Gewerbe bei der Ufa gelernt. Urich-Sass und Streit waren dort bis 1926 als Direktoren in Norddeutschland angestellt, noch unter Hugenbergs Leitung. Ihr erstes eigenes Kino war die Schauburg am Hauptbahnhof (nach dem Krieg: „Die Barke“).

Der Raum war noch gemietet, doch schon kurz darauf begann der Henschel-Konzern Kinos neu zu bauen, die alle bisherigen Dimensionen weit hinter sich lassen. Im Februar 1927 wird an der Ecke Circusweg/Reeperbahn ein Haus mit 1.556 Sitzplätzen eröffnet. Architekt Carl Winand, Baukosten: etwa 500.000 Reichsmark, Bauzeit 4 Monate. „Ein geräumiger Vorraum führt zur Empfangshalle. Von hier aus ist der Zuschauerraum zu betreten. Breit angelegte Treppen führen zum Ranggeschoß. Notausgänge in genügender Anzahl nach dem Circusweg. Zu beiden Seiten der Bühnenwand ist eine Oskalyd Orgel mit Fernwerk von der Firma Furtwängler und Hammer aus Hannover eingebaut. Die Bühnenwand zeigt vor der Bildfläche einen Raum für Vorspiele“ – so ist in der Festschrift nachzulesen, die 1927 „unseren Besuchern“ überreicht wird.

Ein Jahr später folgen weitere Neubauten: die Schauburg Hammerbrook mit 1.100 Sitzplätzen, die Schauburg Wandsbek mit 1.100 Sitzplätzen, die Schauburg Nord mit 975 Sitzplätzen und die Schauburg Hamm mit 1.520 Sitzplätzen .

Neben den neuen Häusern, die Eigentum des Henschel Konzerns sind, werden weitere Kinos (City-Theater, Burg Theater, Helios Theater in Altona) angemietet und unter dem Markennamen „Schauburg“ weitergeführt. 1933 ist der Henschel-Kozern vor der UFA und der Hirschel-Gruppe mit 12 Filmtheatern, 10.731 Sitzplätzen Hamburgs größter Kinobesitzer.

Nie wieder wird es in der Geschichte der Hansestadt die etwa 50.000 Sitzplätze geben, die Hamburgs Kinos im Jahre 1933 anbieten.

Zum Vergleich: Heute (1990) verfügt die Zwei-Millionen-Stadt nur noch über knapp 20.000 Kino Plätze.

In den Henschel Schauburgen laufen nicht nur die neuen Chaplin-Filme, auch der Hochbaum-Film Brüder , der den Streik der Hafenarbeiter 1897 zeigt, wird hier uraufgeführt; von der Zensur zugelassene Filme aus der Sowjetunion („Russenfilme“) sind ebenfalls zu sehen. Der Regisseur Eisenstein hält am 21. Oktober 1929 in der überfüllten Schauburg am Millerntor einen Vortrag und zeigt zwei Akte aus Panzerkreuzer Potemkin und zwei Akte aus Zehn Tage, die Welt erschütterten .

Aber nicht nur im Programm, auch in der technischen Entwicklung sind die Schauburgen Vorbild. Am 23. Januar 1929 „nachmittags präzis 13 Uhr“ wird am Millerntor zum ersten Mal in Hamburg ein Tonfilm gezeigt: Ich küsse ihre Hand Madam mit Marlene Dietrich und Harry Liedke. Die Tonpassage des Films dauerte allerdings nur zwei Minuten und zwölf Sekunden.

Die Licht-Bild-Bühne lobt nicht nur den Kino-Unternehmer, sondern auch den Menschen Urich-Sass: „Seinem bescheidenen Charakter lag es nicht hervorzutreten und nach außen hin eine Rolle zu spielen. Um so mehr trat sein Können in den Auswirkungen seiner Arbeit in Erscheinung. Streng in der Pflichterfüllung gegen andere und vor allem gegen sich selbst. Der korrekte Hamburger Kaufmann. Voll Ausdauer und Ehrgeiz und voller Vitalität, der er die Verwirklichung seiner Pläne verdankte. Ein Charakter voll Zuverlässigkeit. Ein Mann von untadeliger Gesinnung. Einer, dem Hochschätzung und Sympathien bis über das Grab hinaus bei allen sicher ist, die ihm wie wir in langen Jahren näher treten durften.“

Nach seinem Tode gründen die Erben zusammen mit Hugo Streit die Henschel KG , die die Schauburgen weiterführt. Doch eine weitere Gesellschaft wird 1933 gegründet: die Schauburg Lichtspielbetriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie haftet nur mit 20.000 Reichsmark, ihr Geschäftszweck ist die Pacht von Lichtspieltheatern. 1934 übernimmt diese Gesellschaft elf von zwölf Schauburgen.

In der Reichsprogromnacht werden die ehemaligen Henschel-Kinos von den Nazis demoliert, Joseph Goebbels hatte inzwischen als selbsternannter „Schirmherr des Deutschen Films“ festgelegt, was ein deutscher Film sei:

Deutsche Filme sollen künftig nur von Deutschen hergestellt werden. Deutsch aber ist, wer deutscher Abstammung, deutschen oder artverwandten Blutes ist. Seitdem können allein Filme als deutsche Filme anerkannt werden, die von einer deutschen Gesellschaft in deutschen Ateliers mit deutscher Idee, deutschem Autor, deutschen Komponisten und deutschen Filmschaffenden hergestellt sind. Durch jene Begriffsbestimmung des deutschen Films wird es möglich, in verhältnismäßig kurzer Zeit die jüdischen Einflüsse in der der Produktion, dem Verleihgeschäft wie dem Filmtheaterwesen auszumerzen.“

In diesem Sinne war die Henschel KG nicht mehr deutsch. Ein Nazi-Kinobesitzer aus Kiel treibt die Arisierung voran. (2022 wissen wir, wie der Nazi hiess: Richard Adam)

Auch das Waterloo-Theater entgeht ihr nicht: Dem Kino direkt gegenüber liegt ein Büro der geheimen Staatspolizei.

Hugo Streit und der Sohn von Urich-Sass verlassen das Deutschland der Nazis. Doch die neuen Besitzer haben nicht lange Freude an dem Geschenk des Führers: Nur ein einziges der Kinos hat den Krieg überstanden. Alle anderen fielen den Bomben zum Opfer. Aber auch die heutigen (1990) Hamburger Kinokaufleute denken nicht mehr gerne an diese Zeit zurück. An Hermann Urich-Sass erinnert nur noch ein Gedenkstein auf dem jüdischen Friedhof in Ohlsdorf – gewidmet, so die Inschrift „dem Pionier des Kinos, gestorben am 27. Januar 1933 – im Jahr 5693 der jüdischen Zeitrechnung.“ Otto Meyer

Hermann Urich Sass, geb. am 18. Juni 1887- gest. am 27. Januar 1933. Im Artikel wird das Alter mit 48 Jahren angegeben, das habe ich mal stillschweigend geändert, damit die Verwirrung nachläßt.

Quellen: Licht Bild Bühne, Illustrierte Tageszeitung des Films, Berlin. Hamburg und seine Bauten, Hamburg 1929 Festschrift des Henschel Film- und Theaterkonzerns zur Eröffnung der Schauburg am Millerntore, Februar 1927 Hans Traub: Die Ufa, Berlin 1943 Bericht von Horst Urich-Sass (Sohn von Hermann Urich-Sass, Mexiko 1989 Bericht der Brüder Streit (Söhne von Hugo Streit), Brasilien 1989.

Belle Alliance Schulterblatt 115 vor dem 5. März 1894

Das Foto vom Haus Belle Alliance, Schulterblatt 115, stammt von der Landesbildstelle Hamburg (Belle-Alliance mit Pferdebahn). Daher kommt die Annahme, daß dieses Foto vor dem 5. März 1894 entstanden sein muß. An diesem Tag wurde die Pferdebahn von einer elektrischen Straßenbahn abgelöst. Mit anderen Worten: In dem Haus Belle Alliance war zu jener Zeit noch gar kein Kino.

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Das Foto von der Aussenfassade des Barke Filmtheater mit der Filmankündigung von Theo gegen den Rest der Welt stammt von Roland Scheikowski. Es ist nach dem Start des Filmes am Freitag, den 26. September1980 entstanden. Erst am 8. August 1985 wurden die Filmstarts, die bis dahin immer Freitags stattfanden, auf den Donnerstag vorverlegt.

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